Kapitel 7: Die Champions


Es ist ein Tuscheln, ein wispernder Schatten, der einem überallhin folgt. Jeder redet davon, keiner scheint mehr ein anderes Thema zu kennen: Die Auswahl der Champions.

Der Abend rückt immer näher und umso unaufhaltsamer scheinen auch die dementsprechenden Gespräche zu sein. Ehrlich gesagt nervt es mich unglaublich. Doch das schlimmste ist die niedergeschlagenen Zwillinge zu sehen. Das macht mich wirklich fertig. Normalerweise laufen sie mit einem Lächeln im Gesicht umher, scherzen den ganzen Tag und werfen mir ihre Vermutungen und Sticheleien an den Kopf. Aber heute sind sie einfach nur still, vollkommen in sich gekehrt und zurückhaltend. Es ist unglaublich seltsam mit ihnen im Gemeinschaftsraum zu sitzen und von beiden Seiten angeschwiegen zu werden.

„Okay, Jungs, aufhören, das ist meine Rolle," brumme ich irgendwann und lege eines meiner vielen Lieblingsbücher aus der Muggelwelt beiseite. „Ich meins ernst, ihr seid zuständig für die lustigen Sachen und ich bin hier der Stimmungskiller." Ich seufze leise und sehe zwischen den beiden hin und her: „Ich weiß ihr wolltet das aus einem unglaublich schönen Grund. Das Leben ist vielleicht nicht immer fair, aber das ist es zu niemanden. Wisst ihr, ich glaube an so etwas wie Schicksal und ihr werdet euren Traum verwirklichen, da bin ich mir sicher."

„Aber wie? Ohne Geld wird das niemals funktionieren? Und wir haben unser ganzes erspartes an den Trottel da vergeben," brummt Fred.

„Wenn ihr jetzt schon aufgebt, dann habt ihr eh verloren. Aber, wenn ihr das wirklich wollt, wenn ihr diesen Traum eines Tages Realität werden lassen wollt, dann könnt ihr es schaffen, wenn ihr dafür kämpft," widerspreche ich ihm und sehe ihn ernst an. „Ihr habt noch lange nicht alles versucht, also gibt es absolut keinen Grund jetzt schon aufzugeben."

Eine Weile sehen sich die beiden unschlüssig an, bevor sie gleichzeitig seufzen, ihre Augen verdrehen und mich leicht grinsend ansehen.

„Woher plötzlich diese positive Energie, Moore?", frägt Fred mich, ein ernstes Blitzen in seinem Blick.

„Man kann alles schaffen, Fred, alles," erwidere ich nur.

Für eine Sekunde mustert er mich, wie als würde er mich fragen, ob ich es geschafft habe einen längst vergangenen Dämon loszuwerden. Ich kann ihm nur keine Antwort geben, weil ich sie selbst nicht weiß.

„Also gehen wir jetzt in die Große Halle, lassen uns das Halloween essen schmecken und schauen mal, wer zu den Champions gekürt wird?" frage ich mich aufrichtend und beiden eine Hand hinstreckend.

Schmunzelnd ergreifen die Zwillinge diese und wir gehen endlich wieder lachend und voller Freude aus dem Gemeinschaftsraum in Richtung Große Halle. Wenn ich ehrlich bin, bin ich tief im inneren meines Herzens froh, dass es nicht geklappt hat, denn ich hätte Todesangst um sie gehabt, wäre einer tatsächlich ausgewählt worden. Die zwei bedeuten mir viel, mehr als ich in Worte fassen könnte. Sie sind mehr als Geschwister. Sie sind ein Teil meines Lebens, ein Teil von mir geworden und sollte ich jemals auch nur einen von ihnen verlieren, würde mir das mein Herz aus der Brust reisen.

Die Halle ist festlich geschmückt mit Girlanden, sprechenden Kürbissen und Geistern, die frohlockend durch die Schülermassen schweben. Ein unglaubliches Festmahl, voller wirklich schaurigen Gerichten springt uns von den Haustischen entgegen. Es gibt Augen, die man essen kann, Kuchen in Form von abgetrennten Gliedmaßen und blutiges Fleisch. Wie jedes Jahr hat unser Schulleiter seiner Fantasie freien Lauf gelassen...

„Das ist fantastisch," ruft mir Ginny entgegen, als sie mich entdeckt und winkt uns hastig zu sich. „Ich dachte schon die zwei schmollen und verpassen dieses herrliche Essen."

Ich kann mir ein Grinsen nicht verkneifen und lasse mich neben die kleine Weasley nieder. Ihr Temperament hat mir schon immer gefallen, seit dem ersten Tag, an dem wir uns begegnet sind.

„Du musst das probieren," sagt sie und drückt mir eine Schüssel in die Hand. „Und auf jeden Fall noch die Augen da drüben und die Pastete..."

„Eins nach dem anderen," unterbreche ich sie in ihrem Feuer lachend und lade mir ein wenig von allem auf meinen Teller. Und obwohl ich angestrengt versuche es zu ignorieren, kann ich die Stimme schon wispern hören, die innere Stimme, die ich bis heute nicht kontrollieren kann. Ich weiß, was sie sagt, ich weiß, was sie mir später befehlen wird und ich weiß auch, dass ich es tun werde...

Zögernd fange ich an zu essen immer mit dem Gefühl verfolgt zu sein von meinen inneren düsteren Ich. Ich kann Freds Blick auf mir brennen spüren, doch es ändert nichts. Egal, was ich versuche, bei jedem Bissen wird die Stimme lauter, gewinnt an Kraft, genährt durch meine Zweifel.

„Du wirst dick, du wirst dick. Siehst du nicht, wie viel das ist. Wir müssen es später wieder loswerden, dann machen wir es ungeschehen," flüstert sie wie ein Echo durch meinen Kopf.

Und ich kann nicht entfliehen. Ich fühle mich wie in einem Käfig, nur, dass ich ihm nicht entkommen kann, weil dieser Käfig mein eigener Kopf, meine eigenen Gedanken sind. Ich kann ihn nicht abschalten, ich kann es nur ertragen, die Stimme in mir drin und ihr gehorchen, damit sie verschwindet.

„Schmeckt's dir nicht?" frägt mich Ginny.

„Doch, doch, habe nur gerade...nachgedacht," antworte ich hastig.

An manchen Fehlern arbeiten man sein ganzes Leben lang. Manche Fehler kann man einfach nicht ausradieren, sie bleiben, sie bleiben für immer, begleiten dich wie ein dunkler Schatten, den du nicht loswerden kannst.

Deshalb bin ich auch ziemlich erleichtert, als das Essen endlich verschwindet und Ruhe in den Raum einkehrt. Alle starren gebannt zu Dumbledore, der sich freundlich lächelnd an sein Rednerpult stellt. Er wartet einen kurzen Moment, einen kurzen Moment voller Knistern und Aufregung in der Luft.

„Ich hoffe Sie hatten alle ein gutes Abendessen und sind jetzt bereit für die Auswahl der Champions," beginnt er, seine Stimme durch den Raum schallend. Er tritt einen Schritt beiseite und enthüllt somit den Feuerkelch, dessen Feuer unruhig zittert. „Alle, die ihren Namen in diesen Kelch geworfen haben, stehen nun zur Auswahl ein Champion zu werden und damit Ihre Schule im Trimagischen Turnier zu vertreten. Die Entscheidung, wer in den gefährlichen Kampf zieht, liegt allerdings nicht bei mir, sondern wie ihr alle wisst bei diesem bezaubernden Holzkelch. Zeig uns deine Entscheidung!"

Es scheint fast erdrückend still geworden zu sein. Keiner wagt es ein Wort zu sagen, alle starren nur wie hypnotisiert auf den Kelch und das darin flackernde Feuer. Ein paar Sekunden geschieht nichts, bevor die Flammen rot werden, hoch in die Luft züngeln und ein Zettel in die Luft geschleudert wird, den Dumbledore auffängt.

„Champion für Beauxbaton ist...", unser Schulleiter macht eine Pause, sieht in die Menge und sagt dann mit lauter fester Stimme, „Fleur Delacour."

Ein tosender Applaus entbrennt in der Halle und die hübsche Französin mit den silberblonden Haaren schwebt auf Dumbledore zu, ein geehrtes feines Lächeln auf ihren Lippen. Madame Maxime, die Riesin, schüttelt ihr begeistert und freudestrahlend die Hand.

Unser Schulleiter erhebt seine Hand und wieder kehrt Stille ein. Diesmal werden die Flammen grün und schlängeln sich zischend in die Höhe. Erneut fängt Dumbledore den Zettel, den er in aller Ruhe auffaltet und seine Stimme über uns erschallen lässt.

„Champion für Durmstrang ist Viktor Krum," verkündet er und ein ohrenbetäubender Applaus gefolgt von kreischenden Mädchen erhebt sich wie Dunst in unserer Großen Halle, schleicht wie der morgenliche Nebel über die Felder. Der breitschultrige schreitet eine Spur zu selbstsicher nach vorne und bekommt überschwängliches Lob von Igor Karkaroff, bevor er sich neben die elfenhafte Französin stellt.

Dieses Mal wird es still, ohne dass der alte Mann uns ein Zeichen geben muss. Wir sind alle gespannt wer unsere Schule in dem Turnier vertreten wird, wer in unserem Namen unser Schloss verteidigen wird. Die Luft scheint vor Anspannung zu flimmern und alle Blicke liegen auf den sich bläulich färbenden Flammen, wie sie in die Höhe schießen und einen letzten Zettel ausspucken.

„Der Champion für unser geliebtes Hogwarts wird...", unser Schulleiter macht eine Kunstpause und blitzt uns mit seinen unglaublich klaren blauen Augen an, „...Cedric Diggory sein."

Diesmal fühlt es sich so an, als würde der Beifall die Wände Hogwarts zum Beben bringen. Die Hufflepuffs springen vor Freude auf und drängen einen etwas verlegenen hübschen Jungen nach vorne zu Dumbledore, der ihm freundlich die Hand schüttelt.

Mitten in dieser Freude über die vier Champions, die alle stolz neben ihren Schulleitern stehen und sich von der Menge bejubeln lassen, geschieht etwas Unerwartetes, nahezu Unmögliches.

Das Feuer färbt sich glühend orange, die Flammen zügeln wie Aale in die Luft und mit einem Knall, der alle sofort zum Schweigen bringt, flattert ein weiterer kleiner Zettel aus dem nun erloschenen Kelch. Alle scheinen den Atem anzuhalten, als Dumbledore stirnrunzelnd und nichts Gutes ahnend in die Menge blickt.

„Es scheint, als hätte der Kelch einen weiteren Champion ausgewählt," sagt er sichtlich bedrückt und besorgt. „Für Hogwarts wird neben Cedric Diggory auch...Harry Potter an dem Trimagischen Turnier Teilnehmen."

Dieses Mal ist es kein Applaus, sondern ein Tumult, der ausbricht. Lautstarke Stimmen beschweren sich, dass Harry gar nicht volljährig ist, andere tuscheln über seine Vergangenheit, wiederum andere beschimpfen ihn als Betrüger und der Rest sitzt einfach nur geschockt und besorgt da.

Mein Blick fällt auf den Jungen mit der blitzförmigen Narbe auf der Stirn, der Junge, dessen Schicksal so unbegreiflich für uns sein muss. Ich kann den Schock in seinen Augen sehen, seine Verwirrtheit, als er zögernd neben die anderen Champions tritt.

„Wir Schulleiter und die Champions ziehen sich kurz zu einer Beratung zurück," teilt Dumbledore uns mit und nickt Professor McGonagall zu.

Und auch, wenn die lauten Stimmen allmählich verebben, bleibt ein heiseres stätiges Flüstern zurück, das von keinem der anwesenden Lehrer unterbunden werden kann.

„Wie hat er das gemacht?", frägt Fred. „Und warum hat er uns nicht davon erzählt, wie man es macht," beschwert sich Georg, während Ginny nur beklommen auf die Tür starrt, hinter der ihr heimlicher Schwarm verschwunden ist.

Doch, bevor ich irgendetwas sagen kann, durchzuckt mich ein heftiger Schmerz, bohrt sich gleißend in meinen Kopf und treibt mir die Tränen in die Augen. Ich weiß nicht, woher es kommt, ich weiß nur, dass sich unendliche Qualen in meinem Körper ausbreiten.

Ich spüre, wie etwas an mir zieht, als wolle es mich mitnehmen. Es zerrt, zerrt an meinem Bewusstsein, so fest und hartnäckig, dass ich ihm nachgebe und ihm ins ungewisse Dunkle folge. Es führt mich durch das Schwarz, führt mich an einen Ort, der mir bekannt ist, den ich spüren kann. Ich weiß, dass ich ihm immer näherkomme, ich kann es schon pulsieren hören, kann es in mir fühlen. Es fühlt sich an, als wäre ich damit verbunden, als wäre es in mir verankert. Doch, bevor ich es erreiche, bevor ich es sehen kann, lässt es mich los.

Ich schrecke auf. Es fühlt sich an, als würde ich aus eiskaltem Wasser auftauchen, nachdem mich jemand versucht hat zu ertränken. Mein Kopf fühlt sich seltsam benommen an, meine Sicht scheint noch nicht ganz klar für diese Welt voller Licht.

„Alles okay, Evelyn?", frägt Ginny verwundert, während Georg und Fred sich neben mir über Harry beschweren.

„Ich...ich...ja, ich mach nur Sorgen, um Harry," antworte ich, noch nicht wirklich zurückgekehrt, doch Ginny schluckt es. „Ich auch..."

Ich kann nicht zuordnen, was es gewesen ist, ich kann nicht sagen, was es bedeutet, aber es hat sich dunkel angefühlt, dunkel und bedrohlich. fast als wollte mir jemand oder etwas eine Warnung schicken...

Als die Champions dann endlich zurückkehren, bleiben die Meinungen gemischt. Kaum jemand glaubt Harry, dass er den Namen nicht selbst in den Kelch geworfen hat, was die Gryffindors nicht davon abhält ihn als ihren Helden zu feiern.

Bedrückt beobachte ich, wie sich sowohl Ron, als auch die Zwillinge von ihm abwenden und wütend die Große Halle verlassen. Leise seufze ich in mich hinein und verkrümle mich ebenfalls in den Gemeinschafstraum.

Allerdings kann ich die Zwillinge hier nicht finden, weshalb ich beschließe in den Schlafraum zu gehen bevor ich von der immer näherkommenden jubelnden Menge erdrückt werde. Oben in dem stillen Zimmer bin ich ganz allein, allein mit mir und meinen Gedanken.

Ich kann nicht sagen, was ich fühle, weil das alles mir zu viel wird. Die Auswahl der Champions, dieses seltsame Gefühl und der Schmerz und zusätzlich meine lästige innere Stimme, die immer lauter und lauter wird.

Alles dreht sich, zieht mich in einen Schlund, unaufhaltsam und grausam. Ich kann dem nicht entfliehen, kann nicht aus mir selbst ausbrechen. Meine Gedanken wirbeln, die Stimme kreischt. Am liebsten würde ich schreien, schreien, dass sie mich alle in Ruhe lassen sollen, doch ich weiß, dass das nicht klappt. Das einzige, was hilft ist nun unumgänglich.

Ich stürze auf die Tür zu, reise sie auf und knalle sie heftig hinter mir zu. Es geht schnell, viel zu schnell mit den Jahren. Ich beuge mich über die Kloschüssel, versenke meinen Finger im Hals und schon ist es passiert. Erschöpft spüle ich runter, wasche mir die Hände und spüle meinen Mund aus. Mein Blick trifft meine dunklen Augen im Spiegel. Was ist nur aus mir geworden? 


Und wieder ein neues Kapitel. Langsam nimmt die Geschichte an Form an, also lest weiter, wenn ihr wissen wollt, wer oder was zu Evelyn Kontakt aufgenommen hat und was es für sie bedeutet. Ich verspreche, dass sich noch viele Rätsel ergeben, die aber alle letzten Endes gelöst werden. Ich würde mich wie immer über Kommentare freuen. 

Für alle Potterheads, die gerne selber schreiben und RpGs machen, würde ich hier gerne einmal Werbung machen für das RpG Akademie der magischen Künste von @Queen-of-the-demons. Das ist mega gut aufgebaut und handelt von der Zauberschule in Deutschland. Also schaut vorbei und sonst euch allen ein schönes Wochenende

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