Kap.35 - „Das ist doch nicht dein Ernst!"

Mein Herz blieb für eine Sekunde stehen als ich ihn auf seinem Bett sitzen sah, obwohl ich ja wusste, dass ich ihn sehen werde. Er schaute wesentlich überraschter. Was ja auch zu erwarten war, denn das ist ja eigentlich der Sinn einer Überraschung.

„Jacky?" Er schien wirklich sehr verwirrt.

„Hey Tyler", sagte ich und schloss die Tür hinter mir.

„Was machst du denn hier? Ich dachte du kommst erst in ein paar Wochen", meinte er und sah mich an als wäre ich eine Halluzination.

„Das dachte ich eigentlich auch, aber es hat sich so ergeben", erklärte ich ihm.

„Hat Noah dir was getan?", fragte er mit fester Stimme und seine Augen wechselten von überrascht zu einem bösen Funkeln.

„Nein nein es ist alles gut zwischen uns." Ich setzte mich zu ihm ans Bett und lächelte ihn an. „Aber wir haben uns getrennt." Ich machte eine kurze Pause. „Nicht weil er mir etwas getan hat, sondern weil wir entschieden haben, dass wir uns und sich die Liebe zwischen uns verändert hat."

Er sagte nichts.

„Willst du nichts dazu sagen?", fragte ich ihn nachdem ich ihm etwas Zeit gegeben hatte und er noch immer nicht reagiert hat.

„Doch schon, aber ich bin gerade etwas durcheinander. Ich hatte nicht damit gerechnet, dich heute hier zu sehen. Klar freue ich mich, aber ich muss das erst kurz verarbeiten", meinte er.

Ich lachte. Er war einfach so unfassbar süß. Am liebsten würde ich ihm um den Hals fallen und ihn küssen, doch das war wohl im Moment keine gute Idee. Zudem wusste ich ja selbst noch nicht, was ich wollte.

„Wie war es denn in Los Angeles?", fragte er nach einer Weile.

„Es war wirklich sehr schön. Los Angeles ist eine tolle Stadt", erzählte ich.

„Ah cool", meinte er und eine peinliche Stille entstand zwischen uns. Ich wusste nicht warum, aber irgendwie war er etwas wortkarger als sonst.

„Ich geh dann mal in mein Zimmer. Meinen Koffer sollte ich noch auspacken", sagte ich schnell und stand auf. Ich hielt die Stille einfach nichtmehr aus, wusste aber selbst nicht wirklich, was ich sagen sollte. In meinem Zimmer angekommen atmete ich erstmal tief ein und aus. Ich hasste solche komischen Situationen. Die ganze Zeit hatte ich mich auf ihn gefreut und jetzt war ich irgendwie enttäuscht von seiner Reaktion. Also würde immer noch etwas zwischen uns stehen.

Ich packte meinen Koffer aus und sprang anschließend unter die Dusche.

Jetzt war ich endlich wieder zu Hause. Klar war es traumhaft in LA, aber wie sagt man so schön: Zuhause ist es doch am schönsten.

Ich legte mich gerade in meinem Schlafanzug und einem Buch aufs Bett als meine Zimmertüre aufgerissen wurde.

„Jacky!", rief Max außer Atem und zog mich in eine feste Umarmung.

„Ich hatte ihnen nicht geglaubt, aber du bist ja tatsächlich wieder da. Wie schön." Er grinste wie ein kleines Kind.

„Alles ok bei dir?", fragte ich atemringend. „Hast du mich denn so sehr vermisst?" Ich konnte mir das Lachen nicht verkneifen.

„Um ehrlich zu sein ja. Ich hatte mich schon so an dich gewöhnt und fand es richtig komisch als du auf einmal nichtmehr da warst", meinte er verlegen.

„Oh bist du süß", sagte ich und umarmte ihn noch einmal. Es machte mich ein bisschen traurig, denn irgendwie war das die Reaktion, welche ich mir von Tyler gewünscht hatte.

„Aber das darfst du keinem erzählen ok?", ermahnte er mich.

„Klar. Aber falls du dich besser fühlst, ich habe dich auch vermisst", verriet ich ihm.

Wir plauderten noch eine Weile bis Mum uns zum Abendessen rief. Michael und Chris freuten sich ebenfalls mich zu sehen und wir genossen einen schönen Abend zusammen. Tyler verhielt sich auffällig ruhig und sprach kein Wort mit mir. Ich würde mal gerne wissen was mit ihm los war. Warum hat er mir den Brief geschrieben, wenn er jetzt so abweisend war? Auch gestern bei unserem Telefonat war ja eigentlich alles wie immer gewesen.

Ich ging relativ früh ins Bett. Die Zeitverschiebung und auch der Flug machten mir noch etwas zu schaffen, weshalb ich auch direkt einschlief.

Montag.

Als ich am nächsten Morgen aufwachte war es bereits 11 Uhr. Ich kuschelte mich nochmal in mein Bett und genoss die Stille. Ich hatte jetzt noch fast zwei Monate Ferien, bis die Uni wieder begann und ich hatte nicht wirklich eine Ahnung was ich in dieser Zeit alles machen sollte.

Als ich mich irgendwann aufraffte und nach unten ging, stand meine Mum bereits am Herd und Michael saß auf der Couch und las in einer Zeitschrift. Sie hatten beide Urlaub.

„Guten Morgen", begrüßte ich die beiden.

„Naja Morgen ist es nichtmehr wirklich", meinte meine Mum und lachte.

Ich ging zu ihr in die Küche, um nachzusehen was sie kochte.

„Hmm lecker", meinte ich als ich sah, dass es Spaghetti Bolognese gab.

„Ja ich dachte das koche ich mal wieder für dich", erklärte sie mir.

„Danke", sagte ich und freute mich.

„Was machst du jetzt eigentlich, bis die Uni wieder beginnt?", fragte sie mich.

„Keine Ahnung", meinte ich. „Darüber habe ich auch schon nachgedacht, aber mir fällt nichts ein. Ich möchte gerne irgendetwas sinnvolles machen."

„Hast du Lust etwas zu renovieren?", fragte mich Michael, welcher auf auf einmal neben mir stand.

„Wie meinst du das?" Ich wusste nicht genau, worauf er hinauswollte. Das Haus war doch wunderschön.

„Bevor du und deine Mum eingezogen seid, war dein Zimmer unser Gästezimmer. Ich würde gerne mal wieder meine Schwester einladen, aber da sie etwas weiter weg wohnt, benötigen wir wieder ein Gästezimmer. Es gibt noch ein Zimmer mit einem Badezimmer hier im Haus. Das würde sich also optimal als Gästezimmer eignen. Das Problem ist nur, dass wir diesen Raum noch nie genutzt haben, sondern immer nur als Abstellfläche. Man müsste also alles rausräumen und neugestalten. Hättest du darauf Lust?"

„Auf jeden Fall!", rief ich. Ich liebte es Räume umzugestalten.

„Wie schön. Dann haben wir beide was davon. Du etwas zu tun und ich ein neues Gästezimmer", freute er sich.

„Welches Zimmer ist es denn?", fragte ich. „Dann kann ich mir das nachher gleich mal anschauen."

„Es ist das letzte Zimmer bei euch im Flur", erklärte er mir.

Nachdem ich mich fertiggemacht und mit meiner Mum und Michael gegessen hatte, weil die Jungs mal wieder alle weg waren, machte ich mich auf den Weg zu dem Zimmer. Ich wunderte mich, warum ich nicht schon längst in alle Zimmer hier hineingeschaut hatte, normalerweise war ich ein sehr neugieriger Mensch.

Als ich die Türe öffnete, überkam mich erstmal ein Schock, denn der Raum war komplett mit irgendwelchem Zeug vollgestellt. So hatte ich mir das nicht wirklich vorgestellt. Ehrlich gesagt dachte ich, darin würden nur ein paar Kisten stehen.

Ich schloss die Türe wieder und machte mich auf die Suche nach Michael.

„Sag mal wo soll der ganze Kram denn hin?", fragte ich ihn als ich ihn schließlich im Garten gefunden hatte.

„Die Sachen, die wir noch aufheben wollen, kommen in den Keller und den Rest kannst du wegwerfen oder verkaufen", meinte er.

„Und woher weiß ich was ihr noch aufheben wollt?", fragte ich ihn etwas verwirrt.

„Hmm das ist eine gute Frage." Er überlegte kurz. „Weißt du was. Tyler hat ja auch nicht wirklich etwas zu tun. Ich werde ihn bitten dir zu helfen", meinte er und widmete sich wieder seinen Pflanzen.

„Ok", sagte ich und ging wieder. Auf der einen Seite freute ich mich natürlich Zeit mit Tyler zu verbringen, aber er redet ja kaum mit mir. Warum auch immer. Und da sag nochmal einer, Frauen seien schwierig.

Da ich ohne Tyler nicht anfangen konnte, entschied ich mich dazu heute erstmal noch etwas anderes zu machen. Ich räumte mein Zimmer und mein Ankleidezimmer auf und las für den Rest des Tages in meinem Buch weiter.

Immer wieder schweiften meine Gedanken zu Tyler. Ich vermisste ihn schon sehr.

Ich wollte gerade die Treppe nach unten gehen, um mir etwas zu trinken zu holen, als ich laute Stimmen von unten hörte.

„Das ist doch nicht dein Ernst!". Tyler.

„Doch. Ich weiß genau, dass du den ganzen Tag nur rumhängst. Du wirst ihr helfen", hörte ich Michael sagen.

„Dann lass es mich wenigstens alleine machen, aber nicht zusammen mit dieser Tuss." Mein Herz durchfuhr einen Stich. Wie nannte er mich?!

„Sie ist deine Schwester und ..." Mehr bekam ich nichtmehr mit, denn ich rannte in mein Zimmer. Was war nur auf einmal los? Seit wann nerve ich ihn denn? Ich wurde so wütend. Wegen ihm hatte ich mir den ganzen Stress gemacht. Er war doch derjenige, der mir diesen Brief geschrieben hatte. Was dachte er eigentlich wer er ist? Ich werde seine Hilfe auch ganz sicher nicht brauchen. Dann entscheide ich einfach selbst, was weggeworfen wird und was nicht.

Wer von euch hat mir so einer Situation gerechnet 🙈
Was glaubt ihr was im weiteren Verlauf der Geschichte noch alles passiert?

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