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Ohne Melissa lange Zeit zum Nachdenken zu geben, nahm er ihre Hand, um sie zu den Stufen zu dirigieren. Einen Moment weiteten sich ihre Augen überrascht, doch sie entzog sich ihm nicht. Im Gegenteil, ihre Finger erwiderten seine Berührung mit sanftem Druck. Ihre Haut fühlte sich kühl an, kein Wunder, hatte er sie doch hinaus in den prasselnden Regen genötigt. In ihren windzerzausten Haaren und ihrem Gesicht glitzerten unzählige Wassertropfen verführerisch im Glühbirnenlicht. Ihre zarten Wangen schimmerten rötlich unter ihren klaren hellen Augen, die ihn jetzt ein wenig scheu musterten. Kurz dachte er darüber nach, ob er sie nicht länger hätte draußen stehen lassen sollen, mit Vorliebe hätte er ihr wieder aus den nassen Sachen geholfen.

Er unterdrückte ein Stöhnen. Nicht einmal eine anzügliche Andeutung durfte er machen. Heute würde er all seine Selbstkontrolle benötigen. Wieder einmal.

Doch diese Sache war entscheidender. Es war ihm nicht genau klar, woher dieser Wunsch kam, aber es war ihm außerordentlich wichtig, dass Melissa ihm restlos vertraute. In allen Belangen, nicht nur, was ihre körperliche Unversehrtheit anbelangte. Sie sollte sich in seiner Gegenwart entspannen und sie selbst sein können. Und keine Angst haben, dass er sie um den Finger wickelte, wann immer ihm danach war. Als wäre sie sein Spielzeug.

Er konnte nicht leugnen, dass ihre teilweisen heftigen Reaktionen ihm Gegenüber durchaus seinen Reiz hatten ... Gott, am liebsten hätte er sie gepackt und an Ort und Stelle ... nein, das würde heute nicht geschehen!

Schon der Kuss war völlig unangebracht gewesen. Er hatte sich nicht beherrschen können und sie hoffnungslos überrumpelt. Er wusste nur zu gut, welche Wirkung seine Vampirnatur auf Menschen haben konnte. Melissa hatte keine Chance gehabt. Doch das war nicht, was er wollte. Melissa sollte nicht seine Beute sein. Sie sollte sich nicht für den Vampir entscheiden. Nur für ihn.

Wenn sie in seiner Nähe sein wollte, dann sollte sie dieses Verlangen unabhängig von gewissen Spannungen haben. Sie sollte sich bewusst dafür entscheiden und nicht irgendwann das Gefühl haben, von ihm überrumpelt worden zu sein.

Nicolas konnte sich nicht erinnern, wann er das letzte Mal den Wunsch verspürt hatte, von einer Frau um seiner selbst gemocht zu werden. Vermutlich, weil es in diesem Punkt nichts zu erinnern gab.

Und dieser Wunsch machte ihm Angst, doch er hatte den Point of No Return lange überschritten.
Erfolgreich hatte er jeden längeren Kontakt zu Frauen gemieden, immer sichergehend, dass überhaupt nicht erst die Möglichkeit bestand, auch nur an mehr zu denken. Nie mehr als ein paar Stunden, alles was es brauchte, um seine Bedürfnisse zu befriedigen, um dann das Weite zu suchen. Seit der Sache mit Kari.

Und dann kam Melissa.

Und blieb.

Und seine ganze Taktik brach in sich zusammen.

»Bleiben wir jetzt den ganzen Tag hier stehen und gucken die Treppe an?« Irritiert lag Melissas Blick auf seinen.

»Nein, natürlich nicht.« Unwillig löste er seine Hand von ihrer, damit sie sich am Treppengeländer festhalten konnte. Dicht hinter ihr schritt er die enge Treppe hoch. Es würde eine ganze Weile dauern, bis er sie selbst in geringen Höhen ohne Kontrolle alleine lassen könnte.

Oben angekommen griff er vorsichtig um Melissa herum und öffnete die fest verschlossene Tür mit einem zweiten Schlüssel. Diese schwang geräuschlos nach innen auf und offenbarte einen kreisförmigen Raum, der als überraschend gemütlicher Wohnraum eingerichtet war.

Melissas Mund und Augen weiteten sich ungewöhnlich, als sie das Zimmer genauer betrachtete. Ihr Blick wanderte von einer Seite zur anderen, begutachtete die unauffällige Schlafecke neben einem kleinen, durch Wände abgetrennten Bereich, vermutlich ein Badezimmer, die kleine Kochnische und den mit dickem, flauschigem Teppichboden bedeckten Boden, auf dem sich ein riesiges Sofa ausbreitete. Doch hängen blieben ihre Augen an den zwei zimmerhohen, sich der rundlichen Raumform anpassenden Glaswänden, die die direkte Sicht auf die Klippen, den Strand und die Brandung freigaben.

»Wow«, entfuhr es ihren samtigen Lippen, ohne dass diese sich nach der Äußerung wieder schlossen. »Was ... was ist das hier? Ich dachte ... von außen sah es so ... so runtergekommen aus.«

Nicolas genoss es sichtlich, wie ihre Augen vor Staunen aufleuchteten und seine Lippen kräuselten sich zu einem breiten Lächeln. »Hier wohne ich.«

»Du WOHNST hier? Abseits von jeder Stadt? Gehört dir der Turm? Funktioniert das überhaupt als offizielle Meldeadresse?«

Ein kehliges Lachen entfuhr Nicolas. Wüsste er nicht genau, dass es unmöglich war, so würde er glauben, dass Melissas Augen noch größer geworden waren. »Ja, dieser Turm ist meiner und er soll von außen so unscheinbar wirken. Ich schätze meine Privatsphäre. Und Vampire stehen nicht so auf offizielle Meldeadressen für Orte, an denen sie sich tatsächlich regelmäßig aufhalten. Dafür nutze ich lieber eine meiner anderen Immo....« Er stockte. Der letzte Satz war nicht geplant gewesen. Das klang dann doch etwas großspurig. Kurz hoffte er, Melissa hätte ihm nicht richtig zugehört.

»Andere Immobilien?«

»Ja ...«, verlegen fuhr er sich mit einer Hand durch die Haare. Was sollte er darauf sagen?

»Wie viele Immobilien hast du denn?« Melissa sah ihn an, als würde sie ihn zum ersten Mal sehen.

»Ach, nur so drei oder vier ...« Er verbiss sich, das Wort Dutzend hinzuzufügen. Für heute würde diese Information genügen müssen.

»Oh. Sind die anderen genauso beeindruckend wie dein Heim hier?«

Nicolas seufzte. Und beschloss, dass beeindruckend ein sehr relativer Begriff war. Nur weil der Leuchtturm eines seiner kleineren Besitztümer war, hatte er dennoch seine ganz eigenen Vorzüge.

»Sie sind ganz ... okay.«

»Hmmm ...«, machte Melissa und jetzt hörte sie ihm tatsächlich nicht mehr aufmerksam zu. Sie schlüpfte aus ihre schlammigen Stiefel und betrat den beigen Teppichboden, in dem ihre Fußsohlen leicht einsanken. Ohne ihn weiter zu beachten, ging sie vorsichtig in die Richtung der Glaswände. Nicolas musste schmunzeln, als er bemerkte, wie sie kurz vor diesen zögerte und ihre Schritte immer winziger wurden. Als hätte sie Angst, sie könne durch sie hindurchfallen. Vielleicht hatte sie das wirklich. Woher sollte Melissa wissen, dass es sich um extrem stabile Sonderanfertigungen handelte? Im Zweifelsfall mussten die Glaswände bei Sturm der Kraft des Meeres standhalten.

Nicolas streifte ebenfalls seine Schuhe ab, schloss die Tür und folgte Melissa behutsam. Direkt vor den Scheiben blieb sie stehen und legte ihre Hände vorsichtig auf das Glas, als müsse sie im wörtlichsten Sinne begreifen, was sie da vor sich sah. Nicolas ließ ihr Zeit, ihre Eindrücke zu verarbeiten. Draußen war mittlerweile ein ordentlicher Wind aufgekommen und peitschte den Regen an die Scheibe. Dennoch konnte man noch ausgezeichnet das tosende Meer betrachten, welches hohe Wellen gegen die Klippen schlug. Wolkentürme zogen rasch über den weiten Himmel und in der Ferne brachen sich bereits wieder Sonnenstrahlen durch die Regenfront. An der Küste wechselte das Wetter schnell.

»Das ist unglaublich!« Noch immer lagen Melissas Hände auf dem Glas.

»Einer meiner absoluten Lieblingsplätze«, antwortete Nicolas leise. Mittlerweile stand er nahe hinter Melissa und sein Mund war ihrem Ohr bereits bedenklich nahe. Die meisten Menschen rochen eher wie nasser Hund, wenn sie in den Regen gekommen waren, aber Melissa roch wie der frische Ozean. Er schloss die Augen und atmete tief ein.

Er würde heute verdammt viel Selbstbeherrschung benötigen.

Melissa erschauerte als sein Atem sie im Nacken traf. Augenblicklich konnte er ihren Herzschlag beschleunigen hören. Ups. Widerstrebend trat er einen kleinen Schritt zurück, um ihr ihren Freiraum zu lassen. Verwundert drehte sie den Kopf zu ihm und ... war das ein Vorwurf, der in ihrem Blick lag? Doch schon wendete sie sich wieder dem Meer zu. Bevor sie ebenfalls einen kleinen Schritt zurücktrat. Und sich leicht an ihn lehnte.

Oh verflucht! War das noch fair? Er hatte sich ernsthaft geschworen, heute seine Hände bei sich zu behalten. Aber da hatte er nicht mit Melissa gerechnet. Sie spielte nicht mit fairen Karten.

Nicolas schloss die Augen und alles um ihn herum verschwand aus seinen Sinnen. Da war nichts mehr, außer Melissas weicher Körper, der vertrauensvoll an seinem lehnte, ihr einzigartiger Duft und ihr angestrengter Atem. Und ihr pochendes Herz. Er spürte, wie sein eigener Herzschlag begann kräftig gegen seinen Brustkorb zu schlagen und sein eigener Atem schwerer wurde.
Wie von selbst legten sich seiner Hände auf ihre Hüften und zogen sie nur ein winziges Stück näher an sich heran. Das konnte ihm wirklich keiner zum Vorwurf machen. Immerhin hatte sie noch ihren Mantel an.

Langsam ließ Melissa ihren Kopf nach hinten sinken, bis dieser an seiner Schulter zum liegen kam und ihre Haare seine Wange berührten. Dann nahm sie seine Hände von ihren Hüften und zog diese um ihren Bauch. Sie sagte kein Wort mehr, nur ein kleiner Seufzer entfuhr ihr.

Nicolas Zähnen entwich ein leises Zischen. Verflixt, was tat sie da? Doch sie tat nichts weiter. Sie blieb genauso stehen, fast reglos, in seine Arme gewickelt – und atmete.

Dieses Atmen brachte ihn fast um den Verstand. Ob er auf die Ohropax zurückkommen konnte?
Nicolas versuchte, sich nicht auf das Pochen in ihrer Brust zu konzentrieren, nicht auf den Duft, der von ihrem Haar jetzt genau in seine Nase stieg, nicht auf die winzigleisen Geräusche, die sie machte.

Minutenlang standen sie so da und schauten auf die Brandung, ohne sich zu rühren. Nun, er nahm an, dass Melissa schaute. Seine Augen blieben geschlossen.

Unglaublich langsam beruhigte sich Melissas Herzschlag. Sein eigener folgte nur widerstrebend.

Viele weiteren Minuten später holte Melissa unerwartet tief Luft. Geruhsam, als würde sie nur unwillig aus einem Traum erwachen, nahm sie seine Hände von ihrem Körper, sodass sie sich zu ihm umdrehen konnte. Fast bedauerte Nicolas diese Unterbrechung. Er wäre durchaus bereit gewesen, den Rest seines unsterblichen Lebens mit ihr genauso in diesem perfekten Moment stehenzubleiben.

Verklärt lächelnd sah Melissa ihm ins Gesicht, ein herrliches Rot auf den Wangen tragend. »Hast du hier auch eine Garderobe? Mir ist ziemlich warm geworden.«

Nicolas konnte nicht anders, als zu grinsen. »Natürlich.«

Er streifte ihr den Mantel von den Schultern und hängte ihn an einen Kleiderhaken neben der Eingangstür. Sie machte es sich währenddessen auf dem einladenden Sofa gemütlich, dass selbstverständlich in Richtung der Glaswände ausgerichtet war. Dann griff sie nach einer auf dem Sofa liegenden Wolldecken und breitete diese über sich aus. Als wenn ihr nun etwas fehlen würde, das sie wärmte.

Nicolas entledigte sich ebenfalls seines Mantels und setzte sich, mit einem kleinen Abstand, zu Melissa.

»Dir gefällt also mein zu Hause?«, fragte Nicolas.

Sie stieß lediglich ein kurzes Lachen aus, ganz klar war sie der Meinung, dass diese Frage keiner Antwort bedurfte. »Ich hatte nie darüber nachgedacht, dass du noch woanders wohnen könntest, als bei Adam.«

»In der letzten Zeit war das auch nicht möglich. Es wird dir nicht entgangen sein, aber es gab da so ein paar unbedeutende Verwicklungen, die mich etwas ... gebunden hatten.« Nicolas pfiff sich im Geiste selbst zurück. Heute wollte er nicht provozieren.

»Ja ja, schon klar. Ich bin schuld, dass du nicht herkommen konntest.« Melissa zog die Beine hoch aufs Sofa und ließ ihren Blick nachdenklich über die atemberaubende Kulisse schweifen. »Du musst es hassen.«

»Hm ... anfangs tat ich das. Aber ich habe es überlebt.« Entschuldigend zuckte er mit den Schultern. »Es war nie geplant, dass ich gänzlich bei Adam einziehe. Es war mehr als ... gelegentliche Kurzbesuche gedacht. Um nachzusehen, wie er als Vampir klarkommt.« Und um Amias Sicherheit gewährleisten zu können. Seit das kleine Mädchen ihn dazu überredet hatte, Adam zu helfen, hatte er einen ausgeprägten Beschützerinstinkt den Geschwistern gegenüber entwickelt. Aber das wollte er nicht erwähnen.

»... Und um sicherzustellen, dass Adam genug ...«, Melissa stockte, »zu trinken bekommt.«

»Ja, das auch.«

»Dann wohnt nur Tara neben Adam und Amia dort?« Nachdenklich blickte Melissa auf einen unbestimmten Punkt mitten im Raum.

»Nein, Tara ist ein Freigeist. Sie ist mal hier und mal dort und überall und nirgends. Sie wusste von Anfang an um Adams und Amias Situation, und springt ein, wenn Not am Mann ist. Aber dass sie bei den beiden vorbeischaut, ist recht unregelmäßig. Im Augenblick hält sie sich nur dort auf, weil sie mir nicht zutraut, mit unserer ungewöhnlichen Situation alleine zurechtzukommen.« Nicolas schnaubte. »Sie glaubt noch immer, sie muss die große Schwester spielen.«

»Vielleicht hat sie da gar nicht so Unrecht. Irgendwer muss doch auf dich aufpassen.« Jetzt grinste Melissa provokant.

»Hey, nicht frech werden!«, knurrte Nicolas.

»Sonst tust du was?« Mit hochgezogen Augenbrauen und schräggelegtem Kopf blickte sie ihm direkt in die Augen.

Uff.

Verzweifelt hob Nicolas die Hände, um sich direkt darauf ein Sofakissen zu greifen und damit nach Melissa zu werfen. Pure Selbstverteidigung – irgendwie musste er sich dazu bringen, sich nicht umgehend auf Melissa zu stürzen.

»Du bewirfst mich?« Melissa verharrte vorwurfsvoll und Nicolas hob entwaffnend die Hände.
»Was soll ich denn sonst tun?« Hilflos sah er sie an.

Melissa betrachtete ihn einige Sekunden gebannt mit ihren kristallblauen Augen und kaute dabei auf ihrer Unterlippe. Verflucht, darauf wollte er auch kauen. Er konnte hören, wie ihr Herzschlag sich beschleunigte.

Unerwartet lehnte sie sich zu ihm vor. »Ich weiß nicht«, hauchte sie ihm ins Ohr und berührte dabei seine Wange mit ihrer, »vielleicht das hier.« Ihre Lippen streiften sein Ohr und hinterließen dort ihren warmen Atem, bevor sie zögerlich den Weg zu seinem Mund fanden.

Er hatte versprochen, sie heute nicht zu verführen.

Leise stöhnte er auf. Sie roch so köstlich und er konnte sich nichts besseres Vorstellen, als das Gefühl ihrer Lippen auf den seinen.

Wenn sie den Anfang machte, dann war es doch in Ordnung?

Begierig hielt er die Luft an. Er wollte sie nicht verschrecken, keinesfalls das Risiko eingehen, dass sie es sich anders überlegte. Doch an einen Rückzug dachte Melissa keinen Moment. Ihre sanften Lippen berührten die seinen, verharrten einen Augenblick, um dann vorsichtig den Druck zu erhöhen. Ihre Zungenspitze strich kaum merklich über seine Unterlippe, fast so, als würde sie leise fragen, ob sie willkommen wäre.

Er keuchte. Sie war mehr als willkommen. Noch nie hatte sich eine kaum vorhandene Berührung so intensiv angefühlt. Die Welt um ihn herum schien zu verblassen. Als gäbe es nichts anderes als die Wärme ihres Atems und der zarte Druck ihrer Lippen.

Melissa ließ sich nach vorne sinken und ihr Oberkörper kam auf seiner Brust zum Liegen, ohne dass sich ihre Münder trennten. Nicolas sank zurück gegen die Sofalehne und Melissas Körper folgte seinem. Sie hatte die Augen fest geschlossen.

Seine Hand fand ihren Weg in Melissas Nacken und grub sich in ihren Haaransatz. Ganz sacht. Noch immer bewegte er sich so wenig wie möglich. Er musste sich zusammenreißen, um sie nicht fester an sich zu ziehen, ihren Mund zu erforschen und seine Hände unter ihren Pullover zu schieben. Doch es kam ihm vor, als hätte sie jetzt, da er sich zurückhielt, erst die Möglichkeit sich ihm selbstbestimmt zu nähern. Noch immer lagen ihre Lippen wie ein warmer Hauch auf seinen Mund. Dieser Kuss war so anders, als der in der Hütte. So viel zarter, vorsichtiger, zurückhaltender ... besser. Er wollte nie wieder etwas anderes tun, als Melissas Körper zu spüren, ihre Lippen zu schmecken, ihren verführerischen Duft einzuatmen. Ihren Puls unter ihrer schimmernden Haut schlagen zu sehen.

Melissas Zunge wurde mutiger und verlangte nach Einlass, indem sie seine Lippen teilte. Mit den Zähnen streifte sie seine Unterlippe und ein leises Stöhnen entrang sich seiner Kehle. Ihr Finger strich sanft über seine Wange, glitt über seinen Hals und fand schließlich den Weg zu seiner Schulter. Und hinterließ eine Spur aus flüssiger Hitze.

Vorsichtig begann sie an seiner Lippe zu kauen und etwas regte sich an ihm überdeutlich. Ihre Hand wanderte weiter von seiner Schulter über seine Brust bis zu seinem Bauch, während ihre Fingerspitzen kleine Kreise auf seinem Shirt malten. Sie presste sich näher an ihn, und rutschte mit einem ihrer Knie zwischen seine Beine. Ein überraschtes Stöhnen entwand sich ihrer Kehle, als sie begriff, was sie dort spürte. Ihre Hand schlüpfte unter sein Shirt und ihre Finger zogen prickelnde Kreise um seinen Bauchnabel. Er konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Der Wunsch, ihr den Pullover über den Kopf zu ziehen, wie er es bereits an den Klippen getan hatte, wurde unerträglich. Das Bild von ihr nur im BH und Hose, wollte ihm nicht mehr aus dem Kopf gehen. Im Gedanken erkundete er jeden Zentimeter ihrer hellen Haut, ausgehend von ihren Schultern, über ihr Dekolleté, bis zu ihrem Bauch. Und tiefer. Wie gerne hätte er alles an ihr gekostet.

Keuchend und mit der letzten Selbstbeherrschung, die er aufbringen konnte, löste Nicolas sich von ihrem Mund, während er ihre Hüften umfasste und sie einige Zentimeter von sich wegschob. Dann ergriff er ihre Hand und verwob diese mit seinen Fingern, bevor sie seinen Hosenbund erreichte. Sie riss die Augen auf und sah ihn verständnislos an.

»Heute nicht«, sagte er heftig atmend und fixierte ihren Blick.

Verunsichert sah sie ihn an, als glaubte sie, etwas falsch gemacht zu haben. Doch dann schien sie zu begreifen und nickte kaum merklich. Dennoch flackerte Bedauern in ihren Augen auf, was Nicolas nicht ohne Wohlgefallen registrierte.

Tief seufzend legte sie ihren Kopf auf seine Schulter und einen Arm um seine Brust. Er ließ es zu und genoss diese Berührung. Ihr Atem kitzelte an seinem Hals. Als hätte sie es bereits hunderte Mal gemacht, kuschelte sie sich in seine Halsbeuge ein und blieb regungslos liegen. Er konnte hören, wie ihr Herzschlag allmählich zur Ruhe kam und ihr Atem sich normalisierte. Nicolas strich Melissa über die weichen Haare und seine Finger spielten mit einer ihrer Haarsträhnen. Auch er entspannte sich langsam. Sehr langsam. Melissas hatte ihre Nase unter sein Kinn vergraben, als wollte sie ihn inhalieren. Behutsam ließ er sich die Sofalehne runterrutschen, bis er fast lag, Melissas warmer Körper zur Hälfte auf seinen. Er griff zur Seite und zog die Decke, welche ihr zuvor von den Schultern gerutscht war, über ihren Rücken und schweigend betrachteten sie die vorbeiziehenden Wolken und Wellen.

Eine ganze Weile lagen sie so aneinandergekuschelt auf dem großen Sofa und betrachteten ohne zu sprechen die Meereskulisse. Der Regen hatte sich verzogen und die letzten Sonnenstrahlen des Tages beschienen das Felsgestein am Fuße des Leuchtturmes und brachten die Wellen zum Funkeln. Nicolas wagte es nicht, sich zu rühren, um keinen Preis wollte er riskieren, dass Melissa ihre Position veränderte. Es war perfekt. Sie sollte für immer auf seiner Brust liegen bleiben, so dass er den Geruch ihres Haars einatmen konnte.

Lange lauschte er ihren entspannten Atemzügen und irgendwann wurde Nicolas bewusst, dass diese tief und gleichmäßig dahinflossen. Still lächelte er in sich hinein. Melissa war auf seiner Brust eingeschlafen.

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