Kapitel 14

Mein Wecker klingelte. Meine Augen schlugen auf. Meine Hände schlugen auf den Wecker. Meine Augen klappten wieder zu.

Wäre es nach mir gegangen, würde ich sie nie wieder öffnen. Oder wenigstens, bis dieser Tag Geschichte war. Danach konnte das Leben dann vielleicht doch weitergehen. Es war ja im Prinzip nur der Mittag, der mich Bauchschmerzen bereitet - sprichwörtlich. Aber es half ja alles nichts. Am Ende musste ich durch die zwei bis drei Stunden mit dem Kotzbrocken durch. Ob das nun heute, morgen oder sonst wann war, spielte da auch keine Rolle mehr.
Augenverdrehend schälte ich mich aus meiner Bettdecken und kümmerte mich darum, dass ich akzeptabel genug aussah, um in die Schule zu gehen. Dann schmiss ich noch den ganzen Krimskrams vom Schreibtisch in meine Tasche und machte mich auf den Weg. Erst in die untere Etage unserer Wohnung, dann in die Küche und mit einem Apfel in der Hand zur Haustüre. Dort schlüpfte ich in Schuhe und trat durch die Tür.
Gerade wollte ich diese wieder zuziehen, da blieb ich noch einmal stehen. Sollte ich noch ein kurzes "Tschüss" rufen oder wie die letzten Tage einfach verschwinden?
Seit dem Vorfall vor nun schon zehn Tagen hatte ich so gut, wie nicht mehr mit meinem Vater gesprochen. Nur das allernötigste Kommunizierten wir, sollten wir uns zufällig über den Weg laufen. Es war so, als würde er mir aus dem Weg gehen, aus Angst, er könnte sich ein weiteres mal vergessen. Aber so konnte es doch nicht weitergehen...

Ich zögerte lange. Zu lange. Ohne eine Verabschiedung, schwang ich mich schlussendlich die Treppe herunter und schaute, dass ich nun wirklich einen Zahn zulegte, wenn ich pünktlich im Unterricht sitzen wollte.
Anfangs war es schnelles laufen gewesen, dann hatte ich gemerkt, dass es doch nicht schlecht wäre, wenn ich immer wieder ein Stückchen joggte und am Ende war ich die letzten Meter schlichtweg gerannt. Bevor ich nun allerdings das Klassenzimmer betrat, gönnte ich mir zwei Sekunden, um einigermaßen herunterzukommen. Es musste ja nicht jeder sehen, wie ich mich schlussendlich abgehetzt hatte.
Meine Lehrerin begutachtete mich mit einem strengen Blick, sobald sie mich in der Tür sah. Erst als ich mich schließlich für die Verspätung entschuldigt hatte, deutete sie mir, dass ich mich setzten sollte, was ich auch schleunigst tat.

Natürlich bemerkte ich auf dem Weg zu meinem Platz Kookies fragenden Blick und sobald ich mich neben meiner besten Freundin fallen gelassen hatte, fing diese natürlich auch direkt an, mich mit Fragen zu Löchern. "Was war los? Warum bist du zu spät? Ist alles okay? War was wegen Jimin oder-" "Beruhig dich, ich bin ja jetzt da", unterbrach ich schließlich ihren Redeschwall.
Einen Moment blieb meine Sitznachbarin still. Kurz darauf sah ich jedoch schon, wie sie wieder ansetzte, ihren Fragemarathon fortzusetzten, allerdings war ich abermals schneller. Schließlich hatte ich weder Lust, Suji anzulügen, noch mich danach zu erklären, da sie besagte Lüge durchschauen würde. "Hast du Lust später mit mir in die Stadt zu gehen?" Zwar stockte sie kurz in ihrer Bewegung und sah mich auffordernd an. Es kam selten vor, dass ich Fragen auswich und das Mädchen konnte sich wahrscheinlich schon denken, dass NICHT alles gut war, doch zu meinem Glück beließ sie es dabei.
„Klar. Das haben wir schon lange nicht mehr gemacht." Es war nicht schwer, den vorwurfsvollen Ton aus ihrer Stimme herauszuhören. "Tut mir Leid, ich hab wohl letzte Woche ein bisschen viel-" "...trainiert? Ja, das hast du definitiv." Ich seufzte. Sie hatte ja Recht. "Es tut mir-" "Du musst dich nicht bei mir entschuldigen. Es ist ja dein Leben und es ist deine Gesundheit, die im Zweifel darunter leidet. Aber natürlich freu ich mich, was mit dir zu machen." Am Ende Lächelte die Schwarzhaarige sogar wieder, worüber ich verdammt froh war. Ich wusste ja, wie sie zu dem Thema stand, aber ich konnte es nicht ertragen, wenn wir uns deswegen stritten. "Ich muss nach der Schule noch dieses dämliche Projekt mit Jimin machen", informierte ich sie. "Mein Beileid. Soll ich dann zur Schule kommen?" "Ja, das wäre super. Freu mich scho-"

"Suji und Yuna. Wollt ihr vielleicht eure Privatgespräche auf später verschieben und euch jetzt auf den Unterricht konzentrieren?"


Jimins Sicht:

"Und?" Fragend wendete ich mich an meinen Kumpel, der meinen ernsten Blick erwiderte. "Keine Sorge, sie kommt später noch einmal in die Schule. Ich glaub die beiden wollen dann noch in die Stadt oder so." Ein verschmutztes Grinsen bildete sich auf meinem Gesicht. „Na das werden wir ja noch sehen." Auch wenn ich mehr mit mir selber gesprochen hatte, konnte ich erkennen, dass der Junge vor mir ebenfalls leicht lachend den Kopf schüttelte.
Einen Moment herrschte Stille zwischen uns. Ich konnte sehen, wie mein Gegenüber mit sich rang, in er seinen Gedanken aussprechen sollte oder nicht. Anfangs wartete ich nur stumm darauf, dass er es auch tat. Jedoch wartete ich vergebens „Was ist?", versuchte ich den Jungen doch dazu zu bringen, zu reden. "Du willst das also wirklich durchziehen, hm?" Ich konnte die Zweifel aus seiner Stimme hören. Überzeugt war er nicht. Abbringen tat mich das jetzt jedoch auch nicht mehr. Yuna hatte genug Chancen gehabt, da war sie selber Schuld, wenn sie nicht von alleine drauf einging. Ich hatte von Anfang an gesagt, ich würde alles tun, damit ich sie bekommen würde und ich hatte meine Meinung in den letzten Wochen nicht geändert.

„Okay." Offensichtlich hatte mein Freund bemerkt, dass er es vergessen konnte, mich in irgendeiner Form umzustimmen. "Was ist mit den anderen?", wollte ich sicherheitshalber noch wissen. "Also auf mich, Yoongi und Hoseok kannst du zählen. Da liegt nicht das Problem. Aber dann sind da halt noch die restlichen." Er musste nicht weiterreden. Ich kannte ihre Meinungen. Gut.

„Jimin", lenkte der Junge abermals seine Aufmerksamkeit auf sich, „versprich mich zwei Sachen." Fragend zog ich eine Augenbraue hoch, sagte jedoch nichts. Das schien meinem Gegenüber jedoch nicht zu reichen. „Ja, gut. Was auch immer es ist, ich schwör's." „Erstens: ich mache nichts weiter, als die Startvorraussetzungen zu schaffen." Ein prüfender Blick traf mich, jedoch nickte ich nur ganz entspannt. „Ja, dass hatten wir doch abgemacht." Ein lauter Atemzug war zu hören. Dann erinnerte sich mein Freund offensichtlich, dass es da noch einen zweiten Punkt gab. „Und zweitens: Versprich mir, dass du es nicht übertreibst." „Inwiefern?" Für mich war diese Unterhaltung nicht mehr relevant. Ich wusste sowieso schon längst, was ich tun wollte und was nicht. „Du weißt, wie ich es meine. Verletz sie nicht." Ein Grinsen schlich sich auf mein Gesicht. „Keine Sorge, ich werde Yuna bei der ganzen Sache kein Haar krümmen." „Ich meine es ernst." Meinem Gegenüber schien meine gelassenen Art wohl nicht all zu sehr zu gefallen, weshalb ich ihm Wohl oder Übel noch eine weitere Bestätigung geben musste. „Und ich versprech's dir." Dieses Mal hatte ich das Lächeln wieder aus meinem Gesicht verband. Und ich meinte ja auch ernst, was ich sagte. Schließlich hielt ich sie ja auch extra weit vom eigentlichen Geschehen fern.

Das reichte dem überbewerten Teenager schließlich aus, sodass er sich mit einem abschließenden Nicken von mir entfernte. Kurz, bevor er doch komplett aus meinem Gesichtfeld verschwinden konnte, war diesmal ich derjenige, der sich noch einmal vergewissern wollte. „Taehyung-" „Er weiß von nichts und wird auch nichts erfahren." Ich nickte. Zum einen als Zeichen, dass es das war, was ich hören wollte, gleichzeitig somit auch um meine Zustimmung zu zeigen. „Der bringt uns um, wenn er das herausbekommt", murmelte ich trotzdem noch vor mich hin, nicht damit rechnend, dass mein Gegenüber etwas mitbekommen würde. Doch das kleine, aufmunternde Lächeln auf seinen Lippen, zeigte mir, dass er jedes Wort verstanden hatte.


Yunas Sicht:

„Hast du es schon hinter dir?" Lachend wandte ich mich an meine Freundin, als diese sich Augenrollen leicht wegdrehte. „Frag nicht, du." „Na jetzt erst Recht. Also...?" Neugierig versuchte ich meine Augen vor die ihre zu quetschen, bis wir beide unser Lachen nicht mehr zurückhalten konnten.
„Sagen wir es so. Ich verstehe zwar warum er sitzen geblieben ist, mir ist jedoch ein Rätsel, wie er es überhaupt bis hier hin geschafft hat." Wir hatten uns gerade wieder vom Lachen erholt, nur, um uns jetzt erneut in den Armen zu liegen. „Aber jetzt seit ihr fertig?", hakte ich am Ende der neuen humorvollen Episode nach." „Ja, Hoseok und ich haben's direkt am Freitag gemacht. Jetzt müssen wir die Ausarbeitung nurnoch nächsten Freitag abgeben uns Ruhe ist." „Fürs erste", fügte ich grummelnd hinzu. „Ach komm, nächstes Mal sind wir in einer Gruppe. Da kann dieser Idiot sagen, was er will." Ich wusste Suji hatte es nur nett gemeint. Jimins Erwähnung führte jedoch nicht dazu, dass sich meine Laune erheblich steigerte.
„Wann trefft ihr euch nochmal?", wollte die Schwarzhaarige wissen, während ich sie bis zum Haupteingang begleitete. „Jetzt." „Und wo?" „In der Bibliothek." Ein leicht verwirrter Gesichtsausdruck bildetet sich auf Sujis Gesicht, während wir uns immer mehr unserem - oder eher ihrem - Ziel nährten. „Und warum bist du dann hier?" Wir waren am Ausgang angekommen. Motivationslos blieb ich stehen, meine beste Freundin drehte sich zu mir um. „Weil ich jede Minute brauche, die ich diesen Schwachsinn herauszögern kann." 

„Du schaffst das schon." Noch einmal umarmte mich mein Gegenüber, drehte sich dann mit einem leicht zerknirschten, gleichzeitig aber auch leicht schadenfrohen Grinsen um und schloss sich der allgemeinen Stromrichtung an. "Bis später", rief auch ich der Schwarzhaarigen hinterher, bevor ich meinen Gang in Richtung Untergang ansetzte.
Ich hatte das Gefühl, ich würde mit jedem Schritt nach vorne etwas langsamer gehen. Dennoch dauerte es leider nicht allzulange und ich betrat den großen Raum der Schulbibliothek. Mehrfach lies ich meinen Blick über die einzelne stehenden tische schweifen. Jedoch täuschte ich mich tatsächlich nicht. Hier war kein Jimin. Nirgends. Hatte er es vergessen? Hoffentlich! - Wobei es mir im Prinzip auch nichts brachte. Dann müssten wir den Mist einfach nur wann anders machen.

Trotzdem mit nicht gerade wenig Erleichterung wollte ich schon den Rückzug antreten. Kaum hatte ich mich allerdings umgedreht, machte ich einen kleinen Satz nach hinten. „Erschreck mich halt noch mehr", grummelte ich wenige begeistert von der Veränderung der Situation in mich hinein. „Tut mir Leid, Süße." Ich konnte wirklich nur hoffen, dass sich Jimin dieses viel zu ehrliche Lachen schnellst möglich wieder abgewöhnte. Ansonsten würde es wohl nach der Arbeit einen schweren Strafdelikt an der Schule geben.
„Fangen wir an?" Langsam aber sicher wurde das Lächeln gruselig. Vorallem, wenn ich mir den ganzen Jungen so anschaute. Er war einfach zu entspannt, zu zufreiden mit der Welt, als das alles in Ordnung seien konnte. „Lass es uns hinter uns bringen."

Na... hat jemand eine Idee, was Jimin vor hat oder mit wem er da geredet haben könnte...? 🤔

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