Neunundzwanzig
Ich meinte es ernst.
Ich fühlte mich verloren ohne ihn.
Und ich vermisste Kane. Denn seit diesem Samstag hatte ich mit ihm nicht mehr gesprochen.
Das war jetzt zwei Wochen her.
Zwei Wochen in denen ich jeden Tag mit Bauchschmerzen eingeschlafen, und mit Kopfschmerzen aufgewacht war.
Jeder Tag war größtenteils bedeutungslos.
Jeder Tag fühlte sich gleich an.
Jeden Tag stand ich hinter dem Tresen der Bar und bediente Menschen, während Marie und Noah mir dabei halfen. Die Stimmung war ernster als früher und unsere Gespräche waren oberflächlich und kurz.
Wenn wir sprachen, dann über Bestellungen oder neue Cocktails.
Einmal hatte mich Noah gefragt, ob es mir gut ging. Ich hatte den Kopf geschüttelt und als mein bester Freund fragte, ob ich darüber sprechen wollte, da verneinte ich. Noah nickte nur.
Ich machte Doppelschichten und blieb bis spät abends, um die Tische viel zu akribisch zu putzen. Danach trank ich meist mutterseelenallein einen Mojito, der mich jedes Mal zu verspotten schien und viel zu stark war.
Das Getränk erinnerte mich dennoch an die Schichten mit Kane, als er noch ganz anders war. Nicht so kaputt und gebrochen. Als ich noch nicht wusste, dass seine Mutter sterben würde.
Solange ich beschäftigt war, hielten sich diese Gedanken annähernd in Grenzen.
Ich besuchte Luna jeden Morgen vor meiner Schicht. Manchmal schlief sie, da blieb ich nur ein paar Minuten und wusste nie, was ich sagen oder machen sollte. Sie schlief so viel.
Manchmal aber war sie auch wach und lächelte, wenn sie mich sah.
Luna sprach seit 9 Tagen nicht mehr viel. Das Sprechen schmerzte sie und sie musste sich mehr auf die Atmung konzentrieren, damit diese einigermaßen funktionierte.
Kane war andauernd bei ihr. Er erwiderte nie meinen Blick, wenn ich den Raum betrat oder ihn wieder verließ. Er sprach nicht mit mir, aber er hörte immer aufmerksam zu, wenn ich Luna von meinem vergangenen Tag erzählte.
Ich war nicht der Einzige, der bemerkte, wie sich ihr Zustand mit jedem Tag verschlechterte.
Aber Kane war derjenige, dem es am heftigsten zu schaffen machte.
Er sah vollkommen verändert aus.
Er rasierte sich zwar noch, aber nicht mehr täglich und auch nicht mehr so genau.
Seine Haare waren schon immer wild gewesen, aber seit diesem Samstag vor zwei Wochen waren seine Locken das vollkommene Chaos.
Seine Augen waren andauernd so dunkel wie Obsidian und die Schatten unter ihnen hatten fast genau denselben lilafarbenen Ton, wie das Kopftuch von Luna.
Das Einzige, was nicht schlimmer wurde, war das Thema Essen. Kane aß in Lunas Nähe, weil er sich trotz dieser schrecklichen Umstände bei ihr geborgen fühlte.
Auch jetzt saß ich neben Luna, deren Hand auf meiner ruhte und erzählte ihr von meinem gestrigen Tag. Sie beobachtete mich, während ich sprach.
Doch heute wanderten ihre Augen immer wieder zu ihrem Sohn, der auf der anderen Seite des Bettes mir gegenüber, auf einem kleinen Sessel am Fenster, saß und seine Finger betrachtete, als wären sie das interessanteste hier im Raum.
»Ich bin froh, dass Skyler nicht derjenige war, der dir von meiner Entscheidung, die Therapie abzubrechen, erzählt hat. Ich bin wirklich froh, dass Skyler mir die Augen geöffnet hat und ich es dir selbst sagen konnte. Also bitte verhalte dich nicht weiter wie ein Arschloch ihm gegenüber«, krächzte Luna zwischen zwei meiner Sätze über Noahs gescheiterten Versuch, drei Longdrinkgläser in einer Hand zu tragen.
Ich hielt überrascht inne und sah von Luna zu Kane, der ebenfalls irritiert aufblickte. Er sah seine Mutter an, dann huschten Kanes Augen zu mir. Nur kurz, aber lange genug, um diese aufblitzende Sehnsucht in ihnen zu sehen.
Mein Herz - von dem ich dachte, es wäre auf Stand-by-Modus gegangen - klopfte ruckartig einen schnellen Rhythmus.
»Du sollst nicht sprechen, wenn du Schmerzen hast, Mom«, überging er ihre beleidigende letzte Aussage und alles andere auch, verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich tiefer zurück in den Sessel.
Ich konnte meinen Blick nicht mehr von ihm losreißen.
Ich bemerkte, wie sehr ich sogar Kanes Stimme vermisst hatte. Ich wollte ihm doch nur helfen, indem ich ihm den Rücken freihielt und mich um alles andere kümmerte.
»Kane Nicholas Sinclair«
Lunas Stimme sollte drohend klingen, da war ich mir sicher, auch wenn sie im Endeffekt nur nach einem klang: Erschöpfung.
Wenn Mütter den vollen Namen aussprachen, waren sie angepisst. Auch wenn Luna krank war, ihr Sinn nach Gerechtigkeit schlief nicht.
Kanes Kiefer zuckte, als er ihren stechenden Blick erwiderte und nachdem etliche Sekunden verstrichen waren, seufzte er schließlich.
»Er spielt ohnehin nur mit mir«, sagte Kane kühl.
Ich sah Kane überrascht an. Sah der Wut direkt ins Gesicht. Sah die stumme Bitte, etwas zu erwidern. Vielleicht wollte er, dass ich ihm widersprach und ihn bat, dass er seine Worte nochmal reflektieren sollte. Dass er das alles nur sagte, um mir wehzutun.
Aber aus meinem Mund kam nichts, denn wenn ich ehrlich war...
Ich hatte keine Ahnung, wie ich mit Kane umgehen sollte.
Er verlor seine Mutter.
Daran konnte ich nichts ändern und wenn er Zeit mit ihr verbringen wollte - wo passte ich da hinein?
Ich wollte mich in diesen letzten Wochen - Tagen - keine Ahnung von wie viel Zeit wir sprachen - nicht aufdrängen.
Ich wollte ihm nur zeigen, dass ich da war, wenn er mich brauchte.
Kane wendete den Blick ab, als er registrierte, dass ich ihm nicht widersprochen hatte.
»Geh, Skyler.«
Ich wollte den Mund öffnen, weil ich nicht mit ihm spielte, aber seine Mutter war schneller. Sie sprach zwar langsam und sehr leise, doch Kane und auch ich hörten Luna ganz genau zu.
»Ihr leidet...Jeder auf seine Art und jeder aus anderen Gründen heraus...Kane...Du nimmst jetzt die Hand von Skyler und gehst mit ihm in dein Zimmer und dann werdet ihr reden...Wirklich reden...Und erst, wenn ihr beide das gesagt habt, was ihr sagen müsst, damit das zwischen euch nicht noch weiter leidet, dann könnt ihr wieder in dieses Zimmer kommen...Davor will ich keinen von euch mehr hier drin sehen«
Sie setzte uns die Pistole auf die Brust - ihren Sohn mehr, wie mir.
Kane gab einen Laut, irgendwo zwischen einem ungläubigen Keuchen und einem spottenden Schnauben, von sich.
Er sah Luna mit hochgezogenen Augenbrauen an, doch die sah mich abwartend an.
»Das ist nicht dein Ernst jetzt, Mom«, knurrte er.
So viel Wut, sogar wenn er nicht sprach, die er verströmte.
Luna brauchte eine geschlagene Ewigkeit, bis sie auch nur die Andeutung eines Nickens schaffte, aber es gelang ihr.
Und weil sie so stur - in diesem Zustand - war, erhob sich ihr Sohn tatsächlich.
»Ich bin 21, dir geht's beschissen und trotzdem kannst du es nicht sein lassen, mich zu erziehen«, sagte er fassungslos, während er auf mich zu ging, ohne auch nur in meine Richtung zu sehen.
Luna blinzelte einmal müde.
»Du bist kein Scheißkerl. Und du wolltest selbst vor ein paar Wochen diesem jungen Mann da beweisen, dass du keiner bist...Ich liebe dich, Kane«, flüsterte sie und krümmte sich wenig später, als hätte sie Schmerzen, die sie immer näher an den Abgrund drängten.
Ich schluckte schwer, als Kane laut Luft ausstieß, das Zimmer durchquerte und nach meiner Hand griff, ohne den Blick von seiner Mutter zu nehmen.
»Bin gleich wieder da«, brummte er und zog mich in seinen eigenen Raum. Meine Hand brannte, weil er sie so festdrückte.
In seinen vier Wänden ließ er von mir ab und knallte die Tür so laut zu, dass ich zusammenzuckte.
Mir blieb nicht einmal Zeit, mich zu sammeln, da tobte Kane wie ein Tornado vor mir umher und fauchte: »Du willst wissen, was mich, abgesehen von dem Zustand meiner Mom, meiner Angst, sie zu verlieren und diesen andauernden Panikattacken, fertigmacht?« Zum Ende seiner Frage hin bäumte er sich vor mir auf.
Ich hob das Kinn an, sah in das dunkle Braun seiner Augen und nickte überfordert.
Ich wusste, dass er aufgrund dieser Umstände litt. Aber meinetwegen litt er scheinbar ebenfalls. Das wollte ich doch nicht. Ich wollte ihm helfen - das war alles, was ich wollte. Für ihn da sein, wenn er mich brauchte.
Kanes Augen huschten aufgebracht zwischen meinen hin und her. Seine Schultern hoben und senkten sich hektisch und seine Lippen waren zu einem schmalen Strich gepresst.
»Es geht mir beschissen, du erträgst meinen Schmerz nicht, kapselst dich lieber zwei Wochen ab und sprichst kein Wort mit mir. Aber für jeden anderen wahrst du den Schein, kommst hier her und erzählst von deinem Tag, statt einfach mal die Fresse zu halten und den Moment wahrzunehmen. Also, hier stehe ich und sage dir, dass ich denke, dass ich und das alles hier, dir im Augenblick gewaltig am Arsch vorbeigeht«, schmetterte er entgegen und ich war ehrlich geplättet.
Ich dachte jeden Tag an Kane und ich schlief seit Wochen nicht mehr richtig, weil mir das alles nicht am Arsch vorbeiging.
Sein Leben wurde sehr komplex, deswegen versuchte ich es zu vereinfachen, indem ich die Bar mit Noah und Marie weiterschmiss, damit Kane sich keine Sorgen machen musste.
Das beanspruchte viel Zeit, dennoch kam ich jeden Tag hier her und wollte Zeit mit Kane und seiner Mutter verbringen.
Ich erzählte von der Bar, weil sie früher einmal Luna gehörte und sie jedes Mal gespannt zuhörte, wenn ich davon sprach.
Also, ja. Ich war ehrlich geplättet von Kanes Wahrnehmung.
Weil ich dachte, ich würde ihm helfen, aber scheinbar tat ich das genaue Gegenteil in seinen Augen.
Doch ich war nicht einmal wütend. Ich war dankbar, dass er so stark war, mir das um die Ohren zu hauen. Ich war ihm wichtig genug, dass er in all der Angst noch stark genug war, Wut mir gegenüber zu empfinden.
Ich war verliebt.
Und ich hatte Angst um Kane Sinclair und deswegen würde ich ihm jetzt keine Standpauke geben, sondern etwas ganz anderes probieren.
»Ich mag dich, Kane«, kam es über meine Lippen.
Kanes wilde, wütende Augen schlossen sich, als er die Augenbrauen zusammenzog und den Kopf leicht schüttelte.
Die Wut war nicht ganz verraucht, aber sie wurde mit diesen vier Worten weniger. Das sah ich ihm an. Doch dafür überschattete die Angst alles andere.
»Gott, das klingt nach einem weiteren beschissenen aber in meinem Leben, das ich nicht gebrauchen kann«
Ich runzelte die Stirn, was er nicht sah. Kane fuhr sich mit beiden Händen, in einer Geste der absoluten Verzweiflung, über das gesamte Gesicht.
»Kane-«, setzte ich zum Widerspruch an, doch er unterbrach mich, als er die Augen wieder aufschlug und den Kopf stärker schüttelte.
»Nicht von dir. Kein aber von dir. Lüg' mir lieber in mein verfluchtes Gesicht und sag' mir, dass du bleibst. Scheiße, Skyler. Warum hast du es dann zugelassen, dass du mir so wichtig wurdest? Warum hast du nicht schon vor Wochen-«, brach er aus und sprach so schnell, dass ich Schwierigkeiten hatte, ihn zu verstehen. Seine Atmung wurde auch schneller, weswegen ich die Hand ausstreckte und sie auf seiner Wange platzierte.
Sofort hielt er inne und erstarrte, wie auch sein Blick.
»Kein aber, Kane. Ich mag dich. Und weil ich dich mag, fällt es mir schwer, dir das zu geben, was du brauchst. Ich will für dich da sein. Ich will dir so sehr helfen, das will ich wirklich...Aber ich weiß nicht, wann ich dir zu viel werde oder was du nicht möchtest«, sagte ich und strich zärtlich mit dem Daumen über seine leicht stoppelige Wange.
Kane brauchte eine ganze Weile, bis er reagierte. Er sah mich in der Zwischenzeit nur an.
Bis er irgendwann wesentlich ruhiger blinzelte und murmelte: »Da war ein aber dabei«
Ich schmunzelte matt.
»Tut mir leid«, sagte ich und ließ meine Schultern sinken.
Tut mir leid, dass es dir schlecht geht und ich nicht weiß, wie ich helfen kann.
Tut mir leid, dass deine Welt in Scherben liegt.
Tut mir leid, dass ich das alles noch nie erlebt habe und nicht weiß, wie man Menschen den Schmerz nehmen kann.
Er erwiderte mein Schmunzeln zaghaft.
»Du magst mich also?«, fragte er leise.
Das brachte mich dann doch zum Grinsen, denn das war die Untertreibung des Jahres.
Ihn mögen?
»›Ich steh total auf dich‹ trifft es eher«, gestand ich also und beobachtete Kane dabei, wie er sich ein Stück aufrichtete.
Die Angst in seinen Augen verschwand, die Wut folgte ihr. Nur der Schmerz in ihnen blieb wachsam und beständig.
»Ich hab' dich, seit ich dich kenne, für deinen Mut beneidet«, meinte Kane und ließ mein Herz ganz schwer mit diesen Worten werden.
»Ist das deine Art mir zu sagen, dass du auch total auf mich abfährst?«, neckte ich ihn, weil es das war, was er gerne tat, bevor seine Welt in Flammen stand.
Kane beobachtete mich aufmerksam, wie ein Stalker, weil es das war, was ich gerne tat, bevor seine Welt in Flammen stand. »Ist es, Heaven«
»Ich mag es, wenn du mich so nennst«
Ein weiteres Geständnis, welches mir ganz leicht von den Lippen ging.
Kane neigte den Kopf und ich sah, wie auch der Schmerz in seinen Augen ein kleines bisschen verblasste.
Selbst wenn es nur für diesen Moment war, machte es mich glücklich, ihn so, in diesem schwarzen Strudel voller negativen Gefühlen, zu sehen.
»Ich dachte, du magst es, wenn ich dich Skyler nenne«, neckte er mich zurück, so wie er es immer tat, obwohl seine Welt in Scherben lag.
»Keiner außer dir nennt mich so. Ich mag das«
»Das ist gut und soll so bleiben«, flüsterte er und drängte seinen Körper gegen meinen, bevor er mich so stürmisch küsste, dass mir die Luft augenblicklich fehlte und ich den Kuss dennoch mit der selben Leidenschaft erwiderte.
Meine Finger glitten wie selbstverständlich in seine Locken und meine Zunge umspielte seine, während unsere Körper einander immer und immer näher pressten, bis nichts mehr zwischen uns passte.
Kane hielt mich fest. Ich hielt ihn fest.
Seine Finger gruben sich in meine Haut. Meine Finger gruben sich in seine Haut.
Er küsste mich voller Angst.Ich küsste ihn voller Angst.
Früher dachte ich immer, Liebe wäre warm. Kribbelnd, aufregend und heilend.
Das war sie.
Aber Liebe verursachte auch Schmerz.
Angst. Traurigkeit. Einsamkeit.
Liebe war Leben und Tod - Sie war alles und nichts.
»Tut mir leid, dass du dachtest, das alles wäre mir egal. Das ist es nicht, absolut nicht. Ich denke andauernd an dich und wie stark du bist, Kane. Wie stark ihr beide seid«, murmelte ich, als ich mich zurücklehnte, um Luft zu holen.
Ich strich mit dem Daumen über seine Unterlippe und sah ihn liebevoll an.
Gerade als Kane etwas erwidern wollte, hörten wir beide ein Geräusch, das uns aufschrecken ließ.
Ich konnte nicht zuordnen, was es war, Kane schon.
»Sie hat wieder Probleme mit dem Schlauch«, zischte er und war schon dabei, die Türe zu öffnen, da stand ich noch wie eine Statue da und schüttelte die Gänsehaut ab.
Dieses Geräusch, das Luna von sich gab, war absolut ängstigend.
Ich folgte Kane, wenn auch mit mulmigen Gefühl im Magen.
Als ich Lunas Zimmer betrat, sah ich Kane dabei zu, wie er das Sauerstoffgerät kontrollierte, als täte er das andauernd.
Er zog ihr den Schlauch aus der Nase, reinigte ihn und setzte ihn schließlich wieder ein. Das alles passierte so schnell und mit sicheren Handgriffen, dass ich mich immer unwohler fühlte, mit jeder Sekunde, der ich dieser Szene zusah.
Kane und Luna sollten schönere Dinge tun, als gemeinsam auf ein Ende zu warten, das keiner wollte.
Sie sollten lachen und Spaß haben. Sie sollten ihr Leben leben.
Sie sollten so viel, konnten es aber nicht.
Nachdem Lunas Brust sich wieder annähernd gleichmäßig hob und sank, riss ich mich zusammen, drängte die Panik zurück und holte tief Luft. Ich wünschte Luna wäre diejenige, die tief Luft holte.
»Soll ich bleiben?«
Es dauerte, bis Kane seine Augen von seiner Mutter lösen konnte und kurz aufsah.
Ich wünschte auch, er hätte es nicht getan. Denn in seinen Augen standen all die Gefühle wieder geschrieben, die in seinem Zimmer verblasst waren. Angst, Wut, Schmerz.
»Ich will mit ihr allein sein«, flüsterte Kane. Ich zwang mich zu einem Lächeln.
»Ich bin da«, formte ich lautlos mit meinen Lippen. Eine stille Erinnerung, dass ich seine Rettungsleine sein konnte. Er musste nur danach greifen.
Kane nickte, als hätte er das verstanden.
Deswegen drehte ich mich um und war im Stande zu gehen, da hielt Luna mich auf.
»Skyler?«, fragte sie so leise, dass ich es beinahe nicht gehört hatte.
»Ja, Luna?«
Sie sah mich nicht richtig an, wahrscheinlich waren ihr die Augenlider zu schwer im Augenblick.
Das verdammte leben fiel ihr schwer, nicht nur ihre Lider.
Das Atmen, sich zu bewegen, zu sprechen...alles war für Luna schwer.
Sie konnte nicht mehr und trotz der Schmerzen holte sie Luft und sagte an mich gerichtet: »Danke«
Ich wusste nicht, wofür sie sich genau bedankte.
Doch in diesem Moment hatte ich kein bisschen Mut übrig, sie zu fragen.
Stattdessen nickte ich traurig und ging.
• • •
Es war kurz vor Mitternacht und alles, was ich in den letzten fünf Stunden getan hatte, war in meinem Bett zu liegen und an meine Zimmerdecke zu starren. Währenddessen dachte ich ohne Unterbrechung an Kane und Luna.
Ich wusste noch immer nicht, wofür Luna sich bedankt hatte. Aber ich bekam allein bei diesem Gedanken Gänsehaut, weswegen ich ihn beiseiteschob und mich in meinem Bett herumwälzte, in der Hoffnung, endlich einen dieser beschissenen Alpträume zu träumen. Hauptsache ich erhaschte ein bisschen Schlaf.
Doch gerade als ich meine Augen krampfhaft schloss, wurde mein bereits offenes Fenster immer weiter aufgedrückt, bis eine mir bekannte Gestalt hereinhuschte. Mir wurde ganz warm und schwindelig.
Wie lange war es her, dass er das gemacht hatte?
»Was machst du hier?«, flüsterte ich und sah Kane auf das Bett und somit auf mich zukommen.
Er sagte nichts.
Stattdessen zog er seine Schuhe aus, schälte sich aus seiner Jogginghose, hob meine Bettdecke an und legte sich so dicht neben mich, dass ich seinen unruhigen Atem auf meinem Gesicht spürte.
Ich schluckte.
»Kane?«
Mein Herz rutschte mir in meine Boxershorts und ich rechnete damit, dass irgendwas passiert war. Alarmiert wollte ich mich aufsetzen, doch Kane hielt mich an der Schulter fest.
»Alles gut. Sie schläft und Dad ist bei ihr. Du hast gesagt, ich soll dir sagen, was ich brauche...Ich will einfach nur 10 Minuten hier bei dir liegen«, sagte er mit rauer Stimme.
Ich entspannte mich, wenn auch nur minimal.
»Okay«
Kanes Hand blieb an Ort und Stelle, das einzige was sich bewegte, war sein Daumen, der über den Stoff an meiner Schulter glitt.
»Heaven?«
Ich blinzelte zufrieden, als ich die Selbstverständlichkeit hörte, mit Kane diesen Spitznamen sagte.
»Ja?«
Sein Daumen pausierte, während die restlichen vier Finger sich fester in mein Fleisch bohrten.
»Klinge ich wie ein Weichei, wenn ich dich frage, ob du mich in den Arm nimmst?«, flüsterte er unsicher und sah mich an. Das Mondlicht, welches in mein Zimmer leuchtete, strahlte direkt auf Kane. Er sah wie ein Heiliger in diesem Licht aus. Seine dunklen Augen waren auf mich gerichtet.
»Klingst du nicht«, murmelte ich und deutete mit einem vorsichtigen Nicken an, dass er sich umdrehen sollte. Kane wartete damit nicht lange, weswegen ich mich wenig später von hinten an seinen Körper schmiegte, der trotz dieser warmen Sommernacht so verdammt kalt war.
Er vernetzte unsere Finger miteinander, ich lauschte seinem Atem, der mir nicht gefiel.
Er war zu ruckartig, zu leicht.
Es dauerte keine Minute, da seufzte Kane frustriert. Ich betrachtete seinen Hinterkopf fragend.
»Was?«, hakte ich nach.
War meine Nähe doch nicht das, was er wollte? Was er brauchte?
»Das ist mir...nicht nah genug«, meinte Kane. Mein Herz klopfte nachdem er das gesagt hatte so laut wie eine verdammte Trommel.
Oh.
Kane drehte sich um und unsere Nasenspitzen berührten sich. Es kitzelte, aber es fühlte sich gut an. Ich positionierte meinen rechten Arm über seinem Brustkorb, während mein anderer Arm seinen bei unseren Gesichtern berührte.
Kane beobachtete mich, als würde er mich analysieren. Als würde er diese Nähe analysieren und herausfinden wollen, ob ihm das nah genug war. Ein paar Sekunden später schloss er frustriert die Augen und ich musste lachen.
Ein kleines, glückliches Lachen in einer von vielen traurigen Nächten.
Kane schaute mich wieder an, diesmal neugierig. Beinahe so, als wäre seine Welt im Augenblick nicht dem Untergang geweiht.
»Du willst festgehalten werden, richtig?«, fragte ich und schob mein Knie leicht zwischen seine. Ich wollte, dass er sich entspannte. Er war so verkrampft. Nicht nur sein Kopf brauchte eine Pause.
Kanes Blick huschte zu meinen Lippen, wieder zurück zu meinen Augen und somit direkt in meine Seele.
»Richtig«, meinte er gedämpft, als schämte er sich dafür.
Ich wägte meine nächsten Worte gründlich ab, denn vor mir lag noch immer Kane.
Und auch wenn er ganz anders als sonst war, schlummerte weiterhin diese wachsame Art in ihm, die nicht davor zurückschreckte, zu flüchten.
»Dann leg dich auf mich und lass dich von mir für eine Weile halten« Einige Muskeln in seinem Rücken spannten sich an, das spürte ich unter meiner Handfläche, die dort verweilte, deutlich. Auch sein Kiefer zuckte unruhig.
Vielleicht war das etwas zu viel des Guten. Kane war nicht der Typ für Kuscheln und sich festhalten, aber das war okay. Wir würden was anderes-
»Sicher?«, fragte er und überraschte mich heute das zweite Mal auf ganzer Linie.
Vielleicht war er nicht der Typ dafür, aber gerade eben war das vollkommen egal, denn er schien es zu brauchen. Dringend.
»Mach schon«, bestätigte ich und zog meine Hand von ihm, damit er sich bewegen konnte.
Er zögerte, doch nachdem ich ihm eine Locke aus der Stirn strich und sanft lächelte, da tat er es. Womöglich, weil er auch realisierte, dass er es brauchte.
Also kletterte Kane auf mich, setzte sich mit gespreizten Beinen auf meinen Schritt und sah zu mir herab. Seine gesamte Körperhaltung schrie mir förmlich entgegen, dass er diese Trauer, die Angst, die Wut und auch den Schmerz nicht mehr lange durchhielt.
Mein Lächeln wurde zu einem mitfühlenden, schmalen Strich und mein Herz schlug kräftig für uns beide weiter, doch das war alles, was geschah. Dieser Augenblick zwischen uns war zu zerbrechlich, um weiterzugehen. Auch wenn er mir so nah war, direkt auf meinem Penis verweilte, konnte ich nur daran denken, ihn an mich zu ziehen und nie mehr loszulassen.
Ich brauchte Kane.
Er brauchte mich.
Wir brauchten diese simple Umarmung.
Also öffnete ich die Arme für ihn und Kane sank auf mich, legte seine Wange auf meine Brust und schob sich ein bisschen hinab, bis er es bequem hatte.
Währenddessen hielt ich ihn sicher fest und warte darauf, dass er ausatmete und sich endlich entspannte. Er tat es nicht.
»Zu viel?«, fragte ich vorsichtig und fuhr mit den Fingern durch sein weiches Haar, über seinen Nacken und streichelte mit den Fingerkuppen über seine Wirbelsäule abwärts und wieder zurück zu seinem Kopf. Kane erschauderte leicht.
»Noch nicht nah genug«, murmelte er.
Ich überlegte, wie wir uns näher sein konnten und fand die Antwort erst, als Kane seine Hände zwischen die Matratze und meine Schultern geschoben hatte und sich dort an mir festkrallte.
»Vielleicht hilft es, wenn du dein Shirt ausziehst. Du bist ziemlich kalt, Kane«, sagte ich und genoss die Schwere seines Körpers, der mich wie eine Decke einhüllte.
Er schnaubte, doch Kane lehnte sich ohne Widerworte zurück, wobei seine Wange meine kurzzeitig berührte.
Seine Haut dort war feucht und, im Gegensatz zum Rest seines Körpers, glühend heiß.
Er weinte und gab dabei keinen Ton von sich.
Fuck, wie konnte ich mich jetzt, wenn er direkt vor - auf - mir war, noch immer verloren fühlen?
Wie konnte ich ihm helfen, wenn alles was ich tat, nicht ausreichend war, um seinen Schmerz zu nehmen?
Ich befreite mich ebenfalls von meinem Shirt und legte es auf die andere Seite des Bettes, zu Kanes Haufen.
Sollte ich was sagen? Ihn küssen? Ihn ablenken, oder...fuck, keine Ahnung.
Da war dieser Kerl auf mir, in den ich mich verliebt hatte.
Aber zu diesem Kerl gehörten seine Dämonen und einer dieser Dämonen war am Wachsen.
Er wurde grauenvoller und wenn Kane nicht aufpasste, würde er verschlungen werden.
Ich zog Kane zu mir, zu grob, zu heftig. Doch er beschwerte sich nicht.
Er krallte sich an mir fest wie der Ertrinkende, der er war.
Und dann hörte ich das herzzerreißendste Geräusch, vor dem ich mich insgeheim gefürchtet hatte.
Kane schnappte an meiner Brust, die innerhalb von Sekunden, aufgrund seiner Tränen, völlig durchnässt war, nach Luft.
Ich presste ihn dichter an meinen Körper, der alles gab, um Kanes Kälte zu vertreiben...vergeblich.
»Ich bin da, Kane. Ich halte dich...versprochen«, hauchte ich und vergrub meine Nasenspitze in seinem Haar.
Kane versteifte sich noch mehr.
Eine Sekunde, zwei...und dann zerbrach er in meinen Armen, die das einzige waren, die ihn zusammenhielten.
• • •
Ich freue mich über...
Kritik, Fragen, Gedanken & ehrlicherweise auch über eure Abstimmungen, also... nur her damit!
Darf ich fragen, wer euer Herz
im Laufe der Geschichte
mehr eingenommen hat?
Sky oder Kane -
oder haben sie Gleichstand?
Wieso?
LG,
Ana
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