Siebzehn

Glücklich schloss ich die Augen und genoss das Gefühl von Moms kühlen Fingern, die meine Wange zärtlich strichen.

Sie war da. Sie war endlich bei mir und meine Welt war für eine begrenzte Zeit wieder heil.

Wir lagen uns seit einigen Stunden gegenüber in meinem Bett, während sie mir von der Klinik erzählte und dabei meine Haut betrachtete, die langsam Farbe bekam.

Durch die Arbeit im Luna war ich häufiger draußen gewesen und die Sonne tat ihren Rest. Zwar war ich bei weitem nicht so gebräunt wie Noah, aber ich sah nicht mehr so bleich aus, wie noch vor ein paar Wochen.

Gerade eben hingen Mom und ich unseren Gedanken nach und manchmal fing ich grundlos an zu grinsen und sie erwiderte es.

Der Rest der Sinclairs war arbeiten und der Doktor war für ein paar Stunden bei Freunden zu Besuch, hatte mich aber mit dem Sauerstoffgerät und möglichen Komplikationen vertraut gemacht. Seine Nummer hatte ich in mein Handy eingespeichert und meine Sorgen waren zwar da, aber nicht mehr so groß wie am Tag, als Mom hier in Georgetown ankam.
Und Moms Medikamente musste sie erst wieder heute Abend zu sich nehmen. Dieser Nachmittag gehörte also uns beiden.

Auch wenn ein bitterer Gedanke, seit der Nacht auf dem Garagendach, mich noch immer begleitete. Ich wollte durchatmen und glücklich sein, solange es mir gewährt wurde. Doch nicht mal jetzt war es mir möglich, vollkommen abzuschalten.

Ich schluckte, kniff die Augen zu und ignorierte die Schuldgefühle, wenn ich an Heavens verheultes Gesicht dachte. Seit dieser Nacht konnte ich nicht aufhören, daran zu denke, wie enttäuscht er mich angesehen hatte und das machte mich fertig.

Ich wollte und sollte mich auf Mom konzentrieren. Sie war meine oberste Priorität. Aber mein Hirn raffte das nicht so ganz. Immer wieder war da Heaven und der Gedanke, dass er nicht der Idiot war, für den ich ihn gerne halten wollte.

»Heute Abend ist die Wiedereröffnung«, sagte Mom und ich öffnete die Augen, um sie anzusehen.

Mein Herzschlag setzte aus und auch wenn es vielleicht nicht richtig war, mir in diesem Moment mehr Sorgen um meine eigenen Probleme zu machen, dachte ich darüber nach, was das bedeutete.

Die Wiedereröffnung war heute.
Das hieß Noah wäre da und...Heaven.

Den ganzen Abend lang und wir hatten seither kein Wort mehr miteinander gewechselt.

Heaven war zwar täglich vor der Tür gestanden, aber er hatte nach Noah verlangt. Sie zogen früh morgens mit ihren Surfbrettern los und kamen erst spät abends wieder.

Und...irgendwie fühlte sich das alles ganz eigenartig an. Es war seltsam, sich nicht mit ihm zu streiten. Keine von seinen Fragen zu ignorieren oder ihn nicht im Luna zu sehen, weil alles fertig war und es bisher keine Aufgaben mehr gab. Die Flyer waren verteilt, Noah hatte auf Social Media Werbung geschaltet und Heaven...Es war fast so, wie in den ersten drei Wochen meines Einzuges hier.

Er war der Nachbarsjunge. Noahs bester Freund. Mehr nicht.

Fuck, dabei hatte ich mich an das Gestalke, die Streitereien, die Arbeit mit ihm im Luna, das heimliche Beobachten und unsere manchmal sehr interessanten Gespräche, gewöhnt.

»Du denkst über jemanden nach, habe ich recht?«

Dadurch, dass die Frage von Mom kam und ich ihr vertrauen konnte, musste ich nicht weiter lügen, um mich selbst zu beschützen.
Also war ich der Kane, der ich nur in ihrer Nähe sein konnte. Die ehrlichste Version von mir selbst.

»Ja, irgendwie schon. Erinnerst du dich an den Nachbarsjungen? Der, der mich durch sein Fenster stalkt?«, fragte ich und strich über das lilafarbene Seidentuch, welches sie um ihren kahlen Kopf gebunden hatte. Es war weich und es stand ihr so gut, dass ich zum wiederholten Mal unbewusst lächeln musste.

Ich hatte sie so vermisst und dieser Gedanke ließ mein Herz ganz schwer werden.

Mom lächelte und nickte schließlich.
»Skyler, oder?«

Seinen Namen aus ihrem Mund zuhören, versetzte meinen Körper in Aufruhr.
Plötzlich war ich hellwach und alles in mir schien sich aufzurichten und...auf ihn zu...hoffen.

»Ja, Skyler«, flüsterte ich und es war das erste Mal, dass ich seinen richtigen Namen aussprach. Es fühlte sich komisch an, auch wenn sein Name schön war.

Moms dunkle Augen, die meinen sehr ähnelten, huschten zwischen meinen hin und her. Sie holte durch die Nase, in der ihr durchsichtiger Schlauch für den Sauerstoff steckte, tief Luft.

»Er muss dich mächtig beeindruckt haben, wenn er es geschafft hat, dass du an ihn denkst. Was hat er getan?«, fragte sie und strich mir eine Locke aus der Stirn.

Sicherlich würde das für einige Außenstehende komisch wirken.
Ein 21 Jähriger der sich in seinem Bett verkroch und sich von seiner Mutter das Haar beiseite streichen ließ. Das klischeehafte Mamasöhnchen.

Aber dieser Sohn litt und er wusste, dass diese Frau, die ihm das Leben schenkte, irgendwann nicht mehr sein würde. Es könnte jederzeit passieren. Also genoss er den Moment, in der diese einfache, zärtliche Berührung ihm die Welt bedeutete. Denn das war diese Frau...seine Welt.

Meine Welt.

Und als ich Heaven in dieser Nacht von meiner Mom erzählte, da ließ ich die Schutzmauern fallen. Nur für ihn.
Heaven durfte in meine Welt eintreten und das...das war noch nie passiert.
Es machte mir Angst. So beschissen große Angst, dass ich Moms Frage nicht sofort beantworten konnte.

Was hatte er getan, dass ich an ihn denken musste?

Die Antwort war einfach. Aber sie zu akzeptieren war Meilen davon entfernt, einfach zu sein.

»Er hat mich gesehen«, sagte ich und war vertieft in die Farbe ihres Kopftuches.
Meine Hand wanderte zu ihrer Schulter und irgendwann drückten ihre dünnen Finger, meine raue Hand, die zwischen unseren Gesichtern auf der Matratze ruhte.

Moms Lächeln war breit und in ihren Augen glomm etwas auf, dass ich nur selten sah.
Ich musste ihr nicht erklären, was ich damit meinte. Ich musste keine weiteren Worte finden, es reichten diese vier. Sie verstand mich. Heaven sah mich: meine Welt, meine Sorgen, meine Ängste, mein wahres Ich. Wenn auch nur sehr kurz.

»Das hat mir eine solche Angst eingejagt, dass ich dicht gemacht und ihn verletzt habe«

Ihr Lächeln erlosch nicht, obwohl ich erwartete, dass sie enttäuscht von mir war. Allerdings blieb ihr Lächeln und der sanfte Druck an meiner Hand wurde kräftiger.

»Angst gehört dazu, Kane. Aber was viel wichtiger ist...wie fühlst du dich mit dieser Angst?«

Ich dachte nach. Nur knapp, aber lange genug.

»Mies. Ich fühle mich wie der Scheißkerl, der ich nicht sein will«

Moms Lächeln wurde zu einem Grinsen und dieser Moment, der so ernst war, verlor ein bisschen an Schärfe.
»Dann lass nicht zu, dass deine Angst dich in genau diesen Scheißkerl verwandelt«, sagte sie.

Ich schnaubte trostlos.

»Mom, der bin ich schon längst«

Sie schüttelte den Kopf und löste sich von meiner Hand. Versuchte, sich aufzusetzen und scheiterte.
Also drehte sie sich stattdessen auf den Rücken und schüttelte erneut stur den Kopf.

Irgendwie erinnerte sie mich an ein bockiges Kind. Und wenn ich an ein bockiges Kind dachte, fiel mir spontan Heaven ein. Obwohl ich ihn längst nicht mehr für ein kindischen Highschoolfreund von Noah hielt.

»Sag mir einen, der das bestätigen würde«

Perplex runzelte ich die Stirn.

»Was bestätigen?«
Dass ich ein Scheißkerl war?

Mom, bitte. Sieh mich an. Wobei ich in deiner Nähe wahrscheinlich nicht das Biest bin, zudem ich werde, wenn du weg bist.

»Dass ich meinen Sohn zu einem Scheißkerl erzogen habe«

Diesmal musste ich grinsen und stöhnte wenig später auf.

Natürlich war die erste Person, an die ich dachte, wieder er gewesen.

Und natürlich war Mom nicht dumm und checkte anhand meiner Reaktion, dass es Heaven war.

»Du solltest ihn mir wirklich bald vorstellen, Kane«, verlangte sie und beobachtete mich aus dem Augenwinkel, während sich ihre Brust gleichmäßig hob und senkte.

Ich sah ihr drei Atemzüge dabei zu und dann fragte ich: »Sicher, dass du das wirklich willst? Der Kerl kann dir Löcher in den Bauch fragen«

Dass sie daraufhin lachte, bescherte mir Gänsehaut am gesamten Körper. Aber kurz danach fing sie so stark an zu husten, dass diese wohlige, warme Gänsehaut mit einem Schlag eiskalt und fürchterlich war.

Ich setzte mich auf und griff instinktiv nach dem Glas Wasser auf dem Tisch neben uns, während meine andere Hand alarmiert mein Handy in der Hosentasche umschloss.
Doch so schnell dieser Husten angefangen hatte, so schnell war er auch wieder vorbei.

Mom lehnte sich gegen das Kopfteil des Bettes mit dem Rücken, zog ihren Sauerstoffschlauch zurecht und schüttelte den Kopf, als ich ihr das Glas hinhielt. Ich stellte es beiseite und wartete darauf, dass sie was sagte.

Stattdessen verlangte sie mit einer Geste nach meinem Handy.

Ich sah sie skeptisch an. Sah mir ihre geröteten Augen an und die fahle, eingefallene Haut.
Das lilafarbene Tuch wirkte mit einem Mal ganz blass und unscheinbar.

Da war nur dieser Schmerz, den sie versuchte zu unterdrücken und ihn mit einem tapferen Lächeln überspielte. Zumindest redete ich mir ein, dass es Schmerz war, den sie unterdrückte.
Aber eigentlich war ich mir sicher, dass es Angst war, die zum Vorschein kam.

Wortlos drückte ich ihr mein Smartphone in die Hand, sie entsperrte es, öffnete die Notizen und fing an zu tippen.

Vorsichtig rutschte ich näher an sie heran und las mit.

Löcher im Bauch wären mal eine interessante Abwechslung. Stell mir diesen Jungen, der dich für einen Scheißkerl hält, vor. Aber jetzt zeig mir erstmal, was du für die Eröffnung in ein paar Stunden anziehst.

»Kannst du nicht sprechen?«, fragte ich zögernd und sah vom Bildschirm, zu ihr.
Sie fing meinen Blick auf und schüttelte den Kopf, bevor sie krächzte: »Doch, aber es tut nach so einem Anfall immer eine Weile weh und klingt, als hätte ich einen Frosch verschluckt«

Dass sie darüber Witze machte, war ihre Art, mich aufzumuntern. Sie klang wirklich schrecklich.
Ich presste die Lippen aufeinander, betrachtete Mom eingehend und sah dann an mir herab.

»Was passt mit den Sachen nicht?«

Dass auf meinem Shirt ein gigantischer Mittelfinger und mindestens zehn Beleidigungen standen, ließ mich grinsen und sie amüsiert die Augen verdrehen.

»Ich werde vielleicht ein anderes Shirt tragen«, lenkte ich ein und schmunzelte, als Mom akribisch zu tippen begann.

Und du solltest duschen! Du stinkst!

»Kann ja nicht jeder nach Zitrusfrüchten riechen«, schnaubte ich und fuck, das sollte aufhören!

Meine Augen hatten sich geweitet nach dieser dummen Aussage und Moms Lippen formten sich zu einem Lächeln. Einem, dass sehr glücklich aussah.

Ich kannte nur eine Person, die nach einer grünen Zitrusfrucht roch und genau diese Person schoss mir andauernd in den Kopf. Das war so irritierend.

Stell dir vor, du wärst mit nach Texas gegangen. Du hättest den Jungen nie kennengelernt. Nicht so.

»Was genau meinst du damit?«

Doch anstelle einer Antwort, ging sie aus der App raus und schaltete das Handy aus. Sie gab es mir zurück und krächzte angestrengt: »Dr. McKinlay kommt bald für die Medikamente. Du solltest dich fertig machen und vielleicht noch ein Wort mit Skyler sprechen, bevor ihr euch den ganzen Abend nur böse anschaut und schweigt«

Nun.
Das klang alles sehr sinnvoll. Aber das bedeutete, wertvolle Zeit, in der sie hier, mit mir sein konnte, zu verschenken.
Also lehnte ich ab und verdrängte jegliche Gedanken an den bevorstehenden Abend.

Heaven konnte ich später auch noch sprechen. Oder eben nicht. Keine Ahnung.
Ich wollte mir darüber keine Sorgen machen. Nicht jetzt. Zur Not schob ich Noah im letzten Augenblick zwischen uns. Mir blieb keine Chance, was zu erwidern.
Allerdings überraschte mich Mom, als sie ein völlig anderes Thema anschnitt.

Wahrscheinlich, weil ihre Augen soeben meine geballten Fäuste betrachteten.
»Was ist mit-«

Dass sie Schmerzen so gut überspielte, dass ich es nicht registrierte, das frustrierte mich.
Hätte sie mir nicht gesagt, dass es wehtat, würde ich es ihr nicht anmerken.

Ich drückte ihr mein Smartphone wieder in die Hand und sie öffnete die Notizen und schrieb. Ich überflog ihre Worte.

Was ist mit Eric? Habt ihr beiden euch versöhnt?

»Er behandelt mich, als wären nie was vorgefallen. Als hätte ich mich nie zurückgezogen«, meinte ich und dachte an mein letztes Treffen mit Eric in der Halle. Er war ein guter Freund.

Mom nickte und tippte weiter.

Und trainierst du was spezielles? Für Wettkämpfe?

Ich räusperte mich und schüttelte den Kopf.

»Dafür habe ich zu viel abgebaut und ich habe keine Lust, das alles wieder aufzubauen. Ich bleib beim normalen Training. Es lenkt mich ab, Mom. Und es macht mir Spaß, erinnert mich an früher«

Ihr Blick fiel auf meine Arme und wanderte zu meinem Hals und schließlich begutachtete sie das Shirt, welches jegliche Angriffsfläche versuchte zu verstecken. Nicht vor ihr, mehr vor mir selbst.

Was bereitet dir so Probleme, dass du nicht essen kannst?

Diesmal zogen die Sekunden an uns vorbei und wurden zu Minuten. Der Cursor hinter ihrer letzten Frage blinkte abwartend und schien mich zu verspotten.

»Ich fühl mich nur bei dir wohl. Mit anderen fällt es mir schwer«, murmelte ich schließlich.

Mom dachte über meine Worte nach und ich wollte nicht, dass sie sich um mich sorgte. Sie hob das Smartphone an und schrieb eine weitere Frage.

Und alleine?

»Ich bin andauernd alleine«, schoss ich zurück.

Sie runzelte die Stirn.

Okay, nein. Das war so nicht richtig. Seelisch war ich allein... Meistens.

Bist du denn gern alleine?

Ich griff nach ihrer freien Hand und fuhr mit dem Daumen über ihre dünne Haut.

»Manchmal schon. Wenn ich das Gefühl habe, mir wächst alles über den Kopf, dann bin ich gerne allein. Aber manchmal will ich auch mit jemanden darüber reden, der mir zuhört, aber mir nichts vorschreibt, mir keine Predigen hält oder mich nicht bemitleidet«

Und wieder verflucht waren meine Gedanken dort, wo sie nicht sein sollten.

Mom entzog mir ihre Hand, damit sie tippen konnte. Ich beugte mich näher zu ihr und betrachtete die sechs Buchstaben.

Skyler.

Heaven, verbesserte ich sie gedanklich.

»Können wir aufhören damit?«, knurrte ich und sie gab mir einen Klaps auf den Arm.

Dann erzähl mir von dem Training mit Eric. Wir haben noch ein bisschen Zeit, bevor du duschen solltest und der Arzt kommt.

Ich nickte und war ihr dankbar, dass sie darauf einging.

• • •

»Und ihr ruft mich an, falls irgendwas sein sollte. Habt ihr das verstanden?«, fragte ich und sah von Dad, zu Lea und anschließend zum Arzt, der ungefähr in dem Alter meines Vaters war.

Alle drei nickten und schienen den Eindruck zu machen, dass sie es ernst meinten.

Doch so ganz überzeugt war ich noch immer nicht. Ich wollte nicht, dass was schieflief.

»Lea, du hast meine Nummer, oder? Und es ist sicher die-«

»Kane. Es ist alles in Ordnung. Ich laufe nicht weg. Ich bin genau hier und wenn du Nachhause kommst, werde ich noch immer hier sein und auf dich warten«, sagte Mom, deren Stimme noch immer rau klang. Mein Herzschlag, der in einem mir fremden Rhythmus schlug, setzte kurzzeitig aus.

»Nur mit Mani- und Pediküre. Hast du eine Lieblingsfarbe?«, fragte Lea meine Mutter und ich beobachtete die beiden aufmerksam.

Mein Dad hingegen schlenderte zu Noah und mir. Er legte mir einen Arm um die Schultern und ich versteifte mich im ersten Moment, weil Noah uns mit einem Lächeln zusah.
»Ich verspreche dir, auf sie aufzupassen. Das tun wir alle«, sagte Dad leise.

Im nächsten Moment sah ich ihn an und nickte. Er gab mir sein Wort. Trotzdem war da dieser Hauch von Misstrauen, den ich nicht abschütteln konnte. Auf Mom Acht zugeben war mein Job geworden.

Mein Blick wanderte zurück zu Mom, die Lea anlächelte und meinte: »Fliederlila ist hübsch«

Es war seltsam die Mutter meines Halbbruders mit meiner zu sehen. Die beiden mochten einander. Ich verstand das nicht so richtig. Klar, Lea war in Ordnung. Aber sie war nun die Frau, die Dad liebte. Wie konnte Mom das alles so hinnehmen und dabei noch so zufrieden sein?

»Dann wird sie hier auf dich mit fliederfarbenen Nägeln warten, Kane«, sagte Lea und sah mich mit ihren blauen Augen an. Ihre Hand ruhte auf der Lehne des Rollstuhles, während Mom zu ihr aufsah und dankbar lächelte. Ich blinzelte.

»Ich bin in den besten Händen, Kane. Jetzt macht schon. Eröffnet diesen Laden und lasst es krachen«, sagte Mom. Und sie sagte es mit so viel Überzeugung, dass es für uns beide reichte.

Also löste ich mich von meinem Vater, durchquerte das Wohnzimmer, in dem wir uns befanden und drückte Mom einen Kuss auf das lilafarbene Seidentuch.

Ihre Hände, die auf ihrem Schoß lagen, legten sich um meine Hände, die ich ihr entgegen streckte.

»Hab' viel Spaß und genieß es. Sei mutig«, flüsterte sie so leise, dass nur ich es verstand.
Und für einen kurzen Moment nickte ich, bevor ich mich von ihr löste, einen letzten Blick in die Runde warf und dann mit Noah aus dem Haus trat. Die Tür fiel hinter mir ins Schloss und mein Blick fiel auf die Gestalt, die mit dem Rücken zu uns an meinem schwarzen Wagen stand.

Mom ging es gut, sie war in Sicherheit und das bedeutete, dass all meine verdrängten Gedanken schlagartig über ihn auf mich einprasselten.

Als Noah mir auf den Rücken klopfte und dann an mir vorbeilief, direkt auf Heaven zu, um diesen grinsend zu begrüßen, da wusste ich, dass Heaven nichts gesagt hatte.

Zumindest nichts über diese eine Nacht auf dem Dach. Nichts über diesen Moment, indem es nur ihn und mich gab.

Irgendwie machte mich das froh. Doch wenn ich daran dachte, erinnerte ich mich besonders daran, wie völlig falsch ich mich verhalten hatte.

Aber, fuck, er hatte all diese Probleme nicht. Und trotzdem wollte er mir zuhören. Er wollte nicht nur, er tat es in jener Nacht. Er hörte mir zu, ohne mich zu verurteilen. Und das, verflucht nochmal, war schön gewesen.
So schön, dass ich Angst bekam.

Er war mutig und ich nicht.

Schluckend trat ich näher an den Wangen und die zwei heran. Als Noah von ihm abließ, hoffte ich darauf, dass Heaven mich ansah.

Er tat es nicht und da wusste ich, dass nun ich dran war, mutig zu sein, wenn ich nicht der Scheißkerl sein wollte, den er vielleicht in mir sah.
Und vielleicht sollte ich noch in einem Nebensatz ihm gegenüber erwähnen, dass ich kein Problem damit hatte, dass er schwul war.
Ich zog meinen Autoschlüssel aus der Hosentasche, entriegelte mein Auto und Noah rieb die Hände aufgeregt aneinander.

»Das wird ein Spaß!«, sagte mein Bruder euphorisch und ich nickte mit gemischten Gefühlen. Heaven reagierte nicht und setzte sich wortlos nach hinten. Fuck. Ich war ein Scheißkerl.

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