6.

Abends erzählte ich meinen Eltern, die endlich wieder daheim waren, alles was ich für mich Neues im Leben geplant hatte. Der Neuanfang auf der Schule, dass ich alles und jeden in meiner Vergangenheit zurück lassen würde. Nachdem sie mit meinen Wünschen und Vorstellungen einverstanden waren, ging ich die Treppen nach oben in mein Zimmer, wo ich mich erleichtert auf mein Bett fallen ließ.

Die ganze Nacht über wälzte ich mich nur in meinem Bett herum, ohne irgendwie ein Auge zu zubekommen. Seufzend setzte ich mich auf und schaute auf meine Handy Uhr. In zwei Stunden musste ich aufstehen, also beschloss ich, da ich eh nicht schlafen konnte, dass ich dies jetzt schon tat. Bei meinem Kleiderschrank angekommen, suchte ich mir meine Tanzklamotten zu Recht. Daraufhin machte ich mich fertig. Um einen guten Eindruck zu machen, glättete ich meine welligen Haare, schminkte mich ein wenig und zog mich nicht ganz so gammelig an, wie sonst immer auf der alten Schule. Zufrieden schaute ich mich im Spiegel an. Müde machte ich mich auf den Weg nach unten in die Küche, wo ich mir eine Tasse aus dem Schrank holte und mir erst einmal einen Kaffee machte, um endlich wacher zu werden.

Nun war es so weit. Ich stand vor meiner neuen Schule und schaute aufgeregt durch das Schultor. Dort standen verteilt verschiedene Arten von Cliquen, die eigentlich wie auf jeder Schule definierbar waren, außer einer bestimmten Gruppe. Mir fiel auf, dass alle Schüler dieser Schule Uniformen trugen, außer diese Jungs, die gechillt an der Wand gelehnt eine Zigarette rauchten. Sie sahen aus wie typische Bad Boys, die sich laut ihnen alles erlauben konnten. Einer dieser Jungs bemerkte meinen Blick, woraufhin ich schnell wegschaute und mich unsicher auf den Weg zur Eingangstür machte.

Das Gebäude war ein sehr altes, jedoch modernisiertes Backsteinhaus, kurz und knapp gesagt - es sah richtig nach einer Tanzschule aus. Mein Mundwinkel zuckte nach oben, woraufhin ich mich auf den Weg hinein machte und das Sekretariat suchte. Ich fand es schnell, ohne jemanden fragen zu müssen. Dort bekam ich meine Schuluniform, welche aus einem dunkelblauen Rock, einem dunkelblauen Blazer und einer weißen Bluse bestand. Ebenfalls gab mir die nette Frau meine Schulbücher und meinen Stundenplan.

Ich ging mit vollbepackten Armen die Tür heraus, um meinen Spint Nummer 237 zu suchen. Auf den Zettel schauend, lief ich plötzlich gegen etwas hartes, woraufhin ich mit all den Büchern auf den Boden knallte.

"Aua.", flüsterte ich zu mir, bevor ich meinen Kopf hob und in eiskalte blaue Augen schaute.

"Kannst du nicht aufpassen?", fragte er mich mit einer schroffen Stimme und machte nicht einmal Anstalten, um mir zu helfen.

Er war einer dieser undefinierbaren Jungs aus der Bad Boy Clique. Seine Augen durchlöcherten mich. Eine Hand fuhr durch seine braunen hochgestylten Haare.

"Du hättest ja auch mal aufpassen können oder?", konterte ich ihm mutig, packte meine Bücher und stand ohne jegliche Hilfe vom Boden auf.

"Pass mal auf Neuling. Hier wird gemacht was ich sage.", er ging einen großen Schritt auf mich zu, woraufhin ich eingeschüchtert einen Schritt zurück ging und mit dem Rücken direkt an den Spint knallte. "Verstanden?", fügte er noch hinzu.

Seine Augen waren wunderschön, man könnte sich direkt in ihnen verlieren, wäre er nicht so ein Arschloch. Sein Gesicht war kantig und er hatte eine perfekte Haut. Mein Blick wanderte nach unten, woraufhin ich seine durchtrainierten Arme sah. Mein Blick wanderte wieder nach oben zu seinem Gesicht.

Als er bemerkte, dass ich ihn anstarrte und kein Wort aus dem Mund bekam, zuckte sein Mundwinkel nach oben, verblasste jedoch schnell wieder.

Er kam mir noch näher, sodass kaum noch Platz zwischen unseren Körpern war.

"Verstanden?", fragte er noch ernster als zuvor.

Er blickte mit seinen eisigen Augen direkt in meine, was auf meiner Haut pure Gänsehaut verbreitete.

Ich nickte stumm und schaute auf den Boden, damit ich mir nicht noch mehr anmerken ließ, wie unsicher ich war.

"Braves Mädchen.", hauchte er mir ins Ohr, bevor er urplötzlich einfach verschwand und mich komplett überfordert zurück ließ.

Ich stand gefühlt einige Minuten da und realisierte gar nichts, bis auf einmal jemand vor meiner Nase rumschnipste und ich aus meiner Starre erwachte.

"Halloooo.", begrüßte mich das Mädchen freundlich.

"Hey.", antwortete ich ihr unsicher.

"Ich bin Jayline, auch Jay genannt. Du musst die Neue sein - Isabelle, richtig?", labert sie auf mich ein.

Sie sah aus, als wäre sie in meinem Alter. Sie war braunhaarig und trug einen Long-Bob, welcher ihr entsprechend gut stand.

"Ja, ja das bin ich.", gab ich leise zurück.

"Ich habe dich mit Taylor reden sehen, er sah ziemlich sauer aus. Da solltest du echt aufpassen. Am besten gehst du ihm immer aus dem Weg.", flüsterte sie mir leise zu, sodass nur ich es hören konnte.

"Was sind das für Typen?", fragte ich neugierig, ebenfalls flüsternd.

"Sie sind einfach unberechenbar, machen was sie wollen. Aber im Tanzen kann sie einfach niemand schlagen.", gab sie mir als Antwort. "Komm ich zeige dir wo du dich umziehen kannst.", sie packte mich fröhlich am Handgelenk und zog mich mit zur Mädchentoilette.

"Hier kannst du dich umziehen.", sie deutete auf eine der Kabinen.

"Danke.", ich schloss mich ein, zog meine normalen Klamotten aus und meine neue Uniform an.

Während ich mich am umziehen war, fragte sie mich: "In welchen Raum musst du gleich?"

"In Raum 13, glaube ich.", ich hörte sie scharf die Luft einziehen.

"Mein Beileid.", meinte sie nur, als ich auch schon fertig aus der Kabine kam.

"Wieso das?", fragte ich sie überrascht.

"Naja, das ist halt die Klasse von Taylor und so ein paar Zicken, die denken sie wären es.", der Schulgong ertönte, als sie fertig war mir zu antworten.

Na toll, habe ich jetzt für den Rest meiner Schulzeit Unterricht mit so komischen Leuten?

Ich gab ihr als Antwort nur ein verzweifelndes Seufzen.

"Komm, ich begleite dich noch bis dahin.", sie packte mich wieder am Handgelenk und zog mich durch den Schulflur zu meiner neuen Klasse.

"Viel Glück. Wenn du magst kann ich dir in der Pause die Schule zeigen.", schlug sie mir nett vor.

"Ja sehr gerne, holst du mich hier ab?", sie nickte und verschwand in Richtung ihrer Klasse.

Ich schaute auf die bereits verschlossene Tür, schluckte schwer und trat hinein. Kein Lehrer in Sicht, nur ein paar Schüler, die herumalberten und ein Junge mit eisig blauen Augen, welche direkt auf mir lagen, als ich dieses Zimmer betrat. Schnell schaute ich weg, wusste jedoch nicht wohin.

"Kannst du mal zur Seite gehen und nicht doof im Weg rumstehen?", fragte mich eine eklige weibliche Stimme von hinten.

Ich drehte mich zu ihr um und musterte sie. Sie hatte zwar die Schuluniform an, jedoch die Bluse aufgeknöpft – und das gefühlt bis zum Bauchnabel. Pinke künstliche Fingernägel und Schminke im Gesicht, als hätte sie jedes Produkt bei DM ausprobiert.

"Geh doch einfach um mich rum, wie wär's?", fragte ich kalt und verschränkte meine Arme vor der Brust.

Sie fing an zu grinsen, hob ihr Bein an und trat mir voll mit ihrer Hacke auf den Fuß. Ich schrie vor Schmerz auf und zog meinen Fuß schmerzerfüllt nach oben.

"Bitch, mir geht man aus dem Weg.", sie schubste mich weg und da ich nur auf einem Beinstand, kippte ich volle Kanne zur Seite in die Mülleimer rein.

Super Neuanfang, dachte ich mir. Ich stand auf, richtete meine Schuluniform und schaute böse zu dem Miststück, welches mich nur siegessicher auslachte. Der Lehrer betrat den Raum und schaute mich neugierig an.

"Du musst die Neue sein, ich bin Mr. Hemmings, ihr Mathelehrer. Bitte stellen sie sich der Klasse vor.", freundlich deutet er zu den ganzen Mitschülern.

Einige schauten mich verspottend an, andere lachten mich noch aus wegen dem Vorfall eben.

"Ich bin Isabelle. Auf meiner alten Schule fand ein Vortanzen vor eurem Direktor statt, woraufhin er mich auswählte, diese Schule zu besuchen.", stellte ich mich kurz und knapp vor.

"Einige von euch können noch was von ihr lernen.", ein Mann trat unerwartet hinter mir zur Tür rein, worauf ich mich erschrocken umdrehte.

Der Direktor stand vor mir und lächelte mich fröhlich an.

"Ich wollte schauen, ob Sie Ihre Klasse gefunden haben. Wenn es Probleme gibt, können Sie immer mit mir reden.", meinte er noch, bevor er sich wieder verabschiedete und die Tür hinter sich schloss.

"Sie können sich hinten neben Taylor auf den freien Platz setzen.", der Lehrer deutete in die hinterste Reihe neben den blauäugigen Jungen, der seine Augen nicht von mir lassen konnte. Diese Kälte in ihnen ließ mich erschaudern.

Ich nickte und lief durch die ganzen Tischreihen, woraufhin ich Getuschel mitbekam von wegen "Die Arme" oder "Mein Beileid". Verunsichert schob ich den Stuhl nach hinten, legte meinen Rucksack ab und ließ mich neben dem mysteriösen Jungen nieder. Ich holte meinen Block und mein Mathebuch raus.

Den restlichen Schultag ist nichts aufregendes mehr passiert, die Menschen gingen mir aus dem Weg, außer Jay natürlich. Sie zeigte mir die gesamte Schule. Ich war echt froh, dass ich überhaupt jemanden hatte, der mir hier alles zeigte, sonst wäre ich komplett aufgeflogen gewesen.

Der Schultag verging schnell. Als der Gong ging, packte ich langsam meine Sachen ein, schulterte meinen Rucksack und verließ als letztes den Klassenraum. Ich lief in den Flur und sah nur noch ein paar Leute vereinzelnd ihre Sachen wegpacken, was ich ihnen gleich tat.

Nachdenklich und erschöpft machte ich mich zu Fuß auf den Weg nach Hause, wo ich mich übermüdet in mein Bett fallen ließ und so einschlief, wie ich gerade Heim gekommen war.

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