》18.《
Noch ein kleines bisschen weiter, dann bin ich da. Die Rufe und der Lärm der Motoren hinter mir werden immer lauter und die Scheinwerfer der Autos blitzen auf.
Aber ich habe es geschafft. Ich bin im Wald, doch ich darf nicht anhalten, ich darf mir keine Pause gönnen, ich muss weiter laufen und darf nicht stoppen.
Wieder peitschen mir Äste ins Gesicht und die Bäume huschen an mir vorbei. Ich springe über einen vor mir liegenden Baumstamm und laufe zickzack, um den Bäumen auszuweichen. Kein einziges Mal wage ich es, mich umzudrehen, das könnte mich nur Zeit kosten und ich könnte über irgendwelche Wurzeln und Äste stolpern. Ich achte nur auf den Boden und bleibe gerade noch so rechtzeitig stehen und rudere mit den Armen, um wieder ins Gleichgewicht zu kommen.
Vor mir erstreckt sich ein breiter Fluss, in den ich fast reingefallen wäre. Ich stehe vor der Wahl. Durch den Fluss gehen und vielleicht mitgerissen werden oder den Fluss entlang weiterlaufen. Unschlüssig bleibe ich stehen. Die Strömung des Flusses erscheint mir ziemlich stark, aber wenn ich ihn nicht überquere, ist es für die Wärter einfacher mich zu schnappen und es würde viel Zeit kosten. Zeit, die ich nicht habe. Gehe ich durch den Fluss, können sie mir mit dem Auto nicht mehr folgen.
Also durch das Wasser.
Vorsichtig gehe ich kleine Schritte vorwärts, immer darauf bedacht, einen sicheren Stand zu haben. Die Autos höre ich schon lange nicht mehr. Sie hätten es ohnehin nicht durch den dichten Wald geschafft, also sind sie wahrscheinlich zu Fuß unterwegs.
Ich befinde mich jetzt genau in der Mitte des Flusses und die Strömung zerrt merklich an meinen Beinen. Langsam gehe ich weiter, vorbei an einem großen Stein und konzentriere mich voll und ganz auf meine Schritte.
Mein Herz pocht wie wild, wegen der vorherigen Anstrengung, und meine Beine zittern. Meine vor Schweiß nassen Haare hängen mir im Gesicht und da sie schon ziemlich lang geworden sind, verschlechtern sie mir die Sicht. Panisch streiche ich sie mir von den Augen, um nichts zu übersehen, aber zu spät.
Den rechten Fuß setze ich weiter und rutsche plötzlich auf irgendwas aus. Ich versuche nach irgendwas zu tasten, um mich festzuhalten, falle aber rückwärts ins Wasser.
Über mir ist Wasser, neben mir ist Wasser, unter mir ist Wasser. Das Wasser ist überall. Das Rauschen des Wasser ist ohrenbetäubend laut.
Ich kann nicht atmen und ich werde von der Strömung mitgerissen. Immer noch leicht betäubt, versuche ich meine Augen zu öffnen. Sie brennen und unter Wasser kann ich nicht klar sehen.
Dann werde ich mit voller Wucht mit meinem Rücken gegen einen Stein geschleudert. Vor Schmerz reiße ich meine Augen auf und öffne meinen Mund zu einem stummen Schrei.
Diese Schmerzen.
Kaum auszuhalten.
Mein kraftloser Körper wird wie ein leerer Sack hin und her geschleudert.
Sauerstoff.
Ich brauche Sauerstoff.
Das ist der einzige Gedanke, der mir jetzt durch den Kopf geht. Egal wie, ich muss an die Wasseroberfläche gelangen. Panisch versuche ich nach oben zu schwimmen, aber wo ist oben? Ich strampele wie wild mit meinen Beinen und Armen und irgendwie schaffe ich es.
Mein Kopf schießt durch die Wasseroberfläche und meine Lungen füllen sich mit Luft. Schweratmend und hechelnd versuche ich wieder Halt zu bekommen. Mein Kopf pocht und die Kopfschmerzen verschlimmern sich mit jeder Bewegung.
Ich überwinde schmerzerfüllt den Abstand zwischen mir und dem Ufer und ziehe mich am Gras und anderen Pflanzen an Land.
Doch ich stehe nicht auf.
Ich bleibe liegen.
Ich kann mich keinen Meter mehr bewegen.
Alles tut mir weh.
Mein Kopf pocht, meine Lungen brennen und mein Rücken schmerzt. Ich liege bäuchlinks auf den Gras und taste vorsichtig meinen Rücken ab, zucke aber zusammen, als ich über mehrere offene Stellen fahre. Ich sehe meine Hand an und sie ist blutverschmiert. Weitere Kratzer zieren meinen Bauch, was ich durch das zerissene TShirt erkenne.
Langsam gewöhne ich mich an den Schmerz, denn im Liegen ist er erträglich. Doch ich kann hier nicht länger bleiben, egal wie doll die Schmerzen sind, ich muss weiter. Ich stütze mich auf meinen Händen ab und stämme mich hoch.
Meine Klamotten hängen schwer an meinem Körper. Doch plötzlich fühlt es sich so leicht an, ganz einfach, als hätte ich kein Körpergewicht, stämme ich mich hoch. Als würde mich jemand hochziehen...
Dann, als ich stehe, falle ich in mich zusammen und sinke auf meine Knie. Die starken Hände, die mich zuvor hochgezogen haben, lassen von mir ab.
Ich blicke auf.
Alles umsonst.
Vor mir stehen Dave, Isaak, Mike, Steve und Clark.
Diese Erkenntnis trifft mich wie ein Schlag. Ich lasse meine Schultern hängen. Mir geht so vieles durch den Kopf und doch ist er irgendwie leer. Meine müden Augen blicken starr gerade aus.
Issak sieht mich provozierend an und hat ein hässliches Grinsen in seinem Gesicht. Die anderen sehen mich mit grimmigen Mienen an.
,,Wir haben es dir gesagt, aber natürlich musstest du es ausprobieren. Du bist so dumm, so erbärmlich.", Mike spukt mich förmlich an.
Ich bin nicht fähig irgendetwas zu sagen. Alles war umsonst. Müde blicke ich in den jetzt hell blauen Himmel. Ich bin am Ende. Für meine Flucht werde ich gleich bezahlen müssen.
Ich hätte es geschafft, wenn ich nicht in den Fluss gefallen wäre.
Ich hätte es geschafft, wenn ich sofort den richtigen Weg gefunden hätte.
Ich hätte es geschafft, wenn ich meine Flucht besser geplant hätte.
Aber das habe ich alles nicht.
Mir bleibt keine andere Möglichkeit, als mit den Wärtern zurück ins Camp zu gehen.
Oder?
Meine Gedanken klären sich auf.
Blitzschnell drehe ich mich um und renne in irgendeine Richtung. Einfach nur weg hier. Ich kann nicht zurück, nicht nachdem ich flüchten wollte. Ich habe es so weit geschafft, ich gebe nicht auf. Ich lasse mich nicht brechen. Ich schaffe das...
Aber schon nach ein paar Metern werde ich gestoppt. Ein schweres Gewicht drückt mich zu Boden. Meine Wunde am Rücken, die mir durch den großen Stein im Fluss zugefügt wurde, ist vor Schmerzen kaum mehr auszuhalten und mein Kopf wird brutal auf den Boden gepresst.
Ich zische auf vor Schmerzen und würde am liebsten heulen. Ja, so scheiße und elend fühle ich mich gerade. Der Körper auf mir lässt von mir ab und nur einige Sekunden später werde ich wieder hochgezogen und sofort knallt eine Faust in mein Gesicht. Mir wird leicht schwarz vor Augen und mein Umfeld verschwimmt.
Jetzt ist entgültig die ganze Hoffnung in mir auf ein normales Leben verschwunden. Ich fühle mich leer und einsam. Ich fühle mich tot.
Ich bekomme schwach mit, wie meine Hände hinter meinem Rücken gefesselt werden und wie ich, wie in trance, nach vorne geschubst werde.
Mein Kopf hängt schlaff nach unten. An beiden Seiten kann ich starke Hände spüren, die meine Oberarme umklammern, ohne die ich einfach zusammengeklappt und liegen geblieben wäre.
Als wäre ich jetzt in der Lage abzuhauen...
Irgendwann werde ich auf etwas hartes gestoßen und kurz darauf bekomme ich mit, wie mehrere Türen geschlossen werden.
Autotüren.
Sie bringen mich also wieder ins Camp, was auch sonst. Das Brennen auf meinem Rücken wird wieder stärker und auch mein Kopf pocht weiterhin. Die Handschellen scheuern gegen die offene Wunde am Rücken und ich merke, wie sie immer noch blutet, da etwas warmes meinen kalten Körper runtersickert.
Mein Körper spannt sich durch diesen Schmerz an und ich zittere. Ich weißt nicht, ob es wegen der Kälte ist, oder wegen der bitteren Verzweiflung, vor Erschöpfung oder weil mein Körper einfach kaputt ist. Ich schließe meine Augen, um mich etwas zu entspannen und die Schmerzen auszublenden, das gelingt mir aber kaum.
Das Auto wackelt, wenn es über Schlaglöcher und Unebenheiten fährt und holt mich immer wieder in die Realität zurück.
Dann muss ich an den Tag denken, an dem ich ins Camp gebracht wurde, da hatte ich noch keine Ahnung von dem Wahnsinn im Camp, von den schlimmen Methoden des Chiefs und von den Wärtern, die Jugendliche verabscheuen.
Aber das alles ist real und ich bin gleich wieder ein Teil des Camps, obwohl ich mir geschworen habe, das Bootcamp hinter mir zu lassen.
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》Wir hoffen, euch gefällt das neue Kapitel. Schreibst uns gerne, wie ihr es findet!
》Was glaubt ihr, wie es weitergeht?
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