Kap.46 - „Doch nicht nur Geschwister"

„Was gibts?", versuchte ich so gelassen wie möglich zu sagen und setzte mich zu ihr.

„Es geht um deinen Dad. Er hat angerufen und hat sich nach dir erkundigt. Ich glaube er wünscht sich etwas mehr Aufmerksamkeit von dir. Wie wäre es, wenn du ihn nächsten Samstag einladen würdest? Er würde sich bestimmt darüber freuen", schlug sie vor.

Ich atmete erleichtert aus, weil es nicht um Tyler ging. Aber trotzdem war ich etwas verwirrt.

„Und das ist in Ordnung für dich?" Meine Eltern hassten sich zwar nicht, aber sie versuchten sich so gut es ging aus dem Weg zu gehen.

„Ja ist es. Ich glaube es wäre das Beste, denn du hast ihn jetzt auch schon eine längere Zeit nicht gesehen", versicherte sie mir.

„Wow danke Mum, das wäre wirklich schön."

„Gut und jetzt, wo das geklärt wäre, wünschst du dir eine Party oder eher eine kleine Feier zu deinem Geburtstag?", fragte sie und grinste mich an. Das konnte nichts Gutes bedeuten, denn bestimmt spekulierte sie bereits auf eine große Party.

„Mum." Ich verdrehte die Augen und musste lachen. „Bestimmt hast du schon eine große Party geplant und wartest nur noch auf meine Zustimmung."

„So in der Art", grinste sie. Was meine Vermutung bestätigte.

„Ok. Dann wünsche ich mir natürlich eine große Party."

„Sehr schön. Ach ich freue mich schon so auf deinen Geburtstag", schwärmte sie und ich wusste, dass sie mit ihrem Gedanken bereits voll und ganz bei der weiteren Planung war.

„Du hast bald Geburtstag?", hörte ich auf einmal Tyler fragen. Ich drehte mich um und sah direkt in seine perfekten Augen.

„Ja, am Samstag", kam mir meine Mum zuvor.
„Achso", meinte er und ging in die Küche, um sich sein Frühstück zu machen.

Ich selbst holte mir einen Kaffee und meine Mum widmete sich wieder ihrem Buch.

„Warum hast du mir nichts gesagt?", flüsterte mir Tyler zu, welcher auf einmal neben mir stand. Ich zuckte kurz zusammen.

„Ich kann ja schlecht sagen, ja ich möchte mit dir zusammen sein und ach übrigens ich habe am Samstag Geburtstag."

„Stimmt auch wieder. Ich hätte nur irgendwie mehr Zeit gehabt etwas Besonderes für dich zu besorgen", sagte er und ich konnte die Enttäuschung in seiner Stimme hören.

„Alles gut, Tyler. Das musst du doch nicht." Ich nahm mir meine Tasse und setzte mich an den Esstisch.

Dann sollte ich heute also noch Dad anrufen, damit er sich das einplanen konnte. Ich hatte eigentlich ein gutes Verhältnis zu ihm. Nur sahen wir uns nicht sonderlich häufig, weshalb wir uns auch nicht besonders nah standen.

Nachdem ich meine Tasse geleert hatte, machte ich mich fertig und setzte mich mit meinem Handy auf mein Bett.

Ich tippte auf seinen Namen und wartete.

„Baker?", meldete er sich nach kurzer Zeit eine Stimme am anderen Ende der Leitung.

„Hi Dad. Hier ist Jacky", begrüßte ich ihn freundlich.

„Hallo Liebes. Schön von dir zu hören. Wie geht es dir so?"

„Alles gut. Ich hab im Moment Ferien. Und wie läuft es bei dir?", fragte ich ihn.

„Auch alles gut soweit"

„Also du weißt ja, dass ich nächste Woche Geburtstag habe. Und ich würde dich gerne zu meiner Party einladen."

„Oh wie schön, das freut mich sehr. Natürlich komme ich." Ich konnte mir vorstellen, wie er gerade über beide Ohren grinste.

„Caroline und Joe sind natürlich auch herzlich eingeladen", fügte ich noch hinzu.

„Das ist aber lieb, dass du auch an die beiden denkst. Sie werden sich sehr freuen."

„Gut, dann freue ich mich."

„Wir uns auch. Bis Samstag", verabschiedete er sich.

„Bis Samstag Dad", sagte ich und legte auf.

So, dann wäre das auch erledigt. Ich schickte Dad noch schnell eine Nachricht mit unserer neuen Adresse, da ich noch nicht wusste, ob er diese bereits von Mum hatte und legte mein Handy weg.

Da Tyler und mein Plan, den Tag im Bett zu verbringen, ja leider nicht aufging, überlegte ich mir eine andere Aufgabe für diesem Tag. Nur was könnte ich machen? Auf meiner ToDo Liste stand noch immer, dass ich etwas schreiben wollte. Dem konnte ich mich doch heute widmen. Ich liebte es zu schreiben, denn dadurch konnte ich meine Gefühle am besten ausdrücken. Worte tatsächlich aussprechen, war noch nie meine Stärke gewesen.

Ich klappte meinen Laptop auf, öffnete eine neue Word-Datei und starrte auf ein weißes Blatt. Was wollte ich eigentlich schreiben. Ich überlegte, doch mir fiel einfach keine Idee ein. Normalerweise hatte ich 100 Ideen und konnte mich nie entscheiden. Doch heute konnte ich mich kaum konzentrieren, denn meine Gedanken drifteten immer wieder ab und landeten am Ende bei keinem anderen als bei Tyler. Oh man. Wir waren jetzt wirklich zusammen. Ich grinste in mich hinein und konnte es noch immer nicht glauben. Hätte mir vor einem halben Jahr jemand gesagt, dass ich jemals das Ganze mit Noah überwinden und mich neu verlieben würde, hätte ich wahrscheinlich gelacht und vor Trauer gleichzeitig geheult. Es fühlte sich einfach so wundervoll an. Vielleicht sollte ich über Tyler schreiben, wenn sich meine Gedanken sowieso die Ganze Zeit nur um ihn drehten?

Bevor ich noch weiter darüber nachdenken konnte, klopfte es an meiner Tür, welche kurz darauf geöffnet wurde.

„Was machst du?", hörte ich Tyler sagen.

„Ach nichts." Ich klappte meinen Laptop zu und drehte mich zu ihm um. „Was gibts?"

Er setzte sich aufs Bett und sah mich mit einem unsicheren Lächeln an. „Wir haben darüber noch nie geredet, aber ich hab es vorher zufällig mitbekommen. Dein Dad kommt zu deinem Geburtstag?"

„Ja", bestätigte ich und setzte mich neben ihn. War das ein Problem für ihn? Oder für Michael?

„Freust du dich darüber? Ich weiß nicht so recht, wie ich das sagen soll. Weil wenn nicht, dann wäre ich gerne für dich da." Er sah mich fragend an und legte bei seinen letzten Worten seine Hand auf meine.

„Es ist alles gut." Ich setzte mich ihm im Schneidersitz gegen über, sodass ich ihn direkt ansehen konnte. „Es ist so. Das Verhältnis zwischen meinem Dad und mir ist zwar nicht das Beste, weil wir uns aufgrund der Entfernung nicht sonderlich häufig sehen. Aber obwohl meine Eltern getrennt sind, konnte ich mich immer auf ihn verlassen, wenn ich ihn gebraucht habe. Er ist ein guter Mann, nur für Mum war es oft nicht einfach gewesen. Es schien alles perfekt zu sein, aber irgendwann hat es zwischen den beiden einfach nichtmehr funktioniert und das hat sie schwer getroffen. Doch seit sie Michael hat, ist sie endlich wieder glücklich und ich glaube deshalb ist es für sie in Ordnung, dass Dad zu meinem Geburtstag kommt."

„Wie lange hast du ihn nicht gesehen?", fragte Tyler.

„Das letzte Mal an Weihnachten. Also schon über ein halbes Jahr." Krass. Ich hätte nicht gedacht, dass es schon so lange her war, aber wir hatten mittlerweile ja schon August.

„Oh. Das ist aber lange", meinte Tyler und ich spürte, wie schwer ihm diese Worte fielen.

„Tyler." Ich machte eine kurze Pause, um ihm meine Hand an die Wange zu legen. Da ich immer noch im Schneidersitz vor ihm saß, konnte ich ihm so direkt in die Augen blicken. „Es geht hier nicht um meinen Dad, oder?" Bei diesen Worten zuckte er kurz zusammen und seine Augen verdunkelten sich.

„Ich glaube es ist Zeit über deine Gefühle zu reden."

Er sagte nichts, sah mich nur weiter an. Doch es war Zeit, dass er alles rausließ und der Schmerz sich nicht noch weiter in ihn fressen konnte.

„Es ist nicht so einfach", sagte er nach einer Weile leise. „Ich wusste nicht, wo sie war, was sie machte und ob es ihr gut ging. Dad konnte keine Trauer zeigen. Er musste von einem Tag auf den anderen neben der Arbeit für drei Kinder da sein und so tun, als wäre alles in Ordnung. Es war hart für ihn. Wir alle wünschten uns, dass sie einfach wieder vor der Tür stand und alles wieder wie früher war. Doch sie kam nie wieder. Wir hatten alle fast unsere komplette Kindheit ohne Mutter verbracht." Er machte eine kurze Pause und ich dachte für einen Moment eine Träne in seinen Augen zu sehen. Also wagte ich es nicht auch nur einen Mucks von mir zu geben. „Ich dachte sie wäre gegangen, weil wir nicht gut genug für sie waren. Aber warum? Ich konnte es mir nie erklären. Immer wenn Dad eine neue Freundin hatte, wusste ich, dass sie eh wieder gehen würde und gewöhnte mich schon gar nicht an sie. Genau dasselbe Gefühl hatte ich bei meinen eigenen Freundinnen. Immer diese Angst eh wieder verlassen zu werden. Warum also überhaupt eine Freundin haben? Und dann kamen deine Mum und du. Ich wusste sofort, dass ihr uns nicht sitzenlassen werdet, sondern dass ihr bleibt." Er beendete seinen Satz und ich spürte, wie mir die Tränen runterliefen. Sowohl vor Freude als auch vor Mitgefühl.

„Es tut mir so leid, Tyler. Ich weiß nicht genau, was ich sagen soll. Es muss schwer für euch gewesen sein. Ich wusste wenigstens wo mein Dad war und dass er mich immer mit offenem Armen empfangen würde."

„Ja", bestätigte er. „Und aus diesem Grund bin ich jetzt umso glücklicher, dass mein Dad jetzt deine Mum hat." Ich zog ihn in eine liebevolle Umarmung.

„Danke", flüsterte er mir zu. „Es hat gut getan mal darüber zu reden."

„Hab Ichs nicht gesagt?", fragte ich und sah ihn grinsend an.

„Ja hattest du. Aber jetzt bitte Themawechsel." Er lachte und schüttelte den Kopf, um wahrscheinlich die Gedanken an seine Mum von sich zu schütteln. „Was machen wir heute noch?"

„Keine Ahnung", meinte ich, während ich überlegte was man als Paar an einem Sonntag unternehmen könnte. „Wie wäre es mit einem Ausflug? Ein Spaziergang oder wir gehen in die Therme? Ich will auf jeden Fall doch nicht den ganzen Tag daheim verbringen."

„Ich auch nicht", stimmte mir Tyler zu. „Aber Therme hört sich doch gut an. Ich wollte eh schon lange in dieses neue Palmenparadies, welches Anfang des Jahres eröffnet hat."

„Ah stimmt. Das hab ich schon wieder ganz vergessen", sagte ich erfreut und grinste über beide Ohren. Ich war noch nie in einem Palmenparadies gewesen, weil bei uns leider keins in der Nähe war. Seit der Eröffnung wollten Ally und ich daher mal hingehen, aber hatten es irgendwie immer vergessen.

„Gut dann pack ich mal meine Tasche, damit wir demnächst losfahren können." Tyler gab mir noch schnell einen Kuss und machte sich auf den Weg in sein Zimmer.

Ich stand ebenfalls auf und sammelte alles zusammen, was man für einen Tag in der Therme brauchte.
Nachdem ich mir eine Jeans und ein T-Shirt übergezogen hatte, ging ich mit meiner Badetasche nach unten.

„Wo gehst du hin, mein Schatz?", fragte mich meine Mum, welche noch immer auf der Couch saß und ihr Buch laß.

„Tyler und mir war langweilig. Daher haben wir entschieden in die Therme zu fahren."

„Eine gute Idee. Habt viel Spaß", wünschte sie mir.

„Bist du fertig?", rief Tyler hinter mir.

„Klar", sagte ich und drehte mich zu ihm um. „Tschüss Mama", rief ich ihr zu und folgte Tyler zum Auto.

„Tschüss ihr beiden."

„Irgendwie hatte ich an einem Sonntag mit mehr Leuten gerechnet", stellte Tyler fest als wir kurze Zeit später in einer fast leeren Schwimmhalle standen.

„Ich auch, aber ich will mich ja nicht beschweren." Ich zuckte mit den Schultern und ging in Richtung Liegen.

„Hast auch wieder recht", stimmte er mir zu und folgte mir.

Die Therme war wirklich traumhaft, sodass ich garnicht wusste, wo ich zuerst hinschauen sollte. In der Mitte befand sich ein riesiges Schwimmbecken, welches von ein paar kleineren runden Becken und jeder Menge Palmen umrandet wurde. Am hintersten Teil des Beckens konnte ich sogar eine Art Lagune mit einem Wasserfall erkennen. Ein bisschen fühlte ich mich wie im Urlaub. Die einzige Ausnahme war, dass es hier nach Chlor und nicht nach Urlaub roch.

„Komm lass uns zuerst in einen Whirlpool gehen", schlug Tyler vor als wir unsere Taschen und Handtücher abgelegt hatten und steuerte auf eins der kleineren Becken zu.

Das Wasser war angenehm warm und ich musste mich wirklich zusammenreißen nicht einzuschlafen, so entspannend war es. Ich schloss meine Augen und genoss die Massage und das warme Wasser.

„Es ist schön mit dir hier zu sein", sagte Tyler nach einer Weile als die Massagedüsen für einen Moment Pause machten. Ich öffnete meine Augen und lächelte ihn an. „Das finde ich auch." Ich ergriff seine Hand unter Wasser und verschränkte meine Finger mit seinen, sodass sie niemand mehr trennen konnte.

Tyler schenkte mir ebenfalls ein Lächeln und drückte mir einen Kuss auf die Schläfe. Ich rutschte näher zu ihm und bettete meinen Kopf auf seine Schulter. Bitte lass diesen Moment niemals enden.

„Aww. Die zwei sind also doch nicht nur Geschwister", hörte ich auf einmal eine Stimme hinter uns.

Hallo ihr Lieben 🥰

Vielleicht ist es euch schon aufgefallen, aber die Geschichte hat ein neues Cover. ♥️♥️
Wie gefällt es auch?

Zudem habe ich mich dazu entschieden, die Geschichte in „Beam me up" umzubenennen.
Da die Geschichte bald beendet sein wird dachte ich, der Titel passt besser.
Wie findet ihr das?

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