1.1
Dümmlich grinsend hing Blondie an seinem Arm und freute sich über ihre Eroberung.
Noch.
Diese Dinger waren aber auch leicht um den Finger zu wickeln. Ein Kompliment hier und da gepaart mit einem geheimnisvollen Lächeln und ein bisschen den Unnahbaren mimen – schon standen sie Schlange. Er musste nur wählen. Heute Abend schenkte er der Wahl noch weniger Aufmerksamkeit als sonst – ein Hals war wie der andere – sie erfüllten alle ihren Zweck. Dass es Blondie wurde, lag vor allem daran, dass sie es ihm noch einfacher machte als der Rest. Sie war so leicht zu beeindrucken, doch das hätte sie natürlich niemals zugegeben. Eine kleine Möchtegern-Rebellin. Ein bisschen zu kurzer Rock, zu rote Lippen und zu verbissen darauf bedacht von ihren Mitmenschen bewundert zu werden. Für Nicolas Zwecke perfekt.
Ohne viel Zeit mit Smalltalk oder weiteren unnötigen Eroberungsspielchen zu verschwenden, folgte sie ihm in den nächtlichen Wald – fort von den feiernden, betrunkenen Menschen am Strand. Er brauchte keine Zuschauer für seine Abendgestaltung und sie konnte es kaum erwarten, mit ihm alleine zu sein. Wie leichtsinnig ihr Verhalten doch war. Doch galt das nicht auch für ihn? In seinem Hinterkopf pochte eine leise Warnung. Er war zu nah an seinem Wohnort und die Gefahr Aufmerksamkeit zu erregen viel zu groß. Aber verführerische Angebote führten mitunter zu saublöden Ideen.
Eigentlich hatte er nur schnell seinen Durst stillen wollen, doch Blondies Mund klebte den gesamten Weg hinein in die Dunkelheit zwischen den Bäumen mehr oder weniger auf seinem und machte ihm rasch Appetit auf mehr als nur auf ein paar Schlucke Blut. Irgendwie schaffte diese Blondine es, sich so penetrant um ihn zu winden und an ihm zu reiben, dass er schließlich alle Pläne über Bord warf. Am liebsten wäre er sofort über sie hergefallen, doch er riss sich zusammen. Wenn er sich schon so weit auf die Frau einließ, dann würde er sich auch die Zeit nehmen, es richtig zu genießen.
Eine kleine Holzhütte tauchte am Fuß eines Hanges auf, davor ein Feuerplatz und selbst das Holz lag bereits parat. Praktisch. Nicolas empfand Kälte nicht so wie Menschen und sie störte ihn nicht, aber er genoss die Wärme, wenn sie ihn umhüllte. Sofort entfachte er ein ordentliches Lagerfeuer und sie ließen sich daneben nieder. Heute gab es für ihn die Wärme der Flammen und die ihrer Haut gleichzeitig.
Ihre Hände ertasteten seinen Körper und ihr Geruch stieg ihm blumig in die Nase. Lustvoll stöhnte er auf. Dieser Geruch! Ein köstliches Dessert erwartete ihn.
Ihre Finger wanderten unter sein Hemd, erkundeten seinen Rücken, seine Brust, seine Bauchmuskulatur – sie wollte ihn. Und er kam der Aufforderung nur zu bereitwillig nach. Sie ließ sich auf den Boden zurücksinken, ihn mit sich ziehend. Schwer lag er auf ihren Hüften, fest an ihre Brüste gedrückt und ihre Lippen zwischen seinen. Fichtenzapfen und kleine Steinchen mussten ihr unangenehm in die Rückseite piksen, doch es störte ihn nicht. Er hörte nur ihr heißes Blut durch ihre Adern schießen wie ein berauschendes Versprechen.
Fordernd knabberte er an ihrem Hals, fuhr mit seiner Zunge den Weg ihrer Halsschlagader entlang und entlockte ihr ein Stöhnen. Es konnte nicht schaden, schon einmal die beste Stelle ausfindig zu machen. Bereitwillig reckte sie ihren Kopf zur Seite, um ihm besseren Zugang zu verschaffen. Wenn sie ahnen würde, wie erregend das einladende Pulsieren unter ihrer dünnen Haut auf ihn wirkte ... Aber noch war es nicht so weit. Er wollte das Gesamtpaket.
Seine Hand strich langsam ihren Oberschenkel hoch, fand den Weg unter ihren Rock und er spürte seine Hose eng werden. Verdammt, wie lange war es her, dass er eine Frau auf diese Art hatte? Definitiv zu lange, sonst hätte er sich jemanden mit mehr Niveau ausgewählt.
Kurz überlegte er aufzustehen und einfach zu gehen – er könnte gleich morgen einen Ausflug machen und alles nachholen und ... sie schob ihm ihre Hüfte entgegen und presste ihre Mitte fester gegen das Pulsieren zwischen seinen Beinen.
Fuck! Er würde nirgendwo hingehen.
Als seine Finger ihren Slip erreichten, blendeten seine feinen Ohren alles außer ihrem pochenden Pulsschlag und ihr erregtes Stöhnen aus. Eine Fingerkuppe wand sich unter den Rand ihrer Wäsche, zupfte vorsichtig daran und ...
WUMS!
Hart traf etwas seinen Hinterkopf mit einer Wucht, die einen ausgewachsenen Mann ausgeknockt hätte.
Was zur Hölle!?!
Nicolas mochte aussehen, wie ein normaler Mann, und im Grunde war er das auch. Außerdem war er ein Vampir. Ein Vampir, in dem gerade extremer Ärger aufstieß.
Er stemmte sich von der erstarrten Blondine unter ihm hoch und drehte langsam den Kopf nach hinten, um zu sehen, wer es wagte ihn jetzt zu stören. Ein gedrungener Mann mit einer schlammverschmierten Schaufel in beiden Händen blickte auf ihn nieder. Sein Blick wechselte von selbstgefällig zu verblüfft. Ganz offensichtlich hatte er nicht erwartet, dass Nicolas sich nach diesem Schlag noch rühren würde. Eine Sekunde blinzelten sie sich gegenseitig entgeistert an. Dann holte der Mann erneut mit der Schaufel aus. Wollte er sie ihm etwa ins Gesicht ballern? Dieses dreckige Ding? Wie konnte der Typ es wagen!
Nicolas benötigte keine Sekunde, um von Miss Sexy auf jemand brät ihm gerade eins über umzuschalten. In einer einzigen fließenden Bewegung kam er auf die Beine, sprang genau vor seinen Angreifer, entriss ihm die Schaufel und schleuderte sie weit in die Dunkelheit.
Die Pupillen des Fremden weiteten sich schlagartig, als dieser plötzlich mit nichts in den noch immer erhobenen Händen vor Nicolas stand. Seinen trägen menschlichen Augen musste es unmöglich gewesen sein, das Geschehene zu verfolgen.
Nicolas fiel nicht sofort über den Mann her. So konnte er das Ergebnis um so mehr versüßen. Sein gesamter Körper war jetzt im Jagdmodus – und er wollte jagen! Doch dafür müsste der Mann die Flucht ergreifen. Ein bösartiges Lächeln legte sich auf Nicolas' Lippen. Der Mann benötigte unglaublich lange, um zu entscheiden, was zu tun sei. Nicolas wartete. Sein Gegner glotzte, ohne sich zu rühren. Süßer Angstgeruch kroch in Nicolas' Nase und reizte seine Instinkte, bis er schließlich die Geduld verlor.
»Buh!«, hauchte er und sein Lächeln wurde breiter.
Ruckartig begann der Mann sich zu bewegen. Er schnappte nach Luft, wirbelte herum, rannte in Richtung des schrägabfallenden Hanges hinter ihm und krabbelte diesen unelegant auf allen Vieren empor, während er immer wieder im lockeren Sand des Untergrunds den Halt verlor und drohte rücklings ins Feuer zu rollen. Fast mitleidig beobachtete Nicolas das verzweifelte Treiben. Schließlich hatte der Mann das obere Plateau erreicht und sprintete los.
Nicolas gewährte ihm einige Meter Vorsprung.
Mit einem abrupten Knurren schoss er vor, sprang den Hang in zwei Sätzen hinauf und packte sein Opfer mit einer Hand am Oberarm, mit der anderen in den Haaren und riss ihm den Kopf zurück. Seine Zähne versenkten sich augenblicklich in der Halsschlagader, und das Blut floss ihm in den Mund, angetrieben von dem panisch schlagenden Herzen. Im Hintergrund hörte er Blondie grell aufschreien – sollte sie nur, sie würde keine Störung darstellen.
Unbarmherzig saugte er an der Wunde, sog das süße Blut in sich auf und genoss es, sich endlich seinem Hunger hingeben zu können, wenn auch nicht ganz so, wie er es geplant hatte.
Der Fremde gab gurgelnde Geräusche von sich. Er stemmte sich mit ganzer Kraft gegen die Brust seines Kontrahenten und hatte doch keine Chance zu entkommen. Wie Stahlseile lagen Nicolas' Arme um den Mann und pressten diesen an seinen Mund. Er versuchte nicht einmal, es seinem Opfer angenehm zu gestalten, zu groß waren Zorn und Frust über den lächerlichen Angriff und die verpasste Gelegenheit.
Nur langsam verebbte das Gezappel und Keuchen des Mannes, doch schließlich sackte dieser wehrlos in sich zusammen, bis nur noch der feste Griff ihn aufrecht hielt.
Fast musste der große Vampir schmunzeln. So war es immer, ob sie sich wehrten oder ihre Hälse freiwillig präsentierten, irgendwann kam der Moment, wo ihre Muskulatur nachgab wie weiche Butter und er ungestört sein Mahl genießen konnte.
In Seelenruhe trank Nicolas großzügige Schlucke und neue Kräfte breiteten sich in ihm aus, Hunger und Blutrausch ebbten ab und machten einer wachsenden Ruhe Platz. Einer unbekannten Ruhe, welche begann alle Kräfte zu überdecken. Eine Ruhe, die ihn zunehmend beunruhigte.
Ein Brennen kroch durch Nicolas' Körper, erst langsam, dann eiliger, bis es jeden Winkel erreichte. Seine Muskeln bewegten sich immer zäher, seine Schluckbewegungen wurden träger. Seine Hände glitten von seinem Opfer, seiner köstlichen Mahlzeit, und fielen an dessen Körper nach unten, zu schwer, um sie länger oben zu halten.
Der Mann stürzte zu Boden, stöhnte auf, öffnete die dunkel unterlaufenden Augen und sah Nicolas aus einem schneeweißen Gesicht entgegen. Als würde er aus einem Traum erwachen, breitete sich Panik im Gesicht des Fremden aus. Eine Hand presste er gegen die Wunde an seinem Hals, Blut quoll zwischen seinen Fingern hervor. Sein Mund öffnete sich weit, aber er schrie nicht.
Schwankend starrte Nicolas ihn an. Unfähig sich zu bewegen.
Mit stockendem Atem krabbelte der Mann rückwärts von Nicolas weg, richtete sich unbeholfen auf, stürzte zurück auf sein Hinterteil. Erneut rappelte er sich hoch und kam auf wackligen Beinen zum Stehen. Ein zweiter, deutlich größerer Mann kam zu ihm gerannt und stützte ihn. Verflucht, wo kam der schon wieder her? Wie konnte es sein, dass Nicolas die Nähe dieser beiden nicht wahrgenommen hatte?
Er könnte sich selbst ohrfeigen für seine Leichtsinnigkeit. Blondie hatte alle seine Sinne abgelenkt. Grimmig warf er einen Blick den Hang hinunter. Die Frau hatte sich keinen Meter fortbewegt. Zusammengekauert und mit umschlungenen Knien saß sie neben dem Feuer, presste sich die Hand auf den Mund und wiegte sich wimmernd hin und her. Offenbar hatte sie begriffen, welche Rolle er ihr für diesen Abend zugedacht hatte.
Viel Zeit sich zu ärgern blieb Nicolas nicht.
Seine Gedanken irrten plötzlich wie betrunkene Glühwürmchen durch seinen Kopf und das Denken fiel ihm schwer. Er schwankte gefährlich hin und her, während sein Körper sich anfühlte, als würde er zerfließen. Seine Beine wollten ihn nicht länger tragen. Ohne das er etwas tun konnte, knickten ihm die Knie ein und er stürzte zu Boden, mit dem Gesicht voran. Seine Wange landete im Sand.
Automatisch schlossen sich seine Augen. Er versuchte sie zu öffnen, doch seine Lider waren so verdammt schwer, dass sie nur flatterten. Lediglich seine Ohren ließen ihn nicht im Stich. Er hörte Schritte, Stöhnen, Wörter. Stimmen von drei Menschen umschwirrten ihn, eine davon die einer Frau, welche wieder und wieder das Wort »Vampir« ausstieß. Er hatte Mühe, die Informationen in seinem Kopf zu sortieren. Wie lange lag er schon so da? Nur langsam beruhigten sich seine Gedanken, hörten auf, aufgeregt zu schwirren, und begannen sich wieder in eine Ordnung zu sortieren, die Sinn ergab. Endlich erinnerte er sich: Die Frau – sie sollte sein Dessert sein. Das war ein echter Verlust.
Die Männer hörte er näher. Nicolas wunderte es, dass der kleinere – sein Abendbrot – überhaupt wieder auf die Beine gekommen war, immerhin hatte er eine ordentliche Portion von diesem getrunken, bevor ... ja, bevor was? Bevor er wie betäubt umgekippt war.
Verflucht, wie hatte das passieren können? Er war vollkommen ratlos und genauso bewegungslos. Er hatte die Macht über seinen Körper verloren – das erste Mal in seinem Leben als Vampir.
»Warum hast du nicht fester zugeschlagen?«, fragte jemand genervt.
»Ich habe so fest zu geschlagen, wie ich konnte. Jeder normale Mensch wäre bewusstlos geworden. Aber er hat nicht mal gezuckt. Ich sag dir, das ist überhaupt kein Mensch! Er hat mich angefallen! Er hat mich fast umgebracht!« Die zitternde Stimme des Mannes überschlug sich. »Das ist ein wildes Tier!«
»Vampir!«, wiederholte die Frau sich selbst stereotyp. Immerhin, sie hatte es begriffen.
»Schnell, wir müssen weg. So weit weg wie möglich.«
»Warum? Ihr glaubt doch nicht ernsthaft an Vampire, ihr seid doch keine kleinen Kinder. Der Kerl ist nur etwas verspätet umgekippt, weil Simon nicht genug Kraft in den Muckis hat.«
»Vampir«, gab die Frau erneut von sich. Zu mehr schien sie nicht mehr imstande zu sein.
»Ich weiß nicht, was es ist, aber ein Mensch jedenfalls nicht. So stark ist niemand, nicht mal im Ansatz«, presste die zitternde Stimme hervor.
»Zeig mal her, bist du verletzt?« Kurz war es still, dann schnappte jemand deutlich nach Luft. »Was zum Teufel?! Ich kann's nicht glauben, dass ich das sage, aber ich denke, Sarah hat recht.« Jetzt schwand auch die Gelassenheit des zweiten Mannes.
Fast hätte Nicolas gegrinst. Wenn er denn gekonnt hätte und seine Situation nicht ganz so hilflos gewesen wäre.
»Ich sag doch, der hat mich angefallen wie ein Tier!«
»Was ist das für ein Biest?«
Nicolas hörte den Atem der Männer. Sie mussten sich über ihn gebeugt haben. Wollten sie sichergehen, dass er wehrlos war? Über seine geschlossenen Lider huschte ein Lichtschein und tauchte seine Welt für eine Sekunde in leuchtendes Rot. Vermutlich eine Taschenlampe.
Mit Wucht prallte etwas auf seine Rippen. Er keuchte auf. Oder zumindest versuchte sein Körper aufzukeuchen. Selbst für diese unwillkürliche Reaktion war er zu geschwächt. Verdammt, das hier würde unangenehm werden. Er hoffte inständig, dass die Männer es bei einigen halbherzigen Tritten belassen würden.
»Der ist völlig hinüber.« Die unheimliche Ruhe des zweiten Mannes war zurückgekehrt. »Wenn das wirklich ein Vampir ist, warum ist er denn dann aus den Latschen gekippt? Der hat doch genau das gemacht, was Vampire angeblich tun.«
Guter Punkt. Das würde Nicolas auch brennend interessieren. Allerdings kamen die drei genauso wenig zu einer Antwort wie er selbst.
»Bitte, ich will das gar nicht wissen. Lass uns einfach schnell abhauen. Ich will so viel Raum zwischen mir und diesem Ding da haben, wie es überhaupt nur möglich ist.«
»Ach sei nicht so ein Schisser! Guck mal, total wehrlos.« Dabei hoben kalte Finger Nicolas' Hand hoch und wedelten damit in der Luft herum. »Lebt der überhaupt noch?«
Plötzlich wurde sein Augenlid aufgerissen und ein greller Blitz durchfuhr quälend sein linkes Auge. Vor Schreck entkam seiner Kehle ein gurgelnder Laut. Komplett geräuschlos war er also noch nicht.
»Scheiße, der ist nicht tot!« Der Sprecher sprang hastig von Nicolas fort. »Wir können den nicht einfach so hier liegen lassen. Stell dir vor, der steht wieder auf und erinnert sich an uns. Du möchtest eure Bekanntschaft sicher nicht auffrischen, oder, Simon?«, fragte der Mann aus einigem Abstand. Doch lange schien er nicht vor Nicolas zurückzuschrecken, denn er näherte sich diesem erneut. »Hey, du Teufel«, brüllte der Mann nun und ein weiterer heftiger Tritt folgte, diesmal direkt in Nicolas' Eingeweide. »Was bist du? Bist du tatsächlich ein Vampir?«
Nicolas war weder zu einer Antwort gewillt noch in der Lage. Wachsende Panik breitete sich in ihm aus. Wenn die Männer bedenken hatten, ihn in seiner wehrlosen Lage einfach zurückzulassen, dann ... ihm wurde schlecht.
»Hey! Ich spreche mit dir!« Noch ein Tritt, diesmal fester und ein lautes Knacken erklang. Etwas in Nicolas' Seite schien zu explodieren, aber wieder kam nur ein leises Gurgeln aus seiner Kehle.
»Er hat wohl keine Lust zu antworten.« Der Stimme war eine wachsende Aggression anzumerken. »Wir sollten das Problem erledigen, solange wir die Gelegenheit dazu haben.«
Etwas prallte gegen Nicolas' Schläfe und grelle Blitze zuckten durch sein sonst so dunkles Sichtfeld. Und es gab nichts, was er dagegen tun konnte. Die Sache fing an, ernsthaft ungemütlich zu werden. Seine Hoffnung, dass er diesen Tag lediglich mit einigen Blessuren überstehen würde, schwand rapide.
»Komm, hilf mir mal!«
Jetzt hörte Nicolas auch den anderen Mann in seine Richtung schlurfen. Dieser blieb mit einem kleinen Abstand zu ihm stehen, offenbar noch nicht ganz von der Ungefährlichkeit des Vampirs überzeugt.
»Na, möchtest du ihm nicht etwas mitteilen, vielleicht ein kleiner Dank für die gute Behandlung? Verdient hat er es.« Nicolas brauchte das schäbige Grinsen nicht zu sehen, um zu wissen, dass es da war.
»Wärst du doch einfach beim ersten Hieb liegen geblieben.« Der Mann seufzte laut auf und wirkte dennoch merkwürdig gleichgültig, als er Nicolas direkt ansprach. »Du hättest uns allen das Leben erleichtert. Wir hätten deine paar Habseligkeiten eingesammelt und du wärst später verkatert, aber relativ unbeschadet wieder aufgewacht und nach Hause gekrochen. Alle wären zufrieden gewesen. Aber du musstest ja gleich auf Vampir machen, oder was für ein Monster du auch immer bist. Meinen Freund hier hast du jedenfalls ernsthaft geschockt und mein süßer blonder Lockvogel ... nun ... ich bin mir nicht sicher, ob sie mir jemals wieder jemanden irgendwohin lockt. Sie erscheint mir etwas traumatisiert.« Wie zur Bestätigung reagierte die Frau mit ihrem monotonen »Vampir«.
Das Luder hatte ihn tatsächlich reingelegt! Sie hatte nie vorgehabt, sich mit ihm zu vergnügen, sie hatte nur als Köder fungiert. Merkwürdig, wie sehr Nicolas das trotz seiner Situation noch kränkte.
Doch er vergaß die Kränkung sofort, als er Arme spürte, die sich unter seine schoben und ihn hochrissen. Verdammt, diese Situation war so verkehrt, vollkommen verdreht. Er sollte derjenige sein, der die beiden Mistkerle auseinandernahm, nicht umgedreht. Er hätte aufschreien wollen, doch nicht einmal das war ihm möglich.
Harte Fausthiebe trafen in Nicolas' Gesicht, auf seine Brust, in seinen Magen. Wenn es der neuhinzugekommene Mann war, der ihn hielt, so mussten die Schläge von dem ersten sein, der, den er gebissen hatte. Der Schläger hatte einen verdammt harten Bumms für einen recht blutleeren Halunken und Nicolas hatte das Gefühl deutlich mehr Sterne auf der Innenseite seiner geschlossenen Lider zu sehen, als der Nachthimmel zu bieten hatte.
Zumindest verstummte endlich das Vampir-Echo der Frau.
Er hoffte inständig, dass die beiden bald ermüdeten und von ihn abließen. Sollten sie glauben, sie hätten ihn totgeschlagen. Er würde sich schnell erholen. Noch besser wäre es natürlich, wenn er schnell die Kontrolle über seinen Körper zurückerlangte, der ihn so erbarmungslos im Stich gelassen hatte. Wann immer das sein würde. Oder ob.
»So kann man keinen Vampir töten«. Oh, Blondie war wieder im Spiel.
»Vielleicht nicht, aber ich kann gerade prima meine Wut an ihm loswerden«, schnaubte der Boxer.
»Und danach wird er dich töten,« erwiderte die Frau. Die Schläge verebbten abrupt. Stille. Endlich bekam Nicolas' geschundener Körper Gelegenheit zur Erholung und seine Eingeweide begannen sich zu sortieren.
»Wie erledigt man deiner Meinung nach einen Vampir?« Der Griff um Nicolas löste sich und er stürzte abermals zu Boden.
»Man muss ihn verbrennen.«
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top