Kapitel 30

Jeder kennt doch diesen Moment, in dem man sich einfach nur denkt "Oh Shit"
Und jeder kennt dieses klitzekleinen Moment, in dem man nicht weiß was man tun soll.
Gerade eben durchlebte ich dieses wundervollen Moment, einschließlich einer kleinen, überhaupt nicht sinnlosen, Panikattake.

Es war nur eine Sekunde, in der mein Herz einen schmerzhaften Aussetzer machte, eine Sekunde, in der mir plötzlich heiß und kalt zugleich wurde. Das Metall der Pistole spiegelte das Licht, ich sah direkt in das Gesichts einen Polizisten.

,,Ich sagte Hände hoch und auf die Knie!" schrie er mir direkt ins Gesicht und ich versteifte mich ein wenig. Anspannung kroch mir die Wirbelsäule hinauf. Ich hörte Jayden hinter mir irgendetwas murmeln und ließ den Blick durch die Eingangshalle gleiten. Dylan stand mit den Jungs wie ersteinert mitten im Raum, der Typ hinter dem Tresen stand bereits mit der Hand an der Waffe da. Mehrere Polizisten standen um uns herum verteilt, wir waren eingekreist.
Die Rädchen in meinem Kopf fingen an sich zu drehen und ich versuchte einen Weg hinaus zu finden. Einfach raus rennen war keine Option, sie würden ohne Zögern die Kugeln fliegen lassen. Also musste etwas anderes her.

Ich machte einen Schritt rückwärts, die Waffe vor mir wurde entsichert. Ich musste handeln und das schnell.

,,Auf die Knie." knurrte der Mann vor mir bedrohlich. Ich schloss für einen Moment die Augen und wog die Möglichkeiten hab. Fliehen oder Kämpfen? Ich konnte mit nur einer Bewegung das Leben von unseren Jungs, meinen Freunden, aufs Spiel setzen oder ich konnte nach geben und sie würden mir folgen. Nicht weil ich ihr Boss war, sondern weil sie wüssten, dass ich einen Plan habe. Denn sie vertrauten mir und würden mir immer folgen, egal ob sie dabei ihr Leben verlieren könnten oder nicht. Aber das ist das Problem. Ich hatte Angst ihnen das Leben zu nehmen. Es ist nicht meine Aufgabe Gott zu spielen und zu entscheiden was geschehen wird. Das würde es nie sein.

Und dennoch, gegen alle meine Grundsätze hob ich die Hände und ließ mich auf die Knie sinken. Jayden zischte hinter mir bevor er es mir gleich tat, ebenso wie Zac und Phil. Dylan starrte mich ungläubig an, blieb aber auf seinem Platz. Ich musste beinahe würgen als ich das überhebliche Grinsen auf dem Gesicht des Cops sah.

,,Das ist doch nie im Leben dein Ernst!" zischte Jayden mir zu. Nein, das war es nicht. Kaum merklich schüttelte ich den Kopf. Dann zählte ich die Polizisten ab. Mit dem alten Sack am Tresen fünf Stück, wir waren definitiv mehr. Also starrte ich zu Dylan, so eindringlich wie möglich und hoffte, dass er verstand.

Jetzt oder nie.

Blitzschnell griff ich zu meiner Waffe und schoss gezielt. Der Polizist schrie auf und fiel zu Boden, während er sich mit schmerzvoll verzerrten Gesicht das Knie hielt.

,,Tötet sie nicht!" schrie ich über den Lärm hinweg, der eben gerade los brach. Jayden zog die Waffe und schoss auf gleich auf zwei der Polizisten, Dylan verpasste dem hinterm Tresen einen Schlag und die Jungs schalteten ohne Zögern die restlichen Cops aus. Über uns brach der Alarm los, dröhnte in meinen Ohren und ließ mich zusammen zucken.

,,Dylan, kommt!" Und ohne zu warten drehte ich mich um und lief los. Dabei packte ich Jayden am Ärmel, riss ihn mit und rannte hinaus. Ich sah noch wie sich die Jungs, einschließlich Zac und Phil neben mir, in Bewegung setzen und mir folgten. Draußen blieb ich nicht stehen sondern hetzte zu den Wagen, Dylan hatte zusammen mit den anderen schnell zu uns aufgeschlossen und zusammen rannten wir jetzt die Straße hinunter. Ich vergaß Jayden los zu lassen, bis er sich mir entriss, als wir schwer atmend stehen blieben.

,,Gern geschehen." Und ehe ich mich versah war er weg. Als hätte er sich in Luft aufgelöst.

,,War das gerade Jayden?" knurrte Dylan und fixierte mich mit den Augen.

,,Das war nicht nur gerade Jayden, das war schon die ganze Zeit Jayden!" schoss ich wütend zurück. Ich war immer noch sauer. Bevor er etwas erwidern konnte ertönten laute Schritte und wir sprangen sofort in die Wagen, Dino fuhr diesmal und ließ den Motor auf heulen, bevor er an der Masse der Polizisten vorbei schoss. Ein Knall ertönte und geschockt starrte ich auf unsere Windschutzscheibe.

,,Die haben auf uns geschossen!" fluchte ich hysterisch. Natürlich schießen die auf euch, du hast gerade einen Krieg mitten im Zentrum los gelassen!

,,Das ist erstmal egal, wir sollten uns einfach aus den Staub machen, bevor sie uns richtig folgen. " Dylans Stimme klang kalt, ähnlich wie ein Stein. Ich schluckte unsicher.

,,Was war denn euer Plan um die Jungs raus zuholen?" fragte ich nach. Dylan schnaufte kurz und wandte sich dann genervt an mich.

,,Dank dir brauchten wir ja keinen Plan mehr. Hast du doch wie immer alles perfekt gemeistert. " Bei seinem scharfen Ton zuckte ich leicht zusammen. Dino schwieg wissend.

,,Na gut, es hat ja geklappt. Nächstes mal könnt ihr das machen." murrte ich.

,,Ich bin mir nicht sicher ob wir das machen oder ob Jayden wieder dabei ist." Die Stimmung sank mit jeder Sekunde. Der Jeep hielt und wir sprangen hinaus. Dylan beachtete mich nicht mehr, holte seine Sachen und verschwand. Der Rest der Jungs machte es sich ebenso einfach im Wohnzimmer gemütlich und alles schien wie vorher. Nebenbei wurden die Kennzeichen der Wagen sicherheitshalber ausgetauscht um den Bullen keine Möglichkeit zu geben uns zu finden.

Ich fühlte mich ein wenig über flüssig in der perfekten Stimmung der Jungs, die nun ausgelassen Pizza in sich rein stopften, lachten, als wäre nie was gewesen. Also begab ich mich nach oben.

Erst als beim Duschen das heiße Wasser auf meinen verspannten Rücken tropfte, wurde mein Kopf ein wenig freier. Wobei sich mit wieder die Frage stellte, warum Jayden überhaupt dabei war. Warum er, ausgerechnet er, mir half meine Jungs da raus zu holen. Er hatte genung eigene Sorgen, wieso sollte er sich da mit uns abgeben?

Ich beschloss das mit Dylan zu besprechen, er würde bestimmt eine Antwort wissen.
Also schlich ich dann abends, möglichst leise, auf Zehenspitzen zu seinem Zimmer. Von außen hörte ich Musik durch die Zimmertür dröhnen und vergaß meine Nervosität ein wenig. Ja, ich war nervös, warum weiß ich nicht. Meine Hände zitterten ein wenig als ich klopfte.

,,Dylan?" ich betrat den Raum. Er stand mit dem Rücken zu mir, oberkörperfrei und trainierte.
Kurz hatte ich das Verlangen zu sabbern, fasste mich aber wieder.

,,DYLAN?" schrie ich über die Musik hin weg. Er drehte sich um, blinzelte erst verwirrt und als er mich erkannte drehte er sich wieder um. Ich hobe eine Augenbraue.

,,Können wir reden?" Ich machte ein paar Schritte zur Musikanlage und drehte leiser.

,,Was machst du da?" knurrte Dylan und kam einen Schritt auf mich zu.

,,Ich will mit dir reden."

,,Ich aber nicht mit dir." Es fühlte sich an wie ein Schlag ins Gesicht, trotzdem straffte ich die Schultern.

,,Ich brauche mal deinen Rat." Genervt knurrte er und ging zum Schrank. Eine wilde Unordnung kam zum Vorschein.

,,Was ist?"

,,Also Jayden-" Und plötzlich donnerte die Lampe neben dem Schrank hinter mir an die Wand. Ich wich instinktiv aus und starrte erschrocken auf die tausende kleinen Glasscherben.

,,Jayden?" es klang bedrohlich leise.

,,Ja, mir ist aufgefallen, dass er irgendwie immer da ist, wenn wir irgend wo sind. Und-" ich wurde unterbrochen. Dylan stand genau vor mir und schaute wütend auf mich hinab.

,,Hör zu, Mila. Ich weiß nicht was du dir dabei denkst mit den Feind rumzu hängen, aber was auch immer es ist, ich will davon nichts mehr sehen.", er zog sich ein Shirt über und fuhr sich durch die Haare. ,,Und wenn du das weiter so machen willst, gut, nicht mit mir. Ich bin vielleicht nicht Dean, aber er hätte es auch nicht gewollt." Zorn loderte in seinen Augen und ein schmerzhafter Knoten bildete sich in meinem Magen.

,,Du hörst mir gar nicht richtig zu." versuchte ich es noch einmal.

,,Ich höre dir nicht zu? Ich brauche dir nicht zuhören, ich sehe deinen Blick, wenn er da ist. Ich merke diese Spannung neben euch, die alles außer feindlich ist!" Und damit griff er hinter mir zur Tür und öffnete sie.

,,Geh." Ungläubig starrte ich ein Loch in seinen Kopf. Tränen sammelten sich in meinen Augen, doch ich schluckte sie hinunter. Und Wut sammelte sich in mir. Wut auf Jayden, weil er nicht in mein Leben gehörte und Wut auf Dylan, der mich nicht verstand. Und unter dieser Wut fühlte ich tiefe, verbitterte Trauer, die mein Herz von innen erfüllte.

,,Weißt du was?" ich ging hinaus und drehte mich zu Dylan, der jetzt im Türrahmen stand und mich kalt an sah. ,,Fick dich."

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