42. Playing the game again

Nach dem Abendessen trafen Justin und ich uns nochmal, um uns Maes Tagebuch anzusehen. Schließlich hatten wir den Hinweis noch nicht gefunden. Wir fanden nichts. Weder klebte irgendwas hinten, noch stand irgendwo etwas, was uns weiterhelfen könnte. Ich seufzte. Warum verschwenden wir unsere Zeit? Vielleicht war Mae einfach langweilig gewesen, oder sie wollte uns einen Streich spielen.

Langsam strich ich über das Blatt, das auf dem Dachboden des Mädchenhauses vor uns lag.

Plötzlich spürte ich etwas Unebenes auf dem Papier und fuhr nochmal über die Stelle. Eine Ecke löste sich. Jemand hatte etwas zugeklebt, und vermutlich war es Mae, die einen Hinweis versteckt hatte.

Vorsichtig entfernte ich die zweite Schicht Papier und sah ein Wort. Als ich es genauer betrachtete, erkannte ich, dass es nur drei Buchstaben hatte. AWH.

Danke, Mae. Was sollte das? Konnte sie sich nicht genauer ausdrücken?

„Idee?", fragte ich Justin, doch der schüttelte den Kopf.

„Es kommt mir bekannt vor, aber ich weiß nicht, warum", meinte er. Ich seufzte.

„Egal. Komm einfach zu mir, wenn du draufkommst", sagte ich. Mein Kopf brummte, ich hatte viel zu viel nachgedacht, und jetzt freute ich mich umso mehr auf unser Spiel.

„Okay. Bis gleich", verabschiedete sich Justin, er kam mir kurz näher und wollte etwas tun, entschied sich aber dann dagegen und ging.

Die anderen warteten bereits auf uns. Im Wald war es schon dunkel, und Brian hatte eine Laterne mit. Wir stellten sie in die Mitte, und man hatte das Gefühl, es wäre ein Feuerlager.

Wie immer spielten wir, Justin, Brian und Chloe gaben sehr einfallsreiche und peinliche Aufgaben, während Paula und ich die anderen mit ziemlich unkreativem Zeug beauftragten.

„Wie alt bist du eigentlich?", fragte Chloe Brian.

„26, also noch nicht viel zu alt für dich", scherzte er und lachte. Chloe wurde rot.

Gegen Ende waren alle schon ziemlich betrunken, dass wir unseren Plan, etwas über Justin herauszufinden, vergaßen. Sogar Justin war blau und klebte plötzlich an mir. Brian lachte die ganze Zeit und machte Witze, so glücklich hatte ich ihn noch nie gesehen. Paulas Lachen klang eher wie verzweifeltes Kreischen.

Ich war an der Reihe. „Chloe", lallte ich und lachte. „Küss Brian."

Chloe lachte auch und setzte sich zu Brian, und sofort begann eine wilde Knutscherei.

Die beiden schieden wohl vom Spiel aus.

„Na, wie findest du die?", fragte eine tiefe Stimme an meinem Ohr. Justin atmete durch den Mund aus und kitzelte mit seinem Whiskeyatem meine Halsbeuge, sodass sich dort und sofort die Härchen aufstellten. Justin nahm mein Gesicht in seine Hände und sah mir direkt in die Augen. Mein Herz begann schneller zu schlagen, und ein Teil von mir hasste es dafür. Er sagte, ich sollte mich gefälligst von Justin fernhalten und wütend auf ihn sein. Doch ein anderer Teil wünschte sich, Justins Lippen würden meine berühren. Ganz leise flüsterte er mir zu, dass es noch eine Chance für den Bad Boy und mich gab.

Justin lächelte. Sofort stieg sein Mundgeruch in meine Nase, und ich drehte mich weg. Morgen würde er mich wieder auslachen, mir vormachen, dass es keine Liebe gab, egal, wie nett und süß er heute war.

Von Justins lautem Lachen begleitet stand ich auf und setzte mich an die andere Seite des Kreises. Von hier aus konnte ich Chloes und Brians glückliches Gemurmel hören.

Die beiden verliebten standen auf und gingen fröhlich lachend weg. Bevor sie aus meiner Sicht verschwunden waren, erhaschte ich einen Blick auf Brians glückliches Grinsen. Ich musste auch lächeln.

Dann beschloss ich, dass es auch für mich langsam Zeit wurde, zu gehen. Ich verabschiedete mich schnell von Paula und Justin (Nils war schon viel früher gegangen) und machte mich auf den Weg zu Zimmer 205.

***

Am nächsten Morgen wachte ich –wie erwartet- mit fürchterlichen Kopfschmerzen auf. Ich wühlte in meiner Medikamententasche herum und weckte Chloe auf der Suche nach Aspirin.

„Gib mir auch eine", murmelte Chloe. Soweit ich mich erinnern konnte, war das erste Morgen, an dem Chloe schlechte Laune hatte. Normalerweise war sie der totale Morgenmensch.

Ich schluckte die Tablette und wartete, ob ich zum Klo rennen musste, um mich zu übergeben, aber da war Chloe schon dort.

„Kommst du zum Frühstück?", fragte ich sie besorgt.

Sie nickte. „Ich muss, sonst haut Karin uns alle raus."

Beim Essen merkte ich, dass auch allen anderen Teilnehmern nicht besonders gut ging. Am besten sah Brian aus, aber er musste auch, damit die anderen Betreuer keinen Verdacht schöpften.

Chloe schlug sich tapfer, aber ich sah trotzdem, dass sie grün im Gesicht wurde, während sie am Buffettisch vorbeiging.

Karin erhob sich am Ende der Mahlzeit. „Ich frage mich, was ihr für eine seltsame Gruppe seid, ich hatte es noch nie mit so unanständigen Jugendlichen zu tun. Es betrifft nicht alle, aber doch viele von euch. Ich habe euch den Alkohol am Abend verboten, aber trotzdem läuft alles aus dem Ruder.

Kommen wir zur Sache: gestern wurde das Zimmer von Erika und Nora verwüstet, die ganzen Sachen lagen am Boden, Laden und Schränke waren ausgeräumt, es herrschte totales Chaos. Wenn irgendjemand irgendwelche Hinweise darauf hat, was mit dem Zimmer passiert sein könnte, soll er sich bei einem der Betreuer melden, aber am besten gleich bei mir. Erhalten wir bis Mittag keine hilfreichen Hinweise, wird jeder einzelne von euch befragt, vielleicht sogar von der Polizei."

Erschrocken blickte ich zu meinen Freundinnen und dann zu Justin. Ich verstand, warum sie uns mit der Polizei drohte, obwohl ich mir nicht ganz sicher war, ob sie ihre Drohung wahrmachen würde. Schließlich war es der zweite Vorfall in dieser Woche.

Nach dem Essen stellten Justin und ich uns in eine Ecke und redeten darüber. „Glaubst du, das hängt mit Chris zusammen?", fragte ich. Er nickte.

„Und mit Mae?", fragte ich weiter. Justin dachte kurz nach, dann nickte er langsam.

„Das wäre möglich."

Yvonne ließ uns bis Mittag Fenster putzen, Böden wischen und Blumen gießen. Letzte Woche hatte das die andere Gruppe erledigt, dieses Mal waren wir dran. Ich war ein Mensch, der gerne in Ordnung lebte, aber ich hasste aufräumen einfach abgrundtief. Bis ich ungefähr vierzehn war räumte ich wenig bis gar nicht auf, danach wurde es mir zu viel und ich putzte mein ganzes Zimmer. Manchmal hatte ich echt gar keine Lust, mein Zimmer sauber zu machen, aber dann hatte ich sozusagen einen „Ordnungsschub" und räumte alles auf.

Nach dem Mittagessen trafen Justin und ich uns auf dem Dachboden.

„Ich habe viel über AWH nachgedacht, und mir ist eingefallen, wo ich es gesehen habe. In der Jungstoilette, in der dritten Kabine steht das innen auf die Tür geschrieben. Vielleicht verbirgt sich ja dort Maes nächster Hinweis", erzählte Justin. Ich war gerade irgendwie froh, ihn dabeizuhaben, denn ansonsten wäre ich spätestens an diesem Punkt gescheitert. Wir waren auf dem Weg zum Jungshaus, da passte uns Yvonne ab und teilte uns mit, dass jeder in sein Zimmer gehen musste, und dass jetzt alle befragt worden würden. Also hatte sich niemand gemeldet.

Chloe saß auf ihrem Bett und wartete. Ihr Blick erschien mir ein bisschen traurig.

„Was ist los?", fragte ich.

„Ich... Brian und ich haben gestern ziemlich rumgemacht, was?", sie seufzte.

„Stehst du auf ihn?"

„Er ist 9 Jahre älter!", sie senkte den Blick, „ja", murmelte sie fast schon lautlos.

„Hey, aber das ist doch nichts Schlimmes!", versuchte ich sie zu ermutigen.

„Er denkt, es wäre schlimm. Brian sagt, der Unterschied ist zu groß. Er hat sich heute für sein Verhalten entschuldigt und meinte, dass er echt blau war. Ich liebe ihn, verdammt!" Jetzt weinte sie. Ich setzte mich zu meiner Freundin und drückte sie. „Chloe, ich kann mal mit ihm reden, okay? Er hat vielleicht Angst wegen deinen Eltern und so...", versuchte ich sie zu trösten, während ich nachdachte. Ich musste unbedingt mit Justin reden, aber das war gerade nicht möglich.

Wir waren tatsächlich alle gestern ziemlich besoffen gewesen. Ich dachte an Maes Eintrag. War eigentlich jeder Mensch glücklich, wenn er betrunken war?

Ich dachte an die vielen Begegnungen mit Brian. Wann immer er betrunken gewesen war, redete er über seine frühere Freundin.

„Und du? Wie geht's dir so?", fragte Chloe und schniefte. Ich legte den Kopf schief und sah sie verwundert an.

„Naja... ich hab gesehen, du redest wieder mit Justin. Habt ihr euch wieder vertragen?"

Ich schüttelte den Kopf. „Er ist immer noch ein Arschloch."

„Willst du einen Tipp von mir? Ich sage, er ist ein Idiot, der nicht begriffen hat, oder nicht begreifen will, dass er auf dich steht. Oder er ist ein noch größerer Idiot, der wirklich das denkt, was er zu dir gesagt hat. So oder so, heimzahlen kannst du es ihm, indem du ganz viel mit anderen rumflirtest. Jeder Junge, dem bewusst ist, dass er ein Mädchen versetzt hat, das sich sehr schnell einen Neuen gefunden hat, wird eifersüchtig."

Ich bedankte mich, und überlegte wirklich, ob ich ihren Ratschlag befolgen sollte, aber davor wollte ich ihn mir Paula besprechen. Aber bis ich dazu die Möglichkeit hatte, musste ich warten.

Ich holte mein Buch hervor und begann zu lesen, und ertappte mich dabei, wie ich immer wieder denselben Absatz las. Meine Gedanken wanderten die ganze Zeit zu Justin. Ob er schon dran gewesen war?

Ich fasste mich wieder und schimpfte mich selbst. Er ist ein Arsch, Jenny, kapier das endlich!

Yvonne kam herein. „Mädels, ich muss jetzt mit euch reden. Keine Angst, niemand wird auf euch wütend sein, wenn ihr bis jetzt etwas verheimlicht habt. Uns ist es wichtig, dass wir herausfinden, wer dahintersteckt und dem ein Ende setzen können. Ihr könnt mir wirklich alles erzählen."

Sie stellte ein paar Fragen dazu, was wir am Tag des Vorfalls gemacht hatten, ob uns irgendwer aufgefallen war und ob wir verdächtigte hatten. Bevor sie ging, sagte sie uns, dass wir den Rest des Nachmittags frei hatten, weil alle Betreuer mit dem befragen beschäftigt waren. „Yvonne", begann ich, als sie bereits die Tür geöffnet hatte, „fragt Brian auch?"

Rotschopf überlegte kurz, dann schüttelte sie den Kopf.

„Er hat heute Pause", murmelt sie. Ich überlegte kurz, dann stellte ich eine weitere Frage, „Oder wird er verdächtigt?"

„An eurer Stelle würde ich mich von ihm fernhalten, Mädels", damit verschwand sie vor der Tür.

Chloe sah mich fragend an, aber ich meinte, ich wollte raus, und sie ließ mich gehen.

Ich setzte mich zum See und hoffte, Justin zu finden.

Es war warm, aber der Himmel war grau, vermutlich war ich deswegen die einzige hier. Ich saß gemütlich da und grübelte. Je mehr ich über Brian nachdachte, desto mehr breitete sich ein flaues Gefühl in meinem Magen aus. Ich musste jetzt dringend mit Justin sprechen.

xxEndlich wieder ein Update! Wer freut sich?

Wer hat irgendeinen Verdacht? -Youtulipxx


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