13. Kapitel | I'm so sorry

Endlich hatte ich ihn gefunden. Er war in unserem Zimmer, lag auf seinem Bett.
Etwas erleichtert atmete ich auf, schloss die Tür äußerst geräuschvoll hinter mir, räusperte mich.
Doch Jay tat nichts.
Er lag einfach nur da, starrte das hölzerne Gerüst des Stockbettes über ihn an.
Dann jedoch stand der Junge mit einem Ruck auf, erhob sich elegant.
Seine Hände waren geballt, seine Lippen aufeinander gepresst.
Erneut räusperte ich mich.

„Jay...wir...wir müssen reden..."
„Ich will aber nicht mit dir reden! Ich dachte...ich dachte, wir wären so etwas wie Freunde. Ich dachte, du stehst zu mir...ich dachte...ich dachte..."
Ich spürte einen stechenden Schmerz in mir. Freunde...nur Freunde.
Ich sollte es endlich kapieren.
Vielleicht waren wir ja jetzt noch nicht mal Freunde...?
Frustriert sah ich zu ihm, bemerkte, wie seine Schultern sich merklich nach unten gesenkt hatten.

„Ach, lasst mich doch alle einfach in Ruhe!", zischte der Junge wütend, drehte sich von mir weg und begann etwas in seinem kleinen Nachtkästchen zu suchen.
„Jay...bitte...ich...ich wollte das nicht, wirklich. Er hat mich dazu gezwungen. Ich wollte das wirklich nicht, bitte, glaub mir"
Jay drehte sich ruckartig um.
„Warum sollte ich dir glauben?! Warum?! Nenne mir einen Grund, hm?! EINEN FUCKING GRUND!"
Ich zuckte bei diesen harten Worten etwas zusammen.
In mir zog sich etwas immer weiter zusammen.
Nie wieder.
Nie, nie wieder würde es Abende geben, so wie der gestrige.
Nie wieder.
Dieses Erkenntnis ließ mich erneut zusammenzucken.

,,Ich will dich beschützen, Jay. Vor einer verdammten Lüge. Er ist kein Believer. Er ist niemand, der dazu steht, was er ist. Er ist niemand, der stolz auf sich selbst ist. Er will nicht dich. Er will dein Herz, er will es zertrümmern. Jay, er ist kein believer. Er ist höchstens ein BeLIEver. Lie. Lüge. Er ist ein gottverdammter Lügner, Jay! Bitte...bitte, verstehe mich doch. Ich will dich doch nur davor schützen..."

Jay starrte geradeaus, sein Gesicht hat wieder diesen emotionslosen Ausdruck angenommen.
„Er ist kein Lügner! Nein! Niemals!", rief er dann auf einmal, sah mir in die Augen.
Dann trat er einen Schritt auf mich zu, sodass wir ganz nahe waren.
Ich spürte, wie sich mein Herzschlag beschleunigte, wie meine Knie zu zittern begannen.
„Denn die einzige Lüge, die hier vorhanden ist, ist unsere Freundschaft!"
Es war, als würde mich jemand mit Wucht in den Bauch schlagen.
Da war niemand, der das tat – und doch war es da.
Dieses Gefühl, gerade zu ertrinken.
Dieses Gefühl, gerade einfach zu verblassen, so verloren.
Dieses Gefühl, gerade in tausend Splitter zu fallen.
Jay...

Ich presste meine Lippen zusammen, versuchte zu vertuschen, dass ich den Tränen nahe war.
Warum verstand er mich nicht?
Warum glaubte er mich nicht?
Ich wollte ihn nur schützen, ich verlangte nicht einmal, dass er mich liebt.
Ich wollte einfach...sein Herz wieder zusammenkleben, es wieder reparieren.
Doch jedes Mal, wenn ich einen dieser Herzsplitter in die Hand bekam, zerbrach dieser in noch viel kleinere Einzelteile.
Ich konnte das nicht.
Ich konnte ihm nicht helfen.
Ich war nur...nur eine Lüge.
Eine gottverdammte Lüge.

Wir starrten uns gegenseitig in unsere Augen, seine schwarzen Haare waren heute seltsamerweise so frisiert, dass sie nicht unseren Blickkontakt störten.
Doch es fühlte sich nicht angenehm an; Im Gegenteil.
Die Luft schien zu knistern, die Spannung war ziemlich gut zu spüren.
Endlich traute ich mich, wieder etwas zu sagen, auch wenn es nur ganz leise und unscheinbar war.
„Ich habe Charlie getroffen...ich soll dir liebe Grüße sagen"
Ich sah, wie der Junge zusammenzuckte, mich anstarrte.
„Charlie...?", flüsterte er leise.
Es war, als würde sich etwas in ihm regen. Erinnerungen, doch ich wusste nicht, ob diese gut, schlecht oder beides waren.
Ich wusste gar nichts.
„Ich habe sie im Wald getroffen. Schönen Lieblingsplatz habt ihr", flüsterte er leise.
„Ich wünschte, du hättest ihn mir eines Tages selber gezeigt"

Jay stand einfach nur da, starrte mich an. Es war, als wäre er überhaupt keine Person, sondern eine Puppe. Eine Marionette, die sich zu jedem Handgriff bewegte.
Aber auch nur dann, sonst nicht.
,,Aber das geht ja nicht. Ich bin ja eine Lüge, wie konnte ich das vergessen?"
Ich drehte mich ruckartig um, ging mit schnellen Schritten aus dem Zimmer - ohne mich auch nur einmal nach ihn umzusehen – und knallte die Tür hinter mir zu.
Ich brauchte jetzt Alex.
Sie würde mir helfen, mich unterstützen.
Sie war meine beste Freundin.

So begann ich sie zu suchen, fand sie schließlich im Gemeinschaftsraum. Das Mädchen saß mit verschränkten Armen zusammen mit Tyler und Robin. Sie schienen etwas zu bereden, was wichtiger war.
Langsam ging ich auf sie zu, legte meine Hand auf ihre Schulter.
„Alex? Hast du kurz Zeit für mich?", fragte ich meine Freundin leise, als sie sich umdrehte.
„Sorry, Lew, nicht jetzt, keine Zeit. Später dann."
Ich spürte wieder einen Stich in mir, jedoch nicht so stark wie bei Jay.
„Okay...", flüsterte ich also; Was hätte ich auch sonst sagen sollen?
Dann drehte ich mich ruckartig um, lief aus dem Raum.
Einfach weg von hier.

Ich rannte solange, bis ich nicht mehr konnte.
Leise keuchend lehnte ich mich gegen eines der Bücherregale, sah mich um.
Ich war in einer Bibliothek gelandet.
Ein Raum, gefüllt mit Worten vieler Menschen und doch würde ich sie niemals hören.
Wie ich selbst; Ein Mensch gefüllt mit Emotionen. Und doch würde sie niemand zu spüren bekommen.

Life isn't always what you think it'd be
Turn your head for one second and the tables turn

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