Kapitel 7

Eine Woche. Sieben Tage. 168 Stunden. 10080 Minuten und 604800 Sekunden.

Ich hatte es nicht für möglich gehalten, aber das war tatsächlich die Zeit, in der ich Park Jimin nicht mehr begegnet war. Und das musste etwas heißen! Wenigstens konnte ich mit stolz sagen, dass ich jeden Augenblick in vollen Zügen genossen hatte, indem mich das Arschloch nicht aufgeregt hatte, schließlich wusste ich bei ihm nie, wie lange dieser Traum anhalten würde. Abgesehen davon bedeutete seine physische Abwesenheit leider nicht, dass er mir psychisch auf die Nerven ging, auch wenn daran eher meine besten Freunde Schuld waren. Tae und Kookie hatten es sich anscheinend zum Hobby gemacht, mich mit dem Silberhaarigen zu nerven. Immer wieder kam das Thema um Mr. Nervensäge auf und ich weiß nicht, wie oft ich von den beiden jetzt schon gefragt wurde, ob ich mal etwas mit ihrer kompletten Jungsgruppe unternehmen wollte. All meine siebzehn Jahre auf dieser Welt war es ihnen scheiß egal gewesen. Sie hatten noch ihre Freunde, ich hatte meine. Fertig. Nie hatte einer von uns das Verlangen gehabt, den jeweils anderen irgendwo mit hineinziehen. Warum also jetzt?
Mittlerweile ignorierte ich das genannte Thema gekonnt, was mir einige Tage und sicherlich auch Nerven rettete. Ich hatte nicht vor, mich mit irgendwelchen Jungs zu treffen. Sie waren die Freunde meiner beiden besten Freunde. Das wars. Und auch wenn ich nicht verstand, was meine besten Freunde am Silberhaarigen fanden, hatte ich prinzipiell ja nichts gegen ihre Freundschaft. Es war schließlich ihr Leben. Aber konnten sie mich dann nicht auch einfach mein Leben leben lassen und mir nicht versuchen weiß zu machen, Jimin sei nicht so schlimm?

"Soll ich noch auf dich warten?" Die Stimme meiner besten Freundin riss mich aus meinen Gedanken. Schnell schüttelte ich den Kopf. "Ne, alles in Ordnung. Ich mach mir nurnoch schnell nen Zopf, dann komm ich auch." Mit einem Schulterzucken verschwand Suji aus der Umkleide, woraufhin ich mich mit einem Haargummi zwischen den Lippen dem Gestrüpp auf meinem Kopf widmete. Kaum war dieses gebändigt, machte auch ich mich motiviert auf den Weg in die Sporthalle.

"Na Kleines." Zwei Wörter. Eine Stimme. Mein Tag war gelaufen. All die Hoffnungen der letzten Tage waren dahin. Es wär ja auch zu schön gewesen, wenn sein dämliches Gehirn endlich gecheckt hätte, dass ich keine Lust auf ihn hatte. So schnell es ging versuchte ich meine Möglichkeiten durchzugehen, bis ich zu dem Schluss kam, dass es wahrscheinlich das Beste war, ich würde ihn einfach ignorieren und weitergehen. So hatte ich meine Nerven schließlich auch vor den beiden Jungs erfolgreich beschützt. Außerdem musste ich es ja nur bis zur Halle schaffen, dann konnte er mir nichts mehr.

Meine Wunschvorstellung war gut. In meiner Vorstellung funktionierte sie sogar. Es war und blieb aber eben doch nur ein dämlicher Wunsch. Bevor die rettende Tür auch nur in Sichtweite war, wurde ich an meinen Schultern umgedreht und war somit gezwungen in das Gesicht des Nervenvergewaltigers zu schauen. "Was ist Jimin?" Ich versuchte so gelangweilt, wie möglich zu klingen, doch schon beim ersten Wort, wurde mir bewusst, dass man zum einen meine Wut und zum andern und das war viel schlimmer, meine Angst heraushören konnte. "Ich hab dich vermisst, das ist alles." Er lächelte. Er lächelte sogar lieb. Also so wirklich aufrichtig lieb.
Mein Gehirn brauchte einen Moment, um die Information entsprechend zu verstauen. Erst dann wurde mir bewusst, wir absolut bescheuert diese Tatsache mit dem Hintergedanken unserer letzten Begegnung war. „Schön. Ich dich nicht."

Ich hatte einen Plan. Ich hatte sogar wirklich einen. Ich wollte ruhig bleiben, mich ruckartig lösen, dadurch die Hände abschütteln und gehen. Schnell, weit, weg.
Der erste Teil funktionierte sogar ziemlich gut, nur bei der Ausführung des letzten Punktes scheiterte dann alles.

"Nicht so schnell, Baby." Ehe ich mich versah, wurde ich auch schon wieder in die vorherige Ausgangsposition gedreht. Mit dem kleinen, aber feinen Unterschied, dass seine Hände dieses Mal nicht an meinen Schultern ruhten, sondern ihren Weg hinunter zu meiner Hüfte gefunden hatten. Verbessert hatte ich mal wieder nichts. Im Gegenteil. Selten war der Drang in mir so groß, Hände von meinem Körper zu schlagen. Was dabei jedoch rauskommen würde, hatte ich nicht vergessen. Also doch noch einmal die friedliche Variante? Nur, um es wenigstens versucht zu haben...
„Jimin, lass es. Du weißt, dass ich es hassen wenn du... wenn du-" „Wenn ich dir so nah bin?"Alle Ruhe in meiner Stimme hatte nichts bewirkt. Jetzt hatte mich der Größere nur noch mehr an sich gedrückt. „Sag mir, was du willst und dann lass mich los." Stille. Natürlich bekam ich nicht direkt eine Antwort. Viel zu sehr kostete Jimin den Moment aus, in dem er die Kontrolle hatte.
"Hast du also doch gelernt?", hauchte mein Gegenüber. Ein verschmitztes Lächeln zierte seine Lippen. Ich antwortete einfach nicht mehr. Das brachte bei der negativen Anzahl an Gehirnzellen ja offensichtlich auch nichts. Stattdessen beließ ich es bei einer hochgezogenen Augenbraue, worauf der Silberhaarige auch schließlich reagierte. „Meinst du, weshalb ich dich jetzt aufgehalten habe oder was ich generell so alles von die wollen würde?" War sein Lächeln zuvor noch ein selbstsicheres gewesen, konnte ich das jetzige nicht mehr einordnen. Es wirkte beinahe spielerisch. Er provozierte mich, aber auf eine spielerische Art und Weise. Und gleichzeitig wirkte es so überlegen. So arrogant und überlegen, dass ich nicht anders konnte, als dieses Arschloch mit einem saftigen Tritt endlich ein paar Meter von mir wegzubefördern.

Zu meiner Enttäuschung erholte sich mein Gegenüber viel zu schnell von seinen Schmerzen und ehe ich abhauen konnte, fand ich mich auch schon an der Wand wieder. Was hatte ich gesagt? Es brachte rein garnichts. Es machte alles eher noch schlimmer. Und doch konnte ich mich nie zurückhalten. Jimin verstand es gut, meine Grenzen auszutesten und jedes Mal aufs neue maßlos zu überschreiten. Auch wenn ich es jetzt auf der einen Seite bereute, hätte ich seine Aussage einfach so stehen gelassen, würde ich mir den Tritt jetzt gerne selber verpassen.
Im Prinzip war es auch egal, was ich noch hätte tun können, denn dass änderte nicht daran, dass ich mich in einer ähnlich kritischen Situation befand, wie im Schulflur. Der einzige Unterschied zum letzten Mal, lag darin, dass dieses Mal kein Tae in Sicht war, der mir helfen konnte. Und ich glaubte nicht daran, dieses Mal wieder so einfach davonzukommen.

"Du weiß echt nicht, wann Schluss ist, huh?" Anstatt Jimin zu antworten presste ich meine Lippen aufeinander und sah ihm stur in die Augen. "Anscheinend verstehst du es doch nicht von alleine...", murmelte er vor sich hin. Es wirkte mehr, als habe er mit sich selber geredet, doch bevor ich überhaupt anfangen konnte, darüber nachzudenken, wurde meine Aufmerksamkeit auf etwas anderes gelenkt. Jimin hatte seine Lippen auf meine gedrückt. Meine Gedanken setzten für einen Moment aus. Auch mein Körper war unfähig, sich zu bewegen. Ich hatte nicht damit gerechnet und alleine bei dem Gedanke, ich könnte dieser Schlabberfresse erwidern, wurde mir noch ein Stückchen schlechter
"Da muss ich dir wohl noch ne Menge beibringen, Süße", knurrte Jimin plötzlich, als er sich einmal kurz von mir löste, bevor er sich wieder auf meine Lippen stürzte. Erst diese kurze Pause holte mich völlig in die Realität zurück. Es brauchte nicht lange - keine zwei Sekunden - bis ich diese vollständig eingeordnet hatte. Während der Silberhaarige noch längst damit beschäftigt war, meine Lippen zu bearbeiten, hatte ich schon leicht ausgeholt und meine Hand mit voller Wucht auf seine Wange schnellen lassen.

Das klatschende Geräusch, hallte noch gefühle Ewigkeiten im Gang wieder. Für einen Moment war es still. Alles was man hörte, waren unsere schnellen Atemzüge. Jimin stand geschockt ein paar Schritte entfernt von mir und konnte nicht glauben, was ich da eben getan hatte. Und damit war er nicht der einzige. Auch ich musste mich wirklich zusammenreißen, nicht wie gebannt auf meine Handfläche zu schauen. Stattdessen mündete mein Blick genau in seinem. Was würde er jetzt machen?

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