Du gehst mir unter die Haut, Jeremy Brown

,,Ja? Riley, was ist los?''

Seine schöne Stimme durch mein Smartphone zu hören, sorgte dafür, dass ich direkt eine heftige Gänsehaut bekam. Jeremy war sofort beim zweiten Klingeln rangegangen, womit ich überhaupt nicht gerechnet hätte.

Und nun, da ich ihn erreicht hatte, wusste ich nicht mehr, warum ich ihn eigentlich angerufen hatte. Wahrscheinlich war der Mix aus Wodka Limette, Gin und Tequila nicht besonders gut für mich gewesen. Ich hätte es sogar beinahe geschafft, auf das T-Shirt von dem Typen mit den haselnussbraunen Haarschopf und grünbraunen Augen zu kotzen.

Ich hatte es zwar zum Glück noch bis zur Toilette geschafft, doch für den Typen, der mich vorhin noch angebaggert hatte, musste die Tatsache, dass ich mir gerade die Seele aus dem Leib gekotzt hatte, so ekelig gewesen sein, dass er auf einmal verschwunden war, als ich wieder die Tanzfläche betrat. Bianca und Aubry hatte ich nicht mehr entdecken können und somit war ich ganz allein.

Jetzt wusste ich wieder, warum ich ihn überhaupt angerufen hatte. Mit war auf die Schnelle niemand eingefallen, der mich abholen könnte und so war es dazu gekommen, dass meine Gedanken direkt erneut bei Jeremy gelandet sind. Da mein Kopf in diesem Zustand sowieso nicht klar denken konnte, hatte ich ziemlich schnell seine Nummer gewählt.

,,Ich ... könntest du mich abholen kommen?''

,,Wo bist du?'', wollte er von mir wissen.

,,Im Dakota.''

,,Okay, gib mir zehn Minuten.''

***

,,Hey.''

Erleichtert aufatmend, fiel ich Jeremy in die Arme, als er direkt vor mir stand.

,,Hey.''

Anscheinend überrumpelt von mir, erwiderte er meine Umarmung eher zaghaft.

,,Bist du alleine hierhergekommen?''

Weil ich mich irgendwie von dem Anblick seiner wunderschönen Augen ablenken wollte, nestelte ich an meiner kleiner Handtasche herum.

,,Eigentlich mit meinen Freundinnen Bianca und Aubry, ich kann sie aber nirgendwo finden.''

Als ich unsere Blicke dann doch trafen, sah ich eine leichte Besorgnis in seinen Augen aufblitzen.

,,Du riechst nach Alkohol'', bemerkte er.

Wir standen uns mal wieder viel zu sah gegenüber, sodass ihm der Geruch nach Alkohl, der von mir ausging, wahrscheinlich einen direkten Weg in seine Nase gefunden haben musste.

,,Ich habe auch einiges getrunken'', gab ich ihm gegenüber zu.

,,Ich habe noch deine Adresse. Soll ich dich nach Hause fahren?''

,,Ja, bitte.''

,,Dann komm mit. Mein Auto steht dort vorne.''

Als wir in seinem Auto saßen, sah ich, wie er nach seinem Handy griff und eine Nachricht an jemanden zu tippen schien.

,,Ich habe gerade Aubry Bescheid gegeben, dass ich dich nach Hause bringen werde.''

Ich nickte auf seine Worte hin. Wir schnallten uns an und Jeremy steckte den Zündschlüssel ins Schloss, um den Motor zu starten. Für eine Weile herrschte Stille in seinem Wagen, bis ich es irgendwann nicht mehr aushielt und daraufhin zu sprechen begann.

,,Weißt du, ich liebe die Kunst. Ich liebe es zu zeichnen, zu malen und kreativ zu sein. Ich liebe es, wenn meine Hände, meine Haare, mein Gesicht und meine Kleidung voll mit Farbe sind.Aber meine Eltern wollen das einfach nicht sehen. Sie versuchen mir jedes Mal einzureden, dass ich vernünftig sein und eine Ärztin werden soll, weil das angeblich so unglaublich gut zu mir passen würde. Manchmal habe ich das Gefühl, dass ich keine Wahl habe, als den Weg zu folgen, den sie für mich sehen.''

Eine Träne rannte mir über eine Wange und ich hoffe inständig, dass Jeremy diese nicht sehen konnte. Es war doch verrückt. Jedes Mal, wenn ich es mit Jeremy Brown zu tun hatte, erzählte ich viel zu persönliche Sachen über mich selbst.

Ich wusste nicht, was es war, aber irgendetwas in seiner Nähe musste mich dazu bringen, dass ich auf einmal anfing, zu reden. Ich redete in seiner Gegenwart über Dinge, die ich sehr wahrscheinlich sonst keiner anderen Person erzählen würde.

,,Und wenn du die Wahl hättest?'', wurde ich daraufhin von Jeremy gefragt.

Wenn ich die Wahl hätte?

Dachte Jeremy Brown ernsthaft, dass ich eine Wahl hatte?

,,Was?''

,,Wenn du die Wahl hättest, wie du dir deine Zukunft vorstellst, was würdest du sein?''

,,Künstlerin. Meine Antwort würde immer Künstlerin lauten.''

Meine Antwort war simpel und doch sagte sie alles aus, was mir im Leben wichtig war. Ich liebte es, mich kreativ auszuleben. Ich liebte es, andere Menschen die Welt durch meine Augen sehen zu lassen. Ich liebte es, mich in der Kunst zu verlieren und etwas zu erschaffen, das für immer meine Existenz hier auf dieser Welt beweisen würde. Für mich war Kunst genauso wichtig wie das Atmen, um am Leben zu bleiben. Ich konnte mir keine Riley Spencer ohne ihre Kunst jemals vorstellen.

,,Niemand hat dir zu sagen, wie du dein Leben zu leben hast, Riley. Nicht einmal deine Eltern. Niemand hat das Recht dazu, dir deine Träume auszureden und all die wirklich wichtigen Entscheidungen für dich zu treffen. Wenn es dein Traum ist, aus der Kunst nicht bloß ein kleines Hobby zu machen, solltest du an ihm festhalten. Träume sind unglaublich wichtig. Nur mit ihnen findet man sein ganz persönliches Glück. Anders geht das nicht.''

Obwohl Jeremy Blick auf die Straße gerichtet war, musste er spüren, dass er nun meine volle Aufmerksamkeit hatte. Er hatte recht. Niemand kann einem vorschreiben, wie man sein Leben zu leben hatte. Niemand hat das Recht einem die Träume auszureden. Ich hatte das Recht die Person zu sein, die ich sein wollte.

,,Danke, das du so etwas sagst, Jeremy. Du hast recht. Ich sollte mir selbst treu bleiben und die Riley Spencer sein, die ich sein will.''

***

,,Kommst du noch mit rein, Jeremy?'', fragte ich ihn, als sein Wagen vor meinem Haus zum Stehen kam.

,,Ich glaube, das sollte ich nicht.''

,,Meine Eltern sind eh nicht zuhause.''

Die waren für eine ganze Woche weg auf Geschäftsreise. Ich kannte es nicht anders von ihnen, ich konnte mich echt glücklich schätzen, wenn sie überhaupt einmal zuhause waren.

,,Na schön, ich werde dich in deinem betrunkenen Zustand nicht alleine lassen.''

Ich grinste triumphierend. Jeremy Brown geleitete mich aus seinem Wagen, brachte mich zu meinem Haus und half mir sogar die Treppenstufen hinauf zu meinem Zimmer. Als ich mit einem lauten Plumps auf meinem Bett landete, bekam ich nur halbwegs mit, dass sich Jeremy auf die Bettkante gegenüber von mir gesetzt hatte.

,,Bleibst du die Nacht über bei mir?'', bettelte ich ihn an mit der letzten Energie, die ich noch in mir besaß.

,,Bist du dir sicher? Willst du das wirklich?''

,,Ja, bitte.''

Ich wollte auf gar keinen Fall, dass er nun sofort wieder verschwand.

,,Also gut.''

Ich konnte hören, wie er sich schlussendlich auch auf die Matratze legte.

,,Darf ich dir etwas verraten?''

Meine Augenlider waren bereits zu, weil ich kurz vorm Einschlafen war.

,,Ja?''

Jeremy musste auch müde sein, denn er hatte mir nicht direkt geantwortet.

,,Ich bin mit meinen Freundinnen in die Disko gegangen, weil ich nach Ablenkung gesucht habe.''

,,Ablenkung von was?''

,,Von dir.''

,,Wieso?''

,,Weil du mir unter die Haut gehst, Jeremy Brown'', war das Letzte, was ich sagte, bevor ich einschlief.

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