15 Nichts mehr, was zählt
Triggerwarnung: Gewalt und Missbrauch!
Stiles hatte jetzt einen Käfig in Peters Schlafzimmer.
Der Werwolf hatte eingesehen, dass es Stiles dauerhaften Schaden zufügte, ständig an die Wand gefesselt zu sein und so hatte er seine Männer dieses riesige Ungetüm in seinen Schlafraum stellen lassen. Es hatte ein Dach und einen Boden aus massivem Holz und war rundherum mit schweren Metallstäben vergittert .
Stiles kleines Gefängnis war zu flach, um darin zu stehen, doch er konnte sitzen oder sich der Länge nach hinlegen.
Er hatte sich dafür bei Peter bedankt.
Inzwischen war Stiles seit zwei Wochen Peters Gefangener und dieser Zustand hatte ihn sehr, SEHR müde gemacht.
Stiles dachte kaum noch daran, wie es früher einmal gewesen was; dachte nicht an Scott, nicht an Derek, oder an sonst irgendwen. Das hatte alles irgendwie seine Bedeutung verloren, seit er eingesehen hatte, dass er nie wieder freikommen würde.
Überhaupt hatte er nun nur noch wenige sinnvolle, nennenswerte Gedanken oder Gefühle. Er schlief sehr viel und bewegte sich wenig, doch dazu hatte er in seinem kleinen Stall natürlich auch nicht wirklich die Möglichkeit.
Wenn er schlief, hatte Stiles eigenartige Träume. Er träumte häufig vom Tod, davon wie er in der kühlen Erde lag und absolut nichts hatte mehr eine Bedeutung, nichts tat weh und es war ganz still, sowohl in ihm, als auch um ihn herum.
Das war schön!
Doch der Traum, den er gerade eben gehabt hatte war der allerbeste gewesen, denn darin hatte er seine Eltern gesehen. Obwohl er die beiden nie kennengelernt hatte, sah er sie in diesem Augenblick deutlich vor sich und er wusste instinktiv ganz sicher, dass sie es waren.
Es war ein sonniger Tag gewesen und sie alle waren irgendwo draußen in der Natur. Seine Mutter trug ein weißes Kleid und einen Strohhut. Ihre langen, blonden, gelockten Haare fielen ihr offen über die Schultern und sie lächelte ihm freundlich zu, winkte und rief ihn zu sich heran. Sie nannte ihn bei einem anderen Namen, doch nach dem Aufwachen konnte er sich nicht mehr daran erinnern, wie dieser gelautet hatte.
Stiles selbst war in seinem Traum noch ein sehr kleines Kind gewesen, gerade alt genug, um seine ersten Schritte zu machen.
Sein Vater lag in ihrer Nähe auf einer Decke auf der Wiese und schaute ihm und seiner Mutter lächelnd zu.
Es war ein friedvoller, glücklicher, beinahe vollkommener Augenblick.
Und als Stiles erwachte, brach es ihm das Herz.
Er wollte zurück.
Zurück zu diesem Sommertag und zu seinen Eltern, die ihn voller Liebe anschauten.
Er wollte zurück zu diesem Moment vollkommener Unschuld.
Er war erwacht, ehe er die Schutz spendenden Arme der Mutter hatte erreichen können!
Stille Tränen kullerten Stiles über die Wangen und er drehte Peter rasch den Rücken zu, damit dieser in nicht weinen sah, doch aus irgendeinem Grund bekam der Werwolf es dennoch jedes Mal mit:
„Du weißt doch, dass ich es hasse, wenn du das tust!" tadelte ihn Peter auch tatsächlich und holte Stiles aus seinem Käfig.
Dieser schluckte und erklärte nickend:
„Ich weiß Peter. Es tut mir leid! Manchmal kann ich es einfach nicht kontrollieren. Aber jetzt geht es wieder. Ich höre schon auf! Versprochen"
In Erwartung von Schlägen schloss er die Augen, doch es passierte nichts.
Und so schaute Stiles ängstlich wieder auf und begegnete Peters strengem Blick:
„Du hast wohl von meinem Neffen geträumt, wie?" wollte dieser wissen:
Stiles war froh, dass dem nicht so war, denn Peter wusste immer, wann er log.
Es war genau wie mit den Tränen; irgendwie mussten die Sinne von Werwölfen in der Lage sein, diese Dinge wahrzunehmen, auch wenn Stiles nicht wusste, wie dies funktionierte.
Er schüttelte den Kopf, rieb sich die Augen trocken und versicherte eilig:
„Nein, Peter. Habe ich nicht, ehrlich!"
Peter nickte.
Dann brachte er ihn ins Bad und nahm ihn hinterher mit in sein Bett, wo er wie immer, ein Tablett für ihn hatte.
Stiles hatte mit jedem Tag weniger essen können und heute war er sicher, dass er überhaupt nichts herunterbringen würde, also schüttelte er den Kopf, als Peter ihm den Teller mit den Broten hinschob:
„Du musst essen!" befahl der Ältere.
Stiles blickte ihn gequält an und wusste, dass er Peter gehorchen musste, also versuchte er widerwillig einen Bissen zu nehmen, doch kaum hatte er geschluckt, musste er würgen und rannte hinüber ins Bad.
Peter folgte ihm, schnupperte an ihm und fragte:
„Was ist mit dir? Bist du etwa krank? Du reichst nicht krank!"
Stiles zuckte mit den Achseln:
„Ich glaube, es ist mein Magen!" erklärte er unsicher.
Peter runzelte die Stirn:
„Ich werde dir Tee besorgen." verkündete er: „Leg dich ins Bett!"
Stiles blickte ihn ungläubig an, doch er folgte der Anweisung.
Peter verriegelte Türen und Fenster, ehe er seinen Gefangenen zurückließ.
Kaum war er allein, sah Stiles seine Chance gekommen und war entschlossen, sie zu nutzen. Er mühte sich mit schwachen Fingern damit ab, einen der Stricke vom Pfosten des Himmelbettes loszuknoten, mit welchen Peter Parrish letzte Nacht gefesselt hatte, als er diesen wieder einmal zu sich geholt hatte.
Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit und Stiles hatte schon Angst, Peter würde zurückkehren, ehe er es geschafft hätte, doch schließlich hatte er es geschafft. In Windeseile bildete Stiles eine Schlinge und knotete das Seil am stabilen Dach des Himmelbettes fest. Er hatte sich soeben die Schlinge um den Hals gelegt, als Peter mit dem Tee wiederkam.
Stiles sah es ängstlich und beeilte sich von der Bettkante zu springen. Er war sich sicher, das Peter ihn nicht mehr rechtzeitig erreichen würde, doch er hatte die Rechnung ohne die Reaktionen und die unnatürliche Schnelligkeit der Werwölfe gemacht.
Peter ließ das Tablett einfach achtlos zu Boden fallen lassen und war bei Stiles, noch ehe das Seil sich spannte.
Nun löste der Ältere die Schlinge von dessen Hals und blickte ihn einen Moment zornig an, ehe er damit begann, Stiles ein weiteres Mal mit Schlägen einzudecken.
Dieser jedoch widerstand mittlerweile sogar dem Reflex, schützend die Hände vor den Kopf zu heben und ließ die Bestrafung einfach nur noch passiv über sich ergehen.
Als er dies sah schluckte Peter und ließ die Fäuste sinken.
Stiles sackte in sich zusammen und glitt entkräftet zu Boden.
Peter blickte einen Augenblick ratlos auf den Jungen hinab und wollte dann wissen:
„Warum, Stiles?"
Statt einer Antwort schaute dieser lediglich mit weit aufgerissenen Augen zu ihm hinauf. Seine Pupillen waren riesig und schienen die bernsteinfarbene Iris beinahe vollständig zu verdrängen.
Peter nahm Stiles hoch, legte ihn ins Bett und hielt ihn fest.
Plötzlich kam wieder ein wenig Leben in den Jüngeren.
Er zappelte und flüsterte kraftlos:
„Nein! Nein Peter! Ich will das nicht! Ich will in meinen Käfig. Bitte! Ich will zurück in meinen Käfig. Bitte! BITTE!"
Peter jedoch ließ ihn nicht los. Im Gegenteil! Er festigte seinen Griff um Stiles noch:
„Halt die Schnauze, Stiles!"
Es klang beinahe sanft, wie er das sagte:
„Du bleibst hier bei mir im Bett. Kein Käfig, hörst du? Aber hab keine Sorge, dieses eine Mal will ich keine Gegenleistung dafür. Entspann' dich jetzt einfach. Schlaf ein bisschen!"
Stiles konnte aber nicht schlafen.
Nach einer Weile wollte er wissen:
„Was willst du denn bloß von mir? Warum hast du mich denn nicht einfach gehen lassen, Peter?"
„Weil du Mein bist, Stiles! Du gehörst mir! Und ich entscheide, wann ich genug von dir habe, hast du das verstanden?" erwiderte Peter, doch aus irgendeinem Grund schien hinter diesen Worten wenig Überzeugung zu stecken.
Stiles brachte die ganze Nacht bei Peter im Bett zu. Dieser hatte halb auf ihm gelegen und ihn mit seiner festen Umarmung beinahe erstickt.
So als könne Peter einfach nicht loslassen.
Als beide wieder erwachten, bat Stiles leise und wimmernd:
„Darf ich nun bitte wieder in den Käfig?"
Peter nickte und Stiles kroch freiwillig in sein deprimierendes kleines Gefängnis zurück, als würde er sich darin wohler und sicherer fühlen, als bei Peter im Bett.
Mit jedem Tag, der ins Land ging schwanden Dereks Hoffnungen, Stiles noch einmal lebendig wiederzusehen.
Dennoch fuhren weiterhin an jedem Vormittag los, um nach ihm zu suchen. Im Grunde tat Derek dies Scott zuliebe, denn der wollte einfach nicht loslassen.
Stiles tot?
Das war für diesen Jungen einfach keine Option!
Der Werwolf begann, Scott wirklich gern zu haben. Er verstand, warum Stiles ihn liebte, denn er war einfach so freundlich, sanft und idealistisch. Man wollte alles tun, damit dies auch so blieb und so brachte Derek es auch nicht über's Herz, diesem Jungen seine Ängste, Zweifel und Befürchtungen mitzuteilen.
Derek fragte sich, warum er nach Isaac bloß nichts dazugelernt hatte? Eigentlich hatte er sein Herz nie wieder so weit öffnen wollen, wie damals.
Diesen Schmerz hatte er nie wieder fühlen wollen, doch jetzt steckte er wieder einmal drin bis zum Hals.
Und dabei hätte es doch auch verdammt nochmal wirklich besser wissen müssen!
Jeder, den er je geliebt hatte war gestorben; seine Familie und auch sein Liebhaber.
Offensichtlich war es sein Schicksal, allein zu sein.
Im Grunde sollte er sich von anderen Menschen fernhalten, denn er brachte Unglück!
Doch dann war er Stiles begegnet, der so süß gewesen war, so verletzt und dabei doch so offensiv, lebendig und zäh und er hatte sich wider besseres Wissen Hals über Kopf verliebt.
Und nun war all' dies, was dieser Junge gewesen war wahrscheinlich schon gar nicht mehr.
Ob Peter wohl wenigstens den Anstand besäße, Derek wissen zu lassen, wenn Stiles tot wäre, um ihm damit die Chance zu geben, richtig um ihn zu trauern?
Derek war sich nicht sicher.
Aber selbst, wenn sie Stiles gegen alle Wahrscheinlichkeit doch noch lebendig wiederfinden würden; wie sollte es ihnen dann bloß gelingen, ihn aus Peters gierigen Klauen wieder zu befreien? Er war ein Alpha und er hatte ein Rudel hinter sich.
Und die tapferen Retter?
Ein Omega und drei Kinder!
Und selbst wenn Stiles noch lebte; was wäre dann wohl noch von ihm übrig, nach der wochenlangen Gefangenschaft von Dereks grausamen, gewissenlosen Onkel.
Der Werwolf schluckte und blickte zurück auf die Rückbank seines Wagens, wo Scott in das Studium einer Karte der Umgebung vertieft war. Neben ihm saß Allison, den Kopf auf seiner Schulter abgelegt und den Blick ebenfalls in den Plan gerichtet.
Der Werwolf hätte sich nie vorstellen können, dass er nach Kate eines Tages noch einmal ein Mitglied der Familie Argent gern haben könnte, doch diese Allison war ein wirklich nettes Mädchen. Sie passte wunderbar zu Scott und die beiden waren bezaubernd miteinander, feierten jeden Tag, den sie einander wiederhatten wie ein besonderes Geschenk und ganz heimlich stellte Derek sich eine Sekunde lang vor, wie es wäre, wenn Stiles und er auch ein Wiedersehen feiern könnten.
Derek fragte sich wie es kam, dass ihre Eltern Allison nicht zur Jägerin ausgebildet hatten.
Vielleicht hatten die Argents ihre Tochter noch zu jung gefunden, um sie mit dieser Welt bekannt zu machen?
Oder sie hatten sich mittlerweile zur Ruhe gesetzt?
Sie wusste jedenfalls scheinbar gar nichts über Wölfe.
Keiner von seinen neuen Freunden wusste über ihn Bescheid und er würde es ihnen auch nicht. verraten, denn es war nichts, womit er hausieren ging, weil er es im Grunde hasste und wenn er die Wahl gehabt hätte, wäre er lieber ein richtiger Mensch und kein Monster gewesen.
Nach einer Weile hatte der Suchtrupp das Ziel, welches sie für heute gesteckt hatten erreicht und sie folgten ihren Spähroutinen.
Und am Abend kehrten sie alle müde und ohne ein Erfolgserlebnis zurück nach Beacon Hills.
Ein weiterer Tag, der hoffnungsvoll begonnen und resigniert beschlossen worden war.
Nachdem Allison und Scott in ihrem Heim abgesetzt waren, wollte Boyd wissen, ob Derek noch Lust auf ein wenig Spaß und Gesellschaft hätte.
Dass Derek 'Ja' sagte, zeigte ihm selbst, dass er im tiefsten Inneren nicht mehr an Stiles Heimkehr glaubte.
Es wäre sicher nicht das erste Mal, dass er unverbindlichen Sex mit irgendeinem Kerl hätte. Im Gefängnis beispielsweise war es häufig vorgekommen und auch der geheime Treffpunkt, den es hinter dem Kira's gab, war ihm beileibe nicht fremd, jedoch hätte er in seiner gegenwärtigen Situation nicht unbedingt nach dieser Art Zerstreuung gesucht.
Im Grunde war jemand wie Boyd auch nicht unbedingt Dereks Fall, denn er war ihm selbst einfach zu ähnlich: groß, breit, schweigsam und ernst!
Da Derek aber nun das Angebot erhielt, schlug er es dennoch nicht aus, weil er sich kalt, einsam und todtraurig fühlte.
Die Begegnung zwischen den beiden Männern war kurz, schnell, hart, wenn auch eigenartig schwermütig. '
Über ihnen hing der Schatten von Stiles, den sie beide so sehr vermissten.
Hinterher hatte Derek das Gefühl, Vernon eine Mahlzeit schuldig zu sein, doch der Jüngere schlug das Angebot aus.
Sie verabschiedeten sich, ohne große Worte zu verlieren.
Später würden beide so tun, als habe ihr kleines Intermezzo nie stattgefunden, nicht weil es ihnen peinlich gewesen wäre, sondern weil es einfach keine Bedeutung gehabt hatte.
In Peters Haus verging eine weitere Woche und Stiles erschien mittlerweile kaum noch lebendig. Er schlief beinahe die ganze Zeit und wenn er wach war, sprach er nicht und starrte ins Leere. Er verweigerte die Nahrungsaufnahme nun komplett und trank lediglich Wasser. Er war mittlerweile so abgemagert, dass er beinahe durchsichtig wirkte.
Und Peter ließ ihn gewähren.
Was hätte er auch unternehmen sollen?
Der Junge reagierte ja auf nichts mehr; nicht auf anschreien, oder drohen, ja nicht einmal auf körperliche Bestrafung.
Nach dem Selbsttötungsversuch seines Gefangenen ließ Peter Stiles kaum noch einen Augenblick unbeaufsichtigt. Und wenn er doch einmal den Raum verließ, achtete er genau darauf, dass sich in der Reichweite des Käfigs nichts befand, womit sein Gefangener sich selbst Schaden zufügen konnte.
Es war Zeit für's Abendessen.
Peter stieg die Treppen hinab, um sich ein Tablett aus der Küche zu holen, welches er am Ende wahrscheinlich doch wieder einmal unangerührt zurückbringen würde.
Schon von Weitem hörte der Alpha seine Männer in der Küche reden und irgendetwas an dem gehässigen Tonfall ließ Peter stehenbleiben und lauschen. Er war die Stimme von Harris, die er in diesem Moment vernahm.
Peter hatte dieses kleine, miese Frettchen ohnehin nie leiden können, doch das was dieser dem restlichen Rudel in diesem Augenblick zu sagen hatte, löste schlagartig weißglühenden Zorn in ihm aus:
„...der Boss lässt sich von diesem kleinen Menschen doch komplett zum Narren, kommt überhaupt nicht mehr raus aus seinem verdammten Loch, hat sich mit dem Bengel da oben seit Wochen eingeschlossen. Wollt ihr so einem Verlierer wirklich länger folgen? Peter ist schwach geworden! Er ist eine totale Witzfigur, besessen davon, mit einem mageren, blassen Jungen zu schlafen, der ihn nicht freiwillig ranlässt. Ich sage euch Brüder, die Dinge hier werden sich ändern müssen! Wir brauchen einen neuen, starken Alpha!"
Harris merkte erst, dass Peter bereits hinter ihm stehen musste, als er in die entsetzten Gesichter der anderen Wölfe am Küchentisch blickte:
„Ach wirklich, Harris?" fragte dieser dann auch tatsächlich höhnisch: „Ihr braucht also einen neuen Alpha? Und wer wird das sein? Du vielleicht, du Clown?"
Der Angesprochene drehte sich zitternd und bleich zu Peter um; gerade rechtzeitig, um die Klauen kommen zu sehen, welche ihm mit einem gewaltigen Hieb den Kopf von den Schultern rissen.
„Hat noch irgendjemand etwas zu sagen?" erkundigte sich der Alpha donnernd.
Peters Männer schüttelten ängstlich mit den Köpfen.
Der Alpha nickte zufrieden, deutete mit dem Kinn auf das Blut, den kopflosen Körper und den Schädel am Boden und befahl:
„Dann macht hier sauber und bringt den Müll raus!"
Die Werwölfe nickten eifrig und machten sich rasch ans Werk, während Peter sich seine Hände am Spülstein reinigte.
Als er ohne das Abendessen wieder die Treppen zu seinem Zimmer hinaufstieg, nagten die Worte des jüngst verschiedenen Harris an ihm.
Er ballte seine Hände zu Fäusten.
Er riss eine Schlafzimmertür mit einem Ruck auf und ließ Stiles ein klein wenig zusammenzucken. Ebenso heftig ließ der Werwolf die Tür wieder zufallen, öffnete dann Stiles Käfig und forderte:
„Komm' raus da! Sofort!"
Halb befürchtete er, Stiles würde sich weigern, doch das tat er nicht. Mühsam quälte sich der Junge hoch und kaum stand er vor Peter auf den Füßen, hatte dieser ihn auch schon am Kragen gepackt und gegen die nächste Wand gedrückt:
„Du weißt, dass ich dich längst hätte nehmen können, wenn ich das gewollt hätte, oder Stiles?" fragte er leise und bedrohlich.
Stiles nickte müde:
„Ja, das weiß ich Peter."
„Vielleicht ist es ja genau das, was du willst? Warum sollte ein Flittchen wie du sonst so hartnäckig darauf bestehen, mich zurückzuweisen, hmm? Was sagst du, Stiles? Soll ich mir einfach von Dir nehmen, was ich möchte? Willst du das?"
Stiles schüttelte den Kopf:
„Nein! Bitte nicht, Peter."
Der Junge versuchte sich zu konzentrieren, versuchte, sich zu erinnern, warum er sich Peter eigentlich verweigert hatte, doch es fiel ihm einfach nicht mehr ein. Er wusste, dass es etwas sehr Wichtiges gewesen sein musste.
Etwas Bedeutendes!
Warum nur konnte er sich nicht erinnern?
Ein Instinkt verriet ihm, wenn er das nur könnte, dann würde vielleicht alles wieder gut werden und er wäre wieder er selbst. Aber sein Hirn weigerte sich, ihm diese wichtige Information zu geben und schließlich gab er einfach auf.
Es war vorbei, er würde nie wieder derselbe sein, wie einst. In seinem Kopf und in seinem Herzen herrschte Leere.
Es gab einfach nichts Bedeutungsvolles mehr.
Die Welt war genau so groß, so kalt und so leer, wie sein ein mal zwei Meter großer Käfig.
Da kam Stiles plötzlich eine Erkenntnis:
„Du hast mich besiegt, Peter!" sagte er beinahe flüsternd: „Ich gebe dir jetzt das Letzte, was ich habe. Du bekommst das 'Ja' von mir, dass du so unbedingt willst!"
Und innerlich sagte sich Stiles, dass es danach wohl endlich vorbei sein würde. Dann würde Peter das Interesse verlieren, ihn loslassen und es käme endlich so, wie in er es geträumt hatte: kühle Erde und Ruhe!
Er wäre am Ziel!
Er öffnete Peters Hose.
Als sie einen Augenblick später im Bett lagen, verhielt Stiles sich beinahe wie eine Gliederpuppe. Er ließ alles geschehen, ließ sich von Peter bewegen und positionieren, wie dieser es wünschte, doch zeigte er keinerlei Reaktion oder eigene Initiative. Er lag bloß auf dem Rücken, mit Peter zwischen seinen geöffneten Beinen.
Peter liebte es vielleicht, die Kontrolle auszuüben, doch dies hier behagte ihm irgendwie dennoch nicht.
Vielleicht lag es aber auch einfach an Stiles Blick, der glasig und leblos an ihm vorbeiging:
„Dreh dich auf den Bauch!" befahl Peter schließlich und Stiles gehorchte widerstandslos.
So herum war es besser!
Ohne dass er seinem Gefangenen in die Augen schauen musste, schaffte Peter es, das zu Ende zu bringen, was er tat.
Aber es hatte sich nicht so angefühlt, wie Peter es sich erhofft hatte.
Da war kein Machtrausch gewesen, kein Triumph, nicht einmal wirkliche Lust.
Stattdessen waren da Emotionen, die er kaum kannte und zutiefst verabscheute.
Traurigkeit.
Und Angst.
Stiles war von sich aus in seinen Käfig zurückgestiegen.
Peter wusste selbst nicht genau, ob es das war, was er wollte oder ob er Stiles lieber noch bei sich behalten hätte. Er ließ ihn ganz einfach gewähren, schloss die Käfigtür und löschte das Licht.
An Schlaf jedoch war lange Zeit nicht zu denken.
Vom Bett aus starrte er Stiles mit rotglühenden Augen an.
Tief in der Nacht fiel Peter dann doch noch erschöpft in einen unruhigen Schlaf.
Kurz nach Sonnenaufgang erwachte er wieder und hatte sogleich den durchdringenden metallischen Geruch von Blut in der Nase.
Peter setzte sich ruckartig auf und erkannte sofort, was geschehen war: Stiles hatte es irgendwie geschafft, sich mit seinen kümmerlichen, menschlichen Zähnen die Pulsadern der linken Hand zu öffnen und war nun im Begriff, dasselbe an seiner Rechten zu probieren.
Peter war mit einem Satz bei dem Käfig, öffnete ihn und versuchte, Stiles dort herauszuholen, doch das gestaltete sich gar nicht so einfach, denn dieser schrie, strampelte, bäumte sich und klammerte sich verzweifelt an den Gitterstäben fest.
Peter musste enorme Kräfte aufwenden.
Als er ihn endlich herausbekommen hatte, wehrte sich Stiles sich allerdings weiterhin mit allem, was sein magerer und geschwächter Körper hergab.
Peter wusste sich nicht anders zu helfen; er legte eine Hand über Nase und Mund des Jüngeren, bis dieser endlich bewusstlos in sich zusammensackte.
Nun konnte Peter Verbandszeug besorgen, Stiles auf's Bett verfrachten und seine Handgelenke verarzten.
Als das getan war, blickte er ein Weile zärtlich auf den Bewusstlosen hinab, strich ihm sacht die Haare aus der Stirn und küsste ihn sanft auf die, vom Blutverlust blassen Lippen:
„Du liegst falsch, Kleiner." flüsterte er: „Ich habe dich nicht besiegt, sondern du mich!"
Peter unterrichtete Erica, dass er eine Weile fort sein würde, sagte ihr jedoch nicht wie lange, oder wohin er wollte.
Er verschwieg auch, dass er nicht sicher war, ob er überhaupt je zurückkehren würde.
Er verschnürte Stiles mit Seilen, um zu verhindern, dass dieser wieder zu toben begänne, wenn sie unterwegs wären. Dann hob er ihn auf, trug ihn ins Auto und startete den Motor.
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