16 Katharsis
Derek hatte sein Frühstück eingenommen und war gerade dabei, sich anzuziehen und auf den neuen Tag vorzubereiten.
Als es nun stürmisch an seine Tür klopfte, war er sicher, dass es sich um Scott handeln musste, auch wenn der mindestens eine Stunde zu früh dran war. Und wenn er es so eilig hätte eingelassen zu werden, dann musste etwas passiert sein.
Derek warf sich einen Pullover über und öffnete.
Und was er draußen entdeckte ließ beinahe sein Herz stillstehen.
Es war nicht Scott.
Es war Stiles, welcher sich in einem solch erbärmlichem Zustand befand, dass er beinahe nicht wiederzuerkennen war! Und er war nicht allein, sondern hing apathisch und halb bewusstlos in Peters Armen.
Sein Onkel fragte nicht, ob er eintreten dürfe, er tat es einfach und dann hielt er Derek den Jungen hin, wie ein böser, alter Kater seinem Menschen eine tote Maus überbringen würde.
Derek nahm Stiles wortlos entgegen und Peter forderte:
„Bring ihn wieder in Ordnung, ja? Kannst du das?"
Es klang verzweifelt und das machte Derek stutzig.
Noch nie hatte er seinen Onkel so erlebt; beinahe weich; beinahe so, als ob er ein Herz habe
Er war zunächst zu perplex, um in irgendeiner Weise angemessen auf diese Situation reagieren zu können.
Doch auch bei näherem Nachdenken hätte er vermutlich nicht sagen können, welche Reaktion in dieser verstörenden Situation wohl die angemessene sein mochte.
Derek legte Stiles zunächst einmal auf sein Bett und betrachtete ihn dann genauer, berührte zart das geliebte Gesicht und fragte seinen Onkel dann verzweifelt:
„Himmel Peter! Was hast du bloß mit ihm angestellt?"
Er sah die verbundenen Handgelenke und fragte dann ängstlich:
„Hast du ihn etwa gebissen? Ist es die Abstoßungsreaktion? Wird er nun sterben?"
Peter war blass und seine Miene ängstlich verzerrt.
Er schüttelte heftig den Kopf:
„Nein, das hat er sich selbst angetan!" rechtfertigte er sich rasch.
Derek schluckte:
„Mit anderen Worten; du hast ihn so sehr gequält, bis er nur noch einen einzigen furchtbaren Ausweg gesehen hat, richtig?" stellte er leise fest.
Peter blickte angestrengt auf seine Schuhspitzen:
„Du kriegst ihn wieder hin, oder nicht?"
Derek schloss gequält die Augen. Als er sie wieder öffnete sagte er bitter:
„Ich hasse dich, du verdammtes Monster!"
Er spuckte die Wort geradezu aus.
Bis gerade eben hatte Derek neben Stiles auf dem Bett gesessen. Nun erhob er sich und trat bedrohlich nah vor seinen Onkel hin und wollte wissen:
„Und wenn es mir wirklich gelingt, diesen armen, zerstörten Körper und diese malträtierte Seele wieder zu heilen; was wirst du dann tun, Peter? Wirst du dann kommen, um ihn wieder abzuholen. Bin ich so etwas, wie ein Schuster? Ist Stiles bloß ein paar Slipper, welches du mir zur neuen Besohlung bringst? Soll ich ihn etwa wieder für dich richten, damit du noch eine Weile dein krankes Spiel mit ihm treiben kannst? Hast du noch nicht genug gehabt?"
Peter schüttelte langsam den Kopf:
„Nein, Derek, ich hole ihn nicht zurück. Er gehört jetzt dir. Mach' mit ihm, was du willst."
Derek ballte die Hände zu Fäusten:
„Weißt du, was das wirklich Schlimme ist? Dass ich annehmen muss, dass du wahrscheinlich nicht einmal weißt, wie furchtbar das ist, was du da gerade gesagt hast! Stiles gehört weder dir noch mir. Er ist kein Ding, sondern ein Mensch, verdammt nochmal! Er gehört sich selbst allein!"
Die Faust kam so schnell, dass Peter sie nicht einmal kommen sah und so hart, dass der Kieferknochen krachte:
„Verschwinde von hier und komm' nie wieder in Stiles Nähe , Peter!" donnerte Derek, der sich inzwischen verwandelt hatte.
Peter wischte sich Blut aus dem Mundwinkel und flehte dann:
„In Ordnung! Aber lass' mich wissen, ob er es schafft, ja? BITTE!"
Es gab zwei Dinge, die Peter niemals tun würde: flehen und bitten!
Und nun blinzelte sich Dereks Onkel tatsächlich auch noch eine Träne weg.
Derek, der Peter im Grunde die schlimmste Pest an den Hals wünschte für das, was er Stiles angetan hatte und auch noch für so viele andere Dinge, fühlte sich mit einem Mal wie entwaffnet.
Er nickte lediglich.
Peter trat an das Bett heran, warf einen letzten Blick auf Stiles, berührte dessen Gesicht sanft mit den Fingerspitzen und dann verschwand er ganz einfach, genau wie versprochen.
Draußen konnte Peter eigentlich noch gar nicht recht glauben, dass Derek ihn gerade eben nicht ganz einfach umgebracht hatte.
Als Derek nun mit mit seinem Liebhaber allein war, hatte er im Grunde überhaupt keine Ahnung, wo er anfangen sollte. Die Tränen hatten längst unkontrolliert zu fließen begonnen, doch er nahm sich nicht die Zeit, sie wegzuwischen. Stattdessen machte er sich zunächst daran, Stiles von seinen Fesseln zu befreien. Währenddessen flüsterte er ununterbrochen auf den geschundenen Jungen ein, versprach ihm, dass er nun in Sicherheit sei, dass seine Qualen ein Ende hätten, dass er jetzt nichts mehr fürchten müsse und versicherte ihm, dass er ihn liebte.
Stiles reagierte weder auf die Worte, noch auf Berührungen.
Seine Lider flatterten und er fühlte sich klamm und fiebrig an.
Derek holte einen Pyjama für Stiles und zog ihm erst einmal die blutigen Kleidern aus.
Weiße Haut spannte sich über Knochen.
Da war nichts mehr; weder Muskel- noch Fettgewebe!
Und überall war der Junge übersät von Blutergüssen und mehr, oder weniger verheilten Wunden.
Aus Dereks stillen Tränen war nun ein Jammern und Heulen geworden.
Er hielt sich selbst erschrocken die Hand vor den Mund, als er diese entsetzten Töne vernahm, die seiner eigenen Kehle entstammten.
Der Werwolf wickelte den nackten Stiles sehr sanft in eine Decke, damit er warm blieb. Dann verschwand er im Bad, um wenig später mit einer Schale mit warmem Seifenwasser zurückzukehren. Er reinigte Stiles, indem er ihn zart mit einem Lappen abtupfte, den er immer wieder in die Seifenlauge tauchte. Ganz vorsichtig trocknete Derek den Verletzten schließlich ab und zog ihm den Schlafanzug über.
An einen Verbandswechsel dachte er in diesem Moment noch nicht, denn erstens schien Peter wenigstens hier eine einzige Sache richtig gemacht zu haben und zweitens waren die Wunden noch so frisch, dass Derek fürchtete, dass alles wieder aufreißen und Stiles noch weiteres Blut verlieren könnte, sobald er sich daran zu schaffen machte.
Dereks nächstes Ziel war es, den Blutverlust seines Patienten auszugleichen. Hierfür hatte er zunächst nur einen Krug Wasser auf seinem Nachttisch zur Verfügung, doch das war für den Anfang bestimmt nicht das Schlechteste.
Stiles war mit Sicherheit dehydriert. Außerdem war Nahrungsaufnahme in seinem verhungerten Zustand wohl etwas, dass eine gewisse Sorgfalt und Vorsicht erforderte. Es wirkte, als habe Stiles seit einer Ewigkeit nichts zu essen bekommen. Seine Verdauungsorgane hatte ihren Dienst vermutlich weitgehend eingestellt.
Schlucken war eine Reflexhandlung, richtig?
Also musste es doch wohl auch dann funktionieren, wenn Stiles nicht vollständig bei Bewusstsein war.
Derek benetzte Stiles trockene, ein wenig aufgesprungen Lippen zunächst bloß und als er sah, wie der Jüngere sich mit der Zunge darüberfuhr, setzte er langsam und bedächtig ein Glas an. Mit sehr viel Geduld verleibte Derek seinem Patienten auf diese Weise Stück für Stück beinahe einen ganzen Liter Wasser ein.
Er war damit gerade fertig, als es an weiteres Mal an diesem Morgen an Dereks Tür klopfte. Dieser öffnete zunächst einen Spalt und Scott wollte wissen:
„Bist du fertig?"
„Wir müssen heute nicht losfahren!" erwiderte Derek schlicht und zog die Tür weiter auf, um Scott sehen zu lassen, wer da in seinem Bett lag.
Die Augen von Scott wurden rund wie Teller, als er Stiles erblickte. Mit wackligen Knien trat er an das Bett heran und fragte dann mit zitternder Stimme:
„Lebt er?"
Derek nickte:
„Sei bloß ein wenig vorsichtig! Er...er ist verletzt!"
Scott nickte, legte sich weinend neben Stiles und schmiegte sich an ihn:
„Ich bin hier Bruder!" flüsterte er: „Ich bin hier und ich liebe dich!"
Stiles zeigte keinerlei Reaktion und Scott blickte ängstlich zu Derek auf:
„Kann er mich hören?" wollte er wissen.
Der Werwolf zuckte ratlos mit den Schultern:
„Ich habe keine Ahnung. Aber ich denke, es kann bestimmt nicht schaden, wenn du mit ihm sprichst. Vielleicht bringt ihn eine vertraute Stimme zu uns zurück." dann fügte er hinzu: „Bleibst du einen Moment bei ihm? Ich muss kurz mal weg."
Angst flackerte in Scotts Augen auf, also versicherte Derek:
„Nur ein paar Minuten. Ich bin gleich wieder bei euch."
Und so nickte Scott.
Als Derek an die Rezeption kam, saß da wie gewöhnlich Greenburg auf seinem Posten. Bei ihm gab der Werwolf seine Bestellung auf:
„Sie wollen jetzt eine Suppe essen?" fragte der Rezeptionist verständnislos: „Es gab doch gerade Frühstück."
Derek rollte ungeduldig mit den Augen und dachte ärgerlich, dass es diesen Wicht im Grunde gar nichts anging. Dennoch erwiderte er:
„Die ist nicht für mich. Ich habe einen kranken, hungrigen Gast! Also? Was hat der Koch da?"
„Es müsste noch etwas von der Tomatencremesuppe von gestern Abend da sein." überlegte Grennburg.
Derek nickte:
„Die nehme ich!"
'Das war Ideal!' dachte Derek erleichtert. Die Suppe wäre reichhaltig, durch die Sahne und die Säure der Tomaten würde die Produktion von Verdauungssäften wieder ankurbeln.
Er verlangte weiter:
„Dann wünsche ich außerdem noch Tee, Früchte und weiches Brot dazu."
„Ich werde es gleich an die Küche weitergeben!" versicherte Greenburg nun diensteifrig.
Beiläufig fragte sich Derek, ob dieser Kerl sich einfach nur furchtbar gern anbiederte, oder ob er tatsächlich versuchte, ihm zu gefallen, weil er noch andere Absichten hatte?
Doch im Grunde spielte es keine Rolle.
Derek bedankte sich und kehrte in sein Zimmer zurück, wo Scott einen unbeteiligt vor sich hindämmernden Stiles sacht streichelte, sein Gesicht küsste und ihm leise flüsternd Begebenheiten aus ihrer gemeinsamen Vergangenheit erzählte.
Derek nahm ganz still auf einem Stuhl Platz und beobachtete diese Szene.
Die tiefe Bindung zwischen seinem Liebhaber und dessen bestem Freund, die darin zum Ausdruck kam versetzte dem Werwolf einen kleinen Stich der Eifersucht, nicht weil er ernsthaft glaubte, Scott wollte seinen Platz in Stiles Leben einnehmen, sondern vielmehr weil es in seinem eigenen Leben bislang niemanden gab, dem ER sich derart eng verbunden fühlte.
Einen Augenblick später klopfte es an der Tür und ein Mädchen vom Zimmerservice kam mit Dereks Bestellung.
Er bedankte sich, nahm ihr das Tablett ab und trug es zum Bett.
Der Tee stand zum Warmhalten auf einem Stövchen. Ihn platzierte Derek für später auf dem Nachttisch.
Er nahm einen Löffel Suppe und versuchte, Stiles damit zu füttern, dieser jedoch öffnete den Mund nicht freiwillig und so verlegte sich Derek auf das, womit er vorhin schon Erfolg gehabt hatte, als er Stiles das Wasser zu trinken gegeben hatte: Als die Suppe dafür kühl genug war, gab er sie in einen Becher, sperrte Stiles Mund mit sanfter Gewalt auf und ließ ihn sehr langsam davon trinken!
Erleichtert registrierte er, dass es funktionierte.
„Du machst das gut mit ihm!" kommentierte Scott.
Derek bedankte dich mit einem Lächeln.
Zum ersten Mal an diesem Morgen erlaubte er sich, sich vorsichtig darüber zu freuen, dass Stiles wieder bei ihm war und zaghaft zu hoffen, dass nun vielleicht doch noch alles gut werden mochte.
„Ich muss Allison und Boyd Bescheid sagen, dass wir uns heute nicht treffen müssen. Und auch Malia, Kira und Lydia, dass Stiles wieder bei uns ist!" bemerkte Scott tonlos, doch er rührte sich nicht vom Fleck, sondern drängte sich stattdessen eher noch ein wenig enger an Stiles heran:
„Es ist O.K. Kleiner!" versicherte Derek: „Ich werde mich auf deinen Freund hocken, wie eine Glucke auf ihr Gelege. Ich lasse ihn keinen Moment unbeaufsichtigt. Er ist nun in Sicherheit und ich kümmere mich gut um ihn. Versprochen! Wie wär's, wenn du heute Abend mit Allen wiederkommst und wir Stiles bis dahin ein wenig Ruhe gönnen?"
Scott nickte, schaffte es dann tatsächlich endgültig, sich loszureißen, aber nicht ohne Stiles noch einmal zuzuflüstern, wie sehr er ihn liebte und ihn zu küssen.
Auf den Mund!
Es war ihm in diesem Augenblick gleichgültig, wie Derek das beurteilte, oder ob er wohl fand, dieses Privileg stünde ihm allein zu, denn das hier war Stiles!
Seine ganze Familie!
Dann erhob er sich, nickte Derek noch einmal zu und verschwand schweren Herzens.
Kaum waren Derek und Stiles wieder unter sich, fing der Patient an, unruhig und zappelig zu werden.
Er zuckte mit Armen und Beinen, machte ein paar Mal Anstalten, sich zu erheben, oder gab jammernde und stöhnende Laute von sich.
Derek wusste nicht recht, was er dagegen unternehmen sollte.
Schließlich zog er sich seinen Pullover wieder aus, so dass er nur noch Hose und Unterhemd trug und schmiegte sich an Stiles, weil er hoffte, seine Körperwärme möge den Jüngeren beruhigen, doch das Gegenteil war der Fall!
Stiles zuckte noch stärker, versuchte, sich Derek zu entwinden und rief aufgeregt:
„NEIN PETER! Nein, ich will das nicht. Bitte nicht! Bitte fass' mich nicht an! KÄFIG! Ich will in meinen Käfig! Nein! NEIN!"
Stiles Gesicht war mittlerweile nass von seinen Tränen und er hörte nicht auf, vor sich hinzumurmeln und irgendwann sagte er matt:
„Bitte nicht! Theo! Bitte nicht!"
Erschrocken wich Derek ein wenig zurück.
'Natürlich!' dachte er wütend auf sich selbst. Auch Peter musste sich Stiles aufgedrängt haben. Und auch er besaß die erhöhte Körpertemperatur eines Wolfes. In seinem Zustand musste Stiles doch annehmen, dass es wiederum er war, der sich ihm gegen seinen Willen näherte.
Und wer dieser Theo war, wusste Derek natürlich nicht, doch er ahnte es: Es war sicherlich ein Anderer aus der langen Reihe von Menschen, die Stiles in seinem Leben auf die eine oder andere Weise missbraucht hatten.
Oder vielleicht war dieser Kerl ja der Erste von ihnen gewesen.
Derek fühlte sich ohnmächtig, todtraurig und bitter.
Er versicherte nun sanft:
„Ist gut Stiles! Niemand wird dich jemals wieder in einen Käfig sperren. Du bist frei, mein Liebling! Und niemand darf dir noch einmal wehtun! Jetzt wird alles gut, hörst du? Ich verspreche es!"
Stiles reagierte nicht auf seine Worte und er beruhigte sich auch nicht wieder und Derek konnte hören, dass das Herz seines Liebhabers wie wild raste.
Der Werwolf bekam es mit der Angst zu tun und hatte zunächst nicht die geringste Ahnung, wie er Abhilfe schaffen konnte.
Dann fiel ihm eine letzte Sache ein, welche er noch probieren konnte. Er erinnerte sich an etwas, was Stiles gesagt hatte, als Derek ihm seinen Wolf vorgestellt hatte; nämlich dass er sich als Kind immer einen Hund gewünscht hatte, der ihn beschützt.
Und so legte der Werwolf seine Kleider ab, verwandelte sich, stand dann im Bett über Stiles, kläffte ein klein wenig, leckte dem Verletzten über Hals und Gesicht und ließ sich schließlich groß und schwer unmittelbar neben Stiles nieder.
Und erstmals zeigte Stiles wieder so etwas wie eine bewusste Reaktion. Er beruhigte sich ein wenig, öffnete die Augen einen Spalt weit und als er den Wolf erblickte, drehte er sich, um näher bei ihm zu sein und sein Gesicht in dessen Fell verbergen zu können.
Zufrieden platzierte der Wolf seinen Kopf auf dem des Jungen und wenig später waren beide eingeschlafen.
Im Schlaf hatte Derek sich zurückverwandelt. Als er erwachte, lag Stiles immer noch gleichmäßig atmend und mit geschlossenen Augen neben ihm. Seine Gesichtszüge waren endlich wieder entspannt. Dennoch sah er in diesem Moment irgendwie anders aus. Einen Ausdruck wie diesen hatte Derek an Stiles noch niemals gesehen: Unschuldig, geläutert und sehr, sehr jung!
Zufrieden stellte Derek fest, dass das Herz des Jüngeren mittlerweile wieder normal schlug.
Unendlich behutsam rückte Derek von seinem Liebhaber ab, um diesen Frieden jetzt noch nicht zu stören.
Dann stand er auf und zog sich wieder an.
Er zog sich einen Stuhl ans Bett und nahm ein Buch zur Hand, doch er stellte schnell fest, dass er sich überhaupt nicht auf das geschriebene Wort konzentrieren konnte, wenn vor ihm genau das lag, was er sich am meisten gewünscht und auf das er schon nicht mehr zu hoffen gewagt hatte.
Bestimmt eine Stunde lang saß er einfach nur so da und schaute, doch irgendwann konnte er einfach nicht länger widerstehen und er küsste Stiles zart auf die Wange.
Und obwohl er vorsichtig war, öffnete Stiles nun die Augen und blickte ihn erschrocken an. Derek erwiderte den Augenkontakt und flüsterte sanft:
„Keine Angst, Stiles! Ich bin es doch nur. Erkennst du mich nicht?"
Stiles wich ein wenig zurück, schüttelte den Kopf und murmelte:
„Das ist ein Trick! Du bist nicht hier! Das ist bloß ein Trick!"
Derek spürte, wie in ihm etwas zerbrach:
„Ich schwöre dir, dass ich hier bin. Ich bin real! Und du bist in Sicherheit, mein Süßer. Ehrlich!"
Stiles legte den Kopf ein wenig schief und schaute Derek lange prüfend an.
Dann begann er zu weinen; erst still und dann setzte das Schluchzen ein.
Derek hatte keine Ahnung, wie er mit dieser Situation umgehen sollte. Er konnte sich nicht einmal im Ansatz vorstellen, was in Stiles gerade vorgehen mochte und er verfluchte sich, dass er seinen verdammten Onkel nicht umgebracht hatte, als er vorhin die Gelegenheit dazu gehabt hatte.
Er hasste diesen Bastard; hasste es, was er seinem Geliebten angetan hatte.
Und Isaac.
Peter lag wie ein dunkler Fluch über Dereks Leben. Es war ganz so, als sei es die Natur seines Onkels: Er sah einen strahlenden, unschuldigen, lebendigen, jungen Menschen und sein erster Impuls war es, sich diese Attribute einzuverleiben, sie durchzukauen und hinterher lediglich die Knochen auszuspucken.
Und so lag Stiles nun vor ihm: Nur noch Knochen, zitternd, weinend!
Da war kein Licht mehr!
Derek fürchtete sich zwar davor, dass es genau das Falsche sein und Stiles lediglich noch weiter verstören könnte, doch er schaffte es auch nicht, den Jungen mit seiner Trauer allein zu lassen und so kroch er zu ihm auf das Bett und schlang die Arme um ihn.
Im ersten Moment versteifte sich Stiles Körper bei der Berührung ein wenig, doch er wehrte sich nicht dagegen. Dann warf er sich sogar gegen Dereks Brust, krallte sich fest in seinen Rücken, vergrub sein Gesicht an seinem Hals und sog den Geruch seines Trostspenders ein.
Derek ahnte, dass Stiles das tat, um sich zu vergewissern, dass wirklich er es war, der ihn in diesem Augenblick hielt.
Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis Stiles endlich zu Weinen aufhörte, als es soweit war und er wieder sprechen konnte, blickte er Derek fest in die Augen:
„Wenn es wirklich wahr ist; wenn du wirklich jetzt hier bei mir bist, dann ist alles Andere auch real. Es ist nicht nur ein böser Traum gewesen ES IST WIRKLICH PASSIERT? Das ist...schrecklich!"
Derek schluckte:
„Aber jetzt ist es vorbei! Du bist sicher!" versicherte er hilflos und ahnte dennoch, dass Stiles noch einen weiten Weg vor sich hatte.
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Nachwort:
Ihr Lieben,
das war das allerletzte Kapitel, dass ich schon vorgeschrieben habe. Ab jetzt geht es erst weiter, wenn ich wieder etwas Neues geschrieben habe und das ist etwa einmal die Woche der Fall. Leider muss ich meine Aufmerksamkeit zur Zeit noch unter sechs Geschichten aufteilen. Seid nicht traurig, wenn es mal etwas länger dauert!
Liebe Grüße,
Ginger
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