37. Sommerfest
„Was ist eigentlich so schlimm daran, ihm zu sagen, dass du ihn liebst?", fragte Paula.
„Wenn er es wüsste, würde er mich auslachen und es gegen mich benutzen", meinte ich. Und ich war mir komplett sicher.
Chloe biss in ihr Frühstücksbrötchen. Um uns herum redeten alle über irgendwas, man hörte Besteck klappern, und hin und wieder fiel auch eine Gabel oder ein Messer hinunter.
„Das glaube ich nicht. Vielleicht war er noch nie in einer richtigen Beziehung, und hat Angst?", schlug Paula vor.
„Justin? Angst?", ich prustete los und verschluckte mich an meinem Orangensaft.
„Hey, nur weil er sie nicht zeigt, heißt es nicht, dass er furchtlos ist, er ist immer noch ein Mensch."
Ich schüttelte den Kopf. Bestimmt würde ich ihm nicht meine Liebe gestehen. Das war sinnlos.
Chloe mischte sich ein, „Habt ihr euch schon geküsst?"
„Ja. Mehrmals... öfters", stammelte ich verlegen.
„Und mit Zunge?"
Meine Wangen glühten, als ich die Antwort murmelte, „Ja, auch."
„Siehst du", meinte Chloe.
Ich schüttelte den Kopf.
Paula seufzte. „Nur ein Versuch, das wird..."
„Paula, nein. Ich werde es niemals machen. Können wir bitte über etwas anderes reden?", meinte ich ziemlich ungeduldig. Meine Freundin schüttelte den Kopf.
Nach dem Essen versammelte Yvonne uns vor dem Haupthaus und erläuterte die Pläne für heute.
„Wir gehen in ein kleines Dorf in der Nähe. Dort findet diese Woche ein kleiner Markt statt, dort gibt es wirklich interessante Sachen, die ihr kaufen oder einfach nur ansehen könnt. Wir werden wahrscheinlich nicht zum Mittagessen zurückkommen, also bekommt jeder von euch ein Lunchpaket. Zieht euch etwas Bequemes an, ihr solltet auch ein bisschen Geld mitnehmen. In einer halben Stunde, also um 9:45, treffen wir uns wieder hier."
Das Lunchpaket bestand aus einem Brötchen, einem Riegel, zwei kleinen Äpfeln und einer Trinkflasche. Super.
Ich stopfte das Päckchen in meinen Rucksack. Ganz zufällig wurde ich Zeuge, wie Justin sich zwei Pakete nahm.
„Du bist also ein Dieb", meinte ich.
Er grinste frech und ging hinaus.
Bereits fünfzehn Minuten später verließen wir das Gelände des Camps. Wir spazierten gemütlich auf einem Waldweg. Yvonne ging irgendwo vorne, Brian hatte sie nach hinten geschickt. Typisch.
Paula erzählte über ihren ersten Hund, Cara, den sie weggeben mussten, weil bei ihrem Vater eine Tierhaarallergie festgestellt wurde. „Seitdem hatte ich nie ein Haustier."
„Oh, ich habe auch keins, obwohl ich mir als Kind immer eine Katze gewünscht habe", antwortete ich.
Yvonne blieb plötzlich stehen. „Leute, wir sind im Wald, und ihr plaudert wie im Café!", meinte sie vorwurfsvoll zu unserer Gruppe, „anstatt euch umzuschauen, besprecht ihr unwichtige Dinge. Wir befinden uns in der Natur! Seht euch um, hört einmal, was sie euch zu sagen hat, achtet auf den Vogelgesang, die anderen Geräusche! Stellt das Reden einmal ein." Ab jetzt sah sie jeden, der den Mund aufmachte, böse an und wenn es ihm immer noch egal war, ermahnte sie ihn.
Durch die Stille wurde allen langweilig, und sie beschlossen tatsächlich, ihre Umgebung wahrzunehmen.
Schweigend ging ich neben Paula, beobachtete verschiedene Käfer, die umherflogen oder auf Blättern und Stämmen krabbelten. Auf einmal stolperten alle viel seltener, denn sie hatten jetzt Zeit, die einzelnen Wurzeln zu betrachten. Ich weiß nicht, wie viel Zeit vergangen war, als Yvonne wieder das Wort ergriff: „Also, wir machen jetzt eine kleine Pause, in der ich das Sprechverbot nicht aufhebe. Ihr könnt essen, wenn ihr hungrig seid, ansonsten sitzt ihr still, mit geschlossenen Augen, und lauscht den wunderschönen Geräuschen des Waldes." Ich hörte zwar unzufriedene Seufzer, aber alle gehorchten. Und, ich muss sagen, als ich die Augen zumachte und mich auf den Wald konzentrierte, hörte ich schöne und beruhigende Geräusche. Ich dachte daran, dass ich gerade frische und saubere Luft einatmete, und hatte das Gefühl, dass mit dem Sauerstoff...Glück kam.
Nach kurzer Zeit standen alle auf und gingen weiter.
Schon bald kamen wir zu einer Straße, die –laut Yvonne- zum Dorf führte. Sie war links und rechts von Wald umgeben, also konnten wir nicht sehen, wo wir uns befanden.
„Noch zwanzig bis dreißig Minuten, dann sind wir da", meinte sie auf ihre Uhr blickend.
Lautes Gestöhne und Geseufze ertönte, kein Wunder, denn wir waren bereits über eine Stunde unterwegs gewesen. Eineinhalb Stunden hin und dann wieder zurück machte drei Stunden, plus noch mindestens zwei Stunden Aufenthalt im Dorf- ja, wir würden bestimmt zu spät zum Essen kommen.
Während ich überlegte und wir immer weitergingen, wurden die Bäume auf der linken Seite der Straße seltener. Schon bald konnten wir die Umgebung sehen, in der wir uns befanden, und ich stellte überrascht fest, dass wir bergab gingen. Ich meine, natürlich war mir aufgefallen, dass der Weg ein bisschen nach unten gebeugt war, aber ich dachte nicht, dass wir ins Tal hinabstiegen.
Langsam fingen die Gespräche wieder an, und Yvonne schien es recht zu sein.
Die halbe Stunde verflog sehr schnell, und wir näherten uns dem Dorf. Zuerst sah es wie eine ganz normale Siedlung aus, ein paar Häuser, Gärten, Wege, etwas, was an Straßen erinnerte; aber dann kamen wir zum Hauptplatz. Dort war alles geschmückt, an den Bäumen hingen bunte Girlanden, Fahnen, Lichterketten. Kleine Hütten, genau solche, wie am Christkindlmarkt, boten verschiedenes an. Generell erinnerte mich alles hier an einen Weihnachtsmarkt, nur eben ohne Weihnachten. Alles hier war bunt und freundlich gestaltet. Yvonne ließ uns in einem Halbkreis um sie herum aufstellen. „Also, es ist gerade 11:15, in genau zwei Stunden, also um 13:15, treffen wir uns genau hier wieder. Ihr dürft selbständig herumgehen, aber mindestens zu dritt, und ihr sollt nicht weit vom Hauptplatz weggehen, das Dorf zu verlassen ist absolut verboten. Brian und ich werden auch herumgehen. Ihr seid frei, euch etwas zu kaufen, aber ihr müsst euch benehmen", meinte sie. Paula und ich suchten uns einen Dritten Begleiter. Sandra, Pia und Lora schlossen sich zusammen und gingen, dasselbe wollten Nils und Elias tun, doch Yvonne hielt sie auf. „Jungs, ich glaube, ihr seid alt genug, bis drei zu zählen. Entweder ihr nehmt Justin mit oder eines der Mädels."
Nils ergriff das Wort: „Aber Yvonne, zum Schluss bleibt sowieso eine Zweiergruppe, dann können ja die Mädels auch mit Justin gehen." Yvonne nickte, dann gingen die zwei.
„Hallo, Süße", flüsterte mir Justin ins Ohr, der hinter mir aufgetaucht war. Vor Schreck sprang ich zur Seite und boxte ihn spielerisch in den Bauch. „Gehen wir?", fragte Paula, und wir beide nickten.
Paula ließ die ganze Zeit abstand, damit Justin und ich alleine reden konnten, aber schon nach wenigen Minuten fragte er, „Na, hat deine Freundin Angst vor mir?"
Das hatte sie anscheinend schon gehört, denn sie war zu uns gerannt und hat ihn angeschrien. Dann ging sie ein Stück weg, um zu zeigen, dass sie wütend war. Justin beugte sich zu meinem Ohr, und flüsterte, „Sie gefällt mir." Ich verdrehte die Augen und hoffte insgeheim, dass er es nur freundschaftlich meinte.
Es gab viele Menschen auf dem Markt; junge Menschen, die einfach nur herumspazierten, Menschen, die etwas kauften, und Kinder, die ihre Eltern anflehten, etwas zu kaufen. Irgendwo weiter weg von uns spielte Musik, und als allererstes gingen wir dorthin. Fünf junge Männer, zwei davon waren Gitarristen, ein Schlagzeuger, ein Sänger und ein Geigenspieler; spielten für das Publikum und die Festbesucher.
In den einzelnen Hütten gab es viele verschiedene Sachen: Seifen, Holzfiguren, Schmuck, Tonfiguren, Kleidung, Essen und Getränke, und vieles Mehr. Paula kaufte sich ein Eis, und Justin zahlte für sie, wobei er mir zuzwinkerte. Später gingen wir zwei nebeneinander und Paula vor uns, weil die Menschenmenge es nicht anders erlaubte. „Keine Angst, Süße, ich habe nicht vor, dir deine Freundin zu klauen. Ich will sie nur ausborgen. Hat sie einen Freund? Glaubst du kann sich sie als Dankeschön für das spendierte Eis flachlegen?"
Ich sah ihn entsetzt an, und er lachte. „Du hättest dein Gesicht sehen müssen!", presste er unter Tränen hervor.
Ich schüttelte den Kopf, murmelte „Idiot", und ging zu Paula. Nach einiger Zeit waren wir am Ende des Markts angelangt. Wir beide drehten uns um und wollten Justin fragen, womit er sich jetzt die Zeit vertreiben wollte, aber er war nicht da. „Verdammt, was treibt er?", fragte Paula genervt. Wir gingen noch einmal zurück, aber wir konnten ihn nirgendwo finden. Ich zückte wütend mein Handy und suchte ihn in seiner Kontaktliste.
„Du hast seine Nummer?", fragte meine Freundin und hob eine Augenbraue. Ich tippte auf den grünen Hörer, legte mein Handy ans Ohr und antwortete, währen mein Handy piepte, „Ja, ich hab ihm mal Nachhilfe gegeben."
„Hast du nicht gesagt, er ist ein Jahr älter als du?", fragte sie.
„Ja, frag meinen Lehrer."
„Und du warst bei ihm zuhause? Und, wie ist sein Bett so?", fragte sie mit weit aufgerissenen Augen.
Justin hob ab und ich redete mit ihm, anstatt auf Paulas Frage zu antworten.
„Verdammt, du Volltrottel, wo steckst du?"
„Keine Angst, mir geht's gut, Mami. Ich wurde nicht entführt oder so", meinte er.
„Du Idiot, komm sofort hierher", ich war genervt.
„Sorry, aber ich kann nicht die ganze Zeit mit zwei jüngeren Mädels anhängen, das ist uncool. Wir treffen uns bei Hütte 37, der mit den Holzfiguren, um 13:10."
„Du kannst doch nicht einfach so verschwinden, womit denkst du überhaupt, du...", doch er hatte aufgelegt. Arschloch.
Die Zeit verging sehr schnell, wir beide hatten sie in einem süßen kleinen Café verbracht. Alle Häuser in diesem Dorf waren ziemlich alt, aber sehr gepflegt, genauso alle Beete und Gärten.
Justin stand pünktlich bei der Hütte. Paula und ich holten ihn ab, ohne ein Wort zu sagen, und gingen genauso schweigend zu Yvonne und dem Rest. Er sollte ruhig spüren, dass wir sauer waren. Wir waren die letzte Dreiergruppe, die eintrudelte.
Viele unserer Gruppe standen mit kleinen Papiertüten, die die Aufschrift „Sommerfest" mit dem Jahr und dem Namen des Dorfes trugen und darauf hinwiesen, dass sie sich etwas gekauft hatten, in der Hand.
Yvonne zählte uns durch, blickte auf die Uhr und meinte, wir würden jetzt gehen. Sie führte unsere Gruppe in einem normalen Tempo an. Da Brian, wie immer, hinten aufpasste, dass niemand zurückblieb, quatschte Yvonne mit Sandra und Pia, die ganz vorne gingen.
Wo Justin war, wusste ich nicht, denn seit wir uns den anderen beim Treffpunkt angeschlossen hatten, war er zu Elias gegangen, mit dem er sich jetzt, höchstwahrscheinlich, am Ende unserer Wandergruppe unterhielt.
Die meisten von uns schienen wirklich die vollen zwei Stunden am Markt verbracht zu haben, denn kaum waren wir eine halbe Stunde unterwegs, fingen die ersten zu jammern an und wollten eine Pause einlegen. Zudem war der Weg zurück weitaus anstrengender, denn nun bewegten wir uns bergauf. Yvonne schüttelte den Kopf und ging munter weiter.
Erst nach einer weiteren Stunde blieb sie auf einer Wiese stehen (die Straße hatten wir längst verlassen), und genehmigte uns eine Pause. Niemand hatte noch etwas von seinem Lunch übrig, außer Brian, und auch der hatte seinen Riegel nach zwei Bissen verputzt.
Gott sei Dank hatten Paula und ich in dem Café leckere, frische Brownies gegessen, sonst würden wir jetzt mit genauso laut knurrenden Mägen dasitzen, wie Elias und Lora zum Beispiel.
Um 14:45 Uhr standen wir vor dem Haupthaus. Yvonne meinte, bis 15 Uhr sollten wir uns alle schnell duschen und umziehen, dann könnten wir in den Speisesaal kommen und noch ein paar Reste essen, die vom Mittagessen der Gruppe B geblieben waren.
Ich schaffte es, mir noch eine Hühnerkeule zu ergattern und sogar noch ein bisschen Kartoffelsalat, worüber ich sehr froh war, denn andere, wie Lora zum Beispiel, mussten sich mit einem Salat aus Gurken, Tomaten und Mais und dazu noch höchstens einem Streifen Hühnerfleisch zufrieden geben.
xxHiii! Hab auf Wunsch von meinem kleine Fangirl geupdatet<333 Wie findet ihr das Kapitel so? Ich weiß, es ist nicht das spannendste, aber freut euch schon auf das Nächste, da wird nämlich echt viel passieren. Ab dem nächsten Kapitel beginnt auch übrigens mein Lieblingstei dieses Buches :) Bis bald -Youtulipxx
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