Cinque
»Unsere gute Esmeray hat wohl versucht uns alle zum Narren zu halten?«
Sie hatte die Uhr um zehn Minuten nachgestellt. Als Miss Clark ihren Chef fand war es bereits fünfundzwanzig und nicht viertel nach. Aber wann?
Ace vermutete nicht, dass Miss Clark so ein schlechtes Zeitgefühl hatte. Also konnten die Schüsse nicht um Mitternacht gewesen sein, wie Mister Winslow behauptete.
Also musste sie erst die Uhr umgestellt und dann den Bürgermeister angeschossen haben. Aber wie sollte sie das unbeobachtet gemacht haben sollen?
Und was hatte ihr das gebracht? Es machte keinen Unterschied, denn es waren so oder so Fünfzehn Minuten Zeitspanne, in dem sie hatte entkommen können.
Gedankenverloren machte Ace sich auf den Rückweg. Es blieb ihm gar nichts anderes übrig, als unverrichteter Dinge wieder abzuziehen.
Es war bereits gegen Mittag und Ace hatte außer dem Kaffee noch nichts Essbares zu sich genommen.
Also schlenderte er durch die Stadt und blieb schließlich an einem kleinen gemütlichen Restaurant im Meer-Teil stehen.
Es schien nicht allzu voll, fast leer. Schulterzuckend ging Ace durch die Tür in das heimelige Lokal.
Es gab einige runde Tische, an den meisten standen nur zwei Holzstühle, die alle mit einem Karo-Polster bedeckt waren, genauso wie die Tischdecke ein Karomuster aufzeigte.
Ace suchte sich den Paar-Tisch an einem der lichtdurchfluteten Fenster aus und durchblätterte die Speisekarte.
Vertieft in seine Gedanken und die Karte, sah er erst auf, als die Kellnerin ihn ansprach. "Haben sie bereits etwas ausgewählt?"
Überrascht erkannte er in der Kellnerin die widerspenstige junge Frau die er erst vor einigen Stunden getroffen hatte. Sie sah ebenso negativ überrascht aus, wie Ace selbst, versuchte aber sachlich zu bleiben.
"Ach, was für ein Zufall. Was machen sie denn hier?", fragte Ace monoton. "Wie ihnen vielleicht aufgefallen ist, arbeite ich hier.", presste sie hervor. "Das Lokal gehört meiner Tante. Soll ich ihnen etwas bringen?"
Ace bestellte, und die Braunhaarige war sichtlich erleichtert, sich nicht weiter mit Ace unterhalten zu müssen.
Der Privatdetektiv erinnerte sich nicht mal mehr richtig an ihren Namen. Asterton oder Astraton, wenn ihn seine Erinnerung nicht trügte.
Nach einer Zeit des Wartens kam sie wieder und stellte das Essen auf dem Tisch ab. "Setzen sie sich doch einen Moment. Es ist sowieso nicht sonderlich voll, da sollten sie doch auch eine kurze Pause machen können."
Kurz starrte sie ihn an, dann setzte sie sicher mit den Worten "Ich mag sie nicht, falls sie das noch nicht bemerkt haben, Mister Doyle."
Ace lachte trocken. "Doch, das habe ich bereits gemerkt." Die Braunhaarige, die ihrer Unhöflichkeit bewusst wurde, sah beschämt zur Seite.
"Entschuldigen sie, aber ich habe leider eine gewisse Abneigung gegen Privatdetektive. Eigentlich nichts persönliches." Ein leichtes Lächeln zwang sich auf ihr Gesicht.
"Das ist doch kein Problem, Miss..." "Asterton." Und schon wieder hatte Ace es sich mit der aufbrausenden Miss Asterton vertan. Der gekränkte Unterton ihrer Stimme war nicht zu überhören gewesen.
"Warum waren sie eigentlich da oben auf der Insel? Meines Wissens gibt es da doch nichts.", fragte Ace, um das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken. Miss Astertons Blick wanderte aus dem Fenster in die Ferne.
"Dort ist das Grab meiner Schwester.", war schließlich die knappe Antwort. "Das... Tut mir leid."
"Geht schon. Wenn sie mich jetzt entschuldigen, ich arbeite hier." Sie stand auf und räumte einen der freigewordenen Tische ab.
Ace währenddessen hing seinen Gedanken nach, nebenbei aß er. Wieso kam ihm das Gesicht der Braunhaarigen so bekannt vor?
Sobald er fertig war, machte er sich an den Heimweg. Für den Moment waren Ace die Hände gebunden, schließlich hatte er außer der umgestellten Uhr keine Spur.
Noch eine Weile ging Ace durch die Gassen und blieb wie zufällig an einem Stand mit venezianischen Masken stehen.
So eine hatte die Attentäterin getragen, wenn man Mister Winslows Worten Glauben schenkte. Wieso? Wohl kaum, weil sie danach noch auf einen Maskenball ging.
All die Attentate Esmerays fanden am Fünfzehnten eines jeden Monats statt. Heute war erst der dreizehnte und Winslow hatte den Angriff überlebt.
Wenn sie also ihren Rhythmus einhalten wollte, würde sie am Fünfzehnten Winslow umbringen. Morgen war der letzte Tag, den Bürgermeister vor einem grausamen Schicksal zu bewahren.
Doch für heute konnte er nichts mehr ausrichten. Wer weiß, was Esmeray noch geplant hatte.
Ace lief weiter, steckte die Hände in die Jackentaschen und seufzte.
»Abwarten und Kaffee trinken.«
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