Kapitel 19

,,Und dein Onkel hat ihn umgebracht..."

Was? Nein, das konnte doch niemals sein. Alles in mir schrie, ich wollte davon rennen und mich wie früher einfach in Deans Arme werfen um Schutz zufinden. Aber vor der Wahrheit kann man keinen Schutz finden, sie ist überall und irgendwann muss auch der größte Träumer einsehen, dass diese Welt nicht perfekt ist. Was war schon perfekt in dieser Welt,  in der sich die Menschen selbst zerstören und trotzdem vom Weltfrieden reden?

,,Was ist passiert?" Meine Stimme klang kratzig uns heiser, so als hätte ich bei einem ACDC-Konzert laut mit gegrölt. Ja, ich weiß, ein ziemlich schlechter Vergleich.

,,I-ich weiß es nicht. Er wurde angeschossen u-und..." versuchte Lexa mich aufzuklären. Aber dann hielt sie plötzlich inne und funkelte mich wütend an.

,,Warum erzähle ich dir das überhaupt?!" fauchte sie wütend und wandte sich ab. ,,Ich kenn dich doch garnicht und du bist eine der Black Deamons!" warf sie mir weiter vor. Ihre Augen schossen Blitze und ich befürchtete, dass gleich ein Unwetter über uns hinein bricht. Ein leiser Seufzer entfuhr mir und ich finde an zu reden: ,,Ich weiß ich bin kein komischer Psychologe, der sich um deine Probleme und Sorgen kümmern muss und ich tu auch jetzt nicht so als hätte ich Ahnung wovon ich gerade rede, aber ich bin mir sicher, dass du selbst entscheiden kannst wem du es erzählst. Und vielleicht bin ich eine Black Deamon, aber ich bin verdammt noch mal die Schwester deines Freundes!" Ich war immer lauter geworden und Lexa sah mich entschuldigent an. Sie hatte sich wieder etwas gefasst, zwar lag in ihren Augen noch ein Schein aus Trauer, aber sie war nicht mehr völlig verzweifelt.

,,Lass uns fahren." wies sie mich dann an und schon ging sie los. Wir kamen an einem kleinen blauen Wagen an, der wirklich überhaupt nicht zu Lexas cooler Austrahlung passte.

,,Mal kein Lamborghini, hmm?" entfuhr es mir und ich grinste leicht.

,,Hey, sag nichts Falsches zu Pia!" funkelte mich Lexa grinsend an.

,,Dein Auto hat einen Namen?"

,,Du hast doch auch einen."

,,Aber es ist ein Auto."

,,Du bist gleich ein Auto!" Verwirrt sah ich Lexa an, dann fing ich an zu lachen.

,,Oh Mann, lass mich doch!" fauchte sie dann beleidigt, aber ich wusste, dass es nicht erst gemeint war. Als ich schließlich nichts erwiderte schloss sie endlich den Wagen auf und wir setzten uns hinein. Das kleine Auto stockte etwas, fuhr aber los und nach kurzer Zeit fingen wir auch schon an uns zu unterhalten. Ich erfuhr, dass sie damals gerne mit Jaydn abgehangen hat und ihn bewunderte. Er ist ihr großer Bruder, er beschütze sie vor allem. Immer mehr erinnerte er mich an Dean, beide ähneln sich in ihrem Verhalten. Außerdem haben wir den gleichen Geschmack im Thema Mode und somit haben wir beschlossen einfach mal eine Runde shoppen zugehen um diesem ganzen Chaos zu entgehen- natürlich erst, wenn ich Jayden geköpft habe und es Dean besser geht. Momentan habe ich dafür nicht nie nerven. Das ganze Gewusel durch die Läden, ein fröhlicher Mensch nach dem anderen, der keine Ahnung hat wie hart die Welt da draußen ist. Sie alle flattern fröhlich durch die Welt solange wir hier am Boden stehen, um unser Leben kämpfen uns und alles -jedes Stück Atemluft und jedes Stück Lebendsenergie- verdienen müssen. Sie wissen nicht wie es ist zu kämpfen, wie es ist jemanden zu verlieren den man liebt. Wir müssen diese Menschen, die die geholt werden um uns von oben herab zu beschützen, gehen lassen ohne auch nur einen Gedanken an sie zu verschwenden. Es ist uns nicht erlaubt zu trauern, Trauer macht schwach und wer hier schwach ist verliert. Man verliert haushoch, so als würde man beim Kniffel durchgehend Einsen würfeln. Die fröhlichen Menschen können es sich ohne bedenken leisten um ihre Toten zu trauern, sie können ein Begräbnis in aller Ruhe durchführen und kriegen ihre Zeit für sich alleine.

Ich bin hier hinein geruscht, ungewollt und völlig ahnungslos. Jetzt sitze ich hier in einem kleinen blauen Käfer, auf dem Weg zu dem Jungen, der meinem Bruder vielleicht das Leben nehmen wird. Damals, vor ein paar Tagen, hatte ich mir einen Neuanfang gewünscht und nun bin ich mitten in die Schlacht gefallen, unbewaffnet und ohne Verteidigung. Das einzige was ich habe ist das halbwegs große Vertrauen in Menschen die ich kaum kenne, aber trotzdem schon zur Familie zähle. Wenn man in New York landet ohne Angst vor der Dunkelheit wird man unter gehen. Denn genau das ist es was wir brauchen. Die Angst ist es die uns zeigt, dass wir anderen Menschen unser Leben schenken sollen, mit der Angst werden wir vorsichtiger und passen mehr auf. Das Adrenalin rauscht durch unser Blut und macht uns auf alles gefasst. Auf Alles außer das Gute.  Und das ist es gerade bei mir, ich habe so viel Adrenalin im Körper, dass man denken könnte ich springe gerade eine Klippe hinunter und genau deswegen bin ich auch vorsichtig. Ich mache mir zwar Sorgen um Dean, aber mich jetzt gehen zu lassen, als hätte ich Liebeskummer, würde für uns alle ein Rückschlag sein.

,,Komm. Ab in den Kampf!" riss mich eine halb euphorische Stimme aus meinen Gedanken. Ich blinzelte einmal um die Stimmen aus meinem Kopf zuverbannen und widtmete mich voll uns ganz Lexa. Sie stand vor meiner Tür, welche weit aufgerissen war und wartete, dass ich ausstieg. Seufzend herob ich mich und sah mich um. Wir standen vor einem altbekannten Haus, ich musste leicht schmunzeln als ich an unsere Unterhaltung über die Erdbeeren dachte. Nur diesmal hatte ich die feste Absicht nicht nachzugeben, sondern ihn fest in die Mangel zu nehmen. Lexa und ich wechselten schnell einen Blick, sie hatte genau so ein Pokerface aufgesetzt wie ihr Bruder. Also schritten wir kleine Einfahrt hoch, Lexa schloss die Tür auf und wir traten ein. Warum haben sie kein großes Haus wie Dean, oder ein extra "Stützpunkt"?  Im Wohnzimmer ertönten Stimmen als Lexa mich ankündete. Jayden und ein anderer Mann tauchte neben ihm auf. Ich spannte mich an, er war der schmierige Typ aus der Menschenmenge, der die Black Demons hintergangen hatte. Ich hatte mich Zuhause ein neues Klappmesser zugesteckt, meine Hand wanderte zu meinem Hosenbund wo ich den warmen Griff zufassen bekam.

,,Hallo meine Liebe. Na wie geht es dir?" Ein Lächeln lag auf seinen Lippen, alles was auf gestern hinwies war der Verband unter seinem T-shirt. Sonst schien alles als normal, aber das ist es nicht. Seine Worte machen mich rasend, die Wut stieg in mir auf und meine Hand kribbelte leicht dort wo ich das Messer hielt.

,,Mir gehts besser als dir."

,,Das scheint nicht so, du hast tiefe Augenringe und wirkst äußersten müde. Deine Hände sind leicht gerötet, du hast sie die ganze Zeit über gedehnt um deine Anschspannung etwas zu lösen. Ab und zu verengst du die Augen, das ständige Licht macht dir zu schaffen und du solltest etwas Schlaf nachholen. Eben gab es Stress, du hast dich mit jemandem gestritten, innerlich bist du noch völlig aufgewühlt." Etwas verdutzt sah ich ihn an, ließ aber sofort wieder die Maske die Überhand nehmen.

,,Und wenn schon, das kann dir egal sein.", schnitt ich ihm noch den Wortschwall ab, als er weiter reden wollte. ,,Du hattest mir was zusagen?" Ich versuchte  meine Stimme gelangweilt klingen zulassen, was mir teilweise auch gelang.

,,Ach ja. Komm mit, wir gehen ins Büro." er drehte sich um und verschwand. Etwas irritiert sah ich zu Lexa, die nur nervös den Kopf einzog und ihm folgte. Der schmierige Mann versuchte nach meinem Arm zugreifen, aber ich zückte das Messer und hielt es ihm drohend an die Kehle.

,,Wehe! Du hast schon genug getan!" zischte ich leise bevor das Messer zurück in meinen Hosenbund wanderte. Im Wohnzimmer stand die Gartentür offen, ich ging nach draußen und fand mich an einem kleinen Abhang wieder. Unmittelbar unter uns befand sich eine -wer häts gedacht- Lagerhalle. Lexa und Jayden standen schon unten vor dem Eingang, neben mir führte ein Leiter nach unten. Wow, wie kreativ. Not. Vom Haus aus konnte man gerade mal den Zipfel des Daches sehen, sonst wurde alles von dem Abhang und einer Hecke verdeckt. Unten angekommen konnte man auf der anderen Seite eine Straße sehen, ich ging einfach davon aus, dass ich wieder Sonderrechte hatte und niemand das eigentliche Haus kannte. Nun folgte ich den beiden ins Innere der Halle und wo fand ich mich wieder? Vor einer Wand aus rotem Ziegelstein, mit dem Logo der White Warriors, daneben eine dunkle Holztür, die leicht geöffnet war. Ich hatte quasi ein Deja Vu...

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