Kapitel 1: morning coffee
I want to write you a song
One that's beautiful as you are sweet
With just a hint of pain
For the feeling that I get when you are gone...
-I want to write you a song, One Direction
H A R R Y
Es gab Dinge, die ich am Musik machen vermisst hatte. Früh aufstehen und Stunden im Studio zu verbringen zählte nicht unbedingt dazu.
Trotzdem hetzte ich jetzt um kurz vor sechs Uhr morgens durch das kühle London. Hätte ich es mir aussuchen können, wäre ich in Los Angeles geblieben, um mein Album zu schreiben und aufzunehmen. Dort war es warm und die Menschen schlau genug, Harry Styles nicht um sechs in einem Studio antanzen zu lassen.
Aber ich hatte Simon als Manager behalten wollen, also musste ich mich jetzt wohl hiermit zufriedengeben. Auch wenn ich mir in diesem Moment wünschte, einen der anderen Verträge angenommen zu haben.
Mit einem Blick auf meinen Handydisplay wurde mir bewusst, dass ich so oder so zu spät zu meinem Termin mit Simon im Studio kommen würde. Also steuerte ich die nächste Bäckerei an, die nicht so aussah, als ob dort tausende Fans lauern könnten, die auf dem Weg zur Schule waren. Für Frühstück war vorhin keine Zeit geblieben.
Als ich die Tür des "Morgenstar" aufstieß, klingelte ein Glöckchen über dem Eingang und das junge Mädchen hinter der Theke sah kurz von dem alten Radio auf.
»Warte kurz, ich bin gleich bei dir. Ich muss nur wieder den richtigen Sender einstellen. Diese Langweiler-Musik kann sich ja niemand antun.«, lächelte sie und wandte sich wieder dem Schrottteil zu.
Immer wieder drehte das blonde Mädchen an den Knöpfen herum. Während sie so herumwerkelte, blickte ich mich müde um.
Vielleicht war es auch einfach die Paranoia, die mich dazu antrieb. Wenn man ständig gefilmt und angeschrien und geheult wurde, achtete man irgendwann auf seine Umgebung.
Im hinteren Teil des Café's saß ein junges Mädchen, etwa in meinem Alter, vielleicht noch ein bisschen jünger. Sie hatte sich tief über die Unmengen an Büchern gebeugt, die vor ihr auf dem winzigen Tisch lagen.
Ihre braunen Haare fielen ihr immer und immer wieder ins Gesicht und jedesmal strich sie sie mit einem leisen Seufzen zurück hinter ihr Ohr. Sie klang müde und genervt. Gern hätte ich sie gefragt, wieso sie um diese Uhrzeit hier saß und so offensichtlich am liebsten woanders wäre.
»Verdammte Axt!«
Ich schreckte aus meinen Beobachtungen hoch und blickte zu dem Mädchen hinter der Theke, dass soeben lauthals angefangen hatte zu fluchen. Ihre Stirn zierten tiefe Furchen. »Wieso funktioniert das denn nicht? Ich steh das nicht durch, wenn die ganze Zeit diese Oma-Musik läuft.«
Ich grinste. Pure Verzweiflung zeichnete sich auf ihrem Gesicht ab. Aber ich verstand sie. Das Gedudele aus den Lautsprechern hörte sich ziemlich grässlich an. Die Stimmen der Männer und Frauen klangen, als ob sie bereits seit hundert Jahren vor sich hin meditierten.
»Hast du keine Box und kannst von deinem Handy aus, Musik abspielen?«, fragte ich sie und sofort erhellte sich ihr Gesicht. »Du hast Recht! Danke, äh...?«
»Harry.«, sagte ich und hätte mich am liebsten sofort dafür geohrfeigt, als ich die Erkenntnis in ihren Augen sah.
»Cool, Harry Styles in meinem Café. Ich bin Stella.«, grinste sie.
Ich wartete. Aber es kam nichts. Keine Tränen, keine Rufe, Schreie, keine Ohnmachtsanfälle. Bloß das Grinsen in ihrem Gesicht wurde immer größer.
»Ich hab dich mal live gesehen. In Amerika. Eigentlich war ich aber bloß da, um die Jungs von 5 Seconds of Summer anzuschmachten.«, erklärte sie, während sie sich von mir wegdrehte und ihr Handy an einen Lautsprecher anschloss. Vielleicht war es die Ruhe in ihrer Stimme, die mich dazu brachte, entspannt zu lachen.
»Wer ist dein Favourit?«, fragte ich sie. »Im Übrigen hätte ich gerne einen Kaffee, nur schwarz und eins von diesen Schokoteilen da.«, fügte ich hinzu und deutete auf das Muffinähnliche mit Schokoglasur. Vermutlich würde ich das am Ende der Woche bereuen, wenn ich mich wieder durch das Boxtraining quälte.
»Ashton, ganz klare Sache.«, meinte sie.
Ich nickte verständnisvoll. »Wieso genau Ashton?« Falsche Frage.
Stella wirbelte zu mir herum und bedachte mich mit einem Ausdruck in Augen, der deutlich machte, dass meine Frage absolut überflüssig war. »Ashton ist der Drummer.«, schnaubte sie entsetzt. Natürlich, wie konnte ich auch etwas anderes denken. Ashton war der Drummer. Wieder nickte ich verständnisvoll. Fangirls würden mir wohl immer ein Rätsel bleiben.
Während Stella die Kaffeemaschine bediente, drehte ich mich wieder zu dem unbekannten Mädchen um. Noch immer saß sie dort über ihre Bücher gebeugt, doch jetzt waren ihre Haare zu einem unordentlichen Zopf zusammen gebunden und ihr Kopf hatte sie auf ihrem Arm abgestützt. Ich öffnete den Mund um etwas zu ihr zu sagen, war ich doch schon immer jemand gewesen, der sich erst richtig wohlfühlen, wenn ich jeden Mensch im Raum begrüßt hatte.
»Das macht vier Pounds und neunundneunzig Pence.« Ich fuhr herum und sah in Stellas grinsendes Gesicht. »Isabelle könntest nicht mal du als Millionär kaufen. Dafür ist sie zu gut.«, flüsterte sie.
Verwirrt reichte ich ihr einen Geldschein und winkte ab, als sie mir das Restgeld geben wollte. »Für dich.«, murmelte ich und sah wieder zu Isabelle. Wie zum Teufel meinte Stella das? Ich hatte nicht vor gehabt, Isabelle zu bestechen. Ich hatte sie lediglich begrüßen wollen.
Bevor ich sie jedoch fragen könnte, schwang die Tür auf und das kleine Glöckchen klingelte. Ein riesiger dunkelgrauer Hund stürmte ins Café, dicht gefolgt von einem Wirbelwind aus braunen Haaren und Sommersprossen. Stella grinste. »Hey Miles! Heute Kaffee oder Tee?«
Der Wirbelwind kam neben mir zum Stehen und somit zur Ruhe. »Hi Stells. Ich glaub gar nichts, ich muss direkt wieder los. Wollte nur Sirius schnell hier abgeben.«, sprach die junge Frau schnell und ich hatte Mühe sie aufgrund ihres breiten Akzents zu verstehen. Ich tippte auf Liverpool.
Der Hund, Sirius, wie ich annahm, zerrte an der Leine und sie beugte sich zu ihm hinunter, um seine Leine abzumachen. Mich beachtete sie erst gar nicht. Kaum war der Hund frei, stürmte er auf Isabelle zu. Ich wollte reagieren, da hob Isabelle ihren Kopf und ich erstarrte. Sie sah schrecklich aus. Und wunderschön zugleich. Himmel, was zum Geier passierte hier?
Tiefe Augenringe zeichneten sich in ihrem natürlich hübschen Gesicht ab und auch wenn sie notdürftig mit Concealer bedeckt waren, war ich mir ziemlich sicher, das sie da waren. Zu oft hatte ich selbst nach durchzechten Nächten oder langen Konzerten am Morgen danach so ausgesehen und Louise war regelmäßig an uns fünf verzweifelt. Ich runzelte die Stirn. Die Augenringe waren riesig und ich war mir sicher, dass das nicht mehr gesund war.
Dann kam Sirius, den ich mittlerweile als Dogge eingestuft hatte, bei ihr an und sie wandte ihren Blick von mir ab und dem Hund zu. »Hallo Schatz!«, säuselte sie und in meiner Brust zuckte etwas. Sie nannte ihren Hund Schatz? Wenn dann sollte sie einen Mann so nennen. Wahlweise mich... und ich sollte aufhören, über soetwas überhaupt nachzudenken.
»Warst du mit Miles wieder die Gegend unsicher machen?«, fragte sie den Hund und klang dabei nicht halb so müde, wie sie aussah. Als Antwort schleckte ihr der Hund einmal über das ganze Gesicht. Isabelle lachte. Ich könnte schwören, die Zeit blieb stehen.
Ihr Lachen war wunderschön. Es klang wie eine dieser speziellen Melodien, die man hundert mal hören konnte und trotzdem nie herausfand, wie sie wirklich funktionierte. Und doch klang sie so, als könnte sie mich in jeder einzelnen Sekunde meines Lebens zum Lächeln bringen.
Ich wusste nicht genau, was ich für ein Geräusch ich von mir gab, ich tippte auf eine Mischung aus Keuchen und Seufzen. Innerhalb von Sekunden lagen sowohl die Blicke von Stella und Miles, als auch die von Sirius und Isabelle auf mir. Sirius legte den Kopf schief. Und Ich tat etwas, was ich schon ziemlich lange nicht mehr getan hatte. Ich errötete.
Ich wirbelte herum und griff nach dem Kaffeebecher und der Tüte mit dem Muffin. Dann eilte ich zur Tür hinaus.
❱ ❱ ❱ ❱
Als ich meinen Wagen vor dem Studio parkte, stand ich völlig unter Strom. Beinahe hätte ich den Kaffee vergessen mitzunehmen und ich musste einmal zurücklaufen um den Muffin zu holen. In meinem Kopf herrschte absolutes Chaos. Vor meinem inneren Auge sah ich die braunen Bambi-Augen von Isabelle und ich schluckte.
Was zur Hölle tat ich hier? Ich war Harry Styles verdammt! Ich war ein unerreichbarer, gut aussehender Rockstar (auch wenn ich in einer Boyband sang) und ich verschwendete keine Gedanken an irgendwelche Mädchen mit Bambi-Augen. Die Mädchen verschwendeten Gedanken an mich.
Aber Isabelle... Ich mochte Ihre Bambi-Augen. Sehr sogar! Und ich wollte verdammt nochmal wissen, wieso unter ihren Augen so tiefe Ringe waren. Ich wollte generell alles über sie wissen und... urgh. Es ging schon wieder los.
Genervt knurrte ich und stieß die Tür zum Studio auf. Meine Schritte hallten laut in den Gängen.
Ich sah Simon nicht sofort. Aber dann stand er vor mir und ich konnte ihn nicht mehr ignorieren. »Harold...«, fing er an. Oh shit, das würde kein gutes Ende nehmen.
Ein plötzlicher Geistesblitz ließ mich die Hand heben und ihn mitten in »Edward« stoppen. »Stift.«, stieß ich hervor. »Ich brauche Stift und Papier.« Ich drängte mich an Simon vorbei und stürzte mich auf die schwarze Ledercouch. Es war ein Wunder, dass ich meinen Kaffee nicht verschüttete, als ich nach dem Collegeblock und dem Kuli griff.
Die nächsten Stunden verbrachte ich in einem Art Rausch. Ich schrieb und schrieb und schrieb. Simon hatte nichts mehr gesagt, als er die ersten Zeilen gelesen hatte und sich stattdessen nur kurz entschuldigt um vor der Tür zu telefonieren. Zwanzig Minuten später war er wieder reingekommen und hatte sich stillschweigend neben mich gesetzt.
Als ich mich erschöpft zurücklehnte und meine schmerzenden Finger streckte, lag ein kleines Lächeln auf Simons sonst so ernstem Gesicht. »Wie heißt sie?«
Scheiße. »Wer?«
Simon seufzte. »Tun deine Hände weh, Harry?«
»Ja.«
»Bist du müde?«
»Ja.«
»Bist du zufrieden mit den Liedern?«
»Ja.«
»Wie heißt sie?«
»Isabelle.« Scheiße.
Entsetzt starrte ich Simon an, der laut lachte. »Ach Harry! Ich kenne dich jetzt sieben Jahre. Das musste ja mal passieren.«
Ich runzelte die Stirn. »Was passieren?«
Simon seufzte. »Du hast dich verliebt, Harry.«
Ich verdrehte die Augen. Ich war nicht verliebt. Ich war vielleicht Harry Styles, aber ich war nicht verliebt.
❱ ❱ ❱ ❱
In vierundzwanzig Stunden konnte sich viel ändern. Als ich am nächsten Morgen das "Morgenstar" betrat, hatte ich meine Einstellung geändert. Nein, ich war nicht in Isabelle verliebt. Da war ich mir sicher. Aber ich wollte sie kennenlernen. Ihre Stimme hören, von mir aus auch wie sie dieses Riesenviech von Hund Schatz nannte.
»Hi Harry!«
Stella grinste mich frech an. Fast wäre ich wieder rot geworden. Fast. »Ähm... hi Stella.«, erwiderte ich und lehnte mich an die Theke. Schnell blickte ich mich im Café um, doch weder Isabelle, Sirius oder der Wirbelwind waren zu sehen. Erleichtert atmete ich aus. Bis ich Stella's Blick auf mir spürte und mich wieder umdrehte. Sie grinste wissend und ich unterdrückte ein genervtes Stöhnen. Genauso hatte Simon gestern geschaut.
»Also Stella. Ich wollte dich fragen, ob du... ähm... also du kennst ja Isabelle und... ugh. Ich wollte dich fragen, ob ...«
Stella unterbrach mich mit einer Handbewegung. »Ob ich sie dir vorstellen kann und dich auf eine Party einschleuse, damit du dich bei ihr einschleimen kannst.«
Jetzt wurde ich wirklich rot. »Also ich brauche eigentlich keine Party. Hauptsache du stellst mir mein Mädchen vor.«
Wieder sah Stella aus, als ob sie kurz davor war, zu schreien vor Lachen.
»Klar, Harry! Ich stelle dir gerne dein Mädchen vor.«, grinste sie.
Idiotin.
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