Kapitel 23

Langweilig. Genauso konnte sie ihren Job mittlerweile zusammenfassen. Das Geplänkel mit den Kunden, sinnlos, inhaltslos, langweilig. Die Mischungen die sie zubereitete geschmacklos, stillos, langweilig. Es war immer das Gleiche. Jede Unterhaltung ähnelte der anderen. Sie redeten über das Wetter, Annas Job und manchmal musste sie hilflose Flirt Versuche erdulden. Jetzt grade musste sie sich das gelaber von einer Frau anhören, die offensichtlich nur wegen ihrem Sugar Daddy hier war. Das Cocktailkleid war an ihren Körper getackert, eins musste man ihr lassen, sie wusste genau was sie tragen konnte. Dieses Kleid war nicht mal im Ansatz etwas an das sich Anna selbst heran trauen würde. Auch nicht wenn sie einen Sugar Daddy hätte. Sie griff nach dem Whiskey im Regal. Das einzige gute daran, dass sie sich langweilte war, in ihrem Kopf herrschte genug Platz für Luna. Luna. Luna. Luna. So langsam wurde sie verrückt. Obwohl sie sich sicher war, dass sie es schon lange war. Und es war nicht das erste Mal, dass sie ihren Mentalen Zustand in Frage stellte. Anna schüttelte den Gedanken ab. Sie öffnete die Flasche, legte ein Stück Eis aus der Minibar in ein Kristallglas und goss den braunen Alkohol hinein. Ihre Gedanken widmeten sich wieder glatten roten Haaren. Ohne groß auf ihre Umgebung zu achten, stellte sie das Glas auf die Theke. Als sie sich umdrehte um Violet mit zu teilen, dass sie bald neues Eis bräuchten, wurde sie plötzlich hellhörig.
"Anna?" sie erkannte diese Stimme.
Die Frau wurde in ihren Gedanken abrupt unterbrochen. Schnell griff sie nach Violets Arm. Sie sah die andere Frau hilfesuchend an. Scheinbar hatte sie sofort verstanden. Denn ihre Schwester lief an ihr vorbei auf den Mann zu.
"Simo Talvi, dass ist aber eine Überraschung." Violet grüßte ihn wie einen alten Freund.
"Wahnsinn du arbeitest auch noch hier." er war überrascht.
Währenddessen sah sich die andere Frau panisch um. Doch es war niemand zur Stelle.
"Ich wollte eigentlich nur meine Anna besuchen." zornig von diesem Titel drehte die Frau sich um. Mit einem vielsagendem, sehr abwertendem Blick sah sie ihn an. Das war bei weitem keine Absicht gewesen. Allerdings konnte sie zum ersten Mal in seinem Gesicht sehen, dass er scheinbar verstand, dass die Blondine nicht die selben Gefühlen für ihn hegte. Sein Gesichtsausdruck veränderte sich. Er war so verletzt, dass es Anna leicht erschrak. Wie hatte sie ihn angesehen, wenn das seine Reaktion war.
"Sorry, wir sind eben sehr gut besucht. Wie immer." lenkte Violet die Aufmerksamkeit wieder auf sich.
"Ja verständlich, ihr habt ja auch dreimal die Woche geöffnet." erwiderte er.
"Viermal. Aber dafür später als früher." korrigierte Violet ihn. Sie deutete auf einen der Kunden und bedeutete Anna sich um ihn zu kümmern. Dankend nahm sie die Gelegenheit entgegen.
"Ich verstehe." murmelte er.
Während sie im Hintergrund einen Sex on the Beach mischte, sah Anna sich weiter nach ihrer Gefängnis Frei Karte um. Zu ihrem überraschen Trafen ihre Augen auf die von Frank. Sie wurde unsicher und war ein wenig eingeschüchtert von seiner Erscheinung, doch hoffte trotzdem auf seine Unterstützung. Überraschender Weise lehnte der Mann sich herüber zu Luna. Die beiden tauschten ein Paar Worte aus, doch er unterbrach dabei den Augenkontakt zu Anna nicht. Dann stand er auf, schloss seine Jeton Ausgabe und verließ den kleinen Raum. Natürlich nicht ohne die Tür ab zu schließen. Der große Deutsche machte feste, große Schritte auf sie zu. Anna übergab den Cocktail schnell an ihren Kunden. Frank lief auf Simo zu. Nun beeilte Violet sich, die Konversation so schnell wie möglich zu beenden. Verwirrt sah der Taxifahrer nun zu dem Glatzköpfigen Mann.
"Bitte halte unsere Barkeeperinnen nicht von der Arbeit ab." ermahnte Frank, den kleineren, Körperlich offensichtlich unterlegenen Simo. Dieser war plötzlich eine komplett andere Person. "Und fürs nächste Mal, nur weil wir Geschäftspartner sind, heißt das noch lange nicht dass du dich nicht an unsere Kleiderordnung zu halten hast."
Simo straffte die Schultern. "Ja Sir." entgegnete er ernst.

"Zeig her das glaube ich dir nicht." Frank zog an seiner Zigarre und streckte eine Hand aus.
Nachdem ihre Schicht im Casino beendet war, hatte Anna ihre verrückte Simo Geschichte ausgepackt. Sie hatte Violet, Frank, Haruki, Colin und den Anderen anwesenden dieser Schicht erzählt wie sie sich kennengelernt hatten, dass sie sich angefreundet hatten und auch von der Auto Sache und dass er sie nun nicht mehr in Ruhe ließ. Obwohl sie ihm seit Wochen, nein Monaten nicht mehr geantwortet hatte.
"Bei mir hat er das auch abgezogen." grummelte nun Violet. "Nein ist für ihn einfach keine Option. Nicht einmal wenn er bereits ein neues Weibchen in Aussicht hat."
Frank scrollte durch die Nachrichten in Annas Telefon. "Du bist da auch nicht die einzige. Bei Sofie hat er das selbe gemacht. Eigentlich bei jeder Frau an die er kommen konnte. Nicht alle, natürlich. Aber jede bei der es ihm irgendwie möglich war." brummte der Mann, mit seiner heiseren Stimme.
"Also ich finde, wir sollten dem Typen mal ein bisschen Angst machen." schlug nun Haruki vor.
Anna wurde hellhörig. "Und wie stellst du dir das vor?"
"Ich denke ich habe da eine Idee." erwiderte Frank nun. Er reichte Anna ihr Telefon. "Aber vorher reden wir mit Luna."
Die Aussage reichte den restlichen der Männer, als Einladung zu gehen. Frank tippte auf seinem Handy herum. Anna sah herüber zu der anderen Frau.
"Eigentlich muss ich mich noch um Lieferungen kümmern." klärte sie auf.
"Kannst du mir was zu rauchen mitbringen?" fragte Anna, sichtlich verzweifelt.
"Keine Sorge, das mache ich sowieso." beruhigte Violet sie.
Frank hatte bereits Luna am anderen Ende der Leitung. "Mach eine G klasse Fertig, wir fahren zum Flughafen." ohne etwas weiteres zu sagen legte er auf. Dann wand er sich an die Frau die noch bei ihm war. "Zieh dich um." befahl er Anna, ohne mit der Wimper zu zucken.
Sie nickte. So schnell sie konnte, rannte sie die Treppen hinunter zu ihrem Auto, holte ihre Alltagskleidung aus dem Kofferraum und zog diese dann auf den Toiletten des Casinos an. Als sie fertig war und die Tür ins Casino wieder öffnete, wäre sie fast in Frank hineingerannt.
"Warum hat das so lange gedauert." tadelte er sie.
Diesmal allerdings nahm sie den Angriff Persönlich. Sie hatte sich schon beeilt. "Ich denke wenn du so etwas tragen würdest, dann würdest du mindestens doppelt so lang brauchen." zischte sie ihn an.
Dazu sagte er nichts. Er ging einfach an ihr vorbei, Richtung Ausgang. Sie folgte ihm, natürlich. Vor der breiten Glasfront stand tatsächlich eine G Klasse. Ein G 500 4x4, wie sie von der Rückseite unschwer ablesen konnte. Mit seinen massiven Radkästen und breiten Reifen wirkte der Wagen wie ein Panzer für die Straße. Das Auto war kantig, alles an ihm war eckig. Das Dach, die Fenster, die Schnauze und auch das Heck. Dies wurde zusätzlich durch den markanten Kühlergrill bestärkt. Der Schwarze lack ließ das ohnehin schon dominante Fahrzeug noch viel bulliger aussehen. Was ihrer Meinung nicht ganz ins Bild passten waren die riesigen, Reifen von der Seite des Fahrzeugs. Luna warf ihr von innen bereits skeptische Blicke zu, weshalb sie lieber schnell einstieg. Das Interieur überraschte sie mit hochwertigen Materialien. Die Sitze waren mit feinstem Leder bezogen und wirkten so sehr Klassisch, während das Armaturenbrett mit hochauflösenden Bildschirmen ausgestattet war. Positiv überzeugt lehnte die Frau sich in den Sitz. Die rothaarige Frau startete den Wagen und fuhr los. Zuerst war es still im Auto. Aber nachdem sie eine gute halbe Stunde über den Golden State Freeway gefahren waren, traute sich Anna nun doch zu sprechen. "Was genau ist eigentlich der Plan?"
"Wir holen uns einen Helikopter, du wirst von uns ausgesetzt und rufst ihn an weil du Hilfe brauchst. Dann kommen wir sacken ihn ein, fliegen ein bisschen rum und machen ihm angst." erklärte Frank.
Ihrer Meinung klang das weder Kompliziert noch zu unmenschlich. Also äußerte sie sich nicht zu seinem Plan. Immerhin war sie hier nicht die erfahrene von ihnen. Es verging eine weitere halbe Stunde, in der sie nur Stumm aus dem Fenster heraus vorbeifahrende Autos beobachtete. Luna bremste ab. Das weckte erneut Annas Aufmerksamkeit. Der Wagen rollte über einen Parkplatz, der überraschenderweise, mit verhältnismäßig vielen Bäumen bepflanzt war. Neugierig sah Anna sich um. Als sie ausgestiegen war, merkte sie, dass zwischen den ganzen SUVs und kleinen Familien Autos, ihres am meisten hervorstach.

Anna schlüpfte durch die Tür nach hinten in den Helikopter. Sie würde sich erst gar nicht fragen woher dieses Ding kam und wozu es genutzt wurde. Frank saß im Sitz des Piloten. Es erleichterte sie irgendwie, dass es nicht Luna war.
"Bereit?" fragte er.
Luna deutete auf den Gehörschutz, welcher über der Tür auf Annas Seite hing. Hastig zog die Blondine die Ohrenschützer über ihre Gehörorgane. Dann gab sie beiden die Daumen nach oben. Kaum hatte sie die Geste vollführt, fing das Gefährt an zu Vibrieren und zu rattern. Plötzlich kribbelte ihr Bauch vor lauter Aufregung. Das Laute Geräusch der Rotoren drang trotz des Gehörschutzes an ihre Ohren. Allerdings sorgte das für noch mehr Aufregung in ihr. Das Dach, der Halle öffnete sich schleppend langsam. Frank brachte den Hubschrauber zum aufsteigen. Ein leichter Schwung, da fing es an zu wackeln. Anna wurde von einem Gefühl überrannt, dass sie so noch nie gespürt hatte. Sie lächelte breit. Aus ihren Kopfhören drang ein bekanntes kratzen.
"Das gefällt dir scheinbar so sehr wie du mir." sprach Lunas dunkle Stimme in ihr Ohr.
Gänsehaut zischte über ihre Haut. Ihr Gesicht errötete spürbar. Dieses Kompliment machte sie so unfassbar glücklich. Am liebsten hätte sie die Frau am Kragen gepackt und sie geküsst. Stattdessen nahm sie sich vor ihr bei der nächsten Gelegenheit ein Kompliment zurück zu geben. Gespannt sah die Frau nun aus dem Fenster. Sie beobachtete die Landschaft an sich vorbei fliegen. Die große Stadt war teilweise so wunderschön, manchmal konnte die Frau es gar nicht so recht glauben, wo sie grade war. Zwischen den durch Reklame und Ampeln beleuchteten Straßen, mit Wolkenkratzern und Luxusgeschäften, befanden sich große Reservate, Seen, Berge und ganze Landschaften. Das zeigte ihr, wie sehr sie diese Stadt immer schon unterschätzt hatte. Zwar war sie noch nie mit einem Helikopter geflogen, doch fühlte sie sich sicher. Das musste doch bedeuten, dass Frank seine Sache gut machte. Jetzt wurde sie überschwemmt von Übermut. Irgendwann musste sie mal Fallschirm springen. Vielleicht war das eine Sache die sie mit Luna machen könnte.


Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top