Fünfzehn

Wie ihr vielleicht schon bemerkt habt, ist mir ein fuchtbares Missgeschick passiert. ich habe an diesem Teil gearbeitet, war super zufrieden... Und lösche aus Versehen alles. Und in meiner Panik gehe ich zurück.... Und alles ist unwiederruflich weg. MENNNNNNNNNO!!! Das war sooo cool :( Jedenfalls ist das jetzt der zweite Versuch. Ist euch das eigentlich auch schon passiert? Auch wenn ihr wahrscheinlich nicht so doof wie ich wart und euren Text dann wiederbekommen habt ;)

Lyan springt in dem Moment auf, als Jus verschwunden ist. Ich muss mich schwer zusammenreißen, um nicht mit den Augen zu rollen. Was hat es für einen Sinn, NACH der Gefahr in Abwehrhaltung zu gehen? Dies geht wohl auch meinem Kumpel in diesem Moment auf, er lockert sich und wendet sich in seiner Wut mir zu: "Das ist also dein Freund? Der, in den du verliebt bist? So jemand hässliches, mit dem willst du also ins Bett steigen?" Er schaut mich so wütend an, dass ich zurückweiche. Aber meine eigene Wut wird durch die Furcht noch angeheizt. Ich muss auflachen. "Also du kannst nicht sagen, dass Jus schlecht aussieht. Er ist tausendmal hübscher als du. Und nein, ich will nicht mit ihm ins Bett steigen!"
Ich ziehe eine Grimasse. "Du hast doch gar keine Ahnung von Liebe. Für dich ist alles einfach. Die Hexen sind böse, Myth gut. Das Leben ist scheiße, der Himmel gut. Ja, ich habe die Bibel unter deinem Bett gesehen! Und die Liebe hat für dich nur was mit sexueller Anziehungskraft zu tun!"
"Oh, ja klar. Die ach so kluge Maya weiß alles und ist so schlau, was aber keiner merkt. Ich sehe nämlich nur ein dummes Mädchen, das sich für was besseres hält." Ich kann nicht anders, die Tränen fließen wieder über meine Wange. Dieser Vorwurf ist einfach nur unfair. Ich finde überhaupt nicht, ich wäre was besseres. Das Gegenteil trifft doch zu! Aber dies ist noch nicht mal das, was mich am meisten verletzt. Es ist, dass er mich verletzt, obwohl er mich doch trösten sollte. Das gehört sich doch, als Kumpel seiner Freundin beizustehen, wenn ihr vor dem ganzen Gefühlskarussel schwindelig ist, oder?
Um nicht schon wieder einen Heulkrampf zu bekommen, drehe ich mich auf dem Absatz um und quetsche mich durch das Gestrüpp wieder zur Mytkemie durch. Lyan folgt mir nicht.

Was macht ein Mädchen, wenn es am Vortag den größten Streit ever mit ihrem besten Freund hatte und zusätzlich noch unglücklich verliebt ist? Wenn es keine beste Freundin hat, die einen bemittleiden wird, und keinen Strom, mit dem man Liebeslieder - oder Lieder mit weniger Liebe, je nachdem wie wütend man ist - hört. Die verbleibenden Batterien, die in meinem Schrank als Reserve liegen, sollte ich vielleicht eher für die Taschenlampe nutzen, anstatt dazu, meinen MP3-Player aufzuladen. Also kann ich nur tieftraurig auf meinem Bett liegen und in mein Notizbuch meine Gefühle schreiben. Außerdem summe ich noch Lieder vor mich hin, die ich kenne. Was leider überwiegend Weihnachtslieder sind. Also Selfmade-Aufmunterung für einsame. Spürst du es nicht? Dieses eigentümliche, wundervolle und grausame Gefühl der Wärme und Kälte, dass sich Liebe nennt. Wow, wenn meine Karriere als Myth vorbei ist, was ja bald der Fall sein wird, werde ich auf jeden Fall Dichterin. Auch wenn man damit hier in Maurizio oder überall sonst auf der Welt weder viel Geld noch Anerkennung verdient. Die Menschen haben einfach keinen Sinn für etwas, was ihnen nicht hilft, zu überleben. Ach, Überleben... Wie soll ich nur ohne Lyan überleben? Ich habe keine Ahnung. Leider kann ich mich aber nicht entschuldigen, schließlich habe ich nichts falsch gemacht.

Ich seufze wie so häufig in letzter Zeit dramatisch und schüttele mein Kissen auf. Obwohl es erst früher Vormittag ist, hätte ich am liebsten meine kleine Nachtischlampe angemacht. Da das wegen des Stromausfalls nicht geht, muss ich aber mit dem grauen Dämmerlicht auskommen, was aus meinem kleinen undichten Dachfenster kommt. Undicht, das ist doch so ein dummes Wort. Es wird meistens im negativen Sinn gemeint, wenn etwas hereinkommt, was es nicht soll. Kann es aber nicht auch etwas Positives in dein Herz lassen? Ich weiß es nicht. Was ich aber weiß, ist, dass ich mich nicht anders hätte verhalten können. Ich musste bis jetzt alles so machen, wie ich mich benommen habe.

Ein plötzlicher Knall, der einem Donner sehr ähnlich klingt, lässt mich plötzlich aufspringen. Direkt danach fangen Menschen an zu schreien. Ich renne schnell zum Fenster und schaue auf Maurizio hinaus. Helle Blitze züngeln über den dunklen, gefährlich aussehenden Himmel, doch kein Donner ertöhnt. Die Stille drönt schon fast in den Ohren, von Angst- und Schmerzensschreien unterbrochen. Erst da sehe ich, was passiert ist: Das einzige, überfüllte Waisenhaus Maurizios steht lichterloh in Flammen.

So schnell wie noch nie, habe ich mir meine Schuhe angezogen und die Myth-Jacke geschnappt, ehe ich die Treppen herunterrenne. Da heute der Feiertag ist, haben die meisten Schüler frei. Aber obwohl die Mytakemie eigentlich den ganzen Tag auf Sparflamme gelaufen ist, sind überraschend viele Schüler und Lehrer hier, die verletzte Kinder in den Speisesaal tragen. Ich schließe mich denen an, die für die Helfer nasse Tücher vorbereiten. Maurizio ist pleite, weswegen es eigentlich keine richtige Polizei gibt, dafür sind die Myth da. Auch die Feuerwehr basiert nur auf der Hilfe Freiwilliger, und das, obwohl die Stadt groß genug für zwei feste Wachen wäre. Jedenfalls ist Maurizio auf einen Brand, der größer ist als die Fäche eines Backofens, nicht vorbereitet.

Dementsprechend aufgeregt sind die Lehrer auch. Die meisten wuscheln durch die Flure und sichern die Mytakemie. die Schule ist nämlich in der gleichen Straße wie das nur lichterloh brennende Kinderheim mit den vielen traumatisierten und seelisch und körperlich gahandycapten Kindern und Jugendlichen.

Ich hingegen nehme mir einen befeuchteten Lappen, binde ihn vor meinen Mund und gehe auf die Straße. Obwohl ich noch ziemlich weit von dem Gebäude entfernt bin, aus dessen Fensteröffnungen schon die Flammen lodern, spüre ich die Hitze. Da erkenne ich Lyan in der Menge, und trotz unserer Differenzen schlage ich mich zu ihm durch. Doch ehe ich bei ihm angekommen bin, stürmt er in das Heim, mit einem Gesichtsausdruck, den ich noch nie bei ihm gesehen habe. Aber was denke ich da, ich habe meinen besten Freund doch erst in den letzten paar Tagen näher kennengelernt.

"Lyan!", kann ich nur noch rufen, ehe er aus meiner Sichtweite verschwindet. Um zu verstehen, warum er gerade in ein brennendes Haus gestürmt ist, gehe ich an den Platz, wo Lyan eben stand, und entdecke einen weinenden Mann neben mir. Und da verstehe auch ich: Seine Verzweiflung ist so stark, sein eigenes Kind muss in der Flammenhölle sein. Doch Lyan hat mit diesem Mann nicht gesprochen, warum ist der dennoch reingelaufen?

Und warum laufe ich jetzt rein? Ich hasse doch das Feuer! kann ich nur noch denken, ehe ich den Reißverschluss meiner Jacke schließe und mit gesenkten Kopf in die Todesfalle gehe.

Das Erste, was ich denke, ist dass sich die Haut von meinem Gesicht verabschiedet. Das Erste, was ich sehe, ist eine Kinderleiche, die mich an mein Ziel erinnert. Lyan ist reingegangen, weil er es nicht ertragen hat, nichts zu tun. Er fand es falsch, einfach nur am Rand zu stehen und zu weinen. Jedenfalls denke ich, dass dies seine Meinung war. Also schlucke ich meine Kotze herunter, die Flüssigkeit werde ich noch irgendwann brauchen, und stapfe weiter. Es ist wirklich unverschämt, aber dies ist nicht das, was mich am meisten peinigt. Die Luft, wenn man sie überhaupt noch so nennen kann, nimmt mir schon fast das Bewusstsein. Doch ich gebe nicht auf, noch lange nicht! Überraschenderweise ist der Flur von den Flammen noch gar nicht so verschlungen wurden, sodass ich einigermaßen problemlos in die zweite Etage wanken kann, während ich mich für meine eigene Dummheit schelte. Doch in dem Moment, in dem ich schon wieder umkehren will, höre ich ein leises Winseln, was nicht viel anders klingt als das eines Hundes. Und in dem Moment, als ich realisiere, dass es sich dabei um ein kleines Kind handelt, das unter einem Tisch kauert, reißt der Boden auf und es stürzt in die Tiefe einer Feuerhölle. Zumindest fast, denn zum Glück kann ich es noch an der Hand packen. Ein grausames Knacken ertönt und das Kind schreit auf. Offenbar habe ich ihm die Schulter ausgerenkt oder so was, aber ohne diesen Schmerz würde es schon lebendig verkokeln.

Als ich das Kleine hochgezogen habe, stehe ich jedoch vor einem weiteren Problem. Das Kind fängt nämlich abscheulich an, zu husten, aber ich kann noch nicht gehen. Selbst wenn meine eigenen Kräfte bald schwinden, ich MUSS Lyan einfach finden. Doch in dem Moment, als ich in die ausgetrockneten Augen des kleinen, blonden Jungen schaue, ist mir klar, was ich machen müsste: Umkehren. Wenn ich es nur könnte.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top