Kapitel 34
"Wo willst du hin?!", donnerte die laut Stimme meines Vaters, bevor ich die Tür auch nur erreicht hatte. "Zum Tanzen." Ich sprach ruhig und leise. Es wäre dumm, ihn in seinem momentanen Zustand auch noch zu provozieren.
"Du undankbares Ding bist von morgens bis abends weg. Will ich wissen, wo du die letzte Nacht verbracht hast?" "Ich habe mit Jungkook und Taehyung übernachtet", ich atmete einem Mal tief ein und aus, "Das hab ich dir doch gesagt", fügte ich dann noch leise hinzu. Und zu dem Zeitpunkt war er meines Erachtens nach in einem nüchternen Zustand gewesen...
Doch jetzt war es das ganz offensichtlich nicht. Und unberechenbar, wie er dadurch war, hatten ihn meine Worte ordentlich gereizt. "Du willst also behaupten, es sei meine Schuld?!" "Nein", versuchte ich die Situation noch zu retten.
"Und wer sagt mir, dass du wirklich bei den beiden warst? Du kleine Schlampe warst vermutlich bei irgendwelchen Jungs um deinen Spaß zu haben", geschockt blickte ich zum Älteren, "oder nein! Vermutlich warst du sogar bei den beiden. Und? Hat's wenigstens Spaß gemacht, es gleich zwei auf einmal zu besorgen?!"
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Alles, an diesem Gedanken, meiner jetzigen Situation und dem Gespräch war so absurd. "Wir haben nur Filme geschaut." Eigentlich könnte ich mir denken, dass es sowieso nichts mehr brachte, aber diese Vorstellung konnte ich einfach nicht so lassen. "Also willst du mir jetzt auch noch unterstellen, zu lügen?!"
Scheiße... jetzt war er richtig sauer.
"Du kleine Schlampe, scher dich aus meiner Wohnung. Und so ein dreckiges Miststück soll ich meine Tochter nennen?!" Auch wenn er das letzte mehr zu sich selber gesagt hatte, war es, als bohrte sich ein Schwert durch meine Brust.
Mein Gehirn hatte schon lange ausgesetzt. Ich bemerkte erst, dass sich meine Beine selbstständig gemacht hatten, als ich bereits das Treppenhaus herunter geflitzt war und auf der Straße stand.
Vermutlich konnte ich von Glück reden, dass gerade niemand - und vor allem kein Jimin - vorbeikam, denn dass bei mir definitiv NICHT alles in Ordnung war, war wirklich nicht schwer zu sehen!
Nach ein paar Sekunden des bloßen durch die Gegend Starren, schaffte ich es, meinen Körper und Gedanken wieder unter Kontrolle zu bekommen. Ein Blick auf die Uhr verrieht mir, dass ich schon zu spät kommen würde und augenblicklich liefen meine Füße in die richtige Richtung.
Das war nicht mein Vater. Das war jemand anderes. Jemand fremdes. Jemand, der wieder gehen würde.
Beinahe den ganzen Weg versuchte ich mir diesen Gedanken einzureden. Mein Vater würde so etwas nie sagen, da war ich mir sicher.
Aber existierte mein Vater in diesem Haufen aus Chaos überhaupt noch...?
Geschockt von mir selber blieb ich augenblicklich stehen, weshalb ich den ein oder anderen verwunderten Blick kassierte. Ich ignorierte sie. Ignorierte die Leute, ihre Blicke, ihre Gedanken.
Wie konnte ich so etwas nur denken?!
Natürlich existierte mein Vater noch. Und er liebte mich auch noch! Er musste einfach.
* * * * *
Erleichtert atmete ich auf, als ich endlich vor der Holztür stand, durch welche man schon die Stimme meines Tanztrainers hören konnte. Hoffentlich war er nicht sauer... Schließlich war ich 30 Minuten zu spät...
Vorsichtig öffnete ich die Tür und genau wie ich es erwartete hatte, lagen alle Blicke auf mir. "Tut mir leid, für die Verspätung! Kommt nicht mehr vor", entschuldigte ich mich sofort.
Zu meinem Glück schien weder Tony, noch meine vier Mädels ansatzweise böse. Dies bestätigte sich, als mein Tanzlehrer lächelnd abwinkte. "Alles in Ordnung. Ich seh dich hier so oft außerhalb unserer Trainingszeiten, da können wir die paar Minuten verkraften."
Puh... Glück gehabt. Erleichtert stellte ich meine Sachen an den Rand des Raumes und pfefferte auch meine Jacke obendrauf.
Ich hatte damit gerechnet, dass wir direkt weiter machen würden, doch anscheinend hatte unser Trainer andere Pläne. "Ihr vier könnt ganz kurz Pause machen. Bevor wir vollzählig anfangen möchte ich noch kurz etwas mit Yuna besprechen."
Meine Freundinnen wirkten nicht, als hätten sie ein Problem mit der Verschnaufpause und ob ich jetzt noch 5 Minuten mehr oder weniger warten würde, bis ich anfing, würde auch keinen Unterschied mehr machen.
"Wie sieht es aus, wegen dem Angebot", machte Tony den Anfang, "Hat dich New York überzeugt?" "Du verlässt uns?!", unterbrach uns eine Stimme aus dem Hintergrund. Das Lächeln meines Gegenüber gefror als er verstand, dass ich den vieren nichts von dem Angebot erzählt hatte. "Tut mir leid, ich-" "Ist schon okay. Sie können es ruhig wissen", ich lächelte den Braunhaarigen an, bevor ich mich an die immer noch geschockte Jamina wandte, "Ich habe ein Angebot von der DAN bekommen, aber es ist noch nichts sicher."
Nun mischte sich auch Miga ein, die man von Kopf bis Fuß einfach nur als süß betiteln konnte. Mit ihren 1,68, dem unschuldigen Blick und der piepsigen Stimme, war es für die meisten eine Überraschung, WIE selbstbewusst die 17-Jährige war. "Was heißt hier nicht sicher?! Du könntest an die beste Tanzakademie New Yorks gehen! Und da überlegst du noch?!"
Unglauben war in den Gesichtern meines Teams zu erkennen. Wenn die nur wüssten...
Bevor ich mir eine passende Ausrede einfallen lassen konnte, wurde meine Aufmerksamkeit zurück auf den Vollblutamerikaner im Raum gelenkt. "Genau darüber wollte ich ja mit dir sprechen. Was sagen denn deine Eltern zu dem Ganzen? Würden sie es prinzipiell erlauben?"
Warum? Warum jetzt? Warum heute?
Natürlich hatte ich mit meinem Vater noch NICHT über das Thema gesprochen. Und alleine, wenn ich an unser letztes Gespräch dachte, konnte ich in Tränen ausbrechen.
Nein, Yuna. Reiß dich zusammen. Bleib stark!
"Sie... sie überlegen es sich noch... also.. sie sind noch am diskutieren, ob..." Ich wusste nicht, wie ich weitersprechen sollte, ohne zusammenzubrechen, doch Tony dachte anscheinend, bereits verstanden zu haben, was ich sagen wollt. "Das passt schon. Sag mir einfach Bescheid, wenn sie sich entschieden haben. Und falls sie zu starke Zweifel haben, kann ich auch gerne mal mit ihnen telefonieren und versuchen sie zu überzeugen."
Dankend lächelte ich dem Braunhaarigen zu. Womit hatte ich das alles nur verdient...?
"So, jetzt aber genug geredet! Lasst uns weiter machen, beziehungsweise anfangen", Beim Letzteren zwinkerte er mir verschmitzt zu und ich war wirklich froh, dass der Ältere nicht sauer zu seien schien.
Der Sport würde mir sicher helfen, den Kopf frei zu bekommen. Wobei ich nur offen konnte, dass sich alles bis zum Abend beruhigt haben würde. Andernfalls wusste ich nicht ob und wie ich den morgigen Schultag überstehen sollte.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top