Kapitel 3

Während ich tränenüberströmt durch die Straßen lief, dachte ich ununterbrochen über Darius nach. Wollte er mich etwa tatsächlich in den Arm nehmen? Selbst nachdem er dieses Video von mir gesehen hatte? Wütend schüttelte ich den Kopf. Nein! Wahrscheinlich dachte er einfach nur, ich wäre leicht zu kriegen. Wahrscheinlich dachte er, ich wäre schon so gebrochen, dass ich alles mit mir lassen machen würde- dass ich ihm die Erlaubnis geben würde, seine dreckigen Hände auf meine Haut zu legen. Ich erschauderte bei dem Gedanken. Zugegeben hatte ich mich heute morgen zwar zu ihm hingezogen gefühlt, aber nicht in diese Richtung. Es war eher ein Gefühl der... Ich konnte es nicht beschreiben. Alles was ich weiß war, dass ich mich heute das erste Mal seit langem wieder frei gefühlt hatte. Als würde nur für einem Moment die Last, die ich jeden Tag mit mir herumtrug, verblassen. Und das machte mich wütend. Ich wollte nicht, dass eine Person so etwas in mir auslösen konnte. Es würde mich in die Gefahr bringen, alle Mauern, die ich mir über die Jahre aufgebaut hatte, zu zerreißen. Ich würde abhängig und verletzlich werden. Eine Sache, die ich um jeden Preis vermeiden musste. Schnell lief ich weiter. Ich musste bald da sein. Und tatsächlich. Keine fünf Minuten später stand ich vor einem großen silbernen Eisentor. Ich blinzelte ein paar Mal um schärfer sehen zu können. Meine Tränen hatten nämlich meine ganze Sicht benebelt. Und als ich da stand, wurde mir eines klar. Wie dumm war ich gewesen, zuzulassen, dass jemand mich so sah? Wie schwach war ich, um nach Jahre langer Selbstbeherrschung so in Tränen auzubrechen, wegen eines dummen Videos? Ich musste unbedingt meine Maske wieder gerade rücken. Und wo ging das am Besten? An dem trostlosesten Ort, den ich kannte- dem Friedhof. Vorsichtig schob ich das Tor auf und betrat das Grundstück. Die Sonne schien wie blöd vom Himmel und die Vögel zwitscherten ihr fröhliches Lied. Ich bückte mich und hob einen Stein auf, den ich augenblicklich in die Baumkrone des großen Ahorns vor mir warf. "Halt's Maul", giftete ich die Vögel an. Sie sollten endlich ihre Klappe halten. Ich war nicht in der Stimmung für Musik- und schon gar nicht für fröhliche. Mürrisch stapfte ich weiter durch die Gänge, bis ich schließlich am hintersten Eck des Friedhofes vor dem Grab meiner Etern zu stehen kam. Emotionslos glotzte ich darauf. Na, heute mal wieder schlecht gelaunt? Ertönte die Stimme im Innersten meines Kopfes. Seufzend ließ ich mich auf den Boden. Das würde wieder eine tolle Diskussion geben. "Immer", murrte ich zurück. Stille. "Ich mein", fing ich schließlich an, "Wer unter solchen Bedingungen einen guten Tag hat; Bei dem ist irgendetwas nicht ganz richtig im Kopf." Ich machte eine abschwellige Bewegung durch die Luft, die wohl auf die viel zu prall scheinende Sonne und die nervig singenden Vögel deuten sollte und grinste schief über meinen Humor. Ich wusste genau, dass wenn dann bei mir etwas nicht ganz richtig sein konnte, da ich mit mir selbst redete. Du solltest nicht immer alles so negativ sehen. Antwortete die Stimme nach einer Weile. Ich schnaupte verächtlich. "Also Friede, Freude, Eierkuchen oder was?", gab ich trotzig zurück. "Und überhaupt... was tu ich hier eigentlich?" Ich musste verrückt sein, mit der Stimme in meinem Kopf zu kommunizieren. Rose... lass deine Gefühle doch einmal zu... Versuchte es die Stimme wieder. Ich lachte kurz kalt auf. Welche Gefühle? Ich bin ein emotionsloser Stein und das werde ich auch immer bleiben- das stand fest! Ein Geräusch riss mich plötzlich aus meinen Gedanken. Sirenen ertönten ganz in der Nähe- die Polizei! Schlagartig stand ich auf. Die suchten schon nach mir! Ich wurde panisch. Shit. Ich war unfassbar dumm zu glauben, dass ich auch nur einen Moment meine Ruhe haben konnte. Schon suchten die Bullen nach mir. Dieser dreckige Verräter Darius. Ich war mir sicher, er hatte James alles erzählt. Ich musste hier schnell weg. Der Friedhof war ja wohl der erste Ort, an dem sie mich suchen würden. Ich schnaubte. Natürlich. Wo sollte ein dummes Waisenkind auch sonst hin? Schnell lief ich zu dem Hintereingang des Friedhofes, der direkt auf ein offenes Feld führte. Ich war noch nie weiter gegangen, als bis zu diesem Tor. Es hatte sich auch nie gelohnt. Doch jetzt rannte ich geradewegs über das Feld bis hin zu dem kleinen Wäldchen, das sich dahinter befand.  Ich war vollkommen außer Atem, als ich endlich den schützenden Wald erreichte. Das Adrenalin wurde wild durch meine Adern gepumpt. Ich versuchte kurz durchzuatmen. Direkt vor meinen Füßen begann sich ein Weg zu schlängeln. Wohin der wohl führen mag? Vorsichtig setzte ich einen Fuß vor den anderen und ging immer tiefer in den Wald. Als das Adrenalin allmählich nachließ, machte sich meine verdammt trockene Kehle bemerkbar. Kein Wunder. Ich hatte den ganzen Tag noch nichts gegessen und getrunken. Innerlich verfluchte ich mich dafür das Frühstück für jemanden wie Darius ausfallen gelassen zu haben. Ich meine, wieso genau habe ich nochmal wegen ihm meine Bedürfnisse an den Rand gestellt? Ich gelangte auf eine Lichtung und blieb stehen um vielleicht einen Bach oder eine Quelle plätschern hören zu können. Doch nichts. Außer... Plötzlich hörte ich ein Knacken, das von dem Baum schräg hinter mir kam. Mein Herz rutschte mir in die Hose. In meinem Kopf spielten sich schon unzählige Situationen ab. Langsam drehte ich mich mit einem ängstlichen Gesichtsausdruck um. Komm Rose versuchte mich die Stimme zu beruhigen als ob hier, mitten im niergendwo, jemand auf dich lauert. Doch direkt, als ich mich umgeblickt hatte, starrte ich geradewegs in das hässliche Grinsen eines alten Mannes. Er war vielleicht so um die 50.Zumindest hatte er graue verschwitzte Haare, die ihm strähnig bis zu den Schultern hinunterhingen. Fuck. Das war alles was ich bei diesem Anblick denken konnte. Schnell riss ich mich aus meiner Starre und rannte den Weg entlang zurück. Weit kam ich allerdings nicht, da sich mir einer weiterer Mann um die 40 Jahre in den Weg stellte. Er hatte das selbe wiederliche Grinsen auf seinem Gesicht. "Was wollt ihr?", presste ich durch meine Zähne hevor- möglichst bedacht darauf, dass meine Stimme nicht brach. Der Mann vor mir lachte wiederlich. "Dich." Nun schien mein Herz entgültig in meiner Hose verschwunden zu sein. Schnell versuchte ich an dem Typen vorbeizurennen, da wurde ich von hinten unsanft an meinen Oberarmen festgehalten. "Du bleibst hier", hauchte mir der erste Typ von hinten ins Ohr. Sein Atem strich dabei meine Haut. Es war absolut abscheulich. Eine Gänsehaut breitete sich auf meinem ganzen Körper aus. Mir wurde immer unbehaglicher zu Mute. Vergebens versuchte ich mich aus seinem Griff zu entwinden, doch ich konnte nicht. Meine Kraft war scheinbar wie weggeblasen. Abermals verfluchte ich mich dafür, nichts zum Frühstück gegessen zu haben. "Nein", sagte ich verzweifelt, während ich noch immer versuchte, mich von dem Typen loszureißen. Das brachte die Beiden nur zum Lachen. Dieses Lachen. Es war so dreckig. Tränen schossen in meine Augen, doch ich versuchte schnell den Kloß in meinem Hals herunterzuschlucken und mir sie zu verdrücken. Du bist ein starkes Mädchen- ermahnte ich mich selbst. "I- ich habe meine Tage.", versuchte ich es. Da lachten die Männer wieder nur. "Nun Steph, ich glaube, das müssen wir überprüfen." Wieder lachten sie. Ich kann es nicht beschreiben. Es war voll mit Lust, Vorfreude und Hass? Plötzlich hob der Mann vor mir- Steph- seine rechte Hand und strich mir damit über meine  linke Wange. Ich versuchte meinen Kopf wegzudrehen, da nahm er seine Hand und legte sie an mein Kinn um es zurück in seine Richtung zu drehen. "Na na Kleines. Es ist unhöflich nicht in die Augen zu gucken." Ein unbeschreiblicher Hass überkam mich. "M- Mein Vater ist Polizist. Er wird euch zur Strecke bringen, wenn ihr das tut.", sagte ich jetzt um einen festen, selbstbewussten Ton bemüht. Da lachten sie wieder. "Kleines..." Es widerte mich an, wie er diesen Kosenamen aussprach. "...deine Eltern sind tot.", ergänzte nun der Typ hinter mir. Wieder lachten die Beiden auf. Meine Unterlippe fing an zu zittern. Stephs Blick fiel direkt darauf. Dann führte er seinen Daumen zu meiner Unterlippe und strich sanft darüber. Wiederlich. Doch das war meine Chance. Ich biss ihm- so fest ich konnte- auf den Finger und trat währenddessen dem anderen Typ hinter mir auf den Fuß. Beide heulten kurz auf. Der Griff um meine Arme lockerte sich ein wenig. Genug, damit ich mich losreißen konnte. Ich floh weiter den Weg entlang, als plötzlich ein Dritter im Bunde vor mir stand- wahrscheinlich der Anführer der Bande. Er war auch ungefähr in ihrem Alter und sah genauso ungepflegt aus, wie die anderen beiden Männer. "Na na Süße... du willst schon gehen? Dabei haben wir doch gerade erst angefangen zu spielen." Er packte mich grob an meinen Handgelenken und schmiss mich an den nächsten Baum. Ich landete unsanft auf dem Boden, während mein Kopf an dem Stamm hinter mir traf. Meine Sicht wurde schlechter und schließlich war alles schwarz.
Als ich wieder zu mir kam, fand ich mich gefesselt an dem Baum hingend wieder- nackt. Ich spürte einen unsagbaren Schmerz um meine Handgelenke und Sprunggelenken. Das Seil, welches mich vom Baum baumeln ließ, zog sich immer weiter in meine Haut. Ich versuchte mich loszubinden, doch wurde durch einen schrecklichen Schmerz auf meinem Po unterbrochen. Ich stöhnte auf vor Schmerz. "Schön schön, du bist wieder wach. Wir konnten ja nicht ohne dich anfangen.", lachte eine Stimme hinter mir. "B-Bitte. L- lasst mich gehen.", flehte ich. Ein weiterer Schlag traf auf meine nackte Haut. Verdammt. Es tat scheußlich weh. Ich wimmerte auf vor Schmerz. "Ich wusste doch, dass dir das gefällt.", ertönte die Stimme hinter mir wieder. Ich schüttelte den Kopf. Da hörte ich plötzlich schwere Schritte genau auf uns zukommen. Auch der Mann muss es bemerkt haben, denn er drehte sich schlagartig um. "Ah.", hörte ich seine zufriedene Stimme wieder. "Da seid ihr ja endlich!" Ich konnte nicht sehen, was passierte, doch plötzlich spürte ich etwas weiches vorsichtig meine Haut streichen. Es brannte höllisch. Brennnesseln. Ich keuchte verzweifelt auf. Wieder lachten die Männer. Was als nächstes passierte, würde ich am liebsten verdrängen. Sie folterten und vergewaltigten mich anschließend. Ich hatte noch nie an einem Tag so unfassbar viel Schmerz erfahren.  Es war schon dunkel, als sie endlich von mir abließen. In der Zwischenzeit musste ich, wegen der zu großen Schmerzen, immer wieder in Ohnmacht gefallen sein.
Ich öffnete meine Augen. Mein ganzer Körper zuckte und tat weh. Zusammengekrümmt lag ich nackt auf dem schmutzigen Waldboden. Die Männer waren verschwunden. Ich fühlte mich so dreckig, so wertlos. Emotionslos starrte ich auf den Boden. Meine Klamotten lagen unordendlich auf einem Haufen vor mir. Ich wusste nicht, wie lange ich hier noch gelegen hatte und wortlos auf einen Punkt gestarrt hatte. Jede einzelne Faser meines Körpers tat weh, doch ich vergoss keine Träne. Diese Genugtuung würde ich ihnen nicht geben. Es war schon dunkel, als ich mich schließlich aufraffte und begann, mich langsam anzuziehen. Sobald die Klamotten meine Haut berührt hatten, wurde mein Körper wieder mit einem furchtbaren Schmerz durchzogen. Nach einer Weile hatte ich es geschafft. Ich stand langsam vom Boden auf und machte mich auf, zurück ins Heim zu kommen.

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