Kapitel 3
Aus Ethans Sicht:
Überrascht hob ich den Kopf und nickte: ,,Ja, es ist nur so ungewöhnlich wieder frei zu sein... Ich komme mir vor wie in einem lang ersehnten Traum!" Lucy musterte mich schmunzelnd und klopfte mir auf die Schulter: ,,Keine Sorge, du wirst dich schon noch dran gewöhnen, Knasti!"
Ich rollte mit den Augen, grinste dann aber: ,,Ganz die Lucy die ich kenne! Immer noch so gefühllos und kalt wie früher!"
,,Was meinst du jetzt damit? Im Gegensatz zu dir wurde ich nicht in den Knast gesteckt!", protestierte sie.
,,Das kann man bestimmt noch ändern!", schlug ich zurück.
Ich grinste zufrieden, da ich in ihrem Blick erkennen konnte, dass ich gewonnen hatte!
,,Du gibst viel zu schnell auf Lucy", lachte ich. ,,Und du bist eine Nervensäge...", maulte sie gespielt beleidigt.
,,Jetzt haltet doch mal den Mund ihr Turteltauben", lachte Iwan. ,,Ja Ethan! Halt den Mund", meinte Lucy triumphierend.
,,Pff... Mit dem Spruch wurde ich heute morgen auch begrüßt...", beschwerte ich mich. Bevor Lucy etwas darauf erwidern konnte, bog Iwan schon in eine Einfahrt ein. ,,Wir sind da!", rief er erleichtert.
,,Wow...", bemerkte ich. Erst jetzt viel mir auf, dass ich bisher noch nie bei Iwan zu besuch gewesen war! ,,Nicht schlecht."
,,Gewöhn dich lieber nicht zu sehr daran! Bald geht's nach Denver!", grinste Iwan.
,,Dann hab ich ja schon wieder einen Akzent...", fiel mir auf. ,,Oh nein du armer armer Knasti! Jetzt muss ich schon wieder deinen blöden Akzent ertragen!", beschwerte sich Lucy spielerisch.
,,Der brittische Akzent ist wunderschön! Außerdem wirst du mit deinem deutschen Akzent auch nicht besser dran sein als ich!", rief ich aus und musterte sie mit einem feurigen Blick.
,,Hey... I... Ich kann englisch!", protestierte Lucy kleinlaut.
,,Nur weil du englisch kannst, heißt das nicht, dass du keinen Akzent hast!", feuerte ich zurück.
,,Jetzt kriegt euch mal wieder ein ihr Streithähne! Das ist ja richtig anstrengend mit euch! Man soll doch normaler Weise intelligenter im Alter werden und nicht dümmer!", seufzte Iwan auf.
"Vorhin waren wir noch Tauben jetzt sind wir Hähne? Ernsthaft?", beschwerte ich mich.
Iwan sah mich mit hoch gezogener Augenbraue an. ,,Du widersprichst mir?" Ich hob beschwichtigend die Hände und trat einen Schritt zurück: ,,Nein nein, alles gut..."
Sofort setzte Iwan wieder eins seiner Iwan-Grinsen auf. ,,Na kommt ihr Affen! Es gibt Essen! Lucy und ich haben vorhin extra Lasagne gemacht."
Affen? Das ist jetzt nicht sein Ernst oder? Was denn bitte noch für Tiere?
Eilich stürmten wir in die Küche um uns das Essen auf die Teller zu schöpfen. Als wir endlich am Tisch saßen und uns das Essen schmecken ließen begann Iwan: ,,Ethan, wir haben ein richtig schönes Haus in Denver gefunden, es ist in der nähe einer Schule du müsstest nicht weit laufen. Möchtest du mal sehn?"
,,Mhmoiouma...", nuschelte ich mit vollem Mund und entschied mich dann dafür einfach zu nicken. Iwan zog erfreut sein Handy aus der Tasche und hielt es mir vor die Nase. Ich betrachtete das Bild genau.
Es war ein relativ kleines Haus mit dunkler Wand. Es hatte zwei Stockwerke und eine Terasse und erinnerte mich eher an ein Ferienhaus. Nichts desto trotz sah es wirklich schön aus.
,,Wow! Ist ja stark!", gab ich zu, als ich aufgekaut hatte. ,,Das finde ich auch!", grinste Iwan. ,,Und jetzt kommt, wir sollten langsam Ethans Bett hinrichten! Ich spühle ab!" Lucy und ich nickten und sprangen auf.
"Na komm ich zeig dir mal dein Schlafgemach", meinte Lucy und lief voran. Ich folgte ihr. Da Iwans Wohung nicht besonders groß war musste ich vorerst in Lucys Zimmer auf einer Matratze übernachten.
Nachdem wir die Matratze zusammen rüber getragen hatten legten wir uns auch ziemlich bald schlafen. Es schien, als ob Lucy sehr schnell eingschlafen war, doch ich wurde mit jeder Sekunde wacher.
Tausende Gedanken strömten durch meinen Kopf und hinderten mich daran mich voll und ganz dem Schlaf hinzugeben. Nach einer Stunde herumwälzen entschloss ich mich dazu aufzustehen.
Müde begab ich mich in die Küche und öffnete den Kühlschrank. ,,Irgendwie hab ich hunger...", murmelte ich laut. Eine Weile starrte ich in den Kühlschrank. Er war vollgepackt mit Milch, Eiern, Joghurts, Aufschnitt und mehr, doch ich konnte einfach nichts finden, das mir zusagte! Also schloss ich ihn mit einem enttäuschten Seufzer wieder.
Wie soll man auch etwas leckeres finden, wenn man nichtmal weiß, nach was genau man sucht? Da ich zu müde zum Stehen, aber auch zu wach um zu schlafen war, setzte ich mich auf einen der Gartenstühle, die sich auf dem Balkon befanden.
Ich ließ meine Augen Gedankenverloren über die Straßen unterhalb des Balkons schweifen.
Sie erinnerten mich irgendwie an mein Herz...
Dreckig. Dunkel. Verlassen.
Iwan hatte nie vorgehabt über längere Zeit hier zu wohnen, doch nach Bryans Tod hatte er diesen Ort nie wieder verlassen.
,,Hey! Was machst du hier?", fragte Lucy mich und biss darauf ein Stück von einer Banane ab. Eine Banane? Wo hatte sie die denn her? Jetzt wusste ich, auf was ich Lust hätte...
,,Ich kann nicht schlafen... Ich dachte mir tut frische Luft vielleicht gut...", antwortete ich.
Sie lächelte müde und setzte sich auf den Gartenstuhl gegnüber von mir. ,,Warum kannst du denn nicht schlafen?", fragte sie neugierig. ,,Ich denke einfach über zu viel nach..."
,,Über was denn?"
Ich schwieg eine Weile. Ich hatte Lucy nie davon erzählt, dass ich Bryan im Spiegel sehen konnte... Ob es jetzt der richtige Zeitpunkt dafür wäre? ,,Sag mal... Was würdest du tun, wenn ich dir sagen würde, dass Bryan immernoch existiert?"
,,Bist du bescheuert? Iwan hat doch Bryans Leiche gesehen, oder willst du mir erzählen, dass seine ständigen Albträume von nichts kommen?", meinte Lucy verständnislos.
,,Tut mir leid, dass war eine dumme Frage..."
Sie nickte. ,,Allerdings! Kannst du bitte einfach nicht mehr über ihn reden? Ich kann das echt nicht mehr ab! Alle schauen mich so mitleidig an und fragen mich wie es mir denn damit geht. Das war vor fünf Jahren! Könnt ihr alle nicht einfach vergessen was passiert ist?", meinte sie schnippisch.
Ich sah sie mit geweiteten Augen an. Vergessen? Vergessen was passiert ist, wenn ich Bryan jeden Tag im Spiegel zu Gesicht bekomme? Wie soll das gehen? Ich wusste, dass sie auf einer Seite auch Recht hatte. So konnte es nicht ewig weiter gehen...
Eine leichte Vorahnung machte sich in mir breit. Bryan verheimlichte mir noch immer etwas! Und ich fürchtete, dass es einen bestimmten Grund hatte, wieso er das tat...
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