Kapitel 25
Sie holte aus und schlug mit dem Kuhfuß gegen die Fensterscheibe des schwarzen BMW 5ers. Mit einem lauten Schmettern zerschellte das Glas, sobald die schwere Stange diese traf. Die Scherben ergaben ein hübsch glitzerndes Konfetti auf dem Pflaster. Grinsend drehte Anna sich um. Um sie versammelt waren ungefähr fünf bis zehn andere Frauen. Alle sprühten vor Euphorie.
"Bringen wir das Baby zum brennen." jubelte eine kleine schlanke Frau mit schwarzen Haaren glücklich.
"Ja Mann." schrie eine korpulentere Brünette aufgebracht zurück.
Luna und Frank hatten Anna mit Simos Auto auf dem Highway zurückgelassen. Zum Glück hatte der fette Idiot auch sein Handy vergessen. Kurz hatte Anna gegrübelt ob sie überhaupt ein Taxi kaputt machen sollte oder ob sie es vielleicht doch nicht wollte, aber ihre Anweisung war klar. Dagegen stellen, konnte sie sich mit ziemlicher Sicherheit schon, nur am ende würde es eh darauf hinauslaufen, dass entweder sie dazu gezwungen wurde oder es jemand anderes erledigte. Sie sollte das Auto kaputt machen, so sehr wie es nur ging. Luna hatte sich da sehr deutlich ausgedrückt. In Gedanken vertieft, drehte Anna das Handy in ihrer Hand. Sie dachte gründlich drüber nach, dann entsperrte sie es. Sie scrollte durch alle seine Nachrichten. Schnell stellte die Blondine fest, dass er ziemlich vielen Frauen ohne jemals eine Antwort zu bekommen wieder und wieder schrieb. Wahrscheinlich ging es ihnen ähnlich auf die Nerven wie ihr. Oder vielleicht hatten sie ihn doch schon blockiert? Anna ließ es darauf ankommen. Und warum sollte sie nicht andere betroffene ebenfalls spaß haben lassen? Es war erschreckend wie viele abgelehnte Anrufe in seinem Verlauf standen. Am meisten störte Anna allerdings wirklich nur dass der Mann wirklich kein Passwort eingerichtet hatte. Wer war so dumm? Kurzerhand traf sie eine Entscheidung. Sie hatte genug nachgedacht und das war definitiv das Richtige. Anna fuhr den besagten Wagen zum vorgeschriebenen Ort. Den Pershing Square. Dort kramte sie das Brecheisen heraus, Fotografierte sich dabei wie sie einige Male auf den Wagen einschlug und leitete die Aufnahmen an die Frauen weiter. Sie hatte das Handy danach eingesteckt und gewartet.
Jetzt standen sie jubelnd um den BMW herum. Violet führte überraschenderweise die Gruppe an. Immerhin war auch sie ein Teil der besagten Frauen gewesen, als sie das Foto gesehen hatte, war sie kurz außer sich gewesen, hatte sich jedoch schnell gefangen. Und auch sie befand letzten Endes die Idee von Anna für gut. Bisher hatte Anna den Eindruck gehabt, dass alles was mit Gewalt zu tun hatte, gar nicht ihr Bereich war. Nicht einmal zu Schießtrainings war sie gekommen. Immerhin hatte sie den Job sich um alles Bürokratische und Logistische das ihren Alkohol betraf zu kümmern. Wahrscheinlich mehr als Alkohol, aber davon hatte Anna keine Ahnung, denn es war nicht ihre Aufgabe. Mittlerweile war Anna fast jeden Tag mit dabei, wenn auch nur für eine Stunde. Sie lief um das Auto herum, um noch mehr Fenster zu zerschmettern. Mit einer Spraydose, wechselten sich grade zwei Blondinen ab, Penisse auf das Auto zu malen. Anna kicherte. Violet war grade damit beschäftigt, im Kofferraum nach einem Benzin Kanister zu suchen. Stolz auf ihren Fund, hielt sie ihn in die höhe. Die Frauen jubelten begeistert.
"Warte noch." warf Anna ein. "Immerhin soll der Spaß noch nicht so schnell enden."
Violet nickte. Eine großbusige Schwarzhaarige Frau war grade mit einer Frau die offensichtlich ihre Schwester war, dabei die Sitzpolster auf zu schneiden. Als Werkzeug diente ihnen eine einfache Glasscherbe. Anna zündete sich eine Zigarette an und beobachtete das Spektakel ruhig. Neben ihr stand Violet noch immer mit dem Benzin. Die Blondine warf ihr einen Blick zu, doch merkte, dass sie noch lange nicht genug hatte.
"Ich pass drauf auf, keine Sorge." versicherte Anna ihrer Schwester.
Violet ließ sich das auf keinen Fall zweimal sagen. Sofort schnappte sie sich das Brecheisen von Anna. Von der ganzen Bewegung waren ihre Haare ganz durcheinander. Doch beide Frauen waren glücklich und ausgelassen. Sie lächelten einander an. All die Monate hatte ihre Freundschaft daraus bestanden, dass Violet für Anna die Verantwortung trug. Seit sie das aber nicht mehr tat, war es plötzlich umso echter. Dieser Moment in denen sich beide euphorisch ansahen, brannte eine tiefe Narbe in das Gehirn beider Frauen. Daran würden sie beide für immer denken. Sie streckten einander die Hand hin und schlugen lachend ein. Violet machte sich nun ebenfalls daran auf das Auto ein zu schlagen. So wütend hatte sie sie noch nie gesehen.
Die Blondine beobachtete die anderen Frauen wie sie alles zerschlugen, beschmierten und zerschmetterten, was nur ansatzweise Kaputt gehen konnte. Das Auto verwandelte sich innerhalb von Minuten in einen Klumpen Metall. Mittlerweile hatten sich schockierte Passanten ebenfalls versammelt und sahen verstört zu. Einige von ihnen telefonierten aufgeregt oder hielten ihren Kindern die Augen zu. Ein Streifenwagen hatte sie bereits gesehen, jedoch war er weiter gefahren. Luna und Frank hatten Anna versichert sie würde keinen Ärger bekommen. Immerhin kannte die Polizei das Blackwood Syndicate seit eigentlich immer. Wenn sie sich gegen die Blackwoods auflehnten, dann war es ihr Todesurteil. Diese Verbindung ging weit zurück. Schon vor fast 250 Jahren waren Blackwoods Vorgänger in die exekutive eingeschleust. Seitdem hatte sich wenig geändert. Luna hatte wahnsinniges Glück, dass ihre Vorgänger eine so exzellente Arbeit geleistet hatten. Allerdings konnte sie selbst natürlich auch mit vielen Erfolgen glänzen.
Als auch die letzte von ihnen sichergestellt hatte, dass das Auto nicht noch kaputter gehen konnte als es war, griff Anna nach dem Benzin, das Violet hatte stehen lassen. Sie schraubte den Deckel ab, dann kletterte sie auf den Schrotthaufen und goss die enthaltenen zwei Galonen Großzügig über das was einst mal ein schöner, teurer BMW war. Violet hielt ihr die Hand hin und half ihr wieder herunter zu klettern. Anna spürte wie ihr Plus erneut raste. Sie bedeutete den anderen Frauen abstand zu nehmen. Die Gruppe folgte ihrer Geste. Dann nahm sie das billige Zippo, das sie einst an irgendeiner Tankstelle bekommen hatte und seitdem mit sich trug. Sie zündete dieses dramatisch langsam an. Die Menge jubelte ihr ermutigend zu. Anna machte einige Schritte zurück, betrachtete für einen kurzen Moment ihr Kunstwerk der Zerstörung. Ihre Hand warf das Feuerzug wie von alleine gegen das Auto. Und es erlosch. Sie hatte vergessen, das ein Zippo unter diesen Umständen natürlich aus gehen würde. Also zündete sie sich eine Zigarette an und Opferte diese, um so das Feuer zu entfachen. Was dieses Mal auch funktionierte, lediglich einen kurzen Moment dauerte. Die Frauen jubelten Laut. Anna betrachtete die Lodernden Flammen dabei wie sie wütend alles von dem Auto verschlangen. Sie brannten hell und waren niemals satt. Genauso wie Annas Gefühle für Luna. Sie verschlangen jeden Gedanken, ließen ihr keinen Platz zum Atmen oder zum Denken. Zumindest nicht an etwas anderes als an sie und ihre roten Haare, welche nicht rot wie Feuer, sondern rot wie Blut leuchteten.
Violet stieß Anna an. Sie schenkte ihrer Soldier Freundin ein Lächeln. "Ich finde wir sollten zusammen etwas trinken gehen." schlug sie vor.
Hinter ihnen waren die Flammen gefährlich Laut am knistern. Plötzlich war es unheimlich warm geworden. Anna nickte zustimmend. Sie müsste nicht länger in der Hitze stehen und schwitzen, wenn es in LA sowieso schon heiß und schwitzig genug war. Außerdem wollte sie Zeit mit Violet verbringen. Zeit, die nicht bedeutete dass Anna wieder etwas neues lernen musste oder scheiße gebaut hatte.
Violet schloss ihre Augen. Sie genoss den Zug von ihrem Joint. Die Frau spürte wie der Rauch ihre Lungen füllte, ihr Kopf wurde leichter und sie fühlte sich plötzlich besser. Warum ließ ihr Onkel die Dinger immer herumliegen, wenn er ihr verboten hatte irgendetwas zu konsumieren? Dann brauchte er sich auch nicht zu fragen warum sie sich daran vergriff. Außerdem wusste er es seit Ewigkeiten und hatte Violet kein einziges Mal dafür bestraft. Nicht einmal als er herausgefunden hatte, dass sie mit Vierzehn zum ersten Mal gezogen hatte. Sie blickte herüber zum Fernseher. Die bunten Farben von Sailor Moon, waren noch viel stärker in diesem Zustand. Diese Serie hatte sie bereits als kleines Kind gesehen und sie hatte niemals damit aufgehört.
Ihr Vater war irgendwie in die Mafia hereingerutscht. Leider verstarb er, scheinbar bei einer Schießerei auf offener Straße. Seine Frau hatte das nicht ausgehalten. Sie hatte ihr Kind einfach allein gelassen. Laut ihrem Onkel, erinnerte Violet ihre Mutter zu sehr an ihren toten Mann, weshalb sie ihr Kind einfach nicht mehr anschauen konnte. Sie hatte einige Tage in dem Haus ihrer Eltern allein gelebt, war dort fast verwahrlost. Was genau mit ihrer Mutter passiert war, wusste man nicht. Doch eines Abends hatte sie etwas anbrennen lassen und einer der Nachbarn hatte die Feuerwehr gerufen. Diese hatten dann das damals acht Jahre alte Mädchen an ihren Onkel übergeben. Seitdem lebte sie bei ihm. Natürlich vermisste sie ihren Vater und fragte sich was aus ihrer Mutter geworden war. Dennoch war sie glücklich bei ihm. Auch wenn er viel Gras rauchte. Aber er hatte sich geschworen ihr ein guter Vater zu sein, obwohl er seinen Bruder natürlich nicht ersetzen konnte. Auch er hatte kontakte zum Syndikat aber niemals solche, wie ihr Vater gehabt hatte. Er hatte auch klar und deutlich ausgedrückt, dass er sich und seine Nichte unter keinen Umständen irgendwie in Gefahr bringen würde. Allein das war er seinem Bruder schuldig. Dabei hatte man ihm den Schutz von ihm und seiner Nichte versprochen. Egal was passieren würde. Allerdings lehnte er dies ab. Violet war nicht wirklich an der ganzen Mafia Geschichte interessiert gewesen. Zumindest nicht bis sie älter war und sich nun ihr eigenes Gras kaufen musste, denn ihr Onkel behauptete zu alt dafür zu sein. Sie erinnerte sich daran, wie sie ihre beste Freundin nach dem Zeug gefragt hatte und diese mehr als schockiert gedroht hatte ihre Freundschaft zu kündigen. Durch die Highschool hatte sie ihren Freund kennengelernt. Dieser war ebenfalls ein riesiger Enthusiast von der Droge. Er war der Meinung, dass eher Alkohol wieder illegal werden sollte und stattdessen Graß legal. Immerhin war das wesentlich weniger schädlich. In ihrer Jugend hatten die zwei sich mit dem Stoff ihres Onkels jeden Tag komplett zu gekifft, doch jetzt, wo sie keines mehr von ihm klauen konnte, da musste eine Lösung her. Und sie beide hatten sich dem Blackwood Syndicate entgegen gestellt. Dexter Blackwood entgegengestellt. Dem Mann und seiner Tochter. Zwar hatte er sie glatt Köpfen wollen, doch er konnte nicht. Er kannte ihren Vater, ihren Onkel und sie konnte er nicht ins Verderben schicken. Sie erinnerte sich wie wütend ihr Onkel geworden war, als er sie das erste Mal auf dem Grund des Blackwood Anwesens gesehen hatte, dicht gefolgt von ihrem Freund. Aber Luna hatte ihn beruhigen können. Damals war sie noch sehr jung gewesen, höchstens dreiundzwanzig. Sie hatte ihm versichert, dass Violets Entscheidung niemals eine Waffe an zu fassen respektiert war und sie sie für andere Wichtige Arbeiten gut einsetzen könnten. Mit der Zeit schien ihr Onkel dies mehr und mehr zu akzeptieren. Immerhin war Violets Freund an ihrer Seite und würde sie ebenfalls beschützen. Er war der erste Freund den ihr Onkel überhaupt akzeptiert hatte. Und Violet war mit einundzwanzig Erwachsen. Sie wusste worauf sie sich einließ, immerhin hatte sie dies ihr gesamtes Leben lang beobachtet. Zwar schätzte er ihre Entscheidung nicht, doch er respektierte sie, denn es war die Entscheidung eines Erwachsenen Menschen und die eines Menschen, der die Mafia mehr als gut kannte.
Vielleicht hätte sie ohne die Sucht diesen Weg nicht eingeschlagen, doch sie hatte niemals einen großen Traum oder eine Perspektive gehabt. Sie hatte immer gedacht irgendwann würde der Traum einen Weg zu ihr finden.
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