Kapitel 30


Kapitel 30

Oben Ian

Tristan

Ich betrachtete Ian wie er angewidert das Gesicht verzog und von seinem eingeschlagenen Weg durch den weitläufigen Garten abwich. Als wäre er persönlich beleidigt wurden, schob er unwirsch einen tief hängenden Palmenwedel beiseite und steuerte in meine Richtung. Und wieder einmal war ich überwältigt wie unterschiedlich wir zwei Brüder waren. War Ian hell und leuchtend wie ein verheißungsvoller Sommertag. Blieb mir nur das Ebenbild einer tiefschwarzen Winternacht. Wo er so strahlend leuchtete das es fast schon in den Augen schmerzte. War der dunkle Schatten mein Antlitz.

Aber so unterschiedlich unsere Abstammung auch war, so ähnlich waren wir uns in vielen Dingen. Ian besaß ebenso wie ich das ungezügelte Temperament unseres Vaters. Manchmal zweifelte ich daran das er jemals ein gutherziger unschuldiger Engel gewesen war. Mit einem Bruder wie Michael an seiner Seite, wohl kaum.
Michael war an Grausamkeit kaum zu überbieten, aber auch mein Vater besaß diese dunkle bedrohliche Seite. Konnte das Gute je ohne das Böse existieren? Trugen wir nicht alle zwei Seiten in uns? Traf das auch auf meinen jungen unschuldigen Gefährten zu? War ich die Dunkelheit in seinem bereits zerrütteten Leben? Wäre ich der Sargnagel der den Untergang, den Hel begonnen hatte über ihn zu beschwören, vollendete?

War ich Damian jemals würdig gewesen? Oder würde ich seine unschuldige Seele in ewige Verdammnis stürzen?

„Warum das mürrische Gesicht? Hast du etwa auch Adrians nackten Hintern gesehen." angewidert schüttelte sich mein Bruder.

Abrupt aus meinen Gedanken gerissen, sah ich ihn verständnislos an. „Wovon sprichst du?"

„Die Zwei da hinten." er deutete anklagend hinter eine Ansammlung von Palmen die einen abgeschiedenen Pavillon verbargen. „Ich schwöre wenn ich noch einmal Adrians nackten Arsch sehe, während er in den kleinen Vampir pflügt. Stech ich mir persönlich die Augen aus."  echauffierte er sich lautstark.

„Die Beiden sitzen hier genauso fest wie du und sie sind nun mal Gefährten." ich zuckte hilflos mit den Schultern.

„Trotzdem müssen sie nicht jedem ihr ausschweifendes Sexleben unter die Nase reiben." redete sich Ian in Rage. Seine Augen glühten ebenso erbarmungslos wenn er sich in ein Thema verbiss wie Luzifer.

„Neidisch das du nicht gevögelt wirst?" fragte ich herausfordernd um ihn noch weiter zu provozieren.

„Ich habe nicht den Wunsch von einem stinkenden Dämon dominiert zu werden." blaffte er mich arrogant an und schob sich einige platinblonde Strähnen aus der Stirn.

„Ich wette du hast nicht viel Action da oben bekommen." Ich deutete halbherzig in den bewölkten Himmel über uns.

„Nicht bei diesem bigotten Haufen Langweilern, sie sind so ernst und rechtschaffend. Der einzige der Spaß versteht ist Gabriels Sohn. Es war sein Job ein Auge auf mich zu haben. Ich habe ihn anfangs so gehasst, aber mit der Zeit haben wir uns angefreundet. Er hat dieses eigenartige Talent das ihn jeder mag." nachdenklich blickte Ian zu Boden.

„Fehlt er dir?" fragte ich vorsichtig.

„Manchmal, er ist der einzige den ich je als Freund definiert habe. Verdammt Tristan ich war so lange weg. Ich weiß einfach nicht mehr wie es ist hier unten zu leben. Ihr seit mir alle so fremd geworden." ich war vor den Kopf gestoßen von seiner Ehrlichkeit.

„Willst du etwa zurück?" fragte ich schockiert.

„Nein, bei Luzifer. Ich werde mich nie wieder unter Michaels Fuchtel begeben." brauste er auf.

„Wer will Michael treffen?" kam die amüsierte Stimme unseres Vaters näher. Ertappt blickte Ian zu Boden und war seltsam interessiert an der akkuraten Verlegung der Gehwegplatten unter seinen Füßen.

„Ich definitiv nicht." murmelte er kleinlaut. Unser Vater legte ihm liebevoll einen Arm um die Schultern. „Keine Sorge ich werde dieses Monster nicht mehr in deine Nähe lassen." Ian hob den Kopf und spähte unter seinen Platinblonden Strähnen zu ihm auf, dann schenkte er unserem Vater ein kleines halbherziges Lächeln. Was zu eine Grimasse entglitt, weil er dies viel zu selten tat.

„Aber wegen Michael komme ich zu euch." begann Luzifer vorsichtig. „Mein Lieblingsbruder hat ein Meeting einberufen, da ihm Hel's Bemühungen an unseren Grenzen der Unseren Hölle zu forsch werden. Tristan du wirst mich mit Vlad begleiten." bei seinen Worten verspannte ich mich augenblicklich. „Jax übernimmt hier das Kommando. Und du wirst dich ihm unterordnen und seinen Befehlen folge leisten." er deutete auf seinen jüngsten Sohn.

„So wie Adrian?" schnaubte er belustigt. „Er ist seinem lieben Bruder fast an die Kehle gesprungen, da dieser die Dreistigkeit besaß mehr als zehn Sekunden mit dem kleinen Blutsauger zu sprechen." Ian hob provokant eine fein geschwungene Braue.

Luzifer unterzog seinen Jüngsten einem prüfenden Blick, der ihn förmlich schrumpfen ließ. „Du wirst kein Öl in die komplizierte Beziehung der Brüder gießen. Du weißt wie schmerzhaft ein solcher Zwist ausgehen kann Ian." mahnte ihn der Herr der Hölle mit sanfter Stimme. Trotzdem zuckte der angesprochene schmerzhaft zusammen, als hätte er eine Ohrfeige kassiert.

„Tristan beeil dich leg die Uniform meiner Wachen an und dann komm in mein Büro." ohne ein weiteres Wort translozierte er sich davon und ließ meinen jüngeren Bruder wie einen kleinen Schuljungen stehen. Mitfühlend legte ich ihm meine Pranke auf die schmale Schulter, doch er entzog sich mir angewidert und suchte schnellstmöglich das Weite.

*

Ein steriler Bürokomplex in Denver beherbergte das illustre Meeting der himmlischen und höllischen Delegation. Augenblicklich spürte ich die überbordende Präsenz des Erzengels. Sie war der von Damian so ähnlich das es schmerzte. Unbehaglich rieb ich mir über die Brust, der lederne Harnisch fühlte sich plötzlich viel zu eng an. Vlad warf mir einen alarmierten Blick zu, doch ich schüttelte nur mit dem Kopf. Er sollte mir keine Aufmerksamkeit schenken, sonst flog meine Tarnung als simpler Söldner auf.

Der Erzengel ließ uns bereits seit einer Dreiviertel Stunde warten. Mein Vater nahm es gelassen und scherzte entspannt mit Vlad, doch plötzlich änderte sich die Temperatur in dem schmucklosen Konferenzraum und sank um einige Grad.
Mein Griff ging automatisch zu meiner Hüfte, nur dort befand sich nicht mein gewohntes Schwert. Das wurde mir aus Sicherheitsgründen am Eingang abgenommen, aber zur Not konnte ich auch mit bloßen Händen kämpfen.

Michael betrat mit seiner zehnköpfigen Entourage das hell erleuchtete Zimmer und übertönte mit gewaltiger Stimme das Rauschen der Klimaanlage.
So nah war ich Michael noch nie gekommen, wo mein Vater immer entspannt und zugänglich wirkte. Trug Michael seine aristokratische Nase so weit oben, als wären wir nur der widerwärtige Schmutz unter seinen Sohlen und seiner Anwesenheit nicht würdig. Mein Vater schlug wenig beeindruckt die langen Beine über einander und lehnte sich selbstsicher zurück.

„Sei gegrüßt Bruder." ergriff Luzifer liebenswürdig das Wort. Der Erzengel verzog schmerzhaft das Gesicht, bei solch einer vertraulichen Anrede.
Nur dieses Mal kam er als Bittsteller und mein Vater ließ es ihn spüren.

„Nun gut, lass uns diese Angelegenheit so kurz wie möglich halten." Michael blieb stehen und stützte sich mit den Händen herausfordernd auf die dunkle Tischplatte.

„Hel's Truppen branden seit über einer Woche gegen die nördliche Grenze der Hölle. Seit wir ihre Truppen in Rumänien aufgerieben haben, versucht sie es unablässig in der Unterwelt. Was gedenkst du dagegen zutun als Anführer der himmlischen Heerscharen?" fragte Luzifer umgehend, auch er wollte nicht länger als notwendig in der Präsenz des Anderen verbringen.

„Die Hölle ist dein Aufgabengebiet. Was schert es mich das du einige deiner Dämonensöldner verlierst." Sein angeekelter Blick glitt über uns.

„Michael du willst keine Unruhe in der Hölle, sonst kann ich nicht mehr für die angemessene Unterbringung ihrer Insassen garantieren." mein Vater zuckte hilflos mit den Schultern.

„Was willst du?" knurrte der Seraphim angriffslustig. Ich sah wie Gabriel bei seiner schroffen Antwort zusammen zuckte. Sein ewig treuer Schatten der versuchte Michael zu zähmen.

„Ich brauche mehr Gewalt über unsere Grenzen du musst mir mehr Truppen zugestehen." schlug Luzifer forsch vor.

„Damit du einen erneuten Aufstand anzetteln kannst?" brauste der Erzengel auf und schlug mit der flachen Hand auf den Tisch.

Mein Vater zuckte nicht einmal mit der Wimper. „Michael es ist dein Sohn den sie zurück will."

„Wag es nicht über ihn zu sprechen." und damit war der Frieden zu Ende. Er brüllte das die Fensterscheiben in ihren Rahmen klapperten. Ich trat näher an meinen Vater heran, doch der winkte nur ab. Und so trat ich unwillig zurück.

„Michael ein Vorschlag zur Güte. Wir sprechen unter vier Augen über dieses delikate Thema." Michael beäugte meinen Vater skeptisch bis er herrisch mit dem Kinn zuckte. Und seine Begleiter pflichtbewusst den Raum verließen. Luzifer winkte nur lässig mit der Hand, Vlad packte mich unzeremoniell an der Schulter und schob mich nach draußen.

Gabriel musterte mich aufmerksam als ich mich mit einem abfälligen Brummen direkt neben die geschlossene Tür lehnte. Dann gab er sich einen Ruck und trat auf mich zu. „Krieger auf ein Wort." er zog mich bestimmt den Gang hinab, um die nächste Ecke.

„Es geht ihm nicht gut. Michael zermürbt ihn mit seinen unablässigen Tiraden. Er respektiert nicht das Damians Trauma so schwer ist, das es ihm nicht möglich ist das erlebte hinter sich zu lassen." Begann er, ich war entsetzt von den direkten Worten des goldgelockten Engels. Warum sprach er nicht mit meinem Vater darüber?

„Ich wüsste nicht was mich eure Belange angehen?" antwortete ich kalt. Auch wenn es meiner Seele schmerzte meinem Gefährten nicht helfen zu können. Ich konnte jetzt nicht meine Tarnung aufgeben. Das war für uns Beide zu gefährlich.

„Ich weiß er steht dir nahe. Immer wenn er dieses Schmuckstück betrachtet, hat er diesen wehmütigen Ausdruck." er deutete auf mein Handgelenk. Ich zog den Ärmel tiefer um den Armreif zu verbergen.
Stoisch blickte ich dem Engel in die Lavendelfarbenen Augen. Was hatte er vor?

„Was ist wenn ich dir sage das er hier ist?" Ruckartig hob ich den Kopf, das war zu verlockend. Mein Gefährte hier? Die Anzahl der Engel machte es mir unmöglich seine genaue Präsenz zu lokalisieren.
Ich schüttelte den Kopf, das konnte genauso gut eine Falle sein um mich von meinem Vater zu trennen

„Du lügst." antwortete ich emotionslos und bleckte die Zähne.

„Ich weiß du hast keinerlei Grund mir zu vertrauen Tristan." so viel zu meiner Tarnung. „Aber ich mache das für Damian, er wird verkümmern wenn er keine Hoffnung schöpft." appellierte der Engel an mein Gewissen. Wusste Gabriel das Damian mein Gefährte war. Waren wir so offensichtlich?

Ich schloss die Augen und massierte mir die Nasenwurzel. Vorsichtig ließ ich meinen Dämon an die Oberfläche. Ich hörte wie Gabriel hastig einige Schritte zurück trat, als meine Muskeln anschwollen und meine Klauen länger wurden. Ein schwacher Hauch von Damians zarten Apfelduft erreichte mich und zwang mich fast in die Knie. „Wo ist er?" knurrte ich drängend.

So bringen wir mal etwas Schwung in die Story. Ist es wirklich so einfach und Damian ist in Denver?

Warum ist Ian so mürrisch und ablehnend gegenüber Adrian und Julian?

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