Kapitel 42-Berührung
Elias' Zimmer war ruhig, nur das sanfte Ticken der Wanduhr war zu hören. Draußen war es bereits dunkel, und das einzige Licht kam von der kleinen Lampe auf seinem Nachttisch. Wir saßen uns auf dem Bett gegenüber, unsere Beine berührten sich leicht.
Es fühlte sich merkwürdig an. Nicht unangenehm, aber anders. Vielleicht, weil wir beide wussten, dass diese Zeit, in der wir einfach beieinander sein konnten, bald vorbei sein würde.
„Es wird komisch sein, wenn du nicht mehr hier bist", sagte Elias schließlich leise.
Ich sah auf meine Hände, auf die blassen Linien der Verbände. „Ich weiß."
„Hast du schon entschieden, was du machen willst?"
Ich zuckte mit den Schultern. „Nicht wirklich. Ich meine... es ist nicht so, als hätte ich eine echte Wahl."
Elias schwieg einen Moment. Ich konnte sehen, dass ihm das nicht gefiel – dass er sich wünschte, ich könnte bleiben, dass es eine Möglichkeit gäbe, die Welt so zu verbiegen, dass sie uns nicht trennen konnte.
„Ich wünschte, du müsstest nicht gehen", murmelte er.
Ich zwang mich zu einem schwachen Lächeln. „Ich auch."
Elias hob seine Hand und strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Sein Blick war warm, voller Gefühle, die ich nicht ganz greifen konnte.
Dann küsste er mich.
Es war nicht das erste Mal, aber diesmal fühlte es sich anders an. Dringender. Als wollten wir beide diesen Moment festhalten, ihn in unsere Haut einbrennen, damit er nicht verging. Ich spürte seine Hände an meiner Wange, dann in meinen Haaren, und ich ließ mich in die Berührung fallen, klammerte mich an ihn, als könnte er mich davor bewahren, von der Realität eingeholt zu werden.
Seine Lippen wanderten von meinem Mund zu meiner Wange, zu meinem Hals, und ein Zittern lief mir über den Rücken. Ich spürte, wie meine Finger sich in den Stoff seines Shirts krallten, wie mein Atem schneller wurde.
Dann merkte ich es.
Elias' Hand war unter mein Shirt gerutscht, nur ein kleines Stück, seine Fingerspitzen lagen warm auf meiner Haut.
Plötzlich war die Wärme nicht mehr nur angenehm, sondern auch beängstigend.
Mein Herz schlug schneller, aber nicht nur vor Aufregung. Eine kalte Welle der Unsicherheit rauschte durch mich hindurch. Mein Körper war nicht so, wie er sein sollte. Nicht so, wie ich ihn wollte. Ich mochte es nicht, ihn zu zeigen. Was, wenn Elias das hier nicht schön fand? Was, wenn er meine Narben ekelig fand? Oder schlimmer – was, wenn er mich als Ganzes nicht mehr wollte, wenn er wirklich sah, was unter meiner Kleidung lag?
Ich versuchte, den Gedanken wegzudrängen, mich einfach auf den Moment zu konzentrieren, aber es ging nicht.
Ich spannte mich an.
Elias schien es sofort zu merken.
Er zog sich ein Stück zurück, sah mich an, suchte nach einer Antwort in meinem Gesicht. „Leo?" Seine Stimme war leise, sanft.
Ich biss mir auf die Lippe und schüttelte den Kopf. „Ich... ich kann nicht."
Sofort zog er seine Hand zurück, als hätte er Angst, mich verbrannt zu haben. „Es ist okay", sagte er schnell. „Tut mir leid, ich wollte dich nicht—"
„Nein, du hast nichts falsch gemacht", unterbrach ich ihn. Ich wollte nicht, dass er sich schlecht fühlte. „Es ist nur..." Ich suchte nach den richtigen Worten. „Ich bin mir noch nicht sicher. Und ich... ich mag meinen Körper nicht besonders."
Elias sah mich mit diesem warmen Blick an, der mir manchmal fast zu viel war. „Leo, ich liebe dich. Nicht deinen Körper. Dich."
Mein Hals wurde eng, und ich wusste nicht, was ich darauf sagen sollte. Also nickte ich nur.
Er streckte die Hand aus, diesmal nicht unter mein Shirt, sondern über den Stoff, und strich mit dem Daumen beruhigend über meine Seite. „Wir machen das in deinem Tempo, okay? Du musst gar nichts tun, wozu du nicht bereit bist."
Ich atmete langsam aus, ließ meine Schultern ein wenig sinken. „Okay."
Elias lächelte und zog mich einfach nur in eine Umarmung. Keine Eile, kein Druck. Nur Wärme und Sicherheit.
Und diesmal ließ ich mich vollständig darauf ein.
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