Kapitel 6-Das Projekt

Der Lehrer hatte es angekündigt, als wäre es die aufregendste Sache der Welt: ein kreatives Gruppenprojekt, das uns „unserer Kreativität freien Lauf lassen" lassen sollte. Ich hätte mich fast darüber gefreut, bis er uns willkürlich in Zweiergruppen aufteilte – was bedeutete, dass ich niemanden wählen konnte, mit dem ich mich wirklich sicher fühlte.

„Marie und Elias", sagte er schließlich, und mein Herz setzte einen Schlag aus.

Ich sah zu Elias hinüber. Er grinste mich an, leicht schief, und hob eine Hand. „Das wird interessant."

Nach der Schule trafen wir uns in der Bibliothek, um über das Projekt zu sprechen. Das Thema war frei wählbar, solange es eine Präsentation beinhaltete. Elias schlug vor, etwas Kreatives zu machen – einen kurzen Film oder eine Fotostrecke – und ich stimmte zu, weil ich ehrlich gesagt nicht wirklich eine Meinung dazu hatte. Ich war einfach froh, dass ich nicht allein war.

„Also", begann er, während er seinen Rucksack auf den Tisch warf und sich lässig zurücklehnte. „Hast du irgendwelche Ideen?"

Ich zuckte mit den Schultern. „Nicht wirklich. Vielleicht... irgendwas über Emotionen? Wie Menschen Dinge fühlen?"

Er hob eine Augenbraue. „Das klingt nach einem tiefgründigen Thema. Mag ich. Wir könnten Fotos machen, die verschiedene Gefühle darstellen. Freude, Trauer, Angst... was auch immer. Und dann eine Geschichte daraus bauen."

„Das klingt gut." Ich lächelte ein wenig, überrascht, dass er meinen Vorschlag so ernst nahm.

Die nächsten Stunden verbrachten wir damit, Ideen zu sammeln und zu skizzieren, wie wir vorgehen wollten. Irgendwann merkte ich, dass Elias immer näher zu mir rutschte, als wir gemeinsam über den Notizblock gebeugt waren. Sein Arm streifte meinen, und mein Herz begann schneller zu schlagen.

„Okay", sagte er plötzlich und lehnte sich zurück. „Wir brauchen jetzt Beispiele. Was macht dich... glücklich?"

Ich war von der Frage überrumpelt und wusste nicht, was ich sagen sollte. „Ähm... Bücher?"

Er grinste. „Klassisch. Okay, und was macht dich traurig?"

Ich schluckte. „Das... weiß ich nicht so genau."

„Marie." Er sah mich an, und sein Ton war weicher geworden. „Ich hab das Gefühl, dass du ziemlich oft traurig bist. Du musst mir nicht sagen, warum, aber... vielleicht kann ich dir helfen?"

Ich wich seinem Blick aus und konzentrierte mich stattdessen auf die Zeichnungen vor mir. „Das ist nichts, worüber ich reden möchte."

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