Kapitel 13

Er kletterte mühsam das Regenrohr hoch und starrte durch das Fenster. Es war mitten in der Nacht, Dunkelheit umgab ihn, doch das Innere des Raumes strahlte wohlige Wärme aus. Orangenes, weiches Licht einer Nachttischlampe schien. Ein Teppich zierte den Boden, Bilder von Kindern hingen an den Wänden, transparente, himmelblaue Vorhänge fielen sanft vor die Fenster. Nur das Fenster, an dem er stand, hatte keinen Vorhang. In der Mitte des Raumes stand ein Bett, groẞ, weiẞ. Zwei Menschen lagen darauf. Menona lag am Rand und hielt den Kopf des Mädchens namens Linda. Seine Haare hingen zerzaust von seinem Kopf, seine Wangen waren gerötet und im Licht schienen seine blassen Sommersprossen zu leuchten. Das Mädchen hatte ihren Kopf in seine Armbeuge gekuschelt, zart lächelnd, die Haare zu einem  Zopf gebunden. Ihre Beine lagen angewinkelt und berührten Menonas Körper. Sie hatte ein pastellblaues Nachtkleid an und Menona ein T-Shirt und eine Boxershort. Ben lächelte zufrieden. Er hatte sie.   Grinsend sprang er vom Fensersims auf den steinernen Weg. Er landete ziemlich genau vor der Tür des großen Hauses. Er zog schnell trocknende Modelliermasse hervor und stopfte sie so ins Schlüsselloch, dass sie alles ausfüllte. Nach einer Minute spürte er, dass die Masse hart geworden war und er drehte den improvisierten Griff herum. Leise öffnete sich die Tür. Ben schlich langsam die Treppe hinauf. Er kannte das Haus gut, er war es gewesen, der es besorgt hatte. Die Erinnerung an den Tag, an dem er es geholt hatte, ließ ihn leise auflachen. Vorsichtig öffnete er die Tür zum Schlafzimmer. Schnell friemelte er eine Tüte Pulver aus seiner Hosentasche. Es würde Menona in einen tiefen Schlaf fallen lassen. Ben konnte es nicht gebrauchen, dass er aufwachte und Linda beschützte. Schnell tastete er sich zu Menona und öffnete seinen Mund... Menona schrie auf und schnellte hoch. Erschrocken zuckte Ben zurück und duckte sich hinter das Bettgestell, doch zu spät.

"Ben!", zischte Menona. Ertappt schluckte der kleine Junge und stand auf.

"Was machst du hier?"

Ben schwieg. Würde er das verraten, wäre Menonas Mithilfe futsch.

"Was...", stotterte Menona plötzlich, mit einem geschockten Blick auf das Pulver in Bens Hand. Ben ließ es schnell hinter sich verschwinden.

"Du wolltest mich einschläfern für ein paar Stunden, was hattest du vor?"

Bens Blick wurde zunehmend grimmiger.

"Ben! Du wolltest doch nicht etwa..."

"Was ich machen wollte, geht dich gar Nichts an.", mit diesen Worten schnellte Ben in Menonas Richtung und schüttete die offene Packung des Pulvers in seinen Mund. Menona würgte und spuckte, dann fiel er in einen unfreiwilligen Schlaf. Ben atmete auf und wandte sich Linda zu. Auch ihr verpasste er eine leichte Dosis Pulver, so viel, dass sie für ca. fünf Minuten betäubt sein würde. Er testete, ob er sie hochheben konnte, und obwohl sie viele Jahre älter war als er, konnte er sie für ein paar Sekunden hochheben. Schnaufend hob er sie aus dem Bett und schleppte sie zum Flur. Dort legte er sie kurz ab, dann trug er sie weiter die Treppe hinunter. Sie stöhnte und wand sich. Vorsichtig legte Ben sie ab und verpasste ihr noch eine kleine Dosis. Bald würde sein Pulver alle sein. Angestrengt trug er sie aus dem Haus bis in eine kleine Gasse. Dort platzierte er sie auf dem Boden und überprüfte seinen Pulvervorrat. Er war leer. Mit einem Stöhnen richtete Linda sich auf und hielt sich den Kopf. Sie musste von dem Pulver starke Kopfschmerzen haben. Ben rannte um die Ecke und schlüpfte in ein grünes T-Shirt und schüttete Kunstblut darüber. Er hegte eine kranke Vorfreude auf das, was kommen würde. Sie würde einen Schreck kriegen, bei seinem Anblick. Ängstlich nach hinten kriechen, weinen. Er liebte es, diese Macht zu haben. Würde er etwas sagen, würde sie es tun. Aus Angst, getötet zu werden. Mit langsamen, ruhigen Schritten trat er um die Ecke zum Anfang der Gasse. Er setzte sein irres Grinsen auf, die verstaubten Kontaklinsen hatte er schon drinnen. Linda sah ihn und schrie auf. Langsam schritt Ben auf sie zu.

"Du kennst mich, Linda.", flüsterte er leise. Sie zitterte, kroch zurück und schüttelte den Kopf. Ben kam näher.

"Sag mir meinen Namen."

Sie holte tief Luft, verkroch sich weiter in der Ecke.

"Sag ihn."

"Ben...", sagte sie langsam, leise, weinerlich und hoffend, als würde er jetzt gehen.

Er grinste noch mehr. Sie schluckte.

"Ben... wieso? Wieso tust du das?"

Ben stockte und blieb stehen, ohne aus seiner Rolle zu fallen. Wusste sie, was er tat?

"Was tue ich denn?" Er sprach bestimmt, flüsternd.

"Du... hast... Relda getötet, habe ich Recht? Und jetzt willst du mich..."

Ben wurde wütend. Nun hatte er Grund genug, sie zu töten.Sie wusste zu viel.

"Seit wann weisst du das?"

"Ich habe es mir... gedacht. Gerade. Reldas Leiche hatte Angst im Blick... Du warst da.. deshalb musst du es gewesen sein..."

Ben schrie auf.

"Ja... und dieses Wissen bringt nun deinen Tod!"

Er stürzte sich wutentbrannt auf sie, Menonas Messer mit dem schönen Holzgriff fest in der Hand. Sie kreischte verzweifelt auf, versuchte aufzustehen, wurde jedoch niedergestoßen. Lachend ritzte Ben ihr den Buchstaben B in den Arm. Sie wimmerte. Dann stach er zu. Fröhlich betrachtete Ben die noch warme Leiche. Staubkörner sammelten sich langsam auf ihren Augen. Um ihr die letzte Ehre zu erweisen, schloss er ihe Lider. Langsam hievte er sie auf seine Schultern und stapfte zu einem Handkarren, der an einer Hausecke stand. Er gehörte der Familie, die dort wohnte, und Ben hatte ihn entdeckt. Zum Glück, sonst hätte er die Leiche nicht fortschaffen können. Plötzlich fiel ihm etwas ein. Menona war nun ein Zeuge und konnte ihm gefährlich werden. Ben langte in seine Tasche und fischte eine kleine Dose heraus. In ihr befand sich etwas zuckerartiges, was Menona alle Geschehnisse der letzten Woche vergessen lassen würde, auch die Begegnung mit Linda. Unvorsichtig ließ er den Karren mit der Leiche stehen und rannte zum Haus.Davor blieb er schockiert stehen; überall brannte Licht und ein Auto stand vor dem Haus. Die Bewohner waren zurückgekommen! Er vernahm einen Schrei, sie hatten Menona entdeckt. Mit klopfendem Herzen stürmte Ben zum Karren. So schnell wie möglich lief er mit dem Karren voran das Labyrinth aus Straßen entlang. Er hatte das Gefühl, stundenlang zu rennen, ihm ging die Puste aus, doch er musste weiter. Wenn die Menona aufwecken konnten und er ihnen sagte, dass Ben da draußen jemanden ermordet hatte; nicht auszudenken! Ben bekam es mit der Angst zu tun. Irgendwann kam er an der verlassen Industrie an. Die Sonne ging schon auf, orange-lilanes Licht malte schöne Muster auf die Strassen, doch Ben hatte keine Zeit für dieses Wunder der Natur. Behände schmiss er die Leiche über den Drahtzaun und stieß den Karren weg. Der Karren rollte die Straße entlang und blieb irgendwo an dem Straßende stehen. Flink kletterte Ben über den Zaun und stolperte mit der Leiche auf dem Rücken zu dem Kühlraum. Ächzend schmiss er die Leiche auf den Boden. Es rumpelte. Schnell hatte Ben die Tür aufgeschlossen und die Leiche rein geschoben. Hinter sich knallte Ben die Tür zu, schaltete die Neonleuchtröhren an und schob Linda zum Sofa. Die Totenstarre setzte langsam ein und sie war schwer zu bewegen. Dennoch schaffte er es, sie neben Relda zu platzieren. Sie sahen aus, wie zwei beste Freundinnen. Ben fiel wieder auf, wie viel schöner Linda als Relda war. Er begann, einen Plan zu schmieden, wie er Menona umbringen konnte.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top