Kapitel 24

21.Dezember

Der letzte Tag Uni vor Weihnachten. Ich ziehe die Kapuze meiner Jacke tief ins Gesicht, um mich vor dem eisigen Wind zu schützen, und laufe zügig vom Parkplatz über den Campus zu Gebäude 2, in dem mein Englischkurs stattfindet. Auf dem Flur herrscht bereits ein reges Treiben. Einige eilen zu ihren Seminaren, während überall Gruppen an den Seiten stehen, die sich angeregt über das vergangene Wochenende oder die bevorstehenden Feiertage unterhalten. Den Blick auf den Boden gerichtet laufe ich gerade an den Spints vorbei als mich die beiden Mädchen aus meinem Kurs erneut ansprechen.

»Hallo Leni, sag mal, kann es sein, dass ich ein Bild von dir in der ‚WDC Today' gesehen habe? Das ist ja der Wahnsinn!«, gackert die Brünette los.

Genervt atme ich aus, zwinge mich dann aber doch zu einem kurzen Lächeln bevor ich wortlos weitergehen. Mag sein, dass die beiden vielleicht ja wirklich nett sind, aber die Gewissheit, dass sie sich lediglich für mich interessieren, weil ich einen bekannten und wohlhabenden Freund habe, hält mich davon ab, es herauszufinden.
Ich husche die Treppe nach oben und beeile mich umso mehr zum Klassenraum zu gelangen. Irgendwie scheinen heute alle um mich herum in bester Ferienlaune zu sein, nur ich fühle mich gerade besonders unwohl. Da höre ich Ryans Stimme. Ich bleibe stehen und schaue mich auf dem langen Gang um.

»Hey, Leni.«

Mit einem gewohnt freundlichen Grinsen kommt er auf mich zu.

»Hey«, antworte ich leise als er direkt vor mir steht.

Irgendwie ändert sich seine Körperhaltung kaum merklich. Seine breiten Schultern hängen etwas, seine strahlenden Augen werden matt und er steht leicht zu mir nach vorne gebeugt.

»Hör mal, ich wollte nicht, dass du irgendwelche Probleme mit deinem Freund bekommst oder so«, presst er schließlich hervor.

»Nein, alles okay. Wirklich!«,versichere ich schnell.

»Hmmm, er sah irgendwie, na ja, aufgebracht aus.«

»Nein, er hatte einen stressigen Tag. Das kommt schon mal vor. Alles in Ordnung«, versuche ich Justins Auftritt in der Bar in ein anderes Licht zu rücken.

»Dann ist ja gut. Aber Leni, wenn etwas sein sollte kannst du zu mir kommen, ja?«

Es ist schon richtig süß wie sich Ryan um mich sorgt, aber dafür gibt es keinen Grund.

»Hallo ihr zwei«, ruft Josephine, die regelrecht auf uns zustürmt, »Na, wie verbringt ihr die Weihnachtstage?«

Obwohl sie die Frage wie eine nette Floskel an Ryan und mich gleichzeitig stellt weiß ich, dass sie im Prinzip nur neugierig ist zu wissen wo Justin und ich feiern werden.

»Zu Hause mit meinen Eltern«, antwortet Ryan knapp.

Und auch meine Antwort fällt kurz und nichtssagend aus.
»Mit der Familie. Gemütlich.«

Josephine fährt sich mit ihren schmalen Fingern durch ihren perfekt geföhnten Bob.

»Ja wir auch. Wir fahren zu meinen Großeltern nach Georgia. Ach Leni, Süße, du hast mir deinen Verlobungsring noch gar nicht gezeigt!«

Nur schwer kann ich mir ein Augenrollen verkneifen. Sie kann es nicht lassen.

Da packt sie schon meine Hand und ruft überrascht:
»Was? Du trägst keinen Ring?«

Ich habe das Gefühl als hätten Ryans Mundwinkel sich verzogen und sein Kiefer wirkt plötzlich hart.

»Oh, ja, den habe ich heute Morgen wohl vergessen.«

»Na du bist vielleicht eine, wie kann man denn seinen Verlobungsring vergessen?«, lacht Josy, während sie mich am Arm weiter zum Seminarraum führt.

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