Kapitel 8
Wie immer war Alex am Morgen nicht da, obwohl es Wochenende war. Bis zum Mittwoch der darauffolgenden Woche tauchte er nicht mehr auf. Wie üblich schien das die anderen nicht zu wundern, doch er hat sich nicht gemeldet. Die letzten Male, die er einfach aus der Schule verschwand, hatte er nach einem oder zwei Tagen eine SMS geschrieben. Doch jetzt bekam ich nicht mal das, auch auf meine Anrufe und Nachrichten hat er bisher nicht geantwortet. Nach dem Abendessen, auf dem Weg in mein Zimmer, fange ich Beth ab. „Beth! Weißt du wo Alexander ist? Ich habe ihn seit Freitagnacht nicht mehr gesehen." Ich flüstere ihr die Frage zu, da auf unserem Flur einiges los ist, da gerade alle Schüler vom Abendessen zurück sind. Beth lächelt mich an „Er ist öfters mal für ein paar Tage weg, das ist nichts ungewöhnliches" sagt sie mit einem beiläufigen Schulterzucken und macht Anstalten weiter zu gehen. Ich greife nach ihrem Arm „Ja ich weiß, aber die letzten male hat er mir geschrieben wo er ist und was los ist, aber er geht nicht ans Handy und antwortet nicht auf meine SMS." Beth sieht jetzt auch etwas besorgt aus, um meinte willen oder wegen Alexander kann ich nicht beurteilen. „Hast du schon an seine Zimmertür geklopft?" fragt sie mich „manchmal geht es ihm einfach nicht so gut und bleibt auf seinem Zimmer." Daran hatte ich noch nicht gedacht. Ich danke ihr und drehe mich in Richtung Jungsflur. „Sonst frag mal bei Direktor Brighton nach" ruft sie mir nach. Ich klopfe geschlagene fünf Minuten an seine Zimmertür, bis Taylor aus seiner Tür herauskommt. „Kann ich dir helfen Cat?" Fragt er etwas verwirrt. Überrascht sehe ich ihn an, als hätte ich mir nicht denken können das es nicht unbemerkt bleibt, wenn ich Alexanders Tür malträtiere. „Alexander hat noch, ehm ... unterlagen aus Englisch die ich dringend brauche." Stottere ich. „Ich habe ihn seit Freitag nicht mehr gesehen, tut mir leid." Sagt Taylor und geht wieder in sein Zimmer. Bevor er seine Tür ganz schließt höre ich Maggie fragen was auf dem Flur los war. Also bleibt mir nur noch der Gang zum Direktor, um heraus zu finden wo Alexander geblieben ist.
Wenige Minuten später klopfe ich gegen die schwere Holztür des Sekretariats. Mit leiser klarer Stimme bittet mich Miss Howard herein. Sie sitzt mit ihrer Brille auf der Nase vor ihrem ebenfalls massiven Schreibtisch und sieht zu mir herauf. „Guten Abend Miss Howard. Ich müsste dringend mit Direktor Brighton sprechen." Erkläre ich ihr. „Es tut mir leid Miss Evans, der Direktor ist derzeit nicht im Haus." Antwortet sie mir und sieht dabei wirklich aus, als würde es ihr leidtun. „Kann ich dir weiterhelfen" setzt sie hinterher. „Nein leider nicht. Wann wird Direktor Brighton zurückerwartet?" Frage ich weiter. „Das weiß ich leider nicht meine Liebe. Wenn es wirklich so dringend ist, solltest du dich an den Vertrauenslehrer wenden." Bei den Worten lächelt sie mich aufmuntern an, sie kann nicht wissen, dass jemand anderes mir nicht helfen kann. Enttäuscht verlasse ich das Büro wieder, der Direktor war meine letzte Idee gewesen.
Ich warte noch bis zum nächsten Montag, womöglich hatte er sich nur die Woche frei genommen und würde zum Wochenbeginn wiederauftauchen, wo ich ihm dann deutlich sagen könnte wie gemein es ist einfach ohne ein Wort zu verschwinden und das ich mir Sorgen gemacht habe. Doch auch Montag taucht er nicht auf. Da wir bereits auf die Zwischenprüfungen hinarbeiten wollte ich die kommenden Wochenenden in der Schule bleiben und mit meinen Klassenkameraden lernen und besonders mit Sam für Mathe pauken. Doch am Mittwoch halte ich es nicht mehr aus. Ich setzte mich nach dem Unterricht in mein Auto und fahre zu meinen Großeltern. Während der ganzen fahrt versuche ich Alex anzurufen, doch es geht mittlerweile sofort die Mailbox ran. Bei meinen Großeltern angekommen parke ich das Auto und gehen zu Alexanders Haus. Nach wenigen Augenblicken öffnet ein älter, mir unbekannter Mann die Tür. „Guten Abend, wie kann ich Ihnen helfen." Fragt er mich mit einem freundlichen warmen Lächeln. „Guten Abend, ich such Alexander Brighton." Sage ich direkt heraus. „Die Familie Brighton ist vor einer Woche weggezogen und das Haus an mich vermietet." Er war weggezogen, einfach weg, ohne nur ein Wort zusagen. „Wissen Sie wo die Familie hingezogen ist?" Frage ich. „Nein tut mir leid, das weiß ich nicht." Antwortet er. „Vielen Dank und einen schönen Abend noch." Verabschiede ich mich und gehe zurück zu meinen Großeltern.
„Hallo Catherine, was machst du unter der Woche hier?" Begrüßt meine Großmutter mich im Wohnzimmer. Ohne große Erklärung komme ich zum Thema „Weißt du wo die Brightons hingezogen sind? Alexander ist seit beinahe zwei Wochen nicht mehr in der Schule gewesen.". Sie sieht mich einen Moment an, dann antwortet sie. „Mrs Brighton ist vor zwei Tagen verstorben, ich denken die Kinder sind zurück nach London gezogen.". Mir wird schwindlig, der Raum dreht sich und mir wird schlecht. Alexanders Mutter ist gestorben und er ist nun mit seiner kleinen Schwester zurück zu ihrem Vater, der keine Zeit für seine Kinder hat. Jetzt verstehe ich warum er sich nicht gemeldet hat und nicht in der Schule ist. Direktor Brighton ist vermutlich ebenfalls in London, um den tot seiner Schwägerin zu betrauern. „Weißt du wo sie in London wohnen?" Frage ich. „Nein meine Liebe, so nah standen wir uns nicht. Der Junge wird wohl wieder in die Schule kommen, wenn alles geregelt ist." Mit diesen Worten sieht sie wieder auf ihren Notizblock vor ihr. Ich drehe mich um und gehe zurück durch den Flur zu meinem Auto. Aus dem Augenwinkel sehen ich Großvater im Flur stehen, doch ich bleibe nicht stehen und auch als er mir nach ruft drehe ich mich nicht um.
Die gesamte fahrt weine ich, ich weine und schluchzte. Nicht um meinet willen oder um Miss Brighton. Ich weine um Alexander, um den Verlust seiner Mutter und dass er nun wieder bei seinem Vater leben muss. Ich fahre die Strecke bis zur Schule langsam, da ich durch die Tränen die Straße nur schlecht erkennen kann. Als ich ankommen habe ich noch kaum eine Träne übrig die mir die Wangen entlanglaufen könnten. Also trockne ich mein Gesicht und versuche ungesehen in mein Zimmer zu gelangen.
Ich verbringe Weihnachten bei meinen Großeltern, da Mom und Dad ihre Zeit in Amerika wieder verlängert haben. Mittlerweile bin ich über den Punkt der Wut hinweg und nehme es zu meinem eigenen Schutz gleichgültig hin. Silvester feiere ich mit Lydia und meinen Freunden. Nach den Ferien stehen die Zwischenprüfungen an. Die mir, bis auf Mathe, verhältnismäßig leichtfallen. Meine Lehrer beglückwünschen mich zu meinem schnellen aufholen zum gleichen Lernstand wie die anderen Schüler.
Nach den Prüfungen bleibt uns nur noch eine Woche, bis die vier Wöchigen Ferien beginnen. Meine Eltern haben angekündigt bis dahin wieder zu Hause zu sein. Ich habe beschlossen mich darüber einfach zu freuen und nicht nachtragend zu sein. Von Alexander habe ich nichts mehr gehört. Nach zwei Wochen habe ich aufgehört Abend wegen ihm zu weinen. Nach einem Monat ist es auch den anderen seltsam vorgekommen, dass er nicht mehr auftaucht und somit keine Chance mehr für die Prüfungen hat. Ein Abend kam Beth in mein Zimmer und fragte mich über ihn aus. Auch wenn ich wusste warum er nicht da war, beschloss ich es ihr nicht zu erzählen. Keiner aus der Schule wusste das mit seiner Mom los war und was in seiner Familie passierte, also wollte er sicherlich nicht, dass ich es jetzt weitererzähle. Er hatte es mir ja nicht mal selber erzählt was passiert war. Direktor Brighton war schon wenige Tage später wieder zurück an der Schule, doch ich beschloss ihn nicht nach Alexander zu fragen. Er würde mir nichts erzählen dürfen und wenn wusste ich ja bereits was geschehen ist. Immer wenn ich ihn auf dem Flur begegne sieht er mich eindringlich an, so als wolle er, dass ich ihn fragte. Er hatte sicherlich mitbekommen das ich mit ihm befreundet war. Möglicherweise hatte ihm Alexander auch erzählt was zwischen uns war.
Zwei Monate war Alexander bereits weg. Als ich in die Ferien nach Hause fahre denke ich nur noch einmal am Tag an ihn. Morgens, wenn ich denke das er bei mir geschlafen hat und wie fast jeden morgen bereits rüber gegangen ist, damit uns keiner erwischt.
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