Kapitel 8: Ein unerwarteter Gast


Die nächsten Tage sind grauenhaft. Die Zwillinge beschweren sich durchgehend über Harry, der ihnen nicht verraten hat, wie man die Alterslinie umgeht. Während die Gryffindors den Jungen bejubeln, verteilen die Slytherins Anti-Potter Stecker in Hogwarts und hetzten damit alle Häuser gegen Harry auf.

Er tut mir so leid, wie er sich durch die Schule schleppt, eine viel zu große Last auf seinen Schultern, die durch das alles nur noch schwerer wird. Ich weiß, dass niemand außer Hermine ihm glaubt, aber ich tue es auch. Ich kenne ihn nicht, aber es reicht ein Blick in diese reinen grünen Augen, Augen, die niemals nach Ruhm streben würden.

Und dann ist da noch dieser Schmerz, diese Dunkelheit, die ich erlebt habe. Ich bekomme es nicht mehr aus meinem Kopf, diese Bilder, dieses Gefühl, diese unglaublich starke Verbundenheit. Ich kann es mir nicht erklären, was es ist oder was es bedeutet. Aber es hat sich angefühlt wie eine Warnung, eine Warnung vor dem was kommt. Es beschäftigt mich, verfolgt mich den ganzen Tag und sucht mich sogar im Unterricht heim. Manchmal habe ich sogar das Gefühl, ich könnte es wieder spüren, dieses pulsierende vertraute Etwas, nur viel schwächer als das letzte Mal.

„Misses Moore, wollen Sie den Unterricht machen, wenn ich Sie so langweile," reißt mich Snape aus meinen Gedanken. Ich fahre erschrocken hoch und sehe ihn entschuldigend an: „Verzeihung, Professor," antworte ich sehr leise, doch seine schwarzen Augen blitzen mich weiterhin an. „Wenn Sie mir die Frage beantworten können, Misses Moore, ziehe ich Ihnen keine Punkte ab."

Er hält mich wie immer zum Narren, in der Hoffnung, dass ich versage, dass er mich untergehen sehen kann. Aber bis jetzt, hat er es nicht geschafft.

„Golpalotts Drittes Gesetz," fange ich einen Blick auf die Tafel werfend an, „besagt, dass das Gegengift für eine Giftmischung mehr als die Summe der Gegengifte für jeden einzelnen Bestandteil ist. Das bedeutet, dass es nicht genügt Gegengifte zu jedem Einzelnen, der in ihr enthaltenen Gifte zusammenzumischen. Wirksam wird die Gegengiftmischung erst, wenn noch etwas Entscheidendes hinzugefügt wird: Ein Gegengift, um das zu bekämpfen, was die Kombination aller einzelnen Bestandteile des giftigen Zaubertranks bewirkt. Richtig formelhaft und gesetzartig ausgedrückt heißt es etwa: Das Gegengift zu einer Giftmischung ist mehr als die Summe der Gegengifte ihrer Bestandteile."

Snape starrt mich an, offenbar schockiert und begeistert zugleich, dass ich seine Frage tatsächlich beantworten konnte. Ich bin vielleicht nicht der Mensch, der auffällt, von dem man glaubt, dass er was drauf hat, aber das heißt nicht, dass es auch so ist.

„Nun, das ist richtig, Misses Moore," zischelt er. „Kommen Sie alle nach vorne und holen Sie sich eine Flasche ab. Sie haben diese Stunde Zeit, um ein Gegengift dafür zu brauen," sagt er dann endlich seinen stechenden Blick von mir abwendend.

Seufzend erhebe ich mich und schnappe mir eine der versiegelten Flaschen, die auf dem Pult der Fledermaus stehen. Und tatsächlich ist das Brauen eines Gegengiftes so kompliziert, dass ich dieses Erlebnis endlich für ein paar Stunden vergessen kann.

Als ich spät abends, als es schon längst dunkel ist, von der Bibliothek in den Gemeinschaftsraum zurückkehre, erfasst mein Blick einen grübelnden Harry, der abwesend in das wärmende flackernde Feuer unseres Kamins starrt. Für eine Sekunde hadere ich mit mir selbst. Ich war nie ein Mensch der großen Worte und schon gar nicht, wenn ich die Person nicht wirklich kenne, aber irgendetwas sagt mir, dass ich zu ihm gehen sollte.

Als ich bei ihm angekommen bin, räuspere ich mich leise, um seine Aufmerksamkeit zu erregen. Er erfasst mich mit seinen grünen funkelnden Augen.

„Willst du mir auch sagen, dass du mir nicht glaubst," brummt er sichtlich genervt.

„Nein, tatsächlich nicht," antworte ich, ein schmales Lächeln auf meinen Lippen und drücke mein Zaubertränkebuch ein wenig nervös an meine Brust. „Ich glaube dir, ich glaube dir, dass du den Zettel nicht in den Kelch geworfen hast."

Er wirkt verwundert und ernsthaft überrascht von mir. Ich kenne ihn eigentlich schon eine Weile und dennoch hat er es nie für nötig gehalten einen zweiten Blick auf das langweilige Mädchen zu werfen, wie alle anderen eben auch.

„Wieso glaubst du mir?", frägt er leise.

„Weißt du, ich kann mir nicht vorstellen, was es bedeutet, dein Schicksal mit sich zu tragen. Ich glaube, das kann keiner von uns. Ich denke einfach, dass du den Ruhm nicht haben willst, weil das einzige, was du wirklich willst ein ganz normales ruhiges Leben ist. Jemand wie du macht sicher keinen zusätzlichen Ärger, du hast davon sicher genug," antworte ich hastig, seinen Blick meidend. „Außerdem kenne ich dich ein bisschen und irgendwas sagt mir, dass du die Wahrheit sagst. Ich habe keine Ahnung, ob dir das was hilft, aber ich wollte es dir gesagt haben."

Eine Weile herrscht Schweigen zwischen uns, in der er mich genau mit diesen unglaublichen grünen Augen mustert, bevor er leicht lächelnd nickt.

„Danke."

Gerade, als ich gehen will, halte ich kurz inne, hole tief Luft und drehe mich noch einmal zu ihm um:

„Wer auch immer deinen Namen in diesen Kelch geworfen hat, hat das sicher nicht getan, um dir eine Freude zu machen. Es ist ziemlich offensichtlich, dass er dich tot sehen will, nicht?" Der Junge mustert mich ein wenig beklommen. „Tja, ich glaube derjenige unterschätzt dich. Du hast mehr drauf, als du denkst und, wenn es jemand in deinem Alter schafft, da durch zu kommen, dann du. Du solltest nur wirklich auf der Hut sein, das ist eine Warnung, die auf keinen Fall missachten solltest."

Ich lächle ihn unsicher an. Ich kann ihm nicht erklären, woher ich es weiß, aber dieses Gefühl, diese Dunkelheit in der Halle, sie hat mich gewarnt, sie hat mich vor etwas Grauenvollem gewarnt und ich wäre ein Idiot, wenn ich diese ganzen Ereignisse nicht kombinieren würde.

„Danke, Evelyn," sagt der Junge mit der Blitznarbe ehrlich.

„Keine Ursache, Harry," erwidere ich und verziehe mich dann endgültig in meinen Schlafsaal, eine nachdenkliche Gestalt am Feuer zurücklassend.

Auch, wenn es mir suspekt ist, was an Halloween passiert ist, es fühlt sich dennoch vertraut an, es fühlt sich an, als wäre es auf meiner Seite, als wäre es mit mir verbunden. Was auch immer es ist, es scheint auf eine merkwürdige Weise ein Teil von mir zu sein.

Die nächsten Tage ziehen an meinen Nerven. Es ist unglaublich anstrengend die Vorwürfe der Zwillinge zu ertragen, weil ich Harry Glauben schenke. Deshalb verziehe ich mich an einem meiner einzigen freien Nachmittage raus in die Natur. Auch, wenn Schüler eigentlich nicht in den Verbotenen Wald dürfen, gestattet es mir Hagrid ab und an die Hippogreifherde zu besuchen. Seit ich diese Wesen das erste Mal gesehen habe, haben sie mich fasziniert.

Ich war wirklich schon lange nicht mehr hier. Man kann den Wind in den Baumkronen wispern hören und die eigenen lauten Schritte, die in dem fast gänzlich stillen Wald erklingen. Die Sonne blinzelt schwach durch das dichte Blätterdach auf eine winzige Lichtung, auf der sie stehen. Ihre Gestalt ist anmutig, wenn nicht sogar majestätisch. Ihre spitzen Schnäbel und ihre klugen funkelnden Augen jagen mir bis heute ein wenig Angst an.

Zögernd verbeuge ich mich und harre in dieser Haltung aus, bis auch die Hippogreife ihre Köpfe neigen und mir somit erlauben sich zu ihnen zu gesellen. Ehrlich gesagt komme ich nur her, wenn ich Ruhe brauche, wenn ich Kraft tanken muss und nicht wieder meiner inneren Stimme nachgeben möchte.

Es ist seltsam, aber diese Wesen helfen mir. Sie strahlen etwas Besonnenes, etwas Vertrautes aus. Man fühlt sich beschützt von ihnen und auf eine seltsame Weise auch verstanden.

Federflügel (so habe ich ihn einfach getauft) stupst mich mit seinem Schnabel an und legt sich dann neben mich, sein warmer ruhig atmender Körper an meine Seite gelehnt. Es ist, als würden sie spüren, dass es einem nicht gut geht, als würden sie meine innere Unsicherheit fühlen können.

Ich schließe die Augen und genieße den Augenblick. Die Sonne kitzelt auf meiner Nase, die Blätter rascheln in der Tiefe des Waldes und der Körper des Hippogreifs schmiegt sich leicht an mich. Ich lass einfach los, versuche alles gehen zu lassen und nur das zu spüren, nur den Moment zu spüren.

Es ist, als würde man in einem Meer treiben, in einem unendlichen Ozean, die Augen geschlossen und den Kopf vollkommen leer. Das einzige, was mich hält, was mich immer und immer wieder in die Realität zurück holt ist der harte kalte Boden voller knochiger Wurzeln, auf dem ich sitze. Das ist meine einzige Verbindung zur Erde, der Rest meiner selbst, meine Seele, schwebt in der Schwerelosigkeit, erholt sich vom Leben und von all den schlechten Dinge, die es mit sich bringt.

„Evelyn?"

Ich fahre hoch, gestört in meiner Ruhephase und starre den Mann erschrocken an, der nur wenige Meter von mir entfernt steht. Ich brauche ein paar Sekunden, um zurückzukommen, um zu verstehen, was passiert und schüttle dann verwundert meinen Kopf.

„Charlie? Was machst du hier?", frage ich den rothaarigen, der mich wie immer verschmitzt anlächelt.

„Das könnte ich dich auch fragen. Immerhin dürfen Schüler soweit ich weiß nicht in den Verbotenen Wald," erwidert er nur.

Ich richte mich vorsichtig auf und gehe ein paar Schritte auf ihn zu. Mein Herz pocht heftig in meiner Brust und ich muss mich dazu zwingen geordnet zu bleiben.

„Ich bin wenigstens Schülerin hier. Du solltest eigentlich in Rumänien sein," kontere ich und kneife meine Augen zusammen. „Also, was um alles in der Welt machst du hier."

Er streicht sich nervös durch seine roten Haare und verschränkt seine vernarbten Arme vor seiner breiten Brust.

„Eigentlich soll keiner erfahren, warum ich hier bin," brummt er. „Aber ich bin wegen dem Turnier hier und mehr sage ich dir auch nicht."

Ich würde ihn am liebsten Löchern, was er mit dem ganzen zu tun hat, doch sein Blick signalisiert mir deutlich, dass er mir keine einzige Frage davon beantworten wird.

„Und was machst du jetzt hier?", frägt er schließlich, wahrscheinlich, um vom Thema abzulenken.

„Ich habe die Herde besucht. Hagrid hat sie mir mal gezeigt und seit dem schaue ich ab und zu vorbei," antworte ich schulterzucken und starre auf die Wurzeln auf den Boden.

Eine unangenehme Stille tritt ein, eine Stille, die es in einem Wald voller Lebewesen eigentlich nicht geben sollte. Ich sehe auf und runzle meine Stirn. Es ist tatsächlich viel zu ruhig hier, aber warum...

„Ach du meine Güte," hauche ich und starre Charlie dabei erschrocken an, „ihr haltet ihr Drachen. Deshalb ist es so ruhig hier, deshalb habe ich kein einziges Tier auf dem Weg hier her getroffen. Du bist für die erste Aufgabe hier, nicht?"

Charlie mustert mich, unentschlossen, ob er begeistert darüber sein soll, wie schnell ich darauf gekommen bin oder wütend, weil ich ihn entlarvt habe.

„Du bist viel zu schlau für meine Brüder," brummt er nur, was mir ein schmunzeln entlockt. Kann, man wohl so sagen.

„Das heißt es sind echte Drachen hier?", frage ich ein wenig neugierig nach. Solche Wesen haben mich schon immer fasziniert. Es ist, als könnte man in ihnen die Magie spüren, die in jedem von uns verankert ist.

„Ja und deshalb ist es für dich auch viel zu gefährlich, wenn du weiter hierbleibst," erklärt er ziemlich nüchtern.

„Ich nehme dann wohl mal an, dass du sie mir nicht zeigen möchtest," stelle ich enttäuscht fest. Ich hätte doch zu gerne einmal einen Drachen von nah gesehen. Ich habe so viel von ihnen gelesen, von den glänzenden und funkelnden Schuppen aus denen heißer Dampf steigt und dem lauten markerschütternden Brüllen, die sie ausstoßen können.

„Du wirst sie früh genug sehen," vertröstet er mich auf später. „Du solltest wirklich nicht hier sein."

Ich sehe ihn an. Für einen Augenblick bilde ich mir ein, dass ein Funken Sorge in seinen Augen zu sehen ist und in seiner Stimme flackert. Aber das ist nur ein Wunschdenken, eine Hoffnung, die ich seit viel zu langer Zeit hege.

„Ich begleite dich bis zu Hagrids Hütte," beschließt er dann, einen hastigen Blick auf mich werfend.

Ein wenig wehleidig drehe ich mich noch einmal zu den Hippogreifen um. Die Herde genießt seelenruhig die letzten Sonnenstrahlen am blassen blauen Himmel, wie immer anmutig und erhaben. Mit einem sanften Lächeln und einem neu erwachten kleinen Feuer in meinem Herzen folge ich Charlie in die Dunkelheit des Waldes unter dem dichten Blätterdach und zwischen den uralten ächzenden Bäume hindurch.

„Ich wusste nicht, dass du dich für magische Wesen interessierst," sagt Charlie, einen seltsamen Seitenblick auf mich werfend.

„Ich weiß nicht, sie sind was Besonderes. Manche sind so voller Magie und so unglaublich weise. Es ist, als könnte man die Macht des Zauberns direkt unter ihrer Haut spüren," antworte ich sehr leise, weil ich mir nicht wirklich sicher bin, ob es Charlie wirklich interessiert.

„Schön gesagt," erwidert er grinsend. „Mit Drachen zu arbeiten ist das magischste, was ich je erlebt habe. Das sind solche bewundernswerten und unglaublichen Geschöpfe. Es gibt nichts Schöneres, als, wenn du nach monatelanger Arbeit endlich an ein Tier herankommst und von ihm akzeptiert wirst. Drachen sind da sehr eigen, aber, wenn du zu ihnen durchgedrungen bist, dann sehen sie dich als ihr Freund. Das erste Mal, als ich einen Drachen streicheln durfte und diese heißen Schuppen unter meinen Fingern gespürt habe – das war absolut unfassbar."

Er hat ein Funkeln in den Augen, wenn er von seiner Arbeit erzählt, ein strahlendes Leuchten, das kaum zu übersehen ist. Ein Lächeln schleicht sich auf meine Lippen.

„Was?"

„Man merkt, dass du deine Drachen sehr liebst," erwidere ich leicht errötend und nervös mit den Schultern zuckend.

„Das sagen viele," erwidert er unbeschwert und laut lachend. „George und Fred sagen immer mein Herz gehört nur diesen Biestern."

Ich grinse ihn an. Ich mag ihn, viel zu sehr, wenn ich ehrlich bin. Ich wünschte ich könnte es ignorieren, wie mein Herz heftig schlägt und ich mein dämliches Grinsen gar nicht mehr losbekomme, doch ich kann es weder abschalten noch nicht beachten. Es nimmt mich einfach ein, ohne, dass ich es bekämpfen kann.

„Wie waren eigentlich deine ZAGs?", frägt er mich, als die Lichtung des Waldes langsam in Sicht ist.

„Ganz gut," antworte ich.

„Ich kenne dich jetzt gefühlt schon dein Leben lang und ich weiß immer noch nicht, wie gut du tatsächlich bist. Die Zwillinge sagen immer du bist schlau, aber die Frage ist, wie schlau?", ruft er lachend, was mir nur ein Kopfschütteln entlockt.

Sehr gut," antworte ich grinsend. „Also danke fürs Herbringen."

Er verdreht kurz seine Augen, lächelt dann aber sofort wieder verschmitzt:

„Ich finde das schon noch raus! Und keine Ursache. Vielleicht erzählst du meinen Geschwistern nicht, dass ich hier bin. Was du Harry sagst, bleibt dir überlassen," sagt er. „Also, ich denke mal bis Weihnachten."

Sekunden später lande ich ein wenig überrascht in einer Umarmung, die ich zum Selbstschutz nur zögernd erwidere und beobachte dann, wie der der Rotschopf in dem dunklen Wald verschwindet, dessen Baumkronen von der untergehenden rot glühenden Sonne geküsst werden. Ich seufze leise. Wieso verliebe ich mich in einen Menschen, den ich nicht haben kann?

Als ich in den Gemeinschafstraum zurückkehre, fühle ich mich nicht wirklich erholt. Alles in meinem Kopf dreht sich um eine Person, eine Person, an die ich eigentlich nicht denken darf. Und der Fakt, dass die Zwillinge nicht mit mir reden, macht das ganze nicht wirklich besser.

„Ungewohnt, dass du so ganz allein bist," sagt Ginny, sich grinsend neben mich setzten. „Sonst plagen dich immer meine zwei Brüder."

„Ich wünschte die zwei würden mich plagen," brumme ich missmutig.

„Sind sie immer noch sauer, weil du Harry glaubst?", frägt Ginny augenverdrehend.

„Denke schon," erwidere ich leise, einen kurzen Blick auf die zwei am anderen Ende des Raumes werfend.

Eine Weile schweigen wir uns an. Ich starre in das flackernde Feuer, in meinen Gedanken natürlich wieder im Verbotenen Wald. Ich weiß, dass zwischen Charlie und mir nie etwas sein wird, aber durch solche Momente mache ich mir ungewollt Hoffnungen.

„Hast du schon ein Date für den Weihnachtsball?" frägt Ginny ins Blaue hinein.

„Nein, aber, wenn du schon so blöd fragst, kannst du mir ja erzählen, wer dich gefragt hat," erwidere ich, schief grinsend. Ich kenne die Kleine schon zu lange, um nicht zu wissen, auf was sie hinauswill.

„Neville hat mich gefragt und ich habe natürlich ja gesagt," antwortet sie mir mit glühenden Augen. „Ich muss unbedingt ein Kleid kaufen mit dir."

„Mit mir?", hacke ich überrascht nach. „Dir ist klar, dass ich weder zu dem Ball gehen werde, noch mit dir ein Kleid kaufe."

Sie zieht ihr zum neidisch werdende perfekte Augenbraue nach oben, betrachtet mich mit einem kühlen Blick und wirft ihre flammenden Haare hinter ihre Schulter.

„Evelyn Moore, du wirst auf diesen Ball gehen!", kündigt sie streng an.

„Ich will da nicht hin, Ginny. Erstens habe ich niemand, mit dem ich dort hingehen kann und zweitens weißt du ganz genau, wie ich sowas hasse," brumme ich wenig begeistert. „Ich werde mit Teddy nachhause fahren."

„Aber wieso denn? Das ist ein Tag, an dem du mal aus der bescheidenen Evelyn raus kannst und der Welt zeigen kannst, dass du auch da bist," versucht sie es und beugt sich zu mir herüber. „Du kannst doch nicht immer im Schatten anderer stehen wollen."

„Genau das mache und tue ich gerne," erwidere ich, nachdenklich auf mein leeres Pergament kritzelnd. „Ich hasse Aufmerksamkeit, viele Menschen und Kleider. Deshalb will ich auch nicht auf diesen Ball."

Ginny sieht mich für ein paar Sekunden mit ihren funkelnden braunen Augen an, bevor sie sich noch ein Stück zu mir lehnt und mit leiser Stimme anfängt zu wispern:

„Aber es wäre eine wunderbare Gelegenheit, um Angelina zu verärgern."

Ich kann mir ein Schmunzeln nicht verkneifen, schüttle aber entschieden den Kopf. Das ist absolut nicht mein Ding.

„Du kannst mich nicht überzeugen," stelle ich klar.

„Tja, wäre Charlie noch an der Schule, wäre das viel einfacher," grummelt sie in sich rein, woraufhin ich ihr ein Kissen entgegen schleudere. „So ein Schwachsinn. Erstens, hätte das nichts geändert, zweitens würde jemand wie Charlie nicht jemand wie mich auf diesen Ball mitnehmen," verteidige ich mich, angestrengt nicht rot zu werden.

„Ach, komm schon, Evelyn," quengelt Ginny mich an. „Das wird ein unglaublicher Spaß!"

Ich verdrehe nur meine Augen. Eigentlich will ich wirklich nicht auf diesen Ball, aber ich habe auch keine Lust mir Ginnys Gejammer jeden weiteren Tag anzuhören.

„Ich überlege es mir," gebe ich ein wenig klein bei, was Ginny ein fettes Grinsen auf die Lippen malt. „Wir gehen gemeinsam Kleider einkaufen!", ruft sie noch, als sie hüpfend und lachend verschwindet.

Ich seufze in mich hinein. Ehrlich gesagt habe ich wenig Lust auf einen Ball. Ich hasse nämlich wirklich alles daran, die Kleider, das Tanzen, der Druck einen Partner zu finden und die Aufmerksamkeit, die auf einem liegt. Ich hasse es mich hübsch zu machen, nur um anderen aufzufallen. Ich bin einfach gerne nur ein Schatten, eine Projektion durch das Licht anderer. Mir gefällt es unsichtbar zu sein, von niemanden bemerkt zu werden und in der Masse zu verschwinden. Ich bin nicht gerne, der krönende Schaum, sondern eben die austauschbare Welle. Genau deshalb hasse ich solche Veranstaltungen über alles...

Ginny liegt mir gefühlt so lange mit diesem beschissenen Weihnachtsball in den Ohren, bis ich absolut genervt nachgebe und ihr versichere, dass ich teilnehmen werde, aber nur ohne Partner. Außerdem werde ich sicher kein Kleid mit ihr kaufen, sondern das schlichte blaue nehmen, dass meine Mom mir mitgegeben hat.

Die Zeit vergeht wie im Flug und die erste Aufgabe des Turniers eilt immer näher. Ich habe am Rande mitbekommen, dass Harry wohl von den Drachen erfahren hat und daher beschlossen es ihm nicht noch einmal extra zu sagen. Der Junge tut mir immer noch leid. Es scheint, als würde sich die halbe Schule gegen ihn wenden. Auch Ritas Artikel im Tagespropheten macht das ganze nicht unbedingt besser. Manchmal bringt es mich fast um, ihn in den Gängen zu sehen, klein und fast erdrückt von der Last auf seinen Schultern. Ich wünschte, ich könnte ihm auf irgendeine Weise helfen, aber das kann ich nicht. Und dennoch bin ich mir sicher, dass er das alles schaffen wird. Er ist ein unglaublich starker Mensch durch all das geworden, was er ertragen musste.

„Immer noch sauer, weil ich Harry glaube, dass er nicht selbst den Zettel reingeschmissen hat?", frage ich die Zwillinge eines Abends, als sie mal wieder weit weg von mir im Gemeinschaftsraum sitzen.

Sie sehen gleichzeitig auf und funkeln mich beide böse an. Ich seufze in mich hinein und drücke meine Hausaufgaben fester an meine Brust.

„Ich glaube ihm einfach, weil ein ehrlicher Mensch ist. Glaubt ihr nicht auch, dass Harry schon genug Wirbel in seinem Leben hat? Er braucht kein Turnier, um berühmt zu sein. Außerdem ist jemand wie er sicher froh, wenn er mal Ruhe von dem ganzen Trubel hat," versuche ich es, die beiden ernst ansehend.

„Hast du den Artikel gelesen? Der sagt etwas anderes," brummt Fred kühl.

„Ich glaube Harry und nicht Rita. Aber bitte, wenn ihr mich ausschließen wollt, dann tut es. Ich habe keine Lust auf Kindergarten. Vielleicht habt ihr ja mal dran gedacht, dass jemand, der Harry schon einmal töten wollte und es nicht geschafft hat, diesen Zettel in den Kelch hat werfen lassen, in der Hoffnung, dass der arme bei den Aufgaben stirbt," werfe ich ihnen eisig vor. Ich kann spüren, wie Wut in mir kocht, wie meine Augen gefährlich beginnen zu funkeln und sich zusammenkneifen. „ich dachte wirklich ihr gehört nach Gryffindor!"

Und dann passiert es. Es ist wie ein Blitz, ein stechender Blitz, der durch meinen Körper zuckt. Für Sekunden flackert ein Bild auf, ein erblindendes strahlendes helles Licht. Ich kann fühlen, wie es mich mit Wärme, mit Stärke und mit Mut erfüllt, bevor die Verbindung reißt und eine undefinierbare Kälte zurückbleibt. Plötzlich scheint alles unerfüllt und dunkel.

„Evelyn?", frägt George und wenn ich mich nicht täusche, dann schwingt sogar ein Funken Sorge in seiner Stimme mit.

„Schon gut, ihr wollt doch eh nichts mehr mit mir zu tun haben," brumme ich, verstört von dem, was gerade passiert ist. „Ich bin einfach echt enttäuscht von euch."

Mit den Worten drehe ich mich um und stapfe durch den Gesellschaftsraum, die düsteren Treppen hinauf in unseren Schlafraum, wo ich mich sofort in mein Bett verziehe und hastig die Vorhänge um mich herum zuziehe.

Unsicher starre ich an die Decke und versuche wieder ruhig zu atmen. Mein Puls geht schnell vor Aufregung, mein Herz rast in meiner Brust und es fühlt sich an, als könnte ich das Blut in meinem Körper rauschen hören.

Was war das? Wieso sehe ich immer diese Dinge, von denen ich nicht weiß, was sie sind? Und was war dieses Gefühl voller Geborgenheit und...Magie? Was bei Merlins Bart hat es damit auf sich?

Es sind tausend Fragen, die in meinem Kopf schwirren, die ich alle nicht beantworten kann und von denen ich auch nicht weiß, wem ich sie stellen könnte.

Erschöpft schließe ich meine Augen. Am liebsten würde ich jetzt Mom schreiben, sie fragen, was das alles bedeutet und ob sie es mir erklären kann. Aber sie ist kein Teil von dieser Welt, kein Teil von dieser Evelyn, die hier in diesem Schloss lebt, verfolgt von Bildern, die sie nicht einordnen kann.

Ich wünschte ich könnte mir einreden, dass das alles nicht real ist, aber dafür fühlt es sich einfach zu echt an und kommt zu oft vor. Ich werde es einfach so lösen, wie alles andere auch. Ich werde mit niemanden darüber reden und es zu einem anderen dunkleren Geheimnis tief in meinem Herzen verschließen, sodass es niemals jemand sehen kann...


Ich finde es mega Schade, dass Charlie nicht in den Filmen vorkommt. Ich liebe die Weasyles und er gehört einfach auch dazu.  Außerdem mag ich seinen Charakter, soweit man das beurteilen kann.  Deswegen: Die Bücher sind besser, als der Film!  

Wie immer würde ich mich über konstruktive Kritik freuen. Und mich würde mal interessieren, ob ihr die Bücher oder Filmen von Harry Potter besser findet und was auch an den Filmen fehlt. 

(Bei mir ist es noch Ginny. Ich liebe sie in den Büchern, aber in den Filmen nicht wirklich. Da kommt sie irgendwie bisschen kalt rüber.)


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