Achtes Kapitel...
...in dem Sindrak mit von Göttern besessenen Frauen spricht
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„Ziemlich hässlich, was?"
„Aye", bestätigte Valentina trocken und schnippte etwas Asche in die Richtung der rötlich schimmernden dunklen Wolken in der Ferne.
Ich nickte. „So ist Ashenfall." Fabriken, Vulkane und Maschinen bliesen Tag für Tag ihren schwarzen Rauch in den Himmel, die Buschfeuer in den verkümmerten Steppen taten ihr Übriges. Wie ein grauschwarzer, stinkender Schleier hing er über den Ebenen des Südens, setzte sich kratzend in Kehlen fest und verwandelte gesunde Lungen in Brocken aus Schleim und Blut, den ihre Besitzer Stück für Stück hervor husteten. Wir hatten Oscravelle noch nicht lange hinter uns gelassen, und doch konnte ich bereits den Qualm erkennen.
„Ich bin noch nie dort gewesen."
Ich nahm einen Schluck aus der Flasche, die ich den Gintlemen gestohlen hatte. „Es ist auch nicht gerade ein Ort, an den ich freiwillig gehen würde. Bist du nie mit deiner Familie dorthin gereist?"
Sie biss sich auf die Lippe. „Nie südlicher als Cloudfall", seufzte sie. „Cinderport ist zu abgelegen und zu gefährlich, Ashenfall selbst ist zu arm, als dass es einträglich für uns gewesen wäre, und Waystone ist zu reich. Der Geldadel interessiert sich nicht für Taschenmagie und halb nackte Frauen. Die können sie sich selbst holen, und gehören dann ihnen, anstatt sie nur aus der Ferne zu begaffen." Sie schnaubte. „Lyre, eine der Feuerspucker, wurde einmal von einem Adelsspross in Forest's Fort auserwählt. Sie hat sich geweigert, mit ihm zu kommen."
Ich grinste. „Was ist mit ihm passiert?"
„Er wollte sie mit Gewalt mit sich nehmen, und Pa hat ein ernstes Wort mit ihm gesprochen."
Ich tippte auf den Griff meines Schwerts. „Diese Sorte ernstes Wort?"
„Er hat seine Freunde mitgebracht, und wir hatten uns und das Lager um uns herum, das aus acht Familien bestand."
„Schlage dich niemals mit den Canwy Roch. Jeder weiß das."
„Versuche vor allem nie, dich an den Frauen der Canwy Roch zu vergreifen. Lyre hat ihm drei Rippen gebrochen und einen Zahn ausgeschlagen." Sie lächelte grimmig und warf den Zigarettenstummel über die Reling.
Ich nickte anerkennend. „Ich hoffe, ich kann genauso auf dich zählen, wenn wir in Ashenfall sind."
„Du willst, dass ich dabei bin?"
„Aye."
Sie sah mich zweifelnd an und streckte die Hand nach der Flasche aus. Ich gab sie ihr. „Warum?"
„Zum Ersten, es ist eine verdammte Waffenfabrik. Allein schaffe ich es niemals rein und wieder hinaus. Zweitens, du bist mein Auftrag und ich werde dich nicht unbewacht zurücklassen." Sie lachte spöttisch. „Und drittens, ich traue Blacat und Iskjandrova nicht, von den Gintlemen ganz zu schweigen. Ohne mich könnten sie abreisen und mich zurücklassen, in Durenskys Stadt, in dessen Waffenfabrik ich gerade eingebrochen bin. Wenn du dabei bist, werden sie alles versuchen, um uns zu retten."
„Und du willst das hier in deinem Rücken wissen, um dir zur Not den Arsch zu retten", stellte sie fest und stieß das Amulett mit der kleinen, eisernen Laterne um ihren Hals an.
„Das auch." Ich nahm ihr die Flasche ab.
„Hast du gehört, was dieser Gintleman, Sapphire, gesagt hat? Ihre Macht wächst mit jedem Tod, den sie verursacht. Ich werde sie nicht einsetzen, wenn es nicht absolut nötig ist, bevor ich sie gar nicht mehr bändigen kann."
„Hast du denn schon so viele von ihr töten lassen?", fragte ich behutsam, selbst wenn es mich brennend interessierte.
Sie blickte zu den schwarzen Wolken am Horizont. „Aye. Zwei Gruppen von Soldaten, und die zuletzt."
„Gibt es eine genaue Zahl, die man nicht überschreiten darf?"
Sie zuckte mit den Schultern. „Ich denke nicht, es ist eher so ein... Gefühl. Und das möchte ich nicht ausreizen."
„Zufällig kannst du auch recht passabel schießen."
„Simoney kann es besser."
„Aber du bist immer noch besser als ich darin, und ein paar Schützen kann ich gut gebrauchen."
„Vermutlich ist es reichlich einfach, besser zu schießen als du."
„Aye, das ist wahr."
Sie lachte leise, die Banshee aalte sich neben ihr in der Luft. „Für einen Anteil an deinem Geld komme ich mit."
„Keine geschenkte Hilfe unter Freunden?"
„Würdest du es anders machen, du gieriger Hund?", fragte sie hinterhältig, doch gleichermaßen amüsiert.
„Nein", gab ich zu. Es war extrem gefährlich und außer dem, was die Fabrik mir bot, gab es wenig, weswegen man dorthin gehen sollte.
„Schön. Ich bin auch bescheiden, im Gegensatz zu dir. Zweitausend."
Für alles, was ich von ihr dafür verlangen konnte, und was sie mir bot, war es mehr als fair. „Aye. Ich hoffe nur, dass jene, die ich noch fragen werde, nicht auch etwas verlangen."
„Wer denn?"
„Jemanden der Crew und Simoney."
„Ich bin gespannt, wie du Iskjandrova überzeugst, dir jemanden zur Seite zu stellen."
„Mit ihrer Hilfe wird es nicht so lange dauern, und wir können schneller wieder aus der Stadt verschwinden."
„Da hast du recht." Valentina grub in ihrer Manteltasche nach ihrem Tabaksbeutel und drehte eine Zigarette, die Hände hinter der Reling verborgen, zum Schutz gegen den Wind. „Du auch?", fragte sie und hielt mir den Beutel entgegen.
Ich schüttelte den Kopf und hob meine Flasche. „Eins von beidem reicht."
Sie lächelte spröde und zündete die Zigarette an. „Eigentlich schon." Unter uns zogen die Felder und Ebenen von Hivens Ark vorbei, durchsetzt von Weilern, Kleinstädten und verfallenen Burgen. Eine Ansammlung von bunten Zelten vor der Kirche eines Dorfes verkündete die Anwesenheit der Canwy Roch. „Ich kann es kaum erwarten, die Banshee los zu sein. Wieder zurück nach hause." Sie blies bläulichen Rauch in den Wind. „Es wird zwar kaum so sein wie früher, aber man kann das Beste daraus machen."
Ich nickte stumm.
„Gibt es jemanden, zu dem du gehen wirst, wenn das alles vorbei ist?", fragte sie mit einem undurchsichtigen Lächeln.
„Zu den Jarls von Korvengerstein", antwortete ich ein wenig resigniert. „Vielleicht suche ich nach den Seelen der Feuergeister vom Schattenwald. Wenn ich Glück habe, begegne ich ihnen schon, wenn wir in Woodenwyll sind, und ich kann den Jarls beweisen, dass ich die brennenden Seelen besiegen kann."
„Sonst niemand?", hakte sie nach.
Ich wedelte mit der Flasche, Gin spritzte auf meine Rüstung, und ich wischte die Tropfen leise fluchend fort. „Nicht wirklich. Ich gehe dorthin, wo das Geld lockt. Ich kenne in jeder Stadt den ein oder anderen. Solche, die mich mit offenen Armen willkommen heißen, und jene, die mir auflauern und mich umbringen wollen."
„Das Geld, aye?"
„Aye."
„Seltsamer Grund zum Leben, oder?"
„Einen besseren habe ich nicht. Geld und das hier." Ich hob meine Flasche und trank. Sie war beinahe leer. Ein wenig verfluchte ich es, dass ich mich nicht zurückgehalten hatte, denn es war wirklich verflucht guter Gin gewesen. „Hast du was besseres?"
„Meine Familie", antwortete sie sofort. „Wir sind Canwy Roch. Wir tun, was wir wollen, und nehmen, was wir brauchen. Wir leben für alles, was die Welt zu bieten hat, und lassen uns nichts davon entgehen." Ihre Stimme klang nach Abenteuer, nach Geheimnissen und Gefahr, und ich verstand sie.
„Bei euch hört es sich fast romantisch an. Nach Lagerfeuern und Musik, Tänzen und viel zu viel Schnaps. Bei mir nach Diebstählen, Morden und Festnahme."
Sie lachte, und ich fragte mich kurz, wie ihr es gelang, so kurz nach dem Tod ihrer Geliebten wieder lachen zu können. Wahrscheinlich tat sie genau das, für das die Roch bekannt waren. Sie versuchte, nicht nachzudenken. Vielleicht war all das Chaos, das die Banshee verursacht hatte, die richtige Ablenkung. Selbst wenn die Göttin es erst verursacht hatte.
„Miss Alderberry!" Simoney trat zu uns. „Master Herrera, wäre es verwerflich, wenn ich Miss Alderberry zum Dinner entführen würde?"
„Mitnichten", wehrte ich spöttisch ab. „Nehmen Sie sie nur."
Valentina warf mir einen amüsierten Blick zu. „Einen schönen Abend, Sindrak."
Ich prostete ihr zu, und sie ließ sich von Sim davonführen. Er bot er ihren Arm an, und sie versenkte erneut die freie Hand in der Manteltasche. Doch er ließ sich nicht entmutigen und legte ihr galant einen Arm um die Taille. Sie kicherte peinlich berührt. Bei allen Unheiligen, der Mann wusste, wie er Frauen verführen konnte. Ich war bereits gespannt auf den Moment, in dem er erfuhr, dass sie Frauen begehrte. Und ich fragte mich, ob er in Erinnerung hatte, dass ihre Geliebte vor nur wenigen Tagen gestorben war. Zu gerne hätte ich sie gefragt, wie es ihr ging, doch es war eine idiotische Frage. Es ging mich einen Scheiß an.
Ich trank den letzten Schluck und warf die Flasche über die Reling. Kurz amüsierte ich mich über die Vorstellung, wie jemand weit unter uns von einer Flasche erschlagen wurde, dann stieß ich mich von der Kanone, an der ich gelehnt hatte, ab und ging über das Deck zum Bug. Die Crew der Odybreva schien in bester Stimmung, das Schiff kreuzte mit leichter Krängung durch den Abendhimmel, und die Männer riefen einander fröhliche Befehle zu. Das war etwas, was ich ebenfalls in Erwägung ziehen würde, auf einem Luftschiff anheuern. Vielleicht auf einem des Herzogs von Vigilante. Er suchte stets nach furchtlosen Männern, die sich auf Expeditionen zum Grund begaben. Einige Monate zuvor hatte ich bereits auf einem kleinen Schoner auf den Hochebenen im Westen gearbeitet und ein paar andere kleine Schiffe ausgeraubt. Die Arbeit war mir erstaunlich leicht gefallen, als wüssten meine Hände von allein, was sie tun mussten, und nun wusste ich, dass es wohl daran lag, dass ich bei diesem ominösen Imperium tatsächlich auf Luftschiffen gearbeitet hatte.
Ich drückte mich an ein paar letzten Männern vorbei und kletterte über den Bugspriet zum Galion. Er war eine winzige Plattform über dem Blindensegel, kaum groß genug, dass ich mich dorthin setzen und die Beine baumeln lassen konnte. Unter mir war nichts als der lange, dunkle Fall, bis zu den immer aschengrauer werdenden Feldern, vereinzelt durchsetzt von gelblichen Lichtpunkten. Vage fragte ich mich, wie ich einen solchen Fall zweimal überleben konnte, mit nichts als ein paar Blutergüssen, Prellungen und einem einzelnen gebrochenen Finger. Vor allem, wie ich mir von allen Knochen ausgerechnet einen Finger gebrochen hatte, als ich über Ashenfall abgestürzt war.
Das Geräusch von schlagenden Flügeln riss mich aus meinen Gedanken. Ich riss meine Donnerbüchse aus dem Gürtel und wandte mich um. Die Harpyie stand elegant, beinahe aufreizend vor den Toppsegeln, einen Flügel angelegt, die wenigen Finger des anderen umschlangen die Seile hinter ihr. „Ich könnte Sie so einfach hinunterstoßen", sinnierte Aubrey de Sarazine, die Stimme samtig weich, mit dem rauen Unterton, den sie bereits zuvor in Vigilante gehabt hatte.
„Ich habe es zweimal überlebt, warum kein drittes Mal", erwiderte ich, selbst wenn ich mir nicht ansatzweise so sicher war, wie ich klang. Die Donnerbüchse lag ruhig auf meinen Knien. „Und du willst mich nicht töten. Du willst nur die Banshee, habe ich recht?"
Sie neigte den Kopf und rückte ihre Augenklappe zurecht. „Ich will das Grauen verhindern, das geschehen wird, wenn sie tatsächlich freikommt."
Ich blickte sie zweifelnd an. „Das wird nur mit ihrem Tod geschehen?"
Sie nickte.
„Und wenn es einen anderen Weg gibt?"
„Der König Schellen zeigte mir nur diesen Weg." Der Wind zauste die Federn ihrer Flügel, das Abendlicht ließ sie rötlich leuchten. „Er sandte mir einen Traum, in dem er mich als diejenige auserwählte, die die Banshee aufhalten soll. Es ist meine Pflicht."
„Nur, weil dir ein einäugiger Gaul im Traum erschienen ist, ist es kein Grund, jemanden umzubringen."
Sie verzog das Gesicht zu milde amüsierter Verachtung. „Wenn ich weiß, dass es der König ist, dann schon. Er befiehlt, und ich gehorche."
Die alberne Frage, ob sie auch dann gehorchen würde, wenn er ihr befehlen würde, in den Tod zu springen, kam in mir auf. „Und jetzt willst du Valentina vom Deck rauben, wie eine dieser Harpyien aus den alten Geschichten?"
Sie lachte leise. „Nein. Ich möchte die Banshee besiegen, und nicht von Kugeln besiegt werden."
„Warum bist du dann hier?"
„Das Mädchen hat fähige Beschützer. Stärker, als ich erwartete." Ich grinste selbstzufrieden, und sie verdrehte die Augen. „Allein kann ich sie kaum bezwingen. Deswegen will ich andere Wege finden, sie zu überwältigen."
Ich spannte den Hahn der Büchse, das Knirschen klang tief und dunkel, ein Versprechen von zerfetzten Körpern und tausenden kleinen Wunden, geschlagen mit schmutzigen Schrapnellen, doch richtete sie nicht auf sie. „Und zwar wie?"
„Sie sind nicht hier, weil Miss Alderberry Ihnen etwas bedeutet."
„Nicht?"
„Natürlich nicht. Sie passen gut zusammen, ein Rumtreiber und eine Canwy Roch, doch Sie kannten vorher einander nicht, nicht wahr?"
Ich erwiderte ihren Blick ungerührt. Eine Lüge würde ich nicht einmal versuchen. Dafür war ich ein zu schlechter Lügner. Statt der Wahrheit vage Worte von mir geben, das konnte ich. Doch keine offene Unwahrheit.
„Sie sind hier, weil jemand Ihnen viel Geld geboten hat, damit Sie Alderberry zu ihm bringen. Vermutlich die Gintlemen, da ich Sie in Vigilante sah." Ihr saphirblaues Auge schien die Wahrheit ebenso zu sehen, wie man es vom König Schellen behauptete. „Ich wage es nun, Ihnen ein ebensolches Angebot zu machen. Zehntausend Aurai."
Die ganze Wahrheit konnte sie wohl nicht sehen. Dafür brauchte man zwei Augen. Ich verkniff mir ein verächtliches Auflachen und zwang mich zu einem ausdruckslosen Blick. „Woher willst du so viel Geld bekommen? Die Kirchenschätze stehlen? Den König um Geld anflehen?"
Sie seufzte gereizt. „Haben Sie Skrupel, Geld anzunehmen, wenn Sie nicht wissen, woher es kommt?"
„Oh, meinetwegen kannst du ein Dorf abschlachten und ihnen die Münzen aus den kalten, toten Händen reißen. Aber das ist nicht der Stil deines Gottes. Er ist der Gute König, der uns Tanz, Freude und Alkohol geschenkt hat. Willst du mich nicht lieber dazu überreden, dass der Einäugige mich bestraft, wenn ich weiterhin der Herrin des Bösen diene? Deren Laternen vor jeder Lasterhöhle der bekannten Welt hängen?"
„Würden Sie es glauben?"
„Nein."
„Nun, dann werde ich es nicht versuchen. Sie glauben nicht, dass er existiert, und ich lasse Ihnen diesen Glauben. Der Einäugige braucht keine unwilligen Diener, und wenn ich Sie mit dem Versprechen von seelischem Frieden nicht locken kann, werde ich es nicht versuchen."
Sie war klug, das musste ich ihr lassen. Klüger als ich, selbst wenn das kaum schwer war. „Ich glaube sehr wohl, dass er existiert. Wenn es die Banshee gibt, muss es ihn auch geben, oder nicht? Aber ich denke nicht, dass ein Versprechen von dir ein Versprechen von ihm ist."
„Deswegen bin ich es, die Ihnen zehntausend Aurai verspricht, wenn Sie mir Valentina Alderberry bringen."
„Lächerlich wenig. Vierzigtausend."
„Zwanzig."
„Fünfundzwanzig."
„Seien Sie nicht albern. Zwanzig."
Ich tippte sinnierend auf den Lauf der Büchse. „Wenn du mir ein paar Fragen beantwortest, mache ich es vielleicht sogar."
Sarazine legte fragend den Kopf schief, einem Raubvogel so ähnlich, dass ich beinahe vergaß, dass sie nicht immer ein Federkleid, sondern eines aus Seide und Brokat trug. „Bitte?"
„An was an dir ist der Einäugige wirklich schuld?"
Sie blinzelte verwirrt. „Wie bitte?"
„Du hast nur ein Auge, wie dein verdammter Gott. Du kannst dich in einen Vogel verwandeln." Ich grinste verschlagen. „Wenn du dich jetzt zurück verwandelst, bist du dann nackt?"
Sie lächelte dünn. „Das Auge verlor ich, als ich mich gegen zwei Männer wehrte, der mir etwas antun wollte." Ihr Tonfall machte klar, was es gewesen war. „Er versuchte, mich zu bändigen, und dabei traf er mein Auge. In diesem Moment erschien mir der König Schellen zum ersten Mal, er verlieh mir Kraft, und ich tötete meine Peiniger." Sie breitete einen Flügel aus, der Flugwind ließ ihre Federn erzittern. „Eine Harpyie war ich schon immer. Seit meiner Geburt trägt der Vogel mein Herz, und wenn ich mich mit ihm vereinige, werde ich zu dem, was ich wirklich bin."
„Und deine Peiniger konnte dich überwinden, trotz dem, was du bist?", fragte ich.
„Sie waren stark. Und sie waren das, was auch der Lord im Süden ist."
Vampire. Sie war gefährlicher, als sie aussah. Ich grinste hinterhältig. „Und meine letzte Frage?"
Sie hob hochmütig das Kinn, und die Federn schienen sich von ihren Armen zu fallen und wurden vom Wind davongerissen. Darunter kam ihr Kleid zum Vorschein, schwere cremefarbene Seide mit schwarzen Mustern, wie die Federn. Die Röcke lösten sich von ihren Beinen, die scharfen Klauen verschwanden hinter Vorhängen aus rauschender Spitze und flüsterndem Brokat, so ausladend, dass sie den gesamten Galion verdeckten und meinen Rücken streiften. Letzte Federn fielen aus ihren blonden Haaren, als sie sie mit den Fingern durchkämmte. Der weiße Vogel löste sich aus ihrer Brust, streckte die Flügel, und sie fing ihn, bevor er verschwinden konnte. „Ist das...", begann sie, doch ich ließ sie nicht ausreden.
Ich riss die Donnerbüchse hoch und drückte ab, im gleichen Moment, in dem sie sich zur Seite warf. Der Knall zerfetzte die rauschende Stille. Glassplitter, Metallteile und Schrot trafen auf ihren Körper und durchlöcherten ihr Kleid. Ihr Schrei war voller Hass und Schmerz. Sie stürzte dem Boden entgegen, weiße Federn überzogen ihren Körper, und als sie die Arme ausbreitete, fingen die Schwingen ihren Fall ab. In ihrem Auge blitzte der Zorn, als sie mit kräftigen Flügelschlägen in den Himmel stieg und auf mich zuhielt. Rote Flecken zeigten sich auf ihrer linken Körperhälfte.
Hektisch steckte ich die Donnerbüchse in den Gürtel, zog mein Schwert und schlang mein Bein in das Seil des Toppsegels. „Los, du elende Schlampe", knurrte ich und ließ das Schwert in der Hand wirbeln.
Doch statt sich auf mich zu stürzen, blieb sie außerhalb meiner Reichweite. „Das wirst du bereuen!", zischte sie.
„Aye. Und du wirst es bereuen, mich von meinem Auftrag abzubringen." Ich hob die Armbrust. „Und jetzt verpiss dich."
Sie stieß einen Laut aus, der einem Adlerschrei erstaunlich nahe kam, dann drehte sie ab und verschwand in der anbrechenden Nacht.
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