8 Liebe nervt!


Stiles blickte Derek hinterher, bis dieser nur noch ein winziger verschwommener Fleck am Ende der Hauptstraße war.

Er fühlte sich kalt, klamm und starr.

Er hatte keine Ahnung, was er jetzt tun sollte.

Drei Optionen:

Derek hinterherlaufen und ihn anflehen, ihm zu verzeihen und ihm heilige Schwüre ablegen, dass er seinem Leben eine bessere Wendung geben würde?

Träum' weiter, Arschloch!

Zu Peter ins Kiras' zurückkehren, ihm die Sache mit seinem Neffen erklären, das Beste hoffen, sich die Strafe dafür abholen, weil er die verbotene Frucht gekostet hatte und sich später vielleicht noch von ihm flachlegen lassen?

Stiles schüttelte sich bei dem Gedanken!

Zu Scott zurückkehren, sich bei ihm verkriechen und trösten lassen?

Bingo! Genau das würde er jetzt tun!

„Du bist früh zurück!" kommentierte Scott, als er seinen besten Freund hereinkommen sah.

O.K., das war nicht geplant und auch überhaupt nicht in Ordnung, doch Stiles fühlte heiße Tränen in sich aufsteigen! Trotzig wischte er sich mit dem Ärmel über das Gesicht, kroch zu Scott ins Bett und vergrub sein Gesicht an dessen Brust:

„Alles klar, Bruder?" wollte dieser wissen.

Stiles schüttelte den Kopf, ohne aufzublicken:

„War etwas mit Derek?" fragte er weiter.

Stiles nickte gegen Scotts Brust:

„Erzählst du es mir?"

Stiles schüttelte ein weiteres Mal den Kopf und Scott begann damit, seinem besten Freund das Haar zu kraulen.

Irgendwann murmelte Stiles in Scotts Pyjama:

„Liebe nervt!"

„Ich weiß!" gab Scott mitfühlend zurück.

Als Derek in sein Penthouse zurückkehrte, wurden ihm zwei Dinge klar:

Erstens, Stiles hatte immer noch seinen Schlüssel und zweitens, überall in seinem Heim auf Zeit roch es nach Stiles.

Und nach Sex mit Stiles!

Das musste er unbedingt ändern.

Er würde jetzt auf der Stelle das Hotelpersonal anhalten, die Bettwäsche zu wechseln und eine Grundreinigung vorzunehmen.

Derek drückte entschlossen die Türklinke herunter.

Dann ließ er sie wieder los.

Und nun tat er etwas, was er sich selbst nicht erklären konnte.

Er zog sich aus, ging hinüber ins Schlafzimmer, legte sich ins Bett und vergrub die Nase in den Laken.

Wie ein Süchtiger sog er den Duft ein und schließlich begann er, sich darin zu wälzen, denn er wollte nichts mehr, als darin getränkt zu sein.

Am Nachmittag, nachdem er Scott versorgt und gefüttert hatte, brach Stiles auf, um sich um das Geschäft zu kümmern:

„Wundere dich nicht, wenn es etwas später werden wird, O.K. Kumpel?" sagte er zum Abschied:

„Was hast du vor? Wirst du zu Derek gehen und versuchen, dich mit ihm zu versöhnen?" wollte Scott wissen:

„Bist du irre?" empörte sich Stiles: „Er hat mit mir Schluss gemacht! Von mir aus kann er verrecken. Ich bin fertig mit ihm!"

Ein sorgenvolles Stirnrunzeln von Scott:

„Und was hast du sonst vor?"

Stiles zuckte mit den Achseln:

„Es findet sich schon etwas. Mach dir keine Gedanken!"

Als Stiles in der Destille alle Arbeiten erledigt hatte und durch den Wald zurück nach Beacon Hills lief, versuchte er zu entscheiden, was er nun tun wollte.

Seine Gedanken kehrten immer wieder zurück zu Derek: Er dachte daran, wie dieser ihn geküsst hatte, wie sein Gesicht im Mondlicht ausgesehen hatte, daran, wie sich die großen, warmen Hände auf seiner Haut angefühlt hatten und wie er ausgesehen hatte, in dem Moment als er kam...

...und damit musste verdammt nochmal jetzt Schluss sein!

Wollte er sich etwa wie irgendein verweichlichter Spinner in eine Ecke setzen und diesem Idioten fette Krokodilstränen hinterherweinen?

Das kam überhaupt nicht in Frage!

Im Kopf ging Stiles die Möglichkeiten durch, mittels derer er Vergessen finden könnte.

Er könnte zurück in die Destille gehen und sich allein betrinken.

Er könnte ins Kiras' gehen, sich dort in Gesellschaft betrinken und dafür Geld ausgeben, dass er nicht hatte.

Er könnte zu Peter gehen. Der hätte zwar viele unangenehme Fragen, aber die würde er ja vielleicht vergessen, sobald Stiles sich erst mal auszog.

Und früher oder später würde er sich ihm ja sowieso stellen müssen.

Dennoch tat Stiles nichts von alledem, sondern wechselte die Laufrichtung und beschleunigte seinen Schritt.

Als er an seinem Ziel, einem windigen Schuppen am Stadtrand angekommen war, der eigentlich mehr wie ein Lagerraum, als wie irgendjemandes Zuhause aussah, klopfte er und hoffte inständig, sein Bewohner möge hier sein.

Boyd öffnete und grinste breit, als er Stiles erblickte:

„Hey!" sagte er:

„Hey!" sagte auch Stiles und griff noch in der offenen Tür nach Boyds Gürtel.

Dieser blickte sich überrascht vor der Hütte um, ob niemand sie gesehen hätte und zog Stiles dann hinter sich her ins Innere:

„Du hast es ja noch eiliger, als gewöhnlich!" stellte Boyd fest.

Stiles nickte bloß, öffnete die Hose des Größeren und schob eine Hand hinein:

„Geht's dir gut? Ist irgendetwas vorgefallen?" wollte Boyd wissen:

„Nichts Wichtiges!" behauptete Stiles: „Jetzt hör' auf zu quatschen und besorg's mir!"

Nachdem Derek einen ganzen Nachmittag in seinem Bett gelegen und sich leidgetan hatte, beschloss er, dass nun endlich jemand dafür bezahlen sollte, dass er sich mies fühlte.

Eine halbe Stunde später läutete er ein weiteres Mal binnen weniger Tage an einer Tür, von der er geschworen hatte, dass er sich ihr nie wieder nähern wollte.

Als die junge Hausdame Miss Reyes ihm öffnete, drängte Derek sich an ihr vorbei ins Innere und fragte barsch:

„Ist er da?"

Das Mädchen nickte und Derek marschierte auf die breite Treppe zu:

„Aber ich muss...!"

Derek unterbrach das Mädchen und bestimmte:

„Ich werde mich selbst anmelden. Danke!"

Er platzte in das Schlafzimmer seines Onkels hinein, welcher dort zur Abwechslung einmal keine Gesellschaft hatte und vollständig bekleidet auf seinem Bett saß und ein Buch las.

Es wäre Derek auch gleichgültig gewesen, wenn es anders gewesen wäre:

„Steh' auf, du dämliches Arschloch!" herrschte er Peter an.

Der Angesprochene hob den Kopf und grinste seinen Neffen amüsiert an. Sehr gemächlich kam er der Aufforderung nach, trat nahe an Derek heran und schnupperte:

„Hmm! Ich kenne diesen Geruch! Und ich mag ihn!" gab er grinsend bekannt.

Derek verzog angewidert das Gesicht:

„Du willst wieder einmal das haben, was mir gehört, richtig Peter? Das Gleiche hatten wir doch schon einmal. Das ist echt krank, weißt du das eigentlich?"

„Wovon zum Teufel redest du eigentlich? Stiles hat schon mir gehört, als du dich noch wie ein braves Hündchen hinter Gittern hast einschließen lassen, weil du geglaubt hast, für eine lächerliche Sache büßen zu müssen, die nicht einmal deine Schuld war, du armselige, weinerliche Entschuldigung für einen Wolf!"

Die Faust traf Peters selbstgefällige Visage schneller, als dieser ausweichen konnte und er ging zu Boden.

Er rappelte sich lachend wieder auf, wischte sich ein dünnes Rinnsal Blut aus dem Mundwinkel und fuhr fort:

„Die Wahrheit tut weh, was mein Junge?"

„Schnauze, Peter! Was weißt du schon? Du würdest die Wahrheit doch nicht einmal erkennen, wenn sie dir auf die Schuhe pinkelt, du verlogener, gleichgültiger, bösartiger Bastard! Ich mag vielleicht als Einziger dafür gebüßt haben, dass Isaac gestorben ist, aber du weißt so gut wie ich, dass es ebenso deine Schuld war. Und natürlich die von Kate!" rief Derek aus.

„Blödsinn Derek!"

Nun klang Peter ärgerlich:

„Du und deine verdrehte, ritterliche Weltsicht! Es war AUSSCHLIEßLICH die Schuld von Kate. Der Rest war einfach nur eine Verkettung unglücklicher Umstände!"

Derek schüttelte den Kopf:

„Wie immer machst du es dir leicht! Du hast den Stein ins Rollen gebracht, Peter. Du musstest ja unbedingt aus Rache eine Jägerin verwandeln! Und sie hat sich dafür wiederum an mir gerächt! Du warst es auch, der Isaac verwandelt hat! Hättest du das nicht getan; hättest du ihn einfach sein lassen, was er war, dann wäre das alles doch gar nicht passiert. Du hast Kate damit doch geradewegs in die Hände gespielt!"

„Das ist doch bloß die halbe Geschichte, Derek!" bellte Peter: „Kate hat sich gegen DICH gerichtet, weil DU sie wegen Isaac fallengelassen hast!" und mit gehässigem Grinsen fügte er hinzu: „Es ist immer wieder die Liebe, nicht wahr Derek! Ich dachte, der Knast hätte dich wenigstens von DIESER fixen Idee heilen können. Aber Nein! Das Erste, was du tust, wenn du raus kommst: Du verlierst dein sentimentales kleines Herzchen an so einen ungewaschenen Strolch von der Straße. Bist du eigentlich ein Idiot, Neffe?"

„Und was ist mit dir, Peter?" fragte Derek herausfordernd zurück: „Willst du mir sagen, dir bedeutet Stiles nichts?"

Peter lachte.

Ein wenig zu laut:

„NIEMAND bedeutet mir irgendetwas. Das ist das Geheimnis, verstehst du? Es sind bloß Menschen, Derek! Unbedeutend, schwach, zerbrechlich, flüchtig wie ein Gedanke! Zugegeben, Stiles ist vielleicht amüsanter, als die meisten von ihnen, aber wie könnte so ein zahnloser Fleischsack mir am Ende WIRKLICH wichtig sein? Unsere Art ist so viel besser als sie!"

Derek schüttelte traurig den Kopf:

„Das sind wir nicht, aber das wird einer wie du NIE verstehen. Wie kannst du glauben, dass es dich besser macht, dass du schneller und stärker bist, als sie und du über überlegene Sinne verfügst? Was hast du denn so Großartiges aus diesen Fähigkeiten gemacht? Du hast getötet, verletzt, verstümmelt, missbraucht, gestohlen, betrogen, weiß der der Himmel, was sonst noch? Und nie, wirklich niemals hast du auch nur die kleinste uneigennützige Tat vollbracht."

„Ohne meine Aussage vor Gericht hätten sie dich hingerichtet, Derek! Du verdankst mir dein Leben. Das nenne ich schon irgendwie 'uneigennützig'!" gab Peter beleidigt zurück.

Derek schenkte ihm einen zornigen Blick:

„Ich würde nur zu gern glauben, dass du das getan hättest, weil ich dein letztes verbliebenes Familienmitglied bin und weil ich dir tatsächlich irgendetwas bedeuten würde, aber ich kenne dich nun einmal, Peter. Sicherlich hattest du irgendeinen Hintergedanken, von dem ich noch nicht einmal etwas ahne. Höchstwahrscheinlich hast du irgendeinen Langzeitplan, wie du mich für deine üblen Machenschaften einspannen kannst."

Peter sah aus, als wollte er etwas einwenden, doch Derek fuhr einfach fort:

„Jedenfalls habe ich Stiles freigegeben. Du kannst ihn haben. Mach' mit ihm, was du willst, aber verwandle ihn nicht, klar? Und sollte er durch deine Hand sterben, werde ich wiederkommen und DICH töten."

Und mit diesen Worten entfernte sich Derek.

Peter blickte ihm kopfschüttelnd, mit einem mitleidig-überlegenem Stirnrunzeln hinterher.

Boyd und Stiles ließen sich verschwitzt und atemlos nebeneinander auf die klumpige dreckige Matratze am Boden von Boyds Behausung fallen und dieser sagte grinsend:

„Ich weiß zwar nicht, was los ist, Stiles, aber mit dir zu vögeln, wenn du wütend bist, ist unheimlich heiß!"

„Werd' s mir merken!" erwiderte Stiles und reckte sich zufrieden.

Hatte er es doch gewusst!

Liebe stinkt!

Dies hingegen war haargenau das, was er brauchte. Es war handfest, ehrlich und frei von hohlen Versprechungen.

Stiles hatte von Boyd genau das bekommen, was er wollte; in klar berechenbaren Bahnen und ohne Drama und Frustration.

Das Leben konnte so einfach sein!

Boyd steckte sich eine Zigarette an, nahm einen Zug und reichte den Glimmstängel dann an Stiles weiter. Dieser inhalierte tief und genoss den Schwindel und die angenehme Schwere, die sich bei ihm als Gelegenheitsraucher noch einstellten.

Stiles zog noch einmal, behielt den Rauch in den Lungen, beugte sich hinüber zu Boyd, verschloss ihrer beider Lippen und gab den Rauch dann an ihn weiter:

„Du brauchst keinen Vorwand, wenn du mich küssen willst." versicherte Boyd mit einem schiefen Grinsen: „Du gehst deswegen keine Verpflichtungen ein. Du und ich wir wollen doch dasselbe: Spaß, ohne irgendwelchen anderen Bullshit!"

Stiles nickte.

Dann küsste er Boyd.

Nach einer Weile erhob Stiles sich und zog sich wieder an. Boyd folgte seinem Beispiel und brachte seinen Gast mit den Worten zur Tür:

„Es war nett! Vielleicht ja bald mal wieder?"

Stiles nickte und machte sich auf den Weg.

Er war schon beinahe wieder der Alte und schlenderte pfeifend nachhause, doch als er die Hände in die Hosentaschen steckte, fühlte er dort den Schlüssel zu Dereks Penthouse.

Stiles war drauf und dran, das verdammte Ding, welches ihm schlagartig seine gute Laune verdarb, in irgendein Gebüsch zu werfen, doch irgendwie brachte er es dann doch nicht fertig.

Er würde ihn einfach irgendwann zurückgeben, nahm er sich vor. Dazu musste er Derek ja nicht einmal gegenübertreten. Er konnte ihn doch einfach diesem Greenburg in die Hand drücken und diesem damit großzügig den Tag versüßen.

Aber das würde er mit Sicherheit nicht heute tun!

Jetzt würde Stiles den Schlüssel einfach erst einmal vergessen.

Zusammen mit seinem Besitzer!

Als Stiles in seine Unterkunft zurückkehrte, saß Scott aufrecht im Bett und er sah blass aus, hinter all' den Schwellungen und grünblauen Verfärbungen seines Gesichts:

„Alles klar, Kumpel?" wollte Stiles wissen.

Scott schüttelte leise den Kopf:

„Es ist Allison! Sie ist den ganzen Tag nicht hier aufgetaucht. Da muss etwas passiert sein. Denkst du, ihre Eltern haben ihr etwas angetan?"

Stiles ließ sich neben seinem besten Freund auf der Bettkante nieder, legte die Arme um ihn und flüsterte beruhigend:

„Unsinn! Sie ist doch ihr Kind! Sie würden ihr doch nicht weh tun, Bruder!"

Scott blickte ihn skeptisch an und so fuhr Stiles fort:

„Bestimmt hat sie es bloß nicht geschafft, sich ungesehen fortzustehlen, aber wenn sie bis morgen früh nicht auftaucht, werde ich rüber zu den Argents gehen und sehen, was los ist, ja? Versuch'dich zu entspannen! Ich mache uns erst mal Abendessen, dann werde ich selbst ins Bad gehen und später werde ich dich waschen, denn um ganz ehrlich zu sein mein Freund, du riechst ein wenig streng!"

Scott lachte:

„Du musst gerade reden. Ich sage lieber nicht, wonach du riechst. Mit wem hast du es denn nun schon wieder getrieben?"

Stiles grinste:

„Geht dich einen Scheiß an, Kumpel!" erwiderte er und fügte dann noch hinzu: „Jedenfalls nicht mit Peter!"


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