Kapitel 15

Kapitel 15

Satyricon „Black Crown on a Tombstone"

Tristan

„Ich denke er schläft." flüsterte ich leise in das große Wohnzimmer, wo Jax und Adrian mit Julian auf dem Schoß saßen. Behutsam schloss ich die Tür des Gästezimmers. Lynn kam aus dem hinteren Teil des Hauses und hatte ein riesiges Handtuch auf ihrem Kopf aufgetürmt.

„Ist Dom schon zurück?" fragte sie geschäftig wobei sie die Küche nach einer Flasche Wein durchsuchte.

„Bis jetzt noch nicht." brummte Jax erschöpft und rieb sich die Augen. Die Walküre setzte sich in den großen grauen Lehnsessel ihm gegenüber, ein Rotweinglas bis zum Rand gefüllt zwischen den schlanken Fingern. Wobei ihr wohlgeformter Busen bei jeder Bewegung wippte. Jax Augen verweilten eine Weile an dem dünnen Stoff des rosa Tanktops, völlig gebannt von ihren weiblichen Rundungen. Warum die Beiden keine Gefährten waren, konnte ich mir beim besten Willen nicht erklären. Sie verbrachten jede freie Minute miteinander. Lynn gehörte mittlerweile zu unserer kleinen familiären Truppe. Ich konnte es mir gar nicht mehr anders vorstellen.

„Wie war eure Befragung? Hat er seine Antworten bekommen?" fragte Julian zaghaft und blickte mich unsicher an.

„Sie haben ihn verraten. Hel hat wohl dem einen die Macht eines Halbgottes angeboten. Bloß seltsam das er die nach über einem Jahr nicht bekam, wahrscheinlich nur eine Finte von ihr. Tja Niemand erwartet von Loki's Tochter hinters Licht geführt zu werden." Ich lachte humorlos. „Und der Kerl der noch in Fraser's Castle sitzt, hat es aus Liebe getan. Für den anderen, dem ich das Genick gebrochen habe. Ich hab's immer gesagt Engel sind hinterhältig und manipulativ" erwiderte ich missbilligend.

„Damian ist nichts davon." gab Adrian vielsagend zurück und hob angriffslustig eine Braue.

„Das habe ich auch nicht gesagt. Aber Ausnahmen bestätigen die Regel." gab ich aus Reflex zurück. All die Jahrhunderte des Krieges und des Hasses waren nicht spurlos an mir vorbei gegangen. Der Hass war mein Antrieb und nährte das Feuer in mir. Ich hatte nicht den verängstigten Blick meines jüngeren sturen Bruders vergessen, als ihn die Krieger hinter die feindlichen Linien zerrten. Es verging kein Tag an dem ich nicht an ihn dachte. Wurde er gefoltert? Wo hielten sie ihn gefangen? War es Michael selber der über ihn richtete. Und dann fiel mir der Sohn des berühmten Erzengels in den Schoß.

Zu Anfang dachte ich noch an Auge um Auge. Doch Damians wahre Unschuld raubte mir den Atem und langsam aber sicher den Verstand. Ich ging davon aus das er nur mit mir spielte, um mich zu manipulieren. Aber er war nur ein einsamer Welpe, verraten von seinen Landsleuten. Verkauft an eine niederträchtige Göttin die ihm unaussprechliche Dinge angetan hatte. So schwer traumatisierte das er wahrscheinlich meine überbordende Nähe kaum ertrug.

Doch ich konnte diese wahnsinnige Anziehung nicht unterdrücken. Sein Duft, der überall in meiner Wohnung war und mich um den Verstand brachte. Das Gefühl seiner weichen Lippen auf meinem Mund so unbekannt und doch so vertraut als wären wir seit einer Ewigkeit ein Ganzes. Und immer öfter geisterte das Wort Gefährte durch meine Gedanken. Ich brauchte nur Adrian und Julian anblicken und dort sah ich die selbe Sehnsucht.
Aber von Anfang an waren wir zum scheitern verurteilt. Wir würden nie ein Ganzes sein. Davon abgesehen das dies sicherlich nicht Damians Wunsch sein konnte. Der Junge musste zurück in das Himmelreich auf der Erde würde er in seinem sterblichen Zustand nicht überleben. Hel's Schergen machten bereits wieder auf ihn Jagd.

Und wie aufs Stichwort erschien Dom von seinem Auftrag zurück. „Wir haben ihn gefangen genommen." der glatzköpfige Krieger grinste Boshaft und wischte sich einige Blutstropfen aus dem Gesicht. Julian zuckte angeekelt zurück und grub seine Nägel in Adrians Bizeps.

„Dieser arrogante Bastard ist mit vier Spähern ausgezogen. Wir haben ihn knapp 50 Meilen vor Fraser Castle erwischt." erläuterte Dom während er sich in dem hellen Steinspülbecken der offenen Küche das Blut abwusch.

„Gut zu wissen das sie ihn in Europa vermutet und nicht hier in New Orleans. Da sind wir ihr endlich einen Schritt voraus." murmelte ich erfreut und fuhr mir rastlos durch meinen Dreitagebart.

„Was machen wir mit ihm?" fragte Adrian und beugte sich interessiert nach vorn, Julian glitt neben ihn und sein neugieriger Blick huschte zwischen uns hin und her.

„Rache nehmen." erwiderte ich kalt und lehnte mich triumphierend zurück. Adrian hatte mir gegenüber nur wage Andeutungen gemacht, was Hel's Hauptmann mit Damian angestellt hatte. Ich wollte keine Details, mir reichte schon der Gedanke das der Junge von einem anderen Wesen gegen seinen Willen berührt wurde. Ganz zu schweigen von den Narben an seinem Hals und Rücken. Diese widerwärtige Kreatur hatte sich von diesem unschuldigen Engel genährt. Seinen Lebenssaft getrunken, seine Knochen gebrochen und noch wesentlich verachtenswerte Taten begangen. Mordlust kochte brodelnd heiß in mir hoch und ich spürte wie sich meine Muskeln anspannten und meine Klauen länger wurden.

Und dieses Mal wären keine magischen Fesseln da, um unsere Dämonenkräfte zu binden. Endlich würde ich der Kreatur gegenüber stehen die für Damians Alpträume verantwortlich war.
Sollte ich dem Jungen sagen, wen Dom gefangen genommen hatte? Das Gespräch mit John war sehr zermürbend gewesen.
Aber seinem ehemaligen Peiniger gegenüber zu treten, würde Damians fragilem Verstand den Rest geben. Ich wollte nicht das er die ganze Folter noch einmal durchlebte. Bei Luzifer er war achtzehn er sollte nichts davon je erlebt haben, weder den unglaublichen Verrat noch die zerstörerische Folter. Die so viel Schaden an seiner jungen Seele anrichtete.

„Wie wollen wir vorgehen?" fragte Dom und riss mich aus meinen düsteren Gedanken.

„Es muss definitiv einer von uns hier bleiben, wenn Hel bereits nach ihm suchen lässt. Er darf nicht wieder in ihren Klauen geraten." knurrte ich, die Wut übermächtig in mir.

„Ich bleibe hier und habe ein Auge auf das Haus." bot Adrian an und blickte dabei zu seinem Gefährten. Julian schenkte ihm ein sanftes Lächeln und nahm seine riesige Pranke zwischen seine feingliedrigen Hände.

„Was haltet ihr von der Idee, wenn Dom noch als zusätzlicher Schutz hier bleibt und ich euch Beide begleite?" schlug Lynn vor und lies ihre nasse blonde Mähne frei, um die Haare an der Luft zu trocknen. Ich schaute sie nachdenklich an, vielleicht war das keine schlechte Idee. Da sie die nordische Götterwelt ihr zu Hause nannte. Konnte sie Hel's Späher noch die ein oder andere Information entlocken.

Wir beratschlagten noch eine Weile wie wir vorgehen wollten. Und was wir uns von diesem Verhör erhofften. Dann trennten sich unsere Wege und wir zogen uns in die Gästezimmer zurück. Ich schlüpfte leise in den gemütlichen Raum der an das Wohnzimmer angrenzte. Vorsichtig blickte ich zwischen den Vorhängen hindurch in den Garten. Schwach sah ich das aufleuchten von Magie an der Grundstücksgrenze. Niemand würde dieses Bollwerk überwinden können. Die Magischen Barrieren der Hexen erzeugten die Illusion eines leeren Ödlandes, das nicht zum verweilen einlud.

Beruhigt schloss ich die Vorhänge und blickte nachdenklich auf Damian hinab. Völlig erschöpft schlief er zwischen den seidigen dunkelblauen Decken. Seine Brauen zogen sich schmerzhaft zusammen. Und er begann sich stöhnend zuwinden. Hastig beugte ich mich über ihn und schüttelte zaghaft an seiner Schulter. Er wachte nicht auf. Ich kniete mich alarmiert über ihn und packte beide Schultern.

„Damian wach auf." rief ich drängend. „Komm schon es ist nur ein Traum keine Realitäte."

Damian

Nicht schon wieder. Eiskalte Panik ergriff mich. Ich sträubte mich mit Händen und Füßen, doch mein kaum geheilter Knöchel ließ mich im Stich. Schmerzhaft keuchte ich auf und musste mich meinem Schicksal ergeben. Die Hoffnungslosigkeit schlug über mir zusammen wie die Brandung eines Tropensturms. Was würde er mir heute antun?

Ein diabolisches Grinsen überzog Kriznaks grausame Lippen bei meinem kläglichen Anblick. Abschätzig glitten seine gierigen schwarzen Augen über meinen zitternden Körper hin weg. Mit einem nachlässigen Handwedeln scheuchte er die Wachen aus der tristen Höhle.

„Ich habe dich vermisst kleiner Engel. Es tut mir leid das ich dir nicht so viel Aufmerksamkeit schenken konnte wie du es verdienst." sprach er salbungsvoll wie ein Priester bei der Sonntagsandacht. Meine Nackenhaare sträubten sich bei seinen scheinheiligen Worten.

Er kam auf mich zu und packte mich grob am Kinn. Angewidert entzog ich mich der schmerzhaften Berührung. Mehr Spielraum blieb mir nicht da sowohl meine Hände als auch meine Knöchel gefesselt waren mit schweren Eisenschellen.

„Oh heute spielst du den Widerspenstigen." er grinste boshaft und leckte sich über seine spitz zu gefeilten Zähnen. „Ich liebe es wenn du dich sträubst schöner Junge." Besitzergreifend fuhr er mit seiner runzligen Zunge von meinem Schlüsselbein bis zu meinem Ohr. Ein eiskalter Schauer lief mir über den Rücken als sein ekelerregende Speichel von meiner Haut tropfte.

„Hast du mich vermisst." keuchte er berauscht in mein Ohr und ich spürte etwas hartes an meinem Oberschenkel. Eine böse Vorahnung beschlich mich. Heute würde er mich endgültig brechen.

„Wenn du mir etwas entgegen kommst, werde ich sanft zu dir sein kleiner Engel. Doch wenn du dich sträubst, muss ich dich leider bestrafen. Und du weißt wie schmerzhaft dein gebrochener Knöchel war." kalter Schweiß brach mir am ganzen Körper aus. Kriznak spürte meine Angst und weidete sich daran.

„Allerdings sind deine Schreie ein Aphrodisiakum für mich." dann bohrten sich seine scharfen Reißzähne in meinen Hals und ich konnte den Schmerzensschrei nicht unterdrücken. Mein Fleisch wurde zerfetzt und Blut floss mir über Schlüsselbein und Brust.

„Genauso mein Schöner. Schrei bis deine Stimme versagt." keuchte er gierig an meiner Haut. Dann packte er mich im Nacken und bugsierte mich zu dem großen Findling. Er zwang mich bäuchlings auf den rauen Stein. Ich sträubte mich nach Leibeskräften, doch er war so viel stärker. Hel's Gefolgsmann presste mich mit seinem ganzen Körpergewicht auf den unnachgiebigen Untergrund, was mir fast gänzlich die Luft aus den Lungen trieb. Er zwang meine gebundenen Hände über meinen Kopf und verankerte sie in einen tief in den Stein getriebenen Haken.

Völlig ausgeliefert schlug mir mein Herz bis zum Hals. Nein das durfte nicht passieren. Er würde mich schänden. Er würde das letzte bisschen Unschuld von meiner Seele tilgen. So beschmutzt wäre mir die Rückkehr ins Himmelreich auf ewig verwehrt. Das zerreißen des dürftigen Stückstoffs das man mir als Hose  gegeben hatte, holte mich aus meinen panischen Gedanken.

„Nein!" schrie ich um ihm zum Einhalten zu bewegen. Aber seine gierigen Finger krochen unbeirrt über meine bloße Haut und ich wollte nur noch schreien. Jemand musste mir helfen mich retten. Aus diesem Elend befreien. Irgendjemand musste doch meine Gebete erhören. Das konnte einfach nicht passieren.
Kriznak machte sich an seiner Hose zu schaffen und ich hörte wie das schwere Kleidungsstück zu Boden sackte. Dann drückte er mit seinem schweren Stiefel meine Beine auseinander bis die Kette zwischen meinen Knöcheln spannte. Natürlich stieß er mit Absicht gegen den kaum verheilten Knöchel und ich versuchte krampfhaft einen Schmerzensschrei zu unterdrücken. Dabei biss ich mir die Unterlippe blutig.

„Damian wach auf."  wo kam diese Stimme her. In diesem furchtbaren stinkenden Loch befand sich nur mein Folterknecht und mein gebrochenes ich.

„Komm schon es ist nur ein Traum keine Realität." Tristans Stimme rief mich aus weiter Ferne. Kriznak packte mich an der Schulter und schüttelte mich.

Mit einem Schreck fuhr ich aus dem Alptraum. Kerzengrade saß ich in einem fremden Bett und versuchte die dringend benötigte Luft in meine Lungen zu bekommen. Verängstigt blickte ich meinen Gegenüber an der mich fest an den Schultern gepackt hielt. Langsam erkannte ich Tristans besorgte Gesichtszüge und Erleichterung überflutete mich.

„Oh Gott sei Dank, du bist es." Ich fiel dem großen Dämon um den Hals und presste ihn fest an mich. Seine starken Arme hielten mich fest, bis sich mein ängstliches Herz beruhigte. Ich inhalierte seinen unverwechselbaren männlichen Duft, der sich wie Balsam auf meine geschundene Seele legte.

„Willst du über den Alptraum reden?" flüsterte er leise, wobei seine heißen Lippen die Spitze meines Ohres streiften. Ich schüttelte nur stumm den Kopf und vergrub meine Fingernägel noch tiefer in seinen breiten Schultern. Nie würde ich ihm von meinen Alpträumen erzählen. Ich wollte keine Bilder in seinen Kopf setzten, die ihn vor lauter Ekel für immer vergraulen würden. Es war falsch ihn zu belügen und in dem Glauben zu lassen ich wäre Rein. Doch ich konnte es nicht über mich bringen ihm die abscheulichen Dinge zu gestehen. So wollte ich ihn nicht verlieren.

Was denkt ihr über Kapitel 15? Was sagt ihr zu Damians Alptraum oder besser gesagt zu seiner schmerzhaften Erinnerung? Was wird passieren wenn Tristan die Tragweite von Damians Folter begreift?

Und was wird bei Kriznaks Verhör raus kommen?

Sternchen nicht vergessen, der Lohn des fleißigen Schreiberlings.

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