Kapitel 50
Blinzend zwang ich meine Augen, mich ans Tageslicht, welches durch die Spalten des Rolladens vielen, zu gewöhnen. Doch so richtig wollte ich nicht wach werden und ehe ich mich versah, waren meine Augen schon wieder zugefallen und ich kuschelte mich genüsslich an die Wärmequelle hinter mir.
Erst, jetzt, wo ich spürte, wie ein Druck um meinen Bauch ein bisschen stärker wurde, wurde mir bewusst, dass ich mich ja gar nicht in meinem Zimmer befand...
Schlagartig riss ich meine Augen auf. Die Ereignisse des letzten Tages zogen an meinem inneren Auge vorbei, sobald ich den Raum als Jimins Zimmer identifizierte.
Die Erinnerungen an meinen Streit mit meinem Vater, wie ich zur Schule gerannt und schließlich zu Jimin gekommen war, kamen zurück. Ein bisschen absurd war es ja schon, dass es gerade ER gewesen war, der mich in den Arm genommen hatte und von dem ich mich hatte trösten lassen. Und doch... hatte er mich beruhigt, hatte mir geholfen und war für mich da gewesen...
Ich erinnerte mich, an die Sorge in seinem Blick, als ich ihm alles erzählt hatte, daran, wie er es geschafft hatte, mich trotz allem zum lachen zu bringen und wie er mir geholfen hatte, als ich nicht einschlafen konnte.
Anscheinend hatte ich mich im Schlaf gedreht, weshalb ich nun Jimins warmen, gleichmäßigen Atem an meinem Nacken spüren konnte. Er schien noch zu schlafen. Und das war auch gut so. Warum musste es für mich immer unangenehm werden, wenn ich hier übernachtete?!
Arghhhh. Warum hatte ich ihm auch mein Geheimnis erzählen müssen? Warum hatte ich nicht nur das nötigste sagen können? Warum musste ich ihm ohne Ausnahme ALLES erzählen???
Weil ich mich wohl gefühlt hatte...
Die Antwort ploppte so plötzlich in meinen Gedanken auf, dass ich mir nicht sicher war, ob sie von meinem Verstand oder eher aus meinem Herzen versendet wurde. Aber es stimmte... ich hatte mich wohl gefühlt... und auch wenn ich mich dafür hassen wollte, konnte ich es nicht. Und doch wusste ich nicht, wie ich jetzt weitermachen sollte. Wie ich mich Jimin gegenüber verhalten sollte und mit welchen Augen ich ihn ab jetzt betrachten sollte.
War es möglich, dass wir sowas wie Freunde werden konnten? Trotz dessen, was alles zwischen uns passiert war... Und wenn ja... wollte ich das überhaupt? Oder wollte ich ihn noch immer in die Wüste schicken...?
Oder...
...fand ich es garnicht mehr so schlimm, hier in seinen Armen zu liegen...? Was würde passieren, würde ich dem Silberhaarigen eine Chance geben? Würde ich glücklich sein? Würde es mir gefallen? Würde ich mich wohl fühlen? Oder würde ich es hassen und mir wünschen, es nie getan zu haben?
Fragen über Fragen und alle drehten sich über den Jungen, an dessen Brust ich noch immer gedrückt wurde. Und genau das war der Punkt, weshalb ich einfach keinen klaren Gedanken anführen konnte. Naja, und vielleicht die Tatsache, dass mir langsam ganz schön warm wurde. Das Kuscheln war ja schön und gut, aber langsam stieg mir die Hitze zu Kopf.
In der Hoffnung, dass es meine Körpertemperatur ein wenig herunterfahren würde, versuchte ich mich aus der Klammerumarmung wenigstens so weit zu befreien, dass ich nicht mehr komplett eingequetscht war. Tja... das passte dem immer noch schlafenden Jimin wohl so garnicht. Sobald ich es geschafft hatte, seine Arme ein wenig zu lockern und für einen Augenblick ein bisschen mehr Bewegungsfreiheit genossen hatte, musste ich wenig später feststellen, dass der Silberhaarige definitiv noch nicht bereit dazu war, sein Kuscheltier frei zu lassen. Anstatt mir also meine Freiraum zu lassen, drückten mich seine Arme noch fester an den Körper hinter mir. Und als wäre das nicht genug, spürte ich, wie sich ein Bein über meine legte, sodass ich sprichwörtlich gefangen war.
Mission failed, würd ich mal sagen.
Augenrollend startete ich einen weiteren Versuch, mich aus meiner persönlichen Sauna zu befreien, was darin endetet, dass mich Jimin grummelnd nur noch mehr an sich drückte. Das darauffolgende "Noch nicht gehen", weckte allerdings in mir die Hoffnung, der Silberhaarige würde bald von alleine wach werden. Dieser hatte allerdings anderes vor.
Wie ich wenig später bemerken durfte, hatte er nur dafür gesorgt, dass sein Kuscheltier bei ihm blieb und war daraufhin wieder eingeschlafen. Ich seufzte. Ds durfte jetzt nicht wahr sein...
Als Jimin auch nach weitern 10 Minuten keine Anstalten machte, langsam mal wach zu werden, gab ich die Hoffnung auf, einfach durch warten an mein Ziel zu kommen. Bis das passieren würde, wäre ich hier schon lange geschmolzen.
Nun packte ich meine letzte bewegungsfähige Waffe aus: meinen Ellenbogen - Klein, aber spitz und meistens sehr effektiv. Leicht stupste ich mit diesem meinen Hintermann ein paar Mal an, bis dieser Tatsächlich zu sich zu kommen schien. Das verbesserte die Situation aber auch nicht wirklich.
Kaum hatte Jimin verstanden, was ihn am schlafen hinderte, löste er seinen Arm ganz kurz von mir, um damit meinen entsprechenden Arm neben mich in die Matratze zu drücken. "Mensch Jimin." Verzweifelt versuchte ich den Älteren wach zu behalten, was sogar teilweise funktionierte. "Was ist denn, Kleines?", grummelte der Angesprochene wenig später vor sich hin, wobei es, so undeutlich wie er sprach, gar nicht einfach war ihn zu verstehen. "Du erdrückst mich gleich." Mein Versuch, über den Verstand meines Freundes meines hitzigen Schicksals zu entkommen bezweckte zu meinem ach so großen Glück genauso viel, wie alles andere. "Nicht mein Problem." "Es könnte zu deinem werden, wenn ich hier wegen eines Hitzeschocks sterbe."
Einen Moment war es still und ich dachte schon, ich hätte tatsächlich ein paar Gehirnzellen im Gehirn meines Gefängnisses angeregt und das hatte ich wohl auch... nur leider die Falschen... "Wirst du schon nicht", kicherte der Silberhaarige vor sich hin und drückt mich noch stärker - wenn das überhaupt möglich war - an sich.
Stöhnend gab ich auf. Das führte alles zu nichts. Von Jimin war auch nur weiterhin ein leises Lachen zu hören. Schön, dass wenigstens er was zu lachen hatte. "Jiiimiiiin", seufzte ich schließlich ein weiteres mal. "Hm?" Seiner Stimme nach zu Folge, schien er tatsächlich wacher zu werden. "Bitte." "Lass mich überlegen", ich spürte einen Kuss an meinem Hals, "Nein."
Puh... anstrengend.
Dem einen Kuss folgten ein paar weitere, bis anscheinend sogar die Schlafmütze in einen Zustand geraten war, den man mit Mühe und Not als "wach" bezeichnen konnte. "Wie geht's dir, Süße?" Ich lachte leicht auf. "Meinst du abgesehen davon, dass ich das Gefühl habe, zerquetscht zu werden?"Ich hörte Jimin kichern, bevor er unerwartete weise ernst wurde.
"Jetzt ganz kurz Spaß beiseite. Wie geht es dir mit der Sache von gestern?" Ich seufzte. Es war süß, dass er, trotz dessen, dass er noch immer nicht ganz da zu sein schien, daran dachte. Das half mir allerdings auch nicht, eine Antwort zu finden.
"Es..." Ich brach ab. Irgendwie wusste ich nicht, wie ich das, was ich fühlte, in Worten auszudrücken. "Ich...", noch einmal brach ich ab, "ich... kriegs einfach nicht aus dem Kopf... es... es... ach keine Ahnung", gab ich schließlich seufzend auf. Das war alles so kompliziert.
"Wir kriegen das schon hin." Ich kommentierte seine Aussage lediglich mit einem Nicken. Zwar hatte ich die Hoffnung, dass er Recht behalten würde, noch nicht aufgegeben, so ganz daran glauben, tat ich aber irgendwie auch nicht...
Ich war mir nicht sicher, ob Jimin meine Zweifel bemerkte oder er das Folgende sowieso geplant hatte. "Jetzt schauen wir erst einmal, dass es dir besser geht und dann gehen wir das ganze Schritt für Schritt an. In Ordnung?" Wieder nickte ich. Dieses Mal überzeugter. "Na siehst du. Und heute fangen wir mit dem ersten Punkt an." Ich bekam keine Zeit, um zu fragen, wie der Ältere das meinte, da er direkt weiterredete. "Was hällst du davon, wenn wir uns gleich erstmal ein paar Pfannkuchen zum Frühstück machen und dann einfach den Samstag genießen. Wir können zum See oder in den Park oder ins Kino. Was du möchtest. Hautsache, wie kriegen dich ein bisschen abgelenkt und du lässt es den Tag ruhig angehen. Stress ist verboten."
Meine Antwort kam schneller, als ich darüber nachdenken konnte. "Können wir auch Waffeln machen?" Ich konnte ein Lachen an meinem Nacken, an welchen der Silberhaarige schon die ganze Zeit seine Kopf abgelegt hatte, hören. "Wenn's weiter nichts ist. Das ist doch sowieso alles das Gleiche."
Das hätte er nicht sagen sollen. "Jetzt pass mal auf. Pfannekuchen und Waffeln sind vieles, aber nicht das Gleiche. Und sie einfach in einen Topf zu werfen ist eine Beleidigung für all die Waffeln, die ich in meinem Leben schon gegessen habe. Das eine schmeckt gut und so, aber das andere ist das beste, was es auf der Welt gibt und trägt den Spitznamen Lebenselixier. Noch Fragen? Nein? Gut so."
Anstatt einer Antwort hörte ich nur, wie Jimin noch lauter lachte. "Du bist süß." "Das war mein voller ernst", nuschelte ich leicht beleidigt vor mich hin. "Naaaawww. Arme kleine Yuna."
Ich stockt für einen Moment. Es kam selten, bis eigentlich nie vor, dass Jimin mich beim Namen nannte. Doch glücklicherweise schien der Silberhaarige meinen Moment der Verwirrung nicht bemerkt zu haben. "Na dann lass uns doch schauen, dass du dein Lebenselixier bekommst", lachte er weiter, bevor er mir noch einen letzten Kuss gab und dann seine Arme und Beine von mir entfernte.
Freiheit... endlich!!!
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