Die schwarze Rose

Sechs Monate nach Schulabschluss - Ashleys Sicht:

,,Es tut mir leid, Ash.'', entschuldigte sich Nick bei mir, als wir etwas außerhalb von der Straße standen und auf den Abschleppdienst warteten.

Ein Reifen hatte einen Platten bekommen und wir hatten es gerade noch so von der Autobahn geschafft.

,,Ist schon okay, Nick. So etwas kann passieren.''

Er konnte doch nichts dafür, dass wir nicht weiterkamen und etwas Geduld haben mussten. Nick war sogar so nett gewesen und hatte mich vom Flughafen abgeholt. Das allein war alles andere als selbstverständlich. Ich war so schon froh, dass ich den Flug nach Kanada heil überstanden hatte und nun hier war. Schon bei unserer kurzen Fahrt war mir aufgefallen, was für ein schönes Land es doch war. Ich hatte großartige Berge und Bäume gesehen, die schon einen tollen Vorgeschmack gegeben hatten, was mich die nächsten Wochen erwarten würde.

Ich wollte diesen Urlaub nutzen, um nach Inspiration und Ideen für meinen neuen Roman zu suchen. Mein Verlag war zwar mehr als zufrieden mit mir gewesen, dass sich mein Herzensbuch so gut verkauft hatte.

Doch nun wollte er direkt nach diesem Erfolg ein neues Projekt von mir und ich hatte gar keine Ahnung, über was ich denn schreiben könnte. Und das obwohl ich an sich ein mehr als kreativer Mensch war, dem normalerweise nie die Ideen fehlten.

Irgendetwas blockierte meinen kreativen Geist und ich musste so schnell wie möglich herausfinden, was genau es war. Und dabei ging ich davon aus, dass mein Kopf einfach nicht funktionierte bei all den Erwartungen, die an mich gestellt wurden. Ich wollte meine Eltern und meine Freunde stolz machen und hatte Angst, dass meine Worte nicht reichen würden.

Bei meinem Verlag bekam ich die Furcht, dass ihnen meine neue Geschichte, wenn ich eine schreiben würde, niemals gefallen und vom Hocker hauen würde.

Meine allergrößte Sorge war, dass keiner meiner Leser mehr ein Buch von mir lesen würde, weil ich zu schlecht war im Schreiben. Natürlich war das vor allem die innere Stimme in mir, die diese Dinge befürchtete, doch sie war da und versetzte mich in Unsicherheit.

,,Da war nun sowieso warten müssen, können wir ja etwas quatschen. Wie geht es dir gerade wirklich, Ashley? Ich möchte die Wahrheit. Erzähl mir, über was du dir momentan Gedanken machst.''

Nick Cole deutete mir an, dass wir uns auf die das Motorhaube setzen sollten.

,,Zurzeit eher weniger gut, wenn ich ehrlich sein muss. Mit meinem ersten Buch lief alles soweit ganz super. Ich durfte viele Lesungen geben und es hat sich in Buchhandlungen relativ gut verkauft. Ich habe sogar einen kleinen Preis gewinnen können. Aber jetzt macht mir mein Verlag Druck und möchte möglichst bald eine neue Idee von mir geliefert bekommen. Und ich weiß absolut nicht über was ich schreiben könnte. Ich kriege seit Wochen kein einziges Wort auf das Papier.''

Meine innere Anspannung verflog etwas, nachdem ich mich Nick anvertraut hatte. Er war immer noch mein bester Freund und kannte mich besser als jeder andere. Wir waren mal zusammen in einer Beziehung gewesen und er hatte mir in der schlimmsten Zeit in meinem Leben beigestanden. Meine Depressionen waren nach wie vor da, das würde ich gar nicht abstreiten. Doch mir ging es so viel besser.

Ich ging zur Therapie und nahm Medikamente, die meine Stimmung deutlich hoben und mir etwas mehr Kontrolle über meine Launen gaben. Ich war stolz darauf, dass ich mich nicht mehr selbstverletzte und das Leben meiner Träume lebte. Es war großes Glück gewesen, dass ich es geschafft hatte und als Autorin Menschen mit meinen Worten berühren und helfen konnte. Allein dafür war ich so dankbar. Und nun war ich hier in Kanada und würde mir eine kleine Auszeit nehmen, die ich voll und ganz genießen würde.

,,Hast du denn eine Vermutung, warum du nicht schreiben kannst?'', fragte mich mein bester Freund und ich sah die Sorge um mich in seinem Gesichtsausdruck.

Und vermutlich kam das automatisch, jedoch gab es keinen Grund. Ich hatte gelernt, mit meinen Depressionen zurechtzukommen und würde auf keinen Fall in den Zustand von damals zurückfallen, da ich wusste, wie ich mit meiner psychischen Krankheit umzugehen hatte.

,,Ich habe Angst, dass ich nicht all die Erwartungen erfüllen kann, die an mich gestellt werden. Es lief in der letzten Zeit so gut und irgendwie kommt nun diese große Furcht, dass mir ein absoluter Flop bevorsteht und alles zu Bach gehen wird.''

Viele hätten wahrscheinlich auf so ein Geständnis geantwortet: ,,Ach komm schon, Ashley. Das ist doch lächerlich. Deine Angst ist doch völlig unbegründet. Reiß dich einfach zusammen und dann wird das schon.'' So jemand war Nick Cole zum Glück nicht.

,,Ich finde es ja schön, dass du für andere schreiben willst. Doch eventuell gehst du das Ganze falsch an. Du solltest in erster Linie für dich schreiben. Du hast damals über uns und deine Gefühle geschrieben, weil es dein Weg zur Verarbeitung war und es hat dir selbst sehr geholfen. Und daraus ist ein wundervolles Buch entstanden. Ich weiß, dass es schwer ist, aber lass mal etwas außer Acht, was andere von deinem Buch halten und ob sie es gut finden werden. Schreib für dich und hab einfach Spaß dabei. Darum geht es doch schließlich immer, wenn man eine Geschichte erzählt.''

Das, was Nick da sagte, tat meiner Seele unglaublich gut. Ich musste niemanden beeindrucken mit meinen Storys. Solange sie vom Herzen kamen und ich alles gegeben hatte, konnte ich glücklich mit mir selbst sein.

Und wenn es ein Flop werden würde, dann war es so. Ashley Cooper war so viel mehr als das. Im Leben machte man eben gute und schlechte Zeiten durch. Dennoch war das kein Argument dafür, das Schlimmste zu befürchten. Und je länger wir uns unterhielten, desto eher wurde mir klar, dass ich mein Glück nicht von meinen Ängsten kaputtmachen lassen durfte.

Die Sonne ging gerade unter, als endlich der Pannendienst kam und uns abholte. Während der restlichen Autofahrt blickte ich nach draußen und hatte zum ersten Mal seit Wochen wieder Hoffnung, dass ich etwas aufs Papier bringen wollte. Und das nicht, weil es jemand von mir erwartete, sondern weil von mir aus die Initiative kam. Egal ob ich nur ein Wort aufschreiben würde oder gleich mehrere schrieb. Ich würde beides akzeptieren.

Nick zündete, als wir bei ihm zuhause waren, den Kamin an und machte uns beiden eine Tasse heiße Schokolade. Er erzählte mir von seinem Unileben und wie es ihm in Kanada so ging. Als er meinte, dass gerade der Start hier alles andere als leicht gewesen war, begriff ich, dass Zweifel normal waren.

Jeder hatte diese und man musste einfach stärker sein. Er hatte nicht aufgegeben und war geblieben. Und deshalb konnte auch ich mich meiner Angst stellen und musste einfach versuchen, einen weiteren Roman zu verfassen.

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