Kapitel 3

▄︻デU̷n̷f̷a̷l̷l̷══━一

Sie saß unruhig auf ihrem Stuhl und wartete darauf das ihre Nummer endlich aufgerufen wurde. Anna hasste es solche Termine zu haben. Immer musste man unnötig lange warten. Als Kind schon war sie ungeduldig gewesen. Wenn ein Spiel ihr zu lange dauerte, dann mochte sie es nicht, wenn ein Buch zu Beginn nicht spannend genug war oder keinen Sinn machte, legte sie es einfach beiseite. Auch Heute noch hatte sie Probleme mit Dingen die zu lange dauerten. Auch Warten verabscheute sie. Mittlerweile aber weniger als früher, da es ihr um einiges leichter viel sich ab zu lenken. Die Frau tippelte nervös mit ihrem Fuß wieder und wieder auf den Boden. Ehrlich gesagt wusste sie nicht einmal ob sie überhaupt längere Zeit in LA bleiben sollte. War es so eine gute Idee offiziell um zu ziehen?
Ihre Augen glitten über das Regal zu ihrer linken. Es war befüllt mit Zeitschriften. Das erinnerte sie an etwas, nur konnte sie diese Erinnerung nicht abrufen. Grübelnd saß sie da. Ihre Blicke streiften jede einzelne Zeitschrift. Sie wusste einfach nicht was es war woran sie sich erinnern wollte und es nicht konnte.

Das verärgerte sie noch zwei Stunden später, als sie draußen auf der Straße stand, mit einem leeren Handy Akku. Schon wieder. Nur ihr Handy ärgerte sie viel weniger wie diese verdammte Sache die ihr einfach nicht einfallen wollte. Und noch schlimmer, es fühlte sich nicht einmal nach etwas kleinem an.
Vollkommen ertrunken in ihren Gedanken lief Anna die Straße entlang. Nicht unbedingt wert es zu erwähnen, doch es war eine recht reg befahrene Straße. Immerhin war das Gebäude eine der wichtigsten in dieser Stadt, dementsprechend gab es auch genug Menschen die dorthin wollten. Sie blendete all dies aus. Wo wollte sie eigentlich hin? Diese Frage gab es zu klären sobald sie wusste was genau da an ihren Hinterkopf klopfte. Die junge Frau hatte jetzt schon so tief in ihrem Hirn gegraben, sie war der Antwort so verdammt nah gekommen. Sie durfte sich jetzt nicht ablenken lassen. Wenn sie doch nur einen anderen Anhaltspunkt hätte.

Plötzlich ging alles sehr schnell. Anna sah einen LKW, dessen Fahrer nicht wirkte als wüsste er wie man so etwas überhaupt fährt. Vielleicht hatte er ja nicht einmal einen Führerschein. Panisch sah sie sich um. Sie konnte nicht vom Bürgersteig flüchten, es gab nämlich weit und breit keinen Grünstreifen. Aber es machte ihr Angst wie verdammt beschissen dieser Typ fuhr und wie er sein Gefährt absolut weniger unter Kontrolle hatte, wie sie als sie zum ersten Mal ein Auto gefahren war. Sie war sich nicht sicher ob er gleich einen Unfall bauen würde oder nicht. Wie hatte er es so weit geschafft ohne das ihn jemand gestoppt hatte? Mit geschlossenen Augen betete sie darum, bloß nicht diese dumme Sache die sie nun schon eine Weile plagte und ihr nicht einfiel, zu vergessen.
Geräusche von überstrapazierten Bremsen traten in ihre Ohren. Na super. Der Vollidiot würde also tatsächlich einen Unfall bauen. So gut sie konnte drückte sie sich an die Wand und zog jegliche Körperteile so nah wie nur möglich an sich heran. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals. Schließlich hatte sie noch immer ihre Augen geschlossen und konnte sich nicht vergewissern was sich vor ihr abspielte. Sie war sich aber sicher das es definitiv nichts gutes war. Sie hatte ja gesehen wie der Mann gefahren war. Das allein machte ihr genug Angst. Es dauerte ewig, doch nichts passierte. Anna fühlte sich als wäre sie am träumen. Einen traumlosen steifen Schlaf. In ihr keine Intention die Augen wieder zu öffnen. Es lag nicht an der Angst. Sie konnte sie einfach nicht öffnen. Und sie stand auch sicherlich nicht mehr da wo sie gestanden hatte. Sogar ihr Verstand war getrübt. Ihr Körper wollte ihr nicht sagen was los war. Aufwachen wollte er auch nicht.

Gefühlte Fünf Minuten später schlug die Blondine ihre Augen auf. Sie starrte direkt in das Licht einer grellen weißen Neonröhre. Na super. Der Vollidiot hatte sie wohl offensichtlich doch angefahren. Viel schlimmer aber, ihre Erinnerung war wieder in den Tiefen ihres Gedächtnisses verschwunden. Wütend wollte die Frau sich aufsetzten. Ein starker schmerz durchzog ihre Seite. Dennoch, sie war wütend genug um den Willen dafür auf zu bringen.
Anna sah sich im Raum um. Dabei fiel ihr Blick auf einen kleinen Tisch neben ihrem Krankenbett. Ihr Handy. Jemand hatte es an den Strom angeschlossen. Ein Glück. Vielleicht machte Mike sich sorgen weil er sie nicht erreichte. Ihre Augen scannten den Raum genau. Auf einem sehr abgenutzt aussehendem Holz Stuhl saß ein großer, mittelschlanker Mann mit schwarzem Haar und einem Undercut, dieser war zugegebenermaßen sehr schäbig gemacht. Der Typ hatte sich definitiv den falschen Frisör ausgesucht. Abgesehen davon das seine Frisur hässlich war, sah man seine dunklen Bartstoppeln sehr stark, er hatte ein dickes, nicht unbedingt großes Gesicht und einprägsame Augen. Was nicht unbedingt positiv sein musste. Generell war er eher leicht über dem Normalgewicht. In seinem Gesicht lag ein schuldiger Ausdruck. So sollte er sich auch fühlen, fand sie jedenfalls.

„Ey du." fauchte sie.

Der Mann fühlte sich sofort angesprochen. Er hob den Kopf sah in ihre Richtung, sprang regelrecht von seinem Stuhl auf.

„Fick dich."

„Ich bin Simo Talvi." stellte er sich vor. „Tut mir wahnsinnig leid." Ihr Schimpfen hatte er einfach ignoriert.

„Das will ich ja wohl für dich hoffen." sie schnappte sich ihr Handy. Anna traute keinem Mann über den Weg der LKW fuhr obwohl er zu unfähig dafür war.

„Entschuldigung. Ich wollte nur ein paar Fahrstunden machen, wie hätte ich wissen können das du mir direkt vors Auto läufst." das war doch offensichtlich eine Rechtfertigung und keine Entschuldigung.

Wie war, sich an die Wand pressen und mit geschlossenen Augen auf sein Ende warten, überhaupt "vors Auto laufen"? Entrüstet setzte die Frau sich auf die Bettkante. Der hatte doch nicht mehr alle Tassen im Schrank.

„Das kannst du dir in deinen hässlichen Arsch schieben."

„Woher willst du wissen das mein Arsch hässlich ist?" feuerte er zurück. Da hatte Simo seine Rechnung allerdings ohne Anna gemacht.

„Aus persönlicher Erfahrung kann ich dir bestätigen, dass Männer, die auftreten wie du, nicht viel Wert auf die Pflege ihres Gesäßes legen. Kann ich dir aber mehr als nur ans Herz legen. Frauen stehen auf schöne Ärsche."

„Du gefällst mir Anna. Du bist so schön direkt und nimmst kein Blatt vor den Mund." kommentierte er.

Es war seine ehrliche Meinung, sie verwunderte ihn allerdings selbst. Vor allem nachdem das Erste was er von ihr gehört hatte eine Beleidigung war. Anna starrte ihn kurz sehr mürrisch an. Simo war sich sicher, dass es ihre Art war Menschen zu zeigen das sie sie mochte. Er hatte schon viele Frauen kennengelernt. Darunter war auch eine wie Anna gewesen. Am Ende hatten sie sich verlobt. Doch es hatte nicht all zu lange gehalten, immerhin war sie jetzt eine seiner besten Freunde. Sie war extra aus Texas nach Los Angeles gezogen und hatte ihre Familie zurückgelassen nur für ihn. Es war immerhin schon vorher schwierig bei ihr gewesen, danach erst recht noch viel mehr. Simo konnte ihr nicht die Liebe geben die sie brauchte. So trennten sie sich im Guten. Mittlerweile war ihre Psyche wieder auf der Höhe und sie trafen sich regelmäßig um feiern zu gehen. Zumindest dann wenn er mal Zeit hatte. Zeit war bei dem Geschäftsmann nämlich rar gesäht.

„Dein Armband. Da steht dein Name drauf." stammelte er. Was war bloß mit ihm los?

Das selbe fragte sich die Frau auch. „Ich bin nicht so hart auf den Kopf gefallen wie du." zischte Anna. „Wie kommt so ein Armleuchter überhaupt drauf LKW zu fahren?"

„Am Anfang lief es auch super. Ich war halt kurz abgelenkt." beteuerte er. Schon wieder eine sehr dumme Rechtfertigung.

„Dir sollte man den Führerschein einfach ganz wegnehmen."

„Das wäre ziemlich schlecht."

Die Frau glotzte ihn entgeistert an. „Sag bloß. Bist du Taxifahrer oder was?" Jede Farbe hatte ihr Gesicht verlassen.

Simo nickte zustimmend. „Stellvertretender Geschäftsführer."

Anna schlug die Arme über dem Kopf zusammen. Das was sie da grade gesehen hatte war genug Beweis das der Mann keinen Führerschein verdiente. Sie schwang ihre Beine aus dem Bett. Es ging ihr schon wesentlich besser wie noch vor fünf Minuten. Erstaunlich. Möglich aber das sie nicht sonderlich schwer verletzt worden war. Man hatte ja nicht einmal einen Tropf an sie angeschlossen.

„Ruh dich lieber noch weiter aus." besorgt kam der Mann einige Schritte auf sie zu.

„Ich bin Erwachsen ich weiß was ich mache." zischte sie.

Schnell zog sie sich ihre Schuhe an und schlurfte zur Tür. Simo heftete sich an ihre Fersen. Sie war weder stark verwundet, noch hatte sie starke Schmerzen. Warum sollte sie hier ihre Zeit verschwenden? Die Frau beeilte sich um zum Empfang zu kommen. Die Sekretärin dahinter nickte ihr wissend zu. Sie beugte sich über den Tresen.

„Lass mich das bezahlen, schließlich bin ich daran Schuld." Simo stellte sich neben sie.

Das war für ihren Geschmack zu nah. „Nichts anderes hatte ich von dir erwartet." Immerhin hatte er sich ihr angeboten.

„Ihre Wertsachen." die Dame schob es über den Tresen.

Simo wollte es an sich nehmen doch Anna schlug ihm auf die Finger und schaute ihn verbittert an. Sie griff so viel sie konnte auf einmal, nur damit er ihr bloß nicht helfen konnte. Was war das auch für seltsame Hilfe. Er hätte ihre Sachen genommen nur um sie ihr dann wieder in die Hände zu drücken. Darauf konnte sie dann auch gleich verzichten.
Schnellen Schrittes ging die Frau Richtung Eingang. Der Fremde ihr noch immer auf den Fersen.

„Warte doch mal Anna." rief er ihr Hinterher. So schnell er konnte schob er sich hinter ihr durch die Türe. „Lass mich dich wenigstens nach Hause fahren."

„Du mich fahren?" sarkastisch zwang sie einen Lacher aus sich heraus. „Da kann ich lieber zu Fuß über den Highway laufen."

„Ich mache mir Sorgen."

„Ich mache mir auch Sorgen, um mein Leben."

Die Frau spielte mit den Schlüsseln in ihrer Hand. Sie kam nicht drum herum sich ein Taxi zu rufen. Immerhin war ihr Auto nicht in Reichweite und sie war verletzt. Wenn man es überhaupt so nennen konnte. Schmerzen hatte sie noch immer keine. Sie war sich sehr sicher das sie wieder eigenständig fahren konnte. Auf ihrem Handy tippte sie bereits Pershing Square in die Suchleiste von Google Maps, was ihrer Meinung nach um einiges besser war als Apple Maps.

„Ich kann dich auch zum Pershing Square bringen." noch immer hing der Mann an ihrem Ohr.

Es reichte ihr. Er sollte sie einfach in Ruhe lassen. „Wenn du mich dann endlich in Ruhe lässt." knurrte die Frau.

Simo grinste breit. „So eine Schönheit kann ich erst in Ruhe lassen wenn ich ihre Handynummer in unsere VIP Liste eingetragen habe."

So lächerlich hatte noch keiner nach ihrer Nummer gefragt. Doch nachdem was Anna vorhin erlebt hatte, fürchtete sie das, sollte sie nein sagen, es ihm nicht genügte, bis er sie schließlich eben doch hatte. Also ließ sie endgültig locker. Emre hatte sie auch eine Chance gegeben. Der war sogar noch gruseliger. Vielleicht war es ja doch ein Versehen.
Es dauerte keine Zwei Minuten, da fuhr ein Mercedes-AMG E63S vor. Annas Augen wurden groß. Zwar stand auf der Seite fett Urban Rides, doch so ein Taxi hatte sie noch nie gesehen. Ohne zu zögern stieg sie ein. Vielleicht sollte sie diesen Kontakt etwas vertiefen, man konnte ja nie wissen. Die ein oder andere Taxifahrt umsonst würde ihr bestimmt gelegen kommen. Menschen in LA zu kennen ebenfalls.

„Tut mir leid das ich so aufbrausend war." entschuldigte sie sich, obwohl es ihr nicht einmal leid tat.

„Hab schlimmeres erlebt." Simo machte eine lässige Handbewegung. „Und du willst sicher zum Pershing Square und nicht direkt nach Hause."

„Da steht mein Auto. Aber wenn du darauf bestehst darfst du mich Eskortieren." Sie lächelte nun.

„Natürlich bestehe ich darauf." erwiderte er.

Die Blondine kicherte. Er war doch nett, warum war sie nur immer so unnötig abweisend?
Simo fuhr los und tatsächlich kamen sie unbeschadet beim Pershing Square an. Und schließlich auch eine Straße vor Mikes Villa. Anna gab ihm mit dem Rücklicht ein Signal, woraufhin das Taxi in die nächste einfahrt fuhr und umdrehte. Sie vergewisserte sich, das er außer Reichweite war, ehe sie in die richtige Straße einbog. Die Frau stellte den Motor ab. Grade als sie die Tür aufschließen wollte, wurde sie von innen geöffnet.

"Anna. Ich wollte mir grade Sorgen machen."

2020 Wörter

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