18 ... even bad Wolfs can be good!
Peter war in seinen Unterschlupf zurückgekehrt, hatte sich in seinem Zimmer eingeschlossen, hockte auf seinem Bett und ließ einmal ganz bewusst die Eindrücke in diesem Raum auf sich wirken. Die Gerüche und Empfindungen, die Stiles hier hinterlassen hatte, waren noch in jedem Winkel präsent. Die Angst roch beißend und gemein nach Buttersäure, die Resignation hingegen wie verrottendes Obst und Verzweiflung und Trauer hatten eine herbe Asphaltnote.
Und dann war da ja auch noch der betäubend-metallische Geruch nach Blut von Stiles Selbstmordversuch.
Im Grunde war dies hier für Peters feine Sinne eine unerträgliche, brutale, die Sinne überfordernde Mischung.
Er hätte natürlich einfach die Fenster aufreißen und seinen Untergebenen befehlen können, hier gründlich sauber zu machen.
Er hätte auch in eines der anderen Schlafzimmer umziehen können.
Und es gab absolut keinen vernünftigen, nachvollziehbaren Grund, warum er nichts von beidem tat.
Stattdessen tat Peter sehr unvernünftige, beinahe schon verrückte Ding.
Er legte sich in sein Bett und schnupperte an seinem Laken. Der Sex, den er zuletzt mit Stiles gehabt hatte, stieg ihm in die Nase. Der Junge hatte Ja gesagt, doch dies hier roch nicht nach einem Ja.
Es roch wie der Tod!
Der Werwolf streichelte über das Bett, als sei es ein trauriges Kind.
Dann erhob Peter sich, kniete sich an den Boden, kroch in den Käfig, der Stiles zugedacht gewesen war und legte sich auf den harten hölzernen Untergrund, streichelte diesen und auch die dicken metallischen Gitterstäbe.
Und nach einer Weile schlief er dort ein.
Im Traum erschien ihm ein Gesicht aus der Vergangenheit; ein schöner, hochgewachsener, junger Mann mit blonden Locken und einem süßen, frechen und dennoch irgendwie unschuldigen Lächeln.
Peter hatte ihn so dringend besitzen wollen, für immer und mit Haut und Haar! Darum hatte er ihn zu seinesgleichen gemacht, denn er hatte gewollt, dass der Junge genauso süchtig nach ihm wäre, wie umgekehrt.
Doch obwohl Peter sein Alpha gewesen ist, hatte Isaac ihm dennoch nie gehört. Er hatte Derek gewollt, so wie auch Stiles Derek wollte.
Peter erwachte mit einem bitteren Geschmack in seinem Mund.
Boyd wollte beizeiten wieder gehen, doch Scott konnte sich nicht loseisen. Nun, da er seinen Bruder wieder hatte, musste er einfach noch eine Weile bei ihm bleiben. Zu lang war die Zeit gewesen, in der er nicht gewusst hatte, ob er Stiles überhaupt noch einmal lebend wiedersehen würde und schließlich lud Derek den Jungen ein, die Nacht bei ihnen zu verbringen.
Boyd versprach, die Nacht bei Allison zu bleiben und ihr zu sagen, dass sie sich keine Sorgen machen müsse.
Und nun lagen die drei in einem Bett, Stiles eingerahmt von seinem besten Freund und seinem Liebhaber.
Der Verletzte war wahnsinnig erschöpft und schlief sehr rasch ein, doch von entspannter Nachtruhe konnte dennoch keine Rede sein. Im Wachzustand mochte er so wirken, als habe er das Schlimmste bereits hinter sich, doch in Stiles Unterbewusstsein gab es ganz offensichtlich noch eine Menge Scherben zusammen zu kehren, denn im Schlaf zappelte, weinte und murmelte er vor sich hin, oder schlug mitunter sogar um sich.
An Schlaf war damit für seine beiden Bettnachbarn wirklich nicht zu denken. Sie hielten Stiles abwechselnd, streichelten ihn, flüsterten beruhigend auf ihn ein und schauten einander hilflos dabei an.
Irgendwann fand Stiles dann endlich ein wenig Frieden, doch da waren Derek und Scott dann vor lauter Sorge und Anspannung bereits hellwach:
„Hat dir Stiles eigentlich erzählt, was Peter mit ihm gemacht hat?" flüsterte der Jüngere und blickte im Schein der Petroleumlampe auf dem Nachttisch sorgenvoll auf seinen schlafenden Freund hinab:
„Nicht viel!" erwiderte Derek mit einem traurigen Kopfschütteln: „Doch was immer es gewesen ist, es muss die absolute Hölle gewesen sein. Sein Körper ist übersät von den Spuren der Gewalt. Doch wie ich Peter kenne, war der körperliche Schmerz längst nicht das Schlimmste, was er ihm angetan hat. Stiles hat..." Derek schluckte: „... also, er hat versucht, sich selbst zu töten, weil er es nicht mehr ertragen konnte, weißt du? Mehrfach!"
Scott wischte sich die Tränen fort und fragte mit belegter Stimme:
„Warum hat Peter Stiles am Ende gehen lassen? Wie erklärst du es dir, dass er ihn nicht ganz einfach getötet hat?"
Dereks Gesicht verfinsterte sich:
„Wahrscheinlich, weil selbst jemand wie mein Onkel irgendwo in seinem verrottenden Inneren so etwas wie eine Herz hat. Weil er Stiles auf seine grausame, vollkommen verdrehte Art und Weise liebt."
Scott schüttelte heftig den Kopf:
„Nein, das ist keine Liebe. Niemand, der liebt ist zu so etwas fähig!" beharrte er: „Am Liebsten würde ich Peter töten, für das, was er Stiles angetan hat!"
Derek zuckte dazu nur unschlüssig mit den Schultern. Was hätte er auch sagen sollen? Jemandem wie Scott; jung, trotz allem was er erfahren hatte noch immer idealistisch und lieb konnte man ein Wesen wie Peter wohl nur schwer erklären.
Selbst wünschte sich Derek auch, er verstünde es nicht. Dass er es dennoch tat bedeutete doch wohl, dass es auch in ihm ein Monster geben musste, welches ihm diese Einsicht verlieh, oder nicht?
Weil er darüber aber lieber nicht nachdenken wollte, wechselte er rasch das Thema und wollte von Scott wissen, wie das Geschäft mittlerweile lief.
„Boyd und ich arbeiten nachts und schlafen tagsüber. Da draußen sind mittlerweile zu viele, die mir auf den Fersen sind." gab Scott zurück: „Ich lasse mich im Ort beinahe gar nicht mehr blicken und wenn doch, dann nehme ich Seitenstraßen und schlage den Kragen hoch. Allisons Familie sucht nach uns. Sie schleichen ständig um unsere alte Unterkunft herum. Ich musste Boyd bitten, dass er ein paar Sachen für mich da rausholt, denn sobald ich dort hinkäme, hätten sie mich gleich am Wickel. Und dann ist da ja auch noch Deaton. Sein Ego ist schwer angeschlagen. Dass er uns an Peter verraten hat, hat sich für ihn nicht in der Weise ausgezahlt, wie er gehofft hat. Danach saß er auf dem Trockenen und musste auf andere Lieferanten umsteigen, die ihm minderwertige Ware liefern. Ich denke, er will Blut sehen! Ihm will ich unter keinen Umständen in die Hände fallen!"
Derek nahm die Ausführungen mit Besorgnis zur Kenntnis. Mittlerweile hatte er Scott wirklich gern und wollte auf keinen Fall, dass diesem Jungen etwas zustieß.
Und was dies für Stiles bedeuten würde, wollte er sich lieber gar nicht erst ausmalen!
Stiles erwachte bei Morgengrauen und Scott beschloss, sich aus dem Staub zu machen, bevor es so hell wurde, dass er in den Straßen leicht auszumachen wäre. Derek steckte ihm ein paar Scheine zu. Das hatte er in der Vergangenheit immer wieder getan, damit Allison, Boyd und Scott etwas zu essen hatten, denn seitdem Peter von dem Verrat wusste, hatte er sie nicht mehr für ihre Arbeit bezahlt.
Scott grämte sich jedes Mal furchtbar deswegen, doch Derek schenkte ihm dann stets sein sonnigstes Lächeln, versicherte, dass es total in Ordnung sei und behauptete, es erleichtere sein schlechtes Gewissen, denn schließlich hatte er ja gar nichts getan, um das viele Geld zu verdienen, welches er besaß. Er hatte es ja bloß geerbt.
Stiles konnte sich nur schwer von Scott trennen, umarmte ihn so fest er konnte und wiederholt ein paar Dutzend Mal, dass er gut auf sich aufpassen müsse. Scott versicherte, dass er vorsichtig sein würde und dass er sich in der nächsten Zeit einmal am Tag nach Sonnenuntergang, oder bei Morgengrauen blicken lassen würde, damit Stiles sicher sein konnte, dass er in Ordnung sei, ehe er loslief.
Derek und Stiles entwickelten in den folgenden Tagen eine gewisse Routine miteinander.
Weil sein Patient immer noch keine größeren Mahlzeiten herunter bekam, wurde Stiles von Derek sechsmal täglich immer zu denselben Zeiten gefüttert und kaum merklich bekam er wieder ein klein wenig Fleisch auf die Rippen.
Zweimal täglich ging es dann für Stiles nach draußen. Auch wenn es ihn noch immer wahnsinnig anstrengte, bestand Derek darauf, dass das nötig sei, damit der Verletzte Tageslicht, frische Luft und Bewegung bekäme und sie machten gemeinsam kleine Spaziergänge und Ausfahrten.
Stiles benötigte noch immer einige Unterstützung bei der Körperpflege, doch all dies störte Derek nicht im Geringsten. Er wich keine Minute von der Seite seines Gefährten und alles, was er für ihn tat, um ihn wieder aufzupäppeln tat er voll Dankbarkeit, bedeutete es doch, dass Stiles überlebt hatte und immer noch bei ihm war!
Es war nicht wie damals bei Isaac. Es war noch nicht zu spät.
Stiles war immer noch schreckhaft und menschenscheu. Auf der Straße machte er um andere Passanten einen Bogen und selbst das freundliche Zimmermädchen, dass einmal täglich zum saubermachen kam, wurde von ihm misstrauisch beäugt.
Gestern hatte Christopher Argent auf der Suche nach seiner Tochter vor Dereks Hotelzimmertür gestanden. Eigentlich hatte Derek bereits viel früher damit gerechnet, dass er hier aufkreuzen würde. Der Jäger hatte erstaunlich lange gebraucht, um herauszufinden, wo er abgestiegen war.
Derek war auf diesen Besuch gefasst gewesen und blieb gelassen, als Christopher ihm seine Pistole unter die Nase hielt:
„Sie ist nicht hier, Argent!" knurrte er genervt: „Scott und Allison sind längst über alle Berge und verstecken sich vor euch. Und ehe du fragst: Ich habe keine Ahnung, wo sie hin sind, aber wenn ich wetten müsste, würde ich sagen, soweit fort wie möglich von dir und deinem Monster von Frau!"
Natürliche war Argent nicht allein gekommen, denn das taten diese Jäger ja nie. Er hatte noch zwei andere Männer bei sich und überdies Gerard, seinen Vater.
Ihn hasste Derek von allen Jägern wahrscheinlich am meisten. Oder zumindest gleich nach Kate!
„Allison ist also nicht hier, Hale? Und was verbirgst du dann dort in deinem Schlafzimmer?" bellte Christopher und schlug Derek mit dem Griff seines Gewehres ins Gesicht.
Die vier Jäger schoben sich an Derek vorbei, um ins Schlafzimmer zu gelangen, doch Derek folgte ihnen dichtauf, um Stiles zu beschützen.
Der Patient gab einen erschrockenen kleinen Laut von sich, als die Eindringlinge hereingestürmt kamen, drängte sich an das Kopfende des Bettes, zog sich die Decke bis an den Hals, als könne ihn das vor etwaigen Angriffen schützen und blickte die Fremden hohlwangig und aus riesigen, verängstigten Kinderaugen an:
„Wo sind sie?" rief Christopher Argent zornig aus und stürzte sich auf den traumatisierten jungen Mann: „Wohin hat dein wertloser Freund meine Tochter verschleppt?"
Stiles fing sofort herzzerreißend an zu weinen und das Einzige was er hervorbrachte, war Dereks Name, den er immer wieder ängstlich ausrief.
Der Werwolf kämpfte sich durch die Jäger hindurch zum Bett, wo er Christopher packte, ihn zu Boden schleuderte und sich dann wie ein Schutzschild über Stiles Körper breitete:
„Wir wissen nicht, wo euer Mädchen ist und wir habe auch wirklich andere Sorgen!" rief er den Jägern über seine Schulter hinweg zu.
Gerard und die beiden Unbekannten starrten angewidert auf die beiden Männer hinab, die nun in inniger Umarmung auf dem Bett lagen. Lediglich im Blick von Christopher Argent war so etwas wie Mitgefühl zu lesen. Er war es dann auch der rief:
„Wir schauen uns hier um und dann verschwinden wir, Männer!"
Die beiden Anderen waren bereit, der Aufforderung Folge zu leisten, doch Gerard wollte wissen:
„Kannst du mir einen guten Grund nennen, warum wir diesen erbärmlichen Omega nicht ganz einfach töten und von seiner wertlosen Existenz erlösen sollten?"
„Und was ist mit seinem Menschen, Vater? Töten wir den etwa auch?" brüllte darauf der jüngere Argent:
„Warum nicht? Ein kranker Sodomist weniger auf der Welt!" erwiderte Gerard kalt:
„WIR GEHEN JETZT!" donnerte Christopher und hielt sein Gewehr vage in Richtung seines Vaters: „Schreckst du eigentlich noch vor irgendetwas zurück? Hat die Familie Hale durch uns nicht bereits genug Leid erfahren? Und nicht nur, dass du auf den Kodex pfeifst, du schreckst neuerdings nicht einmal mehr davor zurück, wehrlose Menschen zu töten, die niemandem etwas zuleide getan haben?"
„Du bist weich, Chris! Das warst du immer schon! Eine traurige Entschuldigung für einen Jäger; das ist es, was du bist!" sagte Gerard verächtlich, leistete aber dennoch keinen Widerstand und verschwand gemeinsam mit den anderen Jägern.
Als die Gefahr gebannt war und sie wieder unter sich waren, hörte Stiles Herz zum Glück ganz langsam wieder auf zu rasen und seine Tränen versiegten. Dennoch klammerte er sich weiter an seinem Beschützer fest.
Derek atmete ein wenig auf, weil er bereits gefürchtet hatte, eine Situation wie diese gerade eben könnte seinem Gefährten in seinem destabilisierten Zustand den Rest geben:
„Tut mir leid!" sagte Stiles unvermittelt.
Derek blickte überrascht auf den Jüngeren hinab:
„Aber was denn, Engelchen? Was tut dir denn leid? Du hast doch gar nichts Böses getan!"
„Durch mich und meine Freunde kommst du einfach nicht zur Ruhe, Derek! Ich habe dir nichts weiter als Unglück gebracht!" erwiderte Stiles traurig.
Derek lächelte zärtlich auf ihn hinab und versicherte:
„Das ist doch kompletter Blödsinn, du Dummchen! Durch dich fühle ich mich endlich wieder wie ein lebendiges Wesen, weißt du das denn gar nicht? Ich hätte mir nicht einmal träumen lassen, dass ich nach Isaac jemals wieder so empfinden könnte, dennoch ist es so. Ich liebe dich, Stiles! Und was es den Ärger betrifft, mit dem wir uns herumschlagen müssen... nun ja, ich bin ich ein Wolf. Ich kämpfe für mein Rudel! Das ist meine Natur!"
„Du siehst uns als dein Rudel an?" fragte Stiles erstaunt.
Seinem Lächeln konnte Derek ansehen, wie sehr ihn diese Vorstellung entzückte.
Derek nickte, erwiderte das Lächeln und schloss seine Arme fester um Stiles.
Peter hatte sein Zimmer in den am letzten Tagen so gut wie gar nicht verlassen, hatte kaum geschlafen und die Nahrung verweigert. Wenn er doch einmal nach seinen Leuten schaute, mied jeder aus seinem Rudel vorsichtshalber seinen irren Blick. Allzu deutlich war ihnen noch das Schicksal von Harris im Bewusstsein, welcher sich gegen den Alpha wenden wollte, was ihn schließlich seinen Kopf gekostet hatte. Keiner von ihnen würde es nun noch wagen, gegen Peter aufzubegehren, oder sich vom Rudel abzusetzen.
Wenn Peter allein in seinem Schlafraum war, hockte er einfach nur da und fantasierte sich einen schwachen, dürren Menschen herbei. An der Gesellschaft von Jordan oder Erica hatte er gegenwärtig nicht im Mindesten Interesse.
Stattdessen rief der Alpha sich hellbraune Augen in Erinnerung, wollte sich entsinnen, wie sie ihn frech anblinzelten, doch das einzige Bild welches sich jedes Mal einstellen wollte, waren trübe, leere Linsen, die von unterdrückten Tränen geschwollene Lider und das vollkommene Grauen, welches ihm aus Stiles Blick entgegen schaute.
Es machte ihn beinahe verrückt, dass er sich nicht daran erinnern konnte, wie dieser Junge ausgesehen hatte, bevor... das alles passiert war.
Wenn er sich nur daran erinnern könnte, dann würde alles wieder gut werden!
Dann würde er wieder zu dem Mann werden, der er einmal war.
Dann gäbe es wieder Frieden in seinem Inneren.
Aber dieser Junge war doch selbst schuld gewesen, oder nicht? Er hätte ihn einfach nicht verraten dürfen!
Hatte er denn nicht ein Recht auf Genugtuung gehabt?
Nur dass er diese nicht bekommen hatte!
Peter machte einen Versuch zu schlafen, doch das Echo der Verzweiflung in seinem Zimmer war einfach zu ohrenbetäubend!
Und so erhob er sich nach einer Weile, teilte Erica mit, dass er fort müsse und noch nicht wisse, wann er wieder zurückkehren würde:
Die junge Werwölfin mochte nicht, wie ihr Liebhaber in diesem Moment aussah. Und sie fürchtete außerdem, dass was immer dieser vorhatte sicherlich etwas sehr Dummes und auch möglicherweise Gefährliches sein würde und so forderte sie sorgenvoll:
„Nein, Peter! Bleib! Ich werde mich um dich kümmern! Ich kann dir helfen, zu vergessen!"
Peter streichelte sanft ihre Wange, lächelte traurig und schüttelte den Kopf:
„Nein, schönes Kind, das kannst du nicht!" erwiderte er und verließ das Haus.
Am Abend kam klopfte es erneut an Dereks Zimmertür und Stiles zuckte zusammen:
„Hab' keine Angst, Süßer! Ich kümmere mich darum. Ich lasse nicht zu, dass dir etwas geschieht!" versprach Derek und ging nachsehen.
Wiederum war es Christopher Argent, welcher vor der Tür des Werwolfs stand und welcher diesmal allein gekommen war. Er wirkte seltsam nackt und Derek brauchte einen Moment, um herauszufinden, dass es daran lag, dass er vollkommen unbewaffnet war:
„Was willst du denn noch?" knurrte der Werwolf: „Dass deine Tochter nicht hier ist, haben wir doch bereits geklärt, also verschwinde wieder!"
„Ich bin gekommen, um mich für das zu entschuldigen, was vorhin hier geschehen ist. Ich wollte deinem Jungen keine Angst machen. Ich will einfach nur mein Kind zurückhaben!"
Die Stimme des Jägers war leise und beinahe flehend.
Derek staunte über diesen Sinneswandel. Dennoch erwiderte er kühl:
„Vielleicht hättet ihr sie besser behandeln sollen. Dann hätte eure Allison auch nicht vor euch weglaufen müssen!"
„Ich weiß!" sagte Argent niedergeschlagen: „Ich hab einfach etwas Besseres für sie gewollt, als diesen kleinen Strolch!"
„Sie hat hat sich aber nun einmal in ihn verliebt! Und nur zu deiner Information: Scott ist ein guter Junge, der es sein Leben lang schwer gehabt hat. Nicht jeder ist mit dem goldenen Löffel im Mund geboren, wie du und ich, Chris, aber das macht einen Menschen mit Sicherheit nicht schlechter! Vielleicht ist sogar das Gegenteil der Fall. Und wo immer die beiden stecken, Scott wird gut zu deiner Tochter sein! Er kann ihr vielleicht nicht viel bieten, aber er wird sie immer lieben und respektieren!"
Christopher seufzte.
Er schien intensiv über etwas nachzudenken und schließlich sagte er:
„Ich weiß ja nicht, ob du mich belogen hast, Hale und ob du nicht vielleicht doch weißt, wo Allison sich aufhält. Ich erwarte auch gar nicht, dass du es mir je sagen würdest, wenn du es wüsstest, aber falls du sie siehst, sag' ihr bitte, dass ich wünschte, ich hätte alles anders gemacht und ihre Mutter aufgehalten!"
Nach einigem Zögern fügte er hinzu:
„Sag' ihr auch, dass ich sie liebe!"
Und damit wandte sich der Jäger einfach um und verschwand wieder.
Als Derek sich umblickte, sah er Stiles, der das Bett verlassen hatte und nun im Rahmen der Schlafzimmertür stand:
„Was machst du denn auf den Beinen, Kleiner? Ab ins Bett mit dir!" forderte der Ältere:
„Ich wollte bloß auf dich aufpassen!" erklärte Stiles großspurig und entlockte Derek damit ein Lächeln. Er schritt auf den Jungen zu, küsste ihn, hob ihn hoch, trug ihn hinüber zu Bett und legte sich dort an seine Seite.
Eine ganze Weile lang lagen die Liebenden einfach nur einander zugewandt da, hielten sich bei den Händen und blickten sich in die Augen.
Es war ein friedlicher Moment.
Dann plötzlich versuchte Stiles unvermittelt, Derek in die Matratze zu drücken und sich auf ihn zu legen:
„Hey, hey! Was soll dass denn werden, Liebling?" fragte Derek überrumpelt.
Stiles Blick war flehend
„Bitte, Derek, weise mich nicht zurück! Ich brauche das jetzt! Du warst die ganze Zeit so lieb zu mir, genau wie ein Vater! Aber ein Vater ist nicht das, was ich gerade nötig habe. Ich brauche meinen Liebhaber, verstehst du."
Derek schluckte und erwiderte kleinlaut:
„Aber ich habe Angst, Stiles! Du bist doch noch schwach und deine Verletzungen sind nicht vollständig verheilt! Was ist, wenn ich dir wehtue? Ich kann einfach nicht derjenige sein, der dir weiteren Schaden zufügt! Alles, was ich will, ist dich wieder in Ordnung bringen!"
Stiles nickte heftig und setzte sich auf:
„Ja, das weiß ich, Derek! Aber genau dafür brauche ich dich ja auch!"
Seine Stimme hatte einen dramatischen Klang angenommen und seine Augen waren blank, von zurückgehaltenen Tränen:
„Treib' mir den Teufel aus, Derek! Mach' mich wieder ganz! BITTE! Heile meine Wunden!"
„Shh! Ist in Ordnung, Stiles! Ich verstehe! Bitte wein' nicht, in Ordnung?" murmelte Derek hilflos und nahm Stiles fest in seinen Arm: „Wenn du es unbedingt möchtest, dann können wir es versuchen, ja? Wir werden es einfach ganz langsam und vorsichtig angehen!"
Sogleich ließ Derek seinen Worten Taten folgen, küsste den Jüngeren sacht, begann mit Samtpfoten den geschundenen, momentan so zerbrechlichen Körper zu berühren und damit, Stiles sowie sich selbst langsam zu entkleiden.
„Ich liebe dich, Stiles!" versicherte der Werwolf sicher ein paar hundert Mal sanft, oder auch: „Du bist sicher bei mir!" weil er unbedingt wollte, dass sein Geliebter diese beiden Dinge wusste. Er betete es ihm vor, wie ein Mantra und Stiles wurde unter den Versicherungen ganz weich, entspannt und ruhig.
Sie liebten sich eine Ewigkeit lang, ruhig, sanft und völlig ohne raubtierhafte Begierde.
Nur Verschmelzung, keine Eroberung!
Derek ließ Stiles Blick keine Sekunde los, während er in ihm war, versicherte sich mittels seiner Sinne immer wieder aufs Neue, ob alles in Ordnung sei, doch von Stiles ging nichts weiter als Zufriedenheit aus und als sie hinterher beieinander lagen und ihrer Erregung nachspürten, die langsam abebbte hob Stiles den Kopf, lächelte auf Derek hinab und bedankte sich.
In einer Gasse neben Dereks Hotel in seinem Automobil saß Peter und spitzte die Ohren. Er hatte alles mit angehört.
Stiles lebte also
Stiles heilte.
Gut!
Und sein Neffe hatte jenes 'Ja' erhalten, welches er selbst nie bekommen würde.
Galle breitete sich in jedem Winkel seines Körpers aus!
Kurz vor Morgengrauen erschien Scott. Derek setzte ihn über die beiden Besuche der Argents in Kenntnis, warnte ihn, dass derjenige, vor dem er und Allison sich am meisten in acht nehmen mussten eigentlich Gerard Argent war.
Und nach einigem Nachdenken berichtete Derek auch von dem Gespräch, welches er mit Christopher Argent geführt hatte und zog das Fazit, dass dieser seine Tochter tatsächlich vermisste und von Herzen liebte und zumindest ER sie nicht einfach nur als seinen Besitz ansah und ärgerlich über ihren Ungehorsam war.
Stiles verschlief den Besuch seines Herzensbruders in seiner postkoitalen Glückseligkeit und sowohl sein Liebhaber als auch sein bester Freund hielten es für besser, ihm einfach seine Ruhe zu lassen.
Scott verschwand, ehe es zu hell wurde und Derek nahm ihm vorher das Versprechen ab, vorerst nicht mehr zu kommen, da es zu gefährlich sei, weil die Argents diesen Rückzugsort nun kannten.
Am folgenden Morgen erwachte Stiles mit einem Lächeln auf den Lippen, überfiel Derek noch in seinem Schlaf, begann sogleich hungrig damit, an die vergangene Nacht anzuknüpfen und beim anschließenden Frühstück aß er mit so viel Appetit, dass man nur staunen konnte.
Derek war überglücklich!
Stiles gute Laune hielt an und er schien beinahe wieder der liebenswerte, kleine Gauner von früher zu sein, in den Derek sich verliebt hatte.
Er war heilfroh, dass sein Patient selbst am besten gewusst hatte, was er für seine Heilung nötig hatte und weil es seinem Gefährten heute so gut ging, wagte er auch erstmals seit Stiles bei ihm war zu fragen:
„Ist es in Ordnung für dich, wenn ich für ein bis zwei Stunden aus dem Haus gehe, Stiles? Ich muss ein paar Besorgungen machen.
Der Jüngere blickte ihn überrascht an und wollte wissen:
„Und was willst du so unbedingt besorgen?"
Derek grinste:
„Das verrate ich nicht! Es soll eine Überraschung sein!"
Stiles lächelte überrascht und witzelte:
„Also wenn das so ist, ist es dir selbstverständlich gestattet zu gehen!"
„Ich beeile mich auch!" versicherte der Ältere schnell: „ Geh' einfach nicht an die Tür, falls jemand anklopft! Und schließe hinter mir ab, ja? Oder... oder soll ich lieber doch hierbleiben?"
Nun musste Stiles laut lachen:
„Nun verschwinde schon, Derek! Es ist in Ordnung! Ich habe den größten Teil meines Lebens mehr oder weniger allein auf mich aufgepasst. Es wird mir schon nichts passieren!"
Derek sah nicht überzeugt aus, also drückte Stiles ihm einen lauten, herzhaften Kuss auf die Lippen und schob ihn in Richtung Tür.
Derek wusste genau was er wollte und auch, wo er es finden würde. Die Herrenboutique, die er nun betrat war ebenjene, in welcher er auch für sich selbst einkaufte. Der Schneider der sie betrieb, war ein Mann mit erlesenem Geschmack. Derek beschrieb ihm, was er sich vorgestellt hatte und winkte ab, als er ihm Kleidung in seiner eigenen Größe zeigte:
„Es ist... für einen speziellen Freund! Er ist sehr schlank und ein wenig kleiner als ich selbst." erklärte er.
Der Werwolf wusste, dass er hier so offen sprechen konnte, denn der Ladeninhaber war einer, der mit Sicherheit auch einen 'speziellen Freund' zuhause hatte und falls nicht, dann hätte er sicherlich gern einen.
Der Verkäufer nickte wissend und sein Lächeln war derart dezent, dass Derek nicht sicher sagen konnte, ob es wirklich dagewesen war.
Ein wenig geriet Derek in einen Kaufrausch, was zum einen daran lag, dass Stiles einfach nicht länger in den viel zu großen Kleidungsstücken Dereks herumlaufen konnte, aber vor allem auch daran, dass er so glücklich war, dass es seinem Gefährten endlich ein wenig besser ging, dass er ihn einfach nur mit Liebe und Geschenken überhäufen wollte, damit es auch so blieb!
Derek entschied sich also für mehrere Oberhemden aus Baumwolle, einige Wollhosen beige, schwarz, und grau und zwei Anzüge. Außerdem nahm er Wäsche, Strümpfe und eine Schiebermütze, von der er sicher war, dass Stiles süß damit aussehen würde.
Bepackt mit mehreren Tüten und voller Vorfreude darauf, Stiles zu beschenken machte er sich auf den Rückweg.
Schon von draußen spürte Derek, dass etwas nicht stimmte.
Als er dann die Lobby betrat, hörte er die Schreie. Er erkannte, dass sie Stiles Kehle entstammten, auch wenn sie in ihrer wilden Panik und ihrem Entsetzen kaum menschlich klangen. Eher hörte es sich an, wie ein verzweifeltes Tier in der Falle.
Derek rannte nicht, er flog beinahe die Treppen hinauf, stürzte zu seinem Zimmer, bemerkte beiläufig, dass seine Tür aufgebrochen worden war.
Auf den Anblick, der sich ihm in seinem Zimmer bot, war er nicht gefasst.
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