Kapitel 8
15. November
Meine Sachen wurden bereits abgeholt und ich stehe unten auf der Straße am Campus, wartend ebenfalls abgeholt zu werden. Justin sagte er schicke Sebastian mit dem Wagen und wir treffen uns dann im Penthouse.
Jetzt gibt es definitiv kein Zurück mehr.
Ich atme tief durch. Der mit Regenwolken behangene Himmel lässt keinen Sonnenstrahl durch seine dicke Decke durchdringen und der kalte Wind bläst mir durchs Haar. Angespannt klammere ich mich an meiner Tasche fest als Sebastian, der Fahrer, um die Ecke biegt. Das Auto kommt direkt vor mir zum Stehen und Sebastian steigt aus um mir die Türe zu öffnen.
»Guten Tag Miss Jones. Ich hoffe Sie mussten nicht warten.«
»Nein, alles in bester Ordnung, vielen Dank.«
Ich schnalle mich an und schon fahren wir los. Da der Verkehr recht dicht ist, dauert es eine Weile bis wir an der Wohnung ankommen. Sie liegt natürlich im besten Viertel der ganzen Stadt. Im Foyer begrüßt uns bereits ein älterer Herr am Empfang und überreicht mir eine Karte, mit der ich ohne Umwege ins Penthouse gelange.
Als sich die Fahrstuhltür öffnet und ich einen Schritt heraus trete, stehe ich bereits in einem hellen Wohnzimmer mit einer großen dunkelbraunen Couch, vor der ein gläserner Tisch steht. An der Wand hängt ein riesiger Flachbildfernseher. Rechts und links davon stehen weiße Bücherregale und auf der anderen Seite ist ein Kamin eingefasst. Durch den offenen Türbogen sehe ich die Einbauküche in dunklem Hochglanz erstrahlen.
»Ist Justin schon hier?«, frage ich Sebastian während ich mich kaum traue etwas zu berühren.
»Nein, Miss Jones, ich denke er wird aber jeden Augenblick eintreffen«, antwortet er förmlich wie immer.
»Sie sollten die Zeit nutzen um sich umzuschauen, Miss Jones. Ihre persönlichen Dinge wurden bereits in Ihr Schlafzimmer gebracht.«
Ich nicke ihm zu, bevor ich etwas zögernd den Flur entlang gehe. Hinter einer weiteren Türe verbirgt sich das Büro. Schnell schließe ich sie wieder, da ich mir nicht vorstellen kann, dass es Justin recht wäre, wenn ich mich dort aufhalte. Dann finde ich zunächst das Badezimmer mit einem großen in Gold gefassten Spiegel und einer Eckbadewanne, bis ich dann das Schlafzimmer erreiche. Wie erwartet ist es auch sehr groß. Den Mittelpunkt des Raumes stellt das massive Holzbett dar, auf dem eine silberne Tagesdecke sowie tausende dunkler Zierkissen liegen. Die Fenster haben auch hier keine Vorhänge, so dass man den überwältigenden Ausblick über die Dächer der Stadt voll auskosten kann. Gegenüber dem Bett besteht die gesamte Fläche der Wand aus einem eingelassen Kleiderschrank. Obwohl er die ganze Zeit offen steht, fällt mir erst beim genauen Hinschauen auf, dass er nicht mit Justins Kleidung gefüllt ist, sondern mit Damengarderobe. Es reihen sich Tops, Stiftröcke sowie teure Jeans und feine Blazer aneinander. Ich frage mich, ob diese exklusive Auswahl bereits für mich bestimmt ist. Weiter sehe ich noch Jacken und Mäntel und im hinteren Bereich hängen einige Cocktail- und Abendkleider. Die Vorstellung diese wunderschönen Kleider tragen zu dürfen, lässt meine Knie weich werden.
Plötzlich streichen mir große, warme Finger meine Haare hinter die Schultern.
»Ich hoffe dir gefällt die erste kleine Auswahl.«
Ohne mich umzudrehen antworte ich: »Ja, die Sachen sind wundervoll.«
Und obwohl ich Justins Gesicht nicht sehen kann merke ich, dass er lächelt.
»Ich habe dir ja versprochen, dass es dir hier gefallen wird, wenn du dich etwas eingelebt hast.«
Ich wende mich ihm zu als er auf seine Armbanduhr sieht.
»Leider muss ich gleich wieder los. Ich habe in einer halben Stunde ein Meeting. Die Handynummer von Sebastian ist im Telefon eingespeichert falls du noch etwas brauchen solltest. Auch Philippe von der Rezeption kann dir bei allem behilflich sein.«
Irgendwie bin ich etwas enttäuscht so schnell alleine hier zu sein, bemühe mich aber es mir nicht anmerken zu lassen.
»Fühl dich einfach wie zu Hause, denn das wird es ja nun die nächste Zeit sein.«
Mit dieser Phrase verabschiedet sich mein zukünftiger Scheinverlobter auch und auch Sebastian verlässt mich wenige Minuten später.
Da ich mich hier alleine in diesem prächtigen Penthouse recht fehl am Platz fühle, beginne ich einige meiner Bücher ins Regal zu räumen und stelle mein Duschgel und Shampoo auf die Ablage an der Badewanne. Hinterher hänge ich meine Kleider auf die noch freien Bügel im Schrank, wobei ich alle Jeans und Jogginghosen einfach unten in den Fußraum neben die neuen Schuhkartons lege. Ganz zum Schluss stelle ich das Bild meiner Eltern auf die Nachtkonsole, nachdem ich alles was ich für den Unterricht brauche in eine leere Kommode gepackt hatte. Mehr habe ich nicht mitgenommen.
Jetzt sitze ich hier wie Cinderella in einem Palast, im Vergleich zu meinem Zimmer im Wohnheim, mit all den tollen Kleidern gegen die meine eigenen wirken wie alte Fetzen, und bin genauso einsam wie immer. Selbst wenn ich dürfte, hätte ich keinen, dem ich von all dem hier um mich herum berichten könnte. Von diesem Abenteuer, dem Luxus und meinem mehr wie nur attraktiven Geschäftspartner.
Der Hunger treibt mich in die Küche. Auch hier wurde bereits an alles gedacht, denn der Kühlschrank ist prall gefüllt mit allem was man braucht. Es steht sogar eine Flasche Champagner darin, die ich wohl nie öffnen werde. Ich nehme mir etwas Putenbrust, Salat und Mayonnaise und mache mir ein Sandwich. Es wird klug sein heute früher ins Bett zu gehen, weil es mir immer schon schwergefallen ist in einer fremden Umgebung zu schlafen. Ich kann nur hoffen eine Nacht ohne Albträume verbringen zu können, schließlich habe ich nur zwei Tage bis ich am Montag wieder zu meinen Seminaren muss. Zudem wäre es mir lieber, wenn ich vorher noch einmal mit Justin sprechen könnte.
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