Kapitel 11
Langsam öffnete ich meine Augen. Ein grelles Licht stach mir entgegen und löste ein furchtbares Ziehen in meinem Kopf aus. Sofort schnellte meine Hand an meine Schläfe. "Ah, verdammt!" Vorsichtig rieb ich darüber und stöhnte auf. Der Tag begann ja wirklich gut. Nicht. Als ich meine Augen ein weiteres mal öffnete wurde mir jedoch erst klar, wo ich war. Zumindest so mehr oder weniger. Zwar wusste ich nicht genau wo, aber -dem war ich mir sicher- war es nicht mein Zimmer- der Raum, in dem ich eigentlich gerade sein sollte. Wie war ich hier hergekommen? Nichts. Ich konnte mich an rein gar nichts mehr erinnern. Verdammt, verdammt. Panisch blickte ich mich im Zimmer um. Es war auf jeden Fall ein Jungszimmer. An den dunkelblau gestrichenen Wänden hingen Poster von verschiedensten Bands und Interpreten. Ich kannte das Zimmer nicht. Trotzdem war ich mir sicher, dass es einem Heimbewohner gehören musste. Plötzlich durchfuhr ein Gedanke meinen Kopf. Was wenn...? Schnell zog ich die Bettdecke weg. Oh shit. Ich hatte nichts weiter an als ein fremdes T-Shirt. Nun ja, wenigstens war ich nicht komplett nackt. Aber trotzdem. Wie war ich hier her gekommen und was war passiert? Plötzlich flog die Tür auf und zwei sich amüsiert unterhaltende Mädchen kamen herein -Lore und Sindy. Mit großen Augen sah ich sie an. Als die beiden mich entdeckten, starrten sie mich ebenfalls schockiert an. Was taten sie hier. Gut, diese Frage war wohl, angesichts des Unwissens über meinen Aufenhalt hier, unberechtigt. Plötzlich räusperte sich Sindy und fragte in einem schrillen Ton: "Was tust du hier?" Ja, was tat ich hier? Das war eine gute Frage. Ich gaffte sie nur weiter an. "Hör zu...", Lore kam auf mich zu. Langsam. Bedrohlich. "Er gehört uns, okay? Nimm deine dreckigen Sachen und verschwinde schleunigst von hier, verstanden?" Ich antwortete nicht, sondern überlegte weiterhin fieberhaft, um wen es sich bei ihm handeln konnte. Doch ich wurde schnell wieder aus meinen Gedanken gerissen, als Lore mir plözlich eine scheuerte. "Was bist du so gewalttätig?!", fauchte ich sie wütend, aber auch erschrocken an. "Ich hab gefragt, ob du das verstanden hast", wiederholte sie gehässig. Fassungslos sah ich sie an. "Was soll das, ich..." "Du stinkst", unterbrach mich Lore plötzlich, "nach Alko..." Mitten in ihrem Satz stockte sie und begann boshaft zu grinsen. Es sah fast so aus, als ob ihr jetzt erst bewusst wurde, was ihr Satz bedeutete. Und auch mir wurden plötzlich die Augen geöffnet- wenn auch aus einem anderen Grund. Aus dem Augenwinkel konnte ich nämlich einen blonden Haarschopf zur Tür hereinkommen sehen. Shit. Darius. Verzweifelt kniff ich meine Augen zusammen. Nein. Das konnte jetzt wirklich nicht wahr sein. "Was macht ihr hier", hörte ich plötzlich seine dunkle Stimme sagen. "Oh hey, Darry. Wir wollten dich abholen... zum... Frühstück", erwiderte Sindy mit zuckersüßer Stimme. "Ich hab schon gegessen." "Oh okay...", sagte Lore enttäuscht. Noch immer hatte ich meine Augen fest zugekniffen. Wenn ich ihn nicht sah, dann sah er mich auch nicht. Wenn ich ihn nicht sah, dann... "Ist noch was? Wie ihr seht hab ich Besuch", unterbrach Darius in einem kühlen Ton meine Gedanken. Shit. Er sah mich doch. Verzweifelt öffnete ich meine Augen einen Spalt breit und konnte gerade noch Sindy und Lore beleidigt aus dem Zimmer stolzieren sehen. Als sich die Tür geschlossen hatte, drehte sich Darius wieder zu mir um und betrachtete mich mit seinen grünen Augen. Es war ein stechender Blick und mit- wie ich fand- einer gewissen Strenge. Ich lief rot an. "Ich weiß nicht... also, was auch immer... gestern", stotterte ich, doch Darius unterbach mich mit hochgezogener Augenbraue. "Du erinnerst dich an nichts?" Nervös biss ich mir auf die Unterlippe und schüttelte leicht den Kopf. Es wurde still. Keiner sagte etwas. Ich hatte meinen Blick gesenkt, sodass ich Darius nicht ansehen musste. Trotzdem konnte ich seinen Bick auf mir spüren. Peinlich berührt räusperte ich mich nach einer Weile. "Ich also... ich sollte gehen." Langsam stand ich auf- drauf bedacht, meinen Blick nicht mit seinem zu kreuzen. Ich war schon fast an der Tür angekommen, da hörte ich hinter mir die Stimme von Darius sagen: "Wie lang?" Verwirrt drehte ich mich um. "Was?" Meine Stimme brach leicht. "Wie lang möchtest du noch vor deinen Problemen davonlaufen?", wiederholte Darius traurig. Ich schluckte schwer. Das traf es so ziemlich genau auf den Punkt. Ich rannte von meinen Probleme davon. Aber es würde mich zu viel Kraft kosten, mich ihnen allein zu stellen. Dafür waren es zu viele.
Schnell blinzelte ich meine Gedanken weg, drehte mich um und ging. Ich sagte nichts. Lief einfach nur- so schnell ich konnte- von einem weiteren Problem davon. Das Problem, das sich Darius nennt. Ich mochte ihn nicht. Wollte ihn nicht mögen. Ich hasste seinen Namen. Ich hasste seine Art. Ich hasste, wie sehr er sich mir ähnelte und doch wieder nicht. Ich hasste sein nie schwindenes Lächeln und seine Grübchen. Hasste, wie sehr ich mich nach seiner Gegenwart sehnte und hasste, wie sehr er sich anscheinend nach meiner sehnte.
Schnell schubste ich die Tür zu meinem Zimmer auf. Tränen stiegen in meinen Augen auf. Wieso? Ich konnte mir auch nicht meine plötzlich aufkommende starke Wut erklären. Was passierte mi mir? Was war mit der gefühlslosen Rose passiert. "Verdammt, hör auf zu heulen!", schrie ich mein Spiegelbild an. Meine Hände hatte ich zu Fäusten geballt. Meine Fingernägel bohrten sich schmerzhaft in meine Handflächen. ich wusste mir nicht mehr zu helfen. Mit aller Kraft schlug ich mit meiner verkrampften Faust auf den Spiegel ein, der schlagartig in tausend Teile zerbrach. Die Spiegelscherben rieselten unschuldig auf den Boden. Verzweifelt kniete ich mich auf den Boden- inmitten der Scherben. Meine Hand blutete. Fassungslos starrte ich darauf. Was zum? Plötzlich wurde die Tür hinter mir aufgerissen. Ich konnte kalte Hände auf meiner Schulter spüren, die mich aus den Scherben zogen. Mit Tränen in den Augen drehte ich ich zu der Person um und schüttelte ihre Hände von meinem Körper. "Rose!", mahnte die Person. Es war James Frau- Sophie. Sie hasste mich, doch das beruhte auf Gegenseitigkeit. Ich konnte mich nicht mehr halten und schlug ihr ins Gesicht. Ich kann euch wirklich nicht sagen, wieso ich das getan habe. Um ehrlich zu sein, kann ich euch keines meiner Verhaltensmuster erklären. Vielleicht war ich wirklich einfach nur geisteskrank? Schockiert über mich selbst rannte ich aus dem Zimmer- vorbei an gefühlt dem halben Heim, dass sich im Gang um mein Zimmer herum versammelt hatte, um das Spektakel zu verfolgen. Ich hoffe, euch hat es gefallen!
Ich rannte aus der Vordertür ins Freie und auf direktem Weg aus dem Heimgelände. Ich rannte durch die Stadt. Wütend. Traurig. Verletzt. Das reinste Gefühlschaos.
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