17.Kapitel
Hatte nicht mal jemand gesagt, dass der Tag so wird, wie man in ihn hereinstartet? Wenn nicht, tat es Juliet jetzt! Ihre Telefon klingelte um halb 8 und sie rollte verschlafen aus dem Bett. ,,Juliet."Sie gähnte leise.
,,Du musst kommen Juliet!",tönte die aufgeregte Stimme von ihrer Schwester Bella aus dem Hörer. ,,Ist es nicht Dienstag? Du solltest in der Schule sein!",brummelte Juliet verstimmt. ,,Du verstehst nicht, Juliet.",flüsterte Bella, doch David unterbrach sie. ,,Daddy ist wieder da und er möchte mit Mummy sprechen!",tönte er fröhlich dazwischen. ,,Die Großeltern sind nicht da und Dad hat nicht mal mitbekommen, dass sie nicht mehr lebt und David scheint zu glauben, dass jetzt, wo Dad wieder da ist, Mama wiederkommt oder was weiß ich denn? Was soll ich tun?!Juliet das ist zu groß für mich."Juliet hörte, dass Bella fast in Tränen ausbrach. Was sollte sie Bella raten, wenn sie selbst nichts wusste, was zu tun war?,,Warte auf mich und geh mit Dave nach oben. Ich möchte nicht, dass er sich in unserem Leben einbürgert. Er wird nicht lange bleiben.",sagte Juliet schließlich und kämmte ruppig ihre Haare. ,,Aber warum denn nicht? Es ist doch nur Dad!",flüsterte Bella in den Hörer. Juliet wurde bewusst, wie sehr ihre kleineren Geschwister ein Elternteil brauchten. Ihr Vater war nie da gewesen und als Alice gestorben war, waren sie praktisch als Waisen zurückgeblieben. Juliet band ihre Haare zu einem Zopf zusammen. ,,Ich werde mal mit ihm reden. Mal sehen.",sprach sie nun etwas sanfter. ,,Ich möchte bloß nicht, dass ihr zu viel erwartet. Es könnte sein, dass er nur ein paar Dokumente holt und wieder weg ist."Bella versuchte, nicht vor Enttäuschung in Tränen auszubrechen. Das konnte man hören, weil sie immer wieder unregelmäßig Luft holte. Juliet schluckte. Sie schlüpfte in eine Hose und zog sich einen Pulli über. ,,Bist du bereit?Kommst du jetzt?",fragte ihre kleine Schwester, die anscheinend vorhatte den ganzen Weg zu telefonieren. ,,Ich bin in 20 Minuten da."Juliet zog ihre Schuhe an und griff nach ihrer Jacke. Sie wählte eine Nummer. Und dann begann sie zu erzählen. ,,Kommst du mit?",fragte sie schließlich. ,,Wann holst du mich ab?",,Sofort."Und Ella legte auf.
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Juliet hielt sich an Ella fest und wollte an der Haustür klingeln, den vertrauten Klang der Klingel zu hören und sich ein bisschen trösten zu können. Doch heute wurde ihr nicht einmal das gegönnt. Ein großer Mann riss die Tür auf. Er hatte blonde Haare und stechend blaue Augen. Und er strahlte. ,,Meine Tochter! Endlich hab ich dich wieder!"Er drückte sie an seine Brust. Juliet hatte sich immer eingeredet ihren Vater gekannt zu haben, doch jetzt musste sie sich eingestehen, dass sie ihn fast gar nicht gekannt hatte. Nichts, aber auch gar nichts an ihm war vertraut. Sie hatte ihn nicht wiedererkannt und die Art, wie er sie in den Arm nahm, schützend und fest war eben so fremd, wie sein Geruch nach Aftershave und Pfefferminze. Er drückte sie von sich, um sie anzusehen. ,,So groß bist du geworden! Du siehst genau aus wie meine Alice! Kann mir endlich mal jemand sagen, wo sie ist? Ich bin zurück!"Auf einmal war die Abscheu von Juliet verschwunden und machte Mitleid Platz. ,,Ella? Gehst du hoch zu Bella und David? Komm."Ella nickte und ging die Treppe hinauf, die zu den Kinderzimmern der zwei führten. Sie nahm ihren Vater an der Hand und zog ihn mit sich. Von hier aus waren es nur zwei Straßen bis zum Friedhof. Währenddessen schwiegen sie. Juliet weinte, Rick nahm es hin. Er sah sie offensichtlich als Freudentränen an. Doch, als sie das Tor des Friedhofs erreichten und Rick begriff, dass Alice nicht auf dem Friedhof arbeitete wurde er unruhig. ,,Was wollen wir hier?",fragte er. Juliet wusste, dass er wollte, dass sie ihm etwas geben würde, an das er sich klammern konnte, um nicht einmal daran denken zu müssen, was er bereits wusste. Das hatte sie auch gebraucht, als ihre Mum gestorben war, aber niemand hatte sie von den dunkeln Gedanken befreit.,,Mum ist vor 2 Jahren gestorben.",schluchzte Juliet, als sie an dem Grab ihrer Mutter ankamen. Ihr Vater sank vor dem Grab zusammen. Es war das Erbärmlichste, das Juliet in den 22 Jahren ihres kurzen Lebens gesehen hatte, wenn sie sich selbst ausnahm, als sie am Tag nach dem Tod ihrer Mutter in den Spiegel geschaut hatte. Ihren Vater, den sie so sehr hassen wollte, tat ihr nur leid. Ja, in gewisser Weise fühlte sie sich mit ihm verbunden. Sie dachte an den 24.Dezember.2017 zurück.
Flashback
,,Er muss raus!",schrie Juliet, deren Geduldsfaden den Weihnachtstag über gefärlich strapaziert worden war. ,,Was muss raus, Julie?",fragte David zögerlich. Seine Augen waren nicht ganz so verheult, wie die des Restes der Familie. Vielleicht begriff er es noch nicht. Vielleicht war er einfach zu klein...,,Wie können wir hier sitzen...und feiern...und tun, als gäbe es ein Weihnachten ohne sie!?",,Juliet. Beruhige dich! Setz dich wieder hin. Es ist dein Geburtstag."Die 20.Jährige hatte sich nicht beruhigt. ,,Wie...könnte...ich...mich...
beruhigen? Ich..bin...nicht...bereit....Ich...wollte...
ihr...doch...noch...ihre...Enkelkinder...
vorstellen...Aber...ich..bin..doch... kaum...erwachsen."Mit jedem Wort schleifte sie den Tannenbaum, den ihre Mutter gestern noch so liebevoll geschmückt hatte, ein Stückchen mehr zum Fenster. Ihr war es egal, dass dabei die Hälfte des Christbaumschmucks herabfiel und zerbrach. Ihre Familie sah ihr fassungslos dabei zu, wie sie das Symbol des Festes mit einigen Rucken aus dem Fenster schmiss. Sie weinte. ,,Es gibt kein Weihnachten für mich! Und keinen Geburtstag!Ich wünschte, ich wäre nie geboren worden!"Juliet war weinend auf die Straße gestürzt, hatte selbst nicht registriert, wohin sie gerannt war.
Flashback Ende
Behutsam legte sie eine Hand auf den Rücken ihres Vaters. ,,Dad."Das Wort klang falsch und fühlte sich auf ihrer Zunge ungewohnt an. ,,Wie lang bleibst du?"Er blickte auf. ,,Wer passt den ganzen Tag auf Bella und David auf?"Und Juliet erzählte davon, dass ihre Großeltern mit den Beiden im Haus wohnen geblieben waren, aber, dass sie wirklich zu alt waren, um sich noch, um Kinder zu kümmern. ,,Sie wollte nicht, dass ich mich melde, bis ich es überstanden habe. Ich wollte wieder zu euch ziehen. Ich werde wieder Verantwortung für euch übernehmen. Ich bin euer Vater."Er klang verbittert, aber lächelte Juliet kraftlos zu.
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Juliet faltete den kleinen Zettel auf. Es war bereits mitten in der Nacht, als sie ihre Aufgabe las.
Genieß den Tag
Phillip
Und dies war das erste Mal, dass Juliet eine Aufgabe nicht erfüllen konnte
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Hey Sweeties,
Wie war euer Tag? Meiner war schön. Ganz schön traurig das Ganze, oder?
Was haltet ihr von dem Vater?
Denkt ihr, er wird ein guter und überhaupt ein Vater sein?
Eure Charlie030506
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