Die schwarze Rose Part 2

Sechs Monate nach Schulabschluss - Ashleys Sicht:

Als ich am darauffolgenden Morgen meine Narben vor dem Spiegel eincremte, schämte ich mich nicht mehr für diese. Sie waren zu einem Teil von mir geworden, mit dem ich Frieden geschlossen hatte. Sie erzählten von einer Zeit, in der ich mich hilflos, kaputt und sehr schwach gefühlt hatte. Sie würden nie mehr weg gehen, dessen war ich mir völlig bewusst. Und genau das war in Ordnung.

Wenn ich über Ashley Cooper reden sollte, dann war das ebenso eine Sache, über die ich ohne jegliche Angst sprechen sollte. Denn gerade durch meine Leser hatte ich gelernt, dass es einen Platz für das Thema psychische Krankheiten geben sollte. Wenn es einen offenen Dialog gab, könnte Menschen geholfen werden und sie würden nicht mehr ihre eigenen Gefühle aufgrund von Furcht verstecken.

Es half Angehörigen, weil sie so besser verstehen konnten, was im Kopf der betroffenen Person so vorging. Meinen Eltern hatte es zum Beispiel unglaublich gutgetan mein Buch zu lesen, weil sie so nachvollziehen konnten, wie ich dachte und wie ich damals so gefühlt hatte.

Ich hatte viele Nachrichten von Leuten bekommen, die ich nicht mal persönlich kannte, in denen sie mir schrieben, dass ihnen meine Worte wahnsinnig geholfen hatten.

Und genau deswegen nahm ich mir vor, meine Vergangenheit mit Stolz zu tragen. Ich nahm mir extra Zeit, um die Frau anzuschauen, die mir aus dem Spiegel entgegenblickte. Sie hatte früher einen Bob getragen, der ihr wirklich gutgestanden hatte. Mittlerweile trug ich meine dunkelblonden Haare etwas länger und probierte viele verschiedene Frisuren aus. Ich blickte auf meine Figur und fand sie alles andere als abstoßend, weil ich gelernt hatte, mich selbst zu lieben.

Da waren keine Pfunde zu viel, die ich gesehen hatte und meine Oberweite war keineswegs zu klein. Selbst wenn mein Körper nicht perfekt war. Ich mochte ihn, weil er mich durch den Tag trug und er sich niemals darüber beschwert hatte, wie schlecht ich ihn behandelt hatte. Wenn ich ihm etwas schuldete, dann war es eine aufrichtige Entschuldigung. Er hielt mich schließlich am Leben und funktionierte einwandfrei.

Mir viel auf, dass die Art, wie meine Augen anders aussahen. Sie hatten nicht mehr diesen verzweifelten Ausdruck, der nur zu gut widerspiegelte, wie ich mich damals gefühlt hatte. In ihnen konnte ich nun einen Glanz sehen, der tatsächlich für so etwas wie Hoffnung stehen konnte. Denn ich hatte große Hoffnung in mich und dass mir eine gute Zukunft bevorstehen würde.

Ich versprach meinem Spiegelbild, dass ich von nun an gut zu diesem Mädchen sein würde und es wertschätzen würde. Nach allem, was sie durchgemacht hatte, war sie es wert, dass ich das tat.

***

Ich war mehr als skeptisch, als Nick mich am Nachmittag zu einem Tandemsprung mit Fallschirm überreden wollte. Er meinte, dass ich so einen Adrenalinkick sehr gebrauchen würde, doch ich war da ganz anderer Meinung. Das Ganze war mir alles andere als geheuer und ich hatte absolut keine Lust darauf, mich geradewegs in den Tod zu stützen.

Und dennoch, brachte er mich dazu, dass ich mitkam und mit ihm nun in diesem Helikopter saß, von dem wir gleich hinunter in die Tiefe springen würden. Dabei wurden wir von zwei Männern begleitet, die sich als Tom und Dan vorstellten.

,,Und, freut ihr euch schon?'', fragte uns Tom enthusiastisch und grinste dabei dämlich.

,,Nein!'', stieß ich hervor und wollte auf der Stelle wieder umkehren.

,,Ach komm schon, Ash. Das wird Spaß machen. Du wirst es nicht bereuen, ich verspreche es dir'', versuchte Nick mich aufzubauen und ich konnte mir trotzdem nicht vorstellen, dass das hier Spaß machen würde.

Ich hatte mich dazu nur überreden lassen, weil es auf meiner Liste gestanden hatte von Dingen, die ich wenigstens ein einziges Mal im Leben tun wollte. Und blöd, wie ich nun mal war, hatte ich das Nick ganz beiläufig erzählt und nun waren wir hier.

,,Wer von euch möchte denn als erstes springen?'', wollte Dan von uns wissen.

,,Nick!'', rief ich schnell.

Dieser warf mir einen mehr als alarmierten Blick zu, den ich starr erwiderte. Es war auch das erste Mal für ihn, dass er so etwas machte.

Was denkt der denn?

Ganz sicher springe ich nicht zuerst!

,,Setzt euch bitte die Schutzbrillen auf , befahl Tom uns.

Nur widerwillig zog ich mir meine eigene Brille über meine Augen und Nick machte es mir nach. Gemeinsam mit Dan begab er sich nach vorne an die Flugzeugtür. Ein heftiger Windstoß fuhr durch die Kabine und ich taumelte etwas nach hinten.

Jedenfalls fast, denn Toms massiger Körper hielt mich davon ab. Dan und Nick setzen sich hin und rutschen nach vorne, bis Nicks Füße aus dem Flugzeug hingen. Mein bester Freund drehte sich zu mir um und grinste mich breit an. Absolut alles an dieser Situation fühlte sich unnatürlich an.

,,Und bereit?'', kam die letzte Frage von Dan, bevor es ernst wurde.

,,Ja, alles gut.''

Als Beweis hob Nick extra den Daumen, um den beiden Männern zu zeigen, dass er sich wirklich bereit fühlte, das hier durchzuziehen.

,,Eins, zwei, drei. Los geht's!''

Ich sah noch, wie Nick das Gesicht verzog und Dan ihre aneinandergebundenen Körper aus dem Flugzeug kippte.

Oh mein Gott!

Sie sind weg. Sie haben es tatsächlich getan. Und das heißt ...

,,Jetzt sind wir dran'', verkündete Tom strahlend.

Noch bevor ich den Mund aufmachen konnte, um zu protestieren, schob er meinen Körper nach vorne und setzte sich mit mir auf den Boden. Bevor ich richtig begreifen konnte, was gerade passierte, hingen meine Beine schon über der Kante wie zwei gekochte Spaghtetti.

Mein Magen schlug einen Salto, als ich auf die wirbelnden weißen Wolken hinunterblickte, die wie Mashmallows über den Himmel zogen. Furchteinflößende, todbringende Marshmallows.

,,Bereit?''

,,NEIN!'', schrie ich, aber Tom ignorierte es.

,,Ach was, das wird toll. Eins, zwei, drei. Los geht's!'' Ich spürte bereits den Druck von Toms Körper an meinem, noch bevor ich überhaupt den Countdown hörte. Wir fielen gemeinsam aus dem Flugzeug und mein Mund öffnete sich zu einem Schrei, als wir durch die Wolken stürzten. Die eisige Luft dröhnte in meinen Ohren und ich kniff unwillkürlich die Augen zu. ,,Sind deine Augen offen?'', brüllte Tom mir plötzlich ins Ohr. Nein! Spinnt der! Der ist doch nicht normal! ,,Öffne deine Augen!'' Nein. Ganz sicher nicht! Wenn ich nur die Augen lange genug geschlossen hielt, schaffte ich es vielleicht, einfach so zu tun, als geschähe das Ganze hier gar nicht. ,,Habe keine Angst! Öffne deine Augen und schau dir diesen wunderbaren Ausblick an!''

Vorsichtig öffnete ich ein Auge. Wir waren umgeben von weißen Wolkenfetzen, die durch den Himmel schlängeln wie Wattebänder. Wenn ich nach unten blickte, konnte ich etwas Grünes aufblitzen sehen. Langsam erkannte ich die quadratische Form einer Landschaft. Ich entspannte mich und mein Mund verzog sich zu einem Lächeln, als mich eine Welle der Euphorie überkam.

Tom zog an meinen vor der Brust verschränkten Armen, bis sie sich öffneten und plötzlich hatte ich das Gefühl, zu fliegen. Auf einmal zog Tom an einer Leine hinter seinem Rücken und wir wurden mit einem Ruck nach hinten gezogen, als der Fallschirm sich öffnete. Mein Blick glitt über das Meer aus Farben, während wir so leicht wie Federn Richtung Boden schwebten.

Ich ließ meine Beine vor und zurückbaummeln. Ein Lachen stieg in meiner Kehle auf und durch meinen ganzen Körper schoss das Adrenalin wie ein Feuerwerk, das mein Herz zu neuem Leben verhalf. Die Sonne drang durch die Wolken, ihre Helligkeit ließ mich blinzeln. Ich registrierte unten eine kleine Gestalt, die uns zuzuwinken schien.

Das musste Nick sein. Ich winkte enthusiastisch zurück. Mit einem dumpfen Schlag landeten ich und Tom auf dem Boden. Tom machte mich los und ich stand taumelnd auf, meine Knie zitterten dabei etwas. Dann blicke ich hinüber zu Nick, dessen Miene aus einem einzigen, riesigen Strahlen bestand Er lief auf mich zu und ich warf mich in seine Arme.

,,Ich bin so stolz auf dich, dass du es durchgezogen hast, Ashley Cooper.''

Er drückte mich fest an sich, dann warf er mich ein Stück in die Luft und ich quietschte freudig auf. Noch nie in meinem Leben hatte ich mich so frei und unbeschwert gefühlt. Und genau das war der Grund, warum ich mich am Abend hinsetzte und schrieb.

Das Leben war ein Abenteuer und wartete nur darauf, dass man wundervolle Geschichten aufs Papier brachte. Mir ging es trotz allem, was ich durchlebt hatte, gut und ich hatte gerade in Kanada die Zeit meines Lebens.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top

Tags: #younglove