Kapitel 6
Na ganz toll. Jetzt hatte ich das letzte Stückchen Liebe in meinem Leben auch noch vergrault. Aber es ist besser so! Zumindest versuchte ich mir das einzureden. Liebe ist unnötig. Vollkommen unnötig. Liebe bedeutet Schmerz. Und diesen versuchte ich nun mit aller Kraft aus meinem Leben zu verbannen. Mir würde es besser gehen- dachte ich. Doch es kam so, dass irgendwie alles nur noch schlimmer wurde. Regelmäßig holten mich die Bilder und Erinnerungen an den einen Tag, seit dem ich nicht mehr richtig schlafen konnte- seit dem mich regelmäßig Panikattacken einholten- ein. Ich hatte noch immer Hausarrest. Ehrlich gesagt glaube ich, James hatte Angst, dass ich Selbstmord begehen würde oder so. Nicht unbedenkt diese Sorge. Tatsächlich dachte ich seit dem Vorfall des Öfteren darüber nach. Das ständige Alleinsein machte mich fertig. Etwas von dem ich nie gedacht hätte, dass ich das eines Tages sagen würde. Ich konnte mich nicht ablenken. Den lieben langen Tag nicht. Meine Bücher waren zerstört. Aus Frust Süßigkeiten in mich hineinstopfen ging auch nicht- ich hatte ja keine. Ich konnte noch nicht einmal die nervigen Kinder beim Spielen oder Reden beobachten, da ich den lieben langen Tag niemanden zu Gesicht bekam. Nur zu den Essenszeiten brachte mir ein ausgewählter Heimbewohner kurz meinen Teller auf mein Zimmer. So war ich also quasi meinen Gedanken ausgeliefert. Und wie gesagt- das war nicht gut. Genauer gesagt war das sogar echt beschissen! Mehrmals am Tag fing mein Körper einfach aus dem nichts an zu zittern. Ich bekam dann nur schwer Luft. Es war der absolute Horror. In solchen Momenten war ich froh allein zu sein. Nicht vorstellbar, was passieren würde, wenn mich jemand so sehen würde. Wahrscheinlich würde ich entgültig in die Psychatrie eingeliefert werden.
Doch, wie sollte es anders sein, kam der Tag, an dem mal wieder alles schief laufen sollte. Es war einige Wochen nach dem Ganzen, als ich abends alleine auf meinem Bett saß und auf mein Abendessen wartete. Der Tag war scheiße. Noch blöder als die restlichen. Ich hatte unfassbare Kopfschmerzen und war dermaßen in schlechter Laune, als es plötzlich an der Tür klopfte und schließlich er hereinkam. Darius. Genervt verdrehte ich die Augen. Ich hätte heulen können. Wieso gerade er? Aber dennoch, irgendwo in mir drin, konnte ich mein Herz für einen kurzen Moment einen Freudensprung machen spüren. Was zum? Nein. Verdammt. Ich... argh! Darius hatte wieder sein nerviges schiefes und irgendwie süßes Grinsen auf seinem Gesicht. Verdammt Rose. Das. Ist. Nicht. Süß. "Wow, du siehst scheiße aus", begrüßte er mich. Ernsthaft? Ich ignorierte seinen Kommentar und sagte einfach nur: "Stell das dort hin." Mit einer Handbewegung dirigierte ich ihn zu dem Nachttisch neben mir. Darius setzte sich in Bewegung und stellte den Teller klirrend auf den benannten Platz. "Zum Wohl!" Mit diesen Worten drehte er sich um und ging. Doch er ging nicht zur Tür. Wäre ja auch zu schön gewesen. Anstattdessen setzte er sich auf den Stuhl neben meinem Schreibtisch. Mit hochgezogener Augenbraue schaute ich ihn an. "Was soll jetzt das werden?" "Ich hab das ernst gemeint. Du siehst wirklich scheiße aus. Als muss ich jetzt überprüfen, dass du wirklich mal was isst." "Verschwinde Darius", knurrte ichund stand bedrohlich auf. Er wiederum stand aber auch auf und berührte mich sanft an meiner Schulter. "Süße, ich weiß..." Es widerte mich an. Der Kosename. Die Berührung. Alles erinnerte mich an sie. Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken und ich konnte spüren, dass sich eine weitere Panikattacke ankündigte. So ein Mist! "Hau ab! Jetzt!", fauchte ich ihn an, während ich mich losriss. Dabei stolperte ich und verlor das Gleichgewicht, weshalb ich schließlich mit dem Rücken auf meinem Bett landete. Mir wurde schwarz vor Augen und mein Körper begann heftig zu zittern. Langsam verlor ich die Kontrolle über meinen Körper. Mein Atem wurde immer schwerer und hektischer. Tränen stiegen mir in die Augen. Shit. Shit. Shit. Dieses Mal war es besonders schlimm. "Rose?", konnte ich eine dunkle Stimme weit weg von mir hören. Sie war sanft und ich war mir felsenfest sicher, dass sie einem Engel gehören musste. War ich jetzt tot? "Rose, atme tief ein und aus. Okay? Atme mit mir. Ein", die Stimme sog geräuschvoll die Luft ein. "Und aus. Nochmal..." Ich befolgte die Anweisungen des Engels. Nach einer Zeit wurde meine Sicht wieder etwas klarer. Und auch mein Gehirn begann langsam wieder zu funktionieren. Das war kein Engel. Schlagartig wurde mir bewusst, wer da mit mir sprach. Darius! Ich hätte mir wortwörtlich in den Arsch beißen können. Wieso hatte ich mich nicht vor ihm zusammenreißen können? Ich befolgte dennoch weiterhin seine Anweisungen, bis ich sich meine Atmung schließlich wieder regenerierte und auch mein Körper allmählich aufhörte zu zittern. Ich schloss erschöpft meine Augen und lag nur da für eine Weile. Plötzlich spürte ich zwei starke Hände unter mir, die mich sanft hochhoben und richtig ins Bett legten. Ich konnte spüren, wie sich meine Decke sanft über mich legte. Schlagartig schlug ich meine Augen wieder auf und konnte gerade noch einen blonden Hinterkopf in Richtung Tür gehen sehen. "Nein." Ich konnte jetzt nicht allein sein. Aprupt blieb der Blondschopf stehen. "Bleib hier", flehte ich schwach. Bleib hier? Bleib hier?! Was war nur falsch mit mir? Wieso hatte ich das gesagt? Doch ich war zu schwach um lange darüber nachzudenken. Das letzte, das ich hörte, war ein sanft geflüstertes: "Ich bleibe. Schlaf!" Und ich befolgte still die Anweisung und fiel in einen tiefen Schlaf.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top