Kapitel 12

Ich seufzte. Sollte jemand je einen Preis fürs Auftauchen in unpassenden Momenten bekommen, Jimin wäre mindestens nominiert. Ich wollte nicht mit ihm reden. Nicht jetzt - ansonsten auch immer ungern, aber heute vor allem nicht. Ich hatte mir gut gemerkt, wie unsere letzten Diskussionen, egal ob friedlich oder nicht, geendet waren. Und ich hatte gerade weder Lust, noch Kraft für eben so ein Ende. Vermutlich war es das beste, dem Ende einfach aus dem Weg zu gehen. Es gar nicht erst beginnen zu lassen, sodass es kein Ende geben kann, was meinen Tag noch verschlimmern konnte. Kurz gesagt, ich musste hier weg. Je schneller, desto besser.
Bereit dazu, gleich einen kleinen Sprint hinlegen zu müssen, setzten ich mich genervt auf. "Weißt du Jimin-"

Ich stockte.

Eigentlich war es mein Plan gewesen, dem Älteren angesichts unsere letzten Treffen eine schöne Abfuhr zu erteilen, doch kaum hatte ich angefangen, verstummte ich auch schon wieder. Da war etwas in seinem Blick, was mir sagte, lieber die Klappe zu halten. Er war ernst... zu ernst. Anstatt mich mit seinem altbekannten Grinsen zu nerven, begutachtete er mich mit einer Mischung aus Wut und Besorgnis.
Zögernd folgte ich seinem Blick, nur um festzustellen, wohin er überhaupt sah. Sein Blick ging nicht wie sonst direkt in meine Augen, sondern richteten sich auf etwas ganz anderes. Meine Atmung verschnellerte sich wieder. Ich hatte verstanden, was es meinem Gegenüber die Sprach verschlagen hatte. Und ich hatte nicht vor, auch nur ein weiteres Wort darüber zu verlieren.
„Ich... ich muss gehen", versuchte ich doch irgendwie aus der Situation zu kommen und bei Jimins Schockstarre wäre das wahrscheinlich sogar möglich gewesen, wäre ich nicht selber komplett neben der Spur. Kaum stand ich auf, schloss sich eine Hand um meinen Arm. Sein Griff war locker. Sehr locker. Normalerweise hätte ich mich ohne großen Kraftaufwand losreißen können, aber mein Gehirn hatte irgendwie noch nicht wirklich angefangen zu arbeiten.
Anstatt die Chance zu nutzen und dem Silberhaarigen zu entkommen, bewirkte alleine die Berührung seiner Hand, dass ich aus dem Gleichgewicht geriet und mal ausnahmsweise keine Begegungng mit einer Wand sondern zur Abwechslung mit dem Boden machte.

Im Fallen hatte ich mich durch seinen dann doch fester werdenden Griff um 180 Grad gedreht. Jetzt lag ich wieder unter ihm. Nicht direkt. Aber er hatte von oben jedenfalls eine perfekte Sicht auf meine rechte Wange.
Meinen Arm hatte er los gelassen. Stattdessen fühlte ich nun unter beiden Händen das von der Sonne aufgewärmte Gras. Meine Beine hatte ich angewinkelt, sodass ich, sobald Jimin sich aus seiner Starre gelößt hatte, langsam nach hinten robbte. Durch die Tatsache, dass der Silberhaarige aufrecht stand, brachte dies natürlich wenig. In binnen weniger Sekunden war er bei mir und kniete sich zu mir herunter, sodass wir auf Augenhöhe waren. Dies nutzte der Junge auch, um mich intensiv unter die Lupe zu nehmen. Ich selbst versuchte lieber, seinem Blick auszuweichen. Quasi automatisch senkte ich meinen Kopf leicht, was wenigstens für einen Moment den praktischen Nebeneffekt hatte, dass meine Haare die Sicht auf den Handabdruck versperrten.
Etwas warmes umfasste mein Kinn und forderte mich erst sanft, dann etwas gröber, dazu auf, dieses anzuheben. Erst als mein Kopf in seiner ursprünglichen Position war, sah ich, WIE nah er mir mal wieder war. Nur, dass meine Augen noch immer uninteressant für ihn schienen, angesichts dessen, was er unter den Haaren finden würde. Während seine eine Hand sicherstellte, dass ich nicht wegsah, strich er mir mit der anderen vorsichtig meine langen schwarzen Haare beiseite.

"Wer war das?" Seine Stimme war so kühl, so trocken. Viel zu emotionslos, als das ich sie unter normalen Umständen dem nervigen Jungen zugeordnet hätte. Trotzdem blieb ich still. Er würde sich noch so sehr auf den Kopf stellen können, auf diese Frage würde er NIE eine Antwort bekommen. Vorallem er nicht.

"Wer. War. Das?", wiederholte er sich, wobei er dieses Mal Wert darauf legte, jedes einzelne Wort scharf zu betonen. An meiner Einstellung ändern tat das jedoch nichts, weshalb ich weiterhin kein Wort sagte.
Zu meiner Verwunderung wurde der Silberhaarige keineswegs wütend, wie sonst, wenn ich nicht das tat, was er sagte. Stattdessen konnte ich einen tiefen Seufzer vernehmen, bevor sich seine Hand endlich von meinem Kinn entfernte. Seine andere hingegen strich langsam über meine Haut, bis sie ihren Weg, herunter zu meinen Lippen fand. "Ich will dir doch nur helfen, Kleines", flüsterte er und würde ich nich wissen, WER da vor mir saß, wäre ich wirklich kurz davor, ihm wenigstens Teile zu erzählen

Aber ich wusste wer vor mir saß. Und das ich mich bei Jimin ausheulen würde kam nicht in die Tüte! Egal, wie schlimm es um mich stand. Anstatt auf sein Angebot einzugehen, lößte ich eine Hand von der Erde und wollte mit dieser seine Finger entfernen, die angefangen hatten, sachte über meine Lippen zu streichen. Leider sah der Idiot, was ich vor hatte, bevor ich meinen Plan hatte in die Tat umsetzten können und fing meine Hand rechtzeitig in der Luft ab. Zugegebenermaßen war dies in meinem Schneckentempo allerdings vermutlich auch kein Wunder gewesen. „Nanana, so nicht, Süße." Und da war er wieder... Das eingebildetet Arschloch. Und irgendwie war ich ihm ausnahmsweise sogar dankbar für diesen Kommentar, sodass ich nicht vergessen konnte, wer hier mit mir sprach.
„Lass mich verdamt noch mal los oder ich schrei den ganzen Park zusammen." Es war das erste Mal, dass ich bei der gesamten Unterhaltung - wenn man es denn so nenenn konnte - etwas sagte. Laut sprach ich nicht. Aber wenigstens hatte meine Stimme einen kräftigen Biss. Helfen tat jedoch auch das nur meinem eigenen Selbstwertgefühl. Meinen Gegenüber interessierte es nämlich recht wenig. Alles, was er tat, war anfangen zu lachen. Nur leicht, nur kurz. Aber das er mich nicht ernst nahm war trotzdem gut herauszuhören. „Ach, würdest du das tun?" Mein Augen verenkten sich zu Schlitzen. "Dann mach. Aber denk daran, Kleines... Ich kann dich HIER nicht dazu zwingen, mir zu sagen, wer dich geschlagen hat, aber ich denke nicht, dass du die Nummer bei deinen Eltern genauso abziehen kannst."

Ich erstarrte. Meine Kehle trocknete innerhalb von Sekunden aus. Meine Augen weit aufgerissen, meinen Mund ebenfalls leicht geöffnet, sah ich ihn einfach nur an.
Wieso? Wieso musste er mich immer genau dort treffen, wo es am schlimmsten war? Warum konnte er nicht mal bei etwas belassen, musste immer weiter auf etwas rumhacken? Warum musste er es ansprechen? Musste sie ansprechen? Meine Eltern... oder was davon noch übrig war...

"Shhhht. Alles ist gut." Als plötzlich zwei Daumen, die mir meine heruntergelaufenen Tränen wegwischten, wurde ich in die schmerzhafte Realität zurückgestoßen. Erst jetzt viel mir auf, dass er meinen Arm wieder losgelassen hatte. Trotzdem war dieser noch in genau der selben Position, wie vorher.
Zwar bekam ich jetzt wieder alles um mich herum mit, was allerdings nicht bedeutete, dass ich auch aktiv am Geschehen teilnahm. So bemerkte ich auch erst, dass mich der Silberhaarige in seine Arme gezogen hatte, als es schon zu spät war. Stumm liefen mir immer noch vereinzelt Tränen runter, aber mein Gehirn fokussierte sich gerade auf etwas ganz anderes: Wie sollte ich jetzt hier raus kommen? Ich meine... ich war an Jimins Brust gelehnt, während seine Arme mir meinen einzigen Weg zur Flucht versperten. Und meine Kraft hatte mich sowieso verlassen. Aus de menschlichen Gefängnis auszubrechen, konnte ich vergessen.

Eine Zeit lang, strich er mir einfach über den Rücken und verteilte Küsse auf meinem Kopf, was ich angesichts meiner Lage fürs erste über mich ergehen lies. Entspannen oder Beruhigen tat es mich zwar nicht, aber es verschaffte mir Zeit. Zeit, die ich brauchte, um mich auf eine Flucht vorzubereiten. Zeit, um meine Gedanken zu sammeln. Zeit, um wieder Herr über meinen Körper zu werden.
Meine Chance sollte kommen, als meine Anlehne der Meinung war, er hätte genug gewartet, um wieder versuchen zu können, mit mir zu reden. Und verdammt nochmal JA, das hatte er. Wahrscheinlich hatte er sogar zu lange gewartete...
„Komm schon, Kleines. Willst du mir nicht erzählen, was passiert ist? Ich kann dich vor demjenigen Beschützen, du musst mich nur lassen." Kaum drückte mich Jimin leicht von sich, um mir in die Augen schauen zu können, nutze ich die Gelegenheit, um mich von dem damit überforderten Jungen zu lösen und aufzuspringen. "Versteh es doch endlich, Park. Ich. Brauche. Deine. Hilfe. Nicht."

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