Nächtlicher Deeptalk

POV Regulus

Ich lag schlaflos in meinem Bett. Der ganze Tag hatte mich verwirrt. Nachdem Sirius wieder bei sich gewesen war, hatte ich mich auch wieder auf den Weg zurück in meine Wohnung gemacht, wo aber wieder eine Welle von Einsamkeit über mich hereingebrochen war. Jetzt war es schon wieder fast Mitternacht, und ich hatte keine Ahnung, was ich tun sollte.

Langsam stand ich auf und trat an das kleine Fenster. Es war zwar nur Halbmond, aber dieser erleuchtete die ganze Straße. Unter mir war der Asphalt, neben mir eine Laterne.

Sollte ich?

Es war völliger Unsinn, aber meine unvernünftige Seite drängte mich immer mehr dazu, einfach aus dem Fenster zu klettern, statt durch die Tür zu gehen und dann einen Spaziergang zu machen. Ich hatte das Gefühl, dass ich genau jetzt dieses Adrenalin brauchte.

Egal. Was sollte schon passieren? Ich schwang mich auf mein Fensterbrett und griff weit zur Seite nach der Laterne. Wie ein Kind freute ich mich riesig, an ihr herunterzurutschen. Langsam lief ich die Straße entlang. Es war totenstill. Obwohl, nicht ganz. Der Wind hatte aufgefrischt und wirbelte die vielen Blätter durcheinander. Ich fasste das ganze für mich nochmal zusammen.

"Sirius belügt mich und Grindelwald ohne erkennbaren Grund. Danach geht er mit mir zu James altem Haus, zeigt mir einen geheimen Hohlraum, der allerdings leer ist, und wird deshalb panisch. Er sagte was von sich früher, und deshalb weiß ich nicht, was diese Klappe mit mir zu tun haben sollte."

Es zusammengefasst zu haben, fühlte sich schon deutlich besser an.

Plötzlich ein lauter Knall. Ich zuckte zusammen. Was war das? Ich stellte schnell fest, dass es nur Wind gewesen war, der allerdings einige Fenster in der Nachbarschaft zugeschlagen hatte. Irgendwie wurde mir unwohl. 

Ich lief zurück und kletterte doch mit einiger Anstrengung zurück zu meinem Fenster. Oben angekommen rüttelte ich am Fenster, das allerdings nicht aufging.

"Fuck."

Meinen Zauberstab hatte ich natürlich auch nicht dabei. Na super. Ich fröstelte schon ziemlich bald, als plötzlich das Fenster aufging. Vor Schreck fiel ich fast runter, als mich eine Hand nach drinnen zog.

Kurz darauf stand ich in meinem Wohnzimmer und starrte fassungslos Evan an, der auf meiner Couch vor dem Fernseher saß. Er skippte dabei jeden Kanal, was mich zusätzlich triggerte. Barty stand gelassen neben mir.

"Jungs?! Nochmal, was macht ihr hier?!"

Barty schlenderte betont gelassen zur Couch und ließ sich in Evans Schoß fallen.

"Also, wir hatten bei uns Filmabend und wollten eigentlich gleich aufhören, als wir entdeckt haben, dass es einen Teil drei gibt. Da wollten wir dich fragen, ob du mitguckst, aber du warst nicht da. Wieso genau saßt du nochmal vor deinem Schlafzimmerfenster?"

"Ach, nicht so wichtig."

Beiläufig setzte ich mich auch aus Sofa, mit ordentlich Abstand von den beiden.

"Wirklich?"

Barty setzte sich auf und zog seine Augenbraue hoch. Er wollte anscheinend ein Blickduell verlieren. Aber bevor wir anfangen konnten, gab Evan ihm ein Zeichen und drehte sich dann selbst zu mir.

"Reg, du musst nicht sagen, was du nicht sagen willst."

Ich lächelte ihm dankbar zu.

"Aber wir wissen alle, dass dich etwas bedrückt."

Das war typisch die beiden. Sie hielten und arbeiteten immer zusammen.

"Komm schon. Wir haben doch in Hogwarts alle den Schwur abgelegt."

Jetzt wurde ich etwas agressiv.

"An den sich kein Mensch hält. Mein werter Bruder belügt uns alle zum Beispiel laufend."

"Aha. Es ist also etwas mit Sirius."

Seufzend wendete ich mich den beiden zu. Ich musste mir nur den kleinen Ruck geben, um endlich loszuwerden, was mich all die Jahre beschäftigt hatte.

"Ihr seid so manipulativ" , grummelte ich.

Die beiden schwiegen. Ich schaffte es endlich, meine Hemmungen loszuwerden.

"Ich wollte draußen über alles nachdenken. Diese ganzen alten Sachen mit James und Lily beschäftigen mich."

Evan sah mich mitfühlend an.

"Du kannst ihn nicht loslassen, oder?"

"Er ist mein James. Wie du weißt, gebe ich nichts so schnell auf, was mir wichtig ist."

Die beiden nickten anerkennend.

"Er ist deine große Liebe, oder?"

Ich nickte stumm. Mein Hals war wie zugeschnürt.

Barty und Evan zogen mich in eine Umarmung.

"Es ist einfach alles zu viel und zu frisch und es sind zu viele Erinnerungen." , schluchzte ich.

"Wenn du willst, machen wir für dich weiter."

Plötzlich war ich wieder bestimmt.

"Auf keinen Fall. Ich werde das ganze nicht los, wenn ich davor wegrenne. Außerdem gebe ich nicht so schnell auf."

Zu dritt blieben wir bis spät in die Nacht wach. Tatsächlich quatschten wir die meiste Zeit, bis Evan wegnickte. Mir drängte sich im gleichen Moment ein  Thema auf, dass ich dringend besprechen musste.

"Barty?"

"Ja?"

"Kannst du mir einen Rat geben?"

"Mal sehen. Ich bin vielleicht gut in vielem, aber nicht allmächtig."

"Ich weiß."

Ich wollte ihn nicht überfordern. Barty hatte Recht.

"Reg, ich werde dir immer helfen. Du bist mein bester Freund."

"Ok."

Wir schwiegen uns noch weitere 5 Minuten an, bis ich es schaffte, meine Frage auszusprechen.

"Hast du dir je Gedanken darüber gemacht, ob es wirklich nur Freundschaft ist? Sie küssen sich, bekommen einen Sohn, wohnen zusammen, aber haben keine Gefühle füreinander?"

"Reg, ich-"

"Sag nichts. Alle haben gesagt, James und Sirius waren früher wie Brüder. Du weißt, was mein Bruder den lieben langen Tag gemacht hat, und was ihm seine kleinen Schwärmereien bedeutet haben."

"Reg, du bist keine Schwärmerei. Unabhängig davon, dass Sirius da etwas extremer als James, was du eigentlich auch weißt, erinnere dich an Remus. Sirius hat ihn auch halb tot und nach 12 Jahren in Askaban nie richtig aufgegeben, und es hat sich ausgezahlt."

"Mag sein. Aber James ist nicht halb tot, er ist tot. Wenn es einen Himmel gibt, in dem man einsam ist, nimmt man dann nicht die Liebe von denen, für die man wenigstens Symphatie empfindet?"

"Du bist ein Poet."

"Ist mir neu."

"Mir nicht. Wenn du dich noch ein bisschen an deinen James erinnerst, was wahrscheinlich jede deiner einsamen Nächte der Fall ist, wird dir einfallen, dass er dich mehr als alles andere geliebt hat. Er hat jedes seiner Quidditchturniere abgesagt, wenn es dir nicht gut ging, und manchmal auch einfach so, weil er dich lieber sehen wollte."

"Ich weiß."

Beim Gedanken daran brachte ich ein schwaches Lächeln hervor. Gleichzeitig stiegen mir Tränen in die Augen.

"Hey, Reg, was ist?"

"Das war früher. Aber als er starb, war er bei Lily. Das ist eine Verbindung, die nicht jeder hat."

"Das ist eine Verbindung. Aber er hat sich nicht entschieden, bei Lily zu sterben. Lily war mit Mary zusammen, und James mit dir. Freundschaften sind um so stärker, wenn man sich nicht ineinander verliebt."

"Kann sein."

"Reg, ich denke-"

"Lass es. Es ist etwas, womit ich leben muss."

Mit diesen Worten stand ich auf.

"Ich gehe ins Bett. Ihr könnt hierbleiben, wenn ihr wollt."

"Danke."

Barty kuschelte sich zu Evan, was mir einen Stich ins Herz versetzte. Ich griff mir erneut eines der Fotoalben und verzog mich in mein Schlafzimmer. Sanft strich ich über ein altes Schulfoto. James hatte eine Hand um Lilys Taille und auf meine Schulter gelegt. Damals hatte ich es nicht gemerkt. Was für eine Zweideutigkeit.

Ich ließ mich nach hinten fallen. Ich war schon ein bisschen dumm. Ich bescherte mir selbst diese Träume an alte Szenen.

"Die Traumforschung ist Rätselhaft. Eine der gefragtesten Theorien ist, dass man im Traum dass verarbeitet, was einem bei Tag nicht wichtig erscheint." , zitierte ich einen Aufsatz, den ich letztens gelesen hatte.

Sollte das heißen, James war mir nicht wichtig?

"Eher so wichtig, dass er sich auf all meine Gedanken ausweitet." , grummelte ich.

Nachdenklich schloss ich die Augen.


Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top