29. Der erste Tag geht weiter

Die Mittagspause verbrachten wir damit, Paula zu uns zu holen und mit ihr zu quatschen. Ich erfuhr ein bisschen mehr über die Mädchen. Dann skypte ich noch kurz mit Clara, Lina und Nathalie, die alle gemeinsam ins Kino gehen wollten.

Nach der Pause gingen Paula und ich zu Yvonne vors Haupthaus –der Treffpunkt war vorher ausgemacht-, um unsere kleine Tour fortzusetzten. Yvonne wartete, bis alle 8 sich versammelt hatten, dann erläuterte sie uns die Pläne für den Nachmittag. „Also, es ist gerade 15:35, und uns bleiben nur mehr zwei Orte zur Besichtigung übrig. Also dann, auf geht's." Der Halbkreis, der sich um sie gebildet hatte, löste sich langsam auf und folgte ihr.

Paula und ich gingen in der Mitte. Von dort aus beobachtete ich, wie Yvonne Brian einen empörten Blick zuwarf, als er anscheinend mit ihr reden wollte und ihr zu nahe gekommen war oder so, und dann demonstrativ von ihm wegging.

Wir plauderten ein bisschen und kommentierten die Landschaft.

Yvonne führte uns zwischen den beiden Wohnhäusern vorbei, dann bogen wir rechts hinter dem Jungshaus ab. Wir hatten Sicht auf eine Wiese und einen herrlichen See!

Ich liebte es zu schwimmen und freute mich gewaltig, das blaue und klare Wasser zu sehen. Yvonne gewährte uns kurz Zeit, uns umzusehen. Ich zog meine Schuhe aus und ging auf das Wasser zu. Ich machte ein paar Schritte darauf zu, und berührte es vorsichtig mit den Zehenspitzen. Es war kalt, aber total angenehm. Langsam setzte ich den ersten Schritt hinein. Ich gewöhnte mich kurz an das kühle Nass, dann ging ich weiter.

„Und, wie ist es?", fragte Nils, der auf einmal neben mir auftauchte.

„Angenehm", antwortete ich mit einem Lächeln im Gesicht. Nils erwiderte es. Einige Sekunden lang hielten wir Blickkontakt, dann meinte er plötzlich, „Du bist hübsch, weißt du das?" Ich hatte keine Zeit, darauf zu reagieren, da lief neben uns ein übermütiger Justin ins Wasser. Er rannte so dicht an uns vorbei, dass wir beide angespritzt worden waren. Ich quietschte, doch Justin hielt sein Tempo, bis er knietief im Wasser stand, dann lachte er. „Na, top das!", rief er und blickte mich herausfordernd an. „Du Idiot, ich bin ganz nass!", schrie ich ihm hinterher. Das brachte ihn noch mehr zum Lachen. „Perversling", brüllte ich wütend.

Mein weißes T-Shirt war nass, ebenso meine Jeans-Shorts. Ich bekam Angst, dass das Oberteil durchsichtig wurde, deswegen ging ich schnell raus aus dem Wasser.

Nils blieb, wo er war, unschlüssig, was er tun sollte. Yvonne half ihm, in dem sie uns aufforderte, weiterzugehen. Er nickte mir kurz zu, dann ging er zu seinen Freunden.

Ich ging alleine. Wütend.

„Hey, Schätzchen, bist du sauer?", ertönte Justins Stimme neben mir.

„Was sollte der Scheiß?", fauchte ich.

„Naja, du hast etwas gelangweilt ausgesehen, ich wollte dich ein bisschen aufheitern. Hat Spaß gemacht", antwortete er.

„Ich war überhaupt nicht gelangweilt! Ich hab mit Nils...", plötzlich kam eine Erkenntnis. Justin hatte Nils und mich schon zum zweiten Mal unterbrochen. „Bist du etwa eifersüchtig?", fragte ich belustigt. Auf Nils?

Justin lachte nur. „Hättest du bestimmt gerne", meinte er nach einer Weile.

Ich wurde wütend. „Deine Selbstverliebtheit ist unerträglich!"

Er lachte. Ich dachte, er würde weggehen, so wie immer, aber Justin blieb an meiner Seite.

„Hast du keine Freunde?"

Gelächter. „Im Moment habe ich Lust auf deine Gegenwart."

„Ich aber nicht", meinte ich schroff und ging zu Paula. Ich hörte sein arrogantes Lachen noch lange, vielleicht auch deswegen, weil es sich in meinem Hirn eingebrannt hatte.

Der zweite Ort, den Yvonne mit uns besuchen wollte, lag etwas weiter vor dem Jungshaus. Wir mussten also einen linksbogen vom See um das Haus machen, und dann etwas weitergehen.

Was wir dort sahen, zauberte wieder ein Lächeln in mein Gesicht. Es war eine Fläche mit Lautsprechern und einem Dancefloor, eine Discokugel hing von einem Baum herunter. Es gab dort Tische. Ich ahnte schon, wozu das gut ist. Daneben standen Sessel in einem Kreis, und dort sollten wir uns erstmal hinsetzten.

„Also", begann Yvonne, und mir fiel auf, dass sie dieses Wort ziemlich oft benutzte, „Ihr wisst ja bestimmt, dass es am Abend nach dem Essen immer Partys gibt. Hier werden sie stattfinden. Außerdem werden wir auch mehrmals grillen. Also, nun haben wir das gesamte Gelände erkundet. Ihr werden jeden Tag verschiedene Aufgaben erledigen. Außerdem werdet ihr Kurse besuchen, für die ihr euch jetzt anmeldet. Jeder muss mindestens zwei und höchstens fünf Kurse aussuchen. Es gibt zehn Kurse zur Auswahl. Ihr müsst euch selbst organisieren, manche von ihnen finden am Vormittag und manche am Nachmittag statt. Die Kurse finden Montag-Freitag statt, ihr geht also insgesamt 9 Mal hin, weil heute ja Dienstag ist. Ihr bekommt von Brian den Zettel, bitte wählt also jetzt eure Kurse und gebt das Formular entweder mir oder Brian ab. Los geht's."

Ich las den Zettel.

Gedichte lernen& schreiben. Nein, danke. Schauspielgruppe. Igitt. Schwimmen. Klingt gut. Chor. Nein. Kochkurs. Eher was für Kyle. Photographie. Warum nicht? Sportclub. Nicht meins. Zeichnen lernen. Mir konnte kein Kurs helfen, ich war ein hoffnungsloser Fall. Computertricks. Was für 'n Scheiß. Fremdsprachen. Davon hatte ich in der Schule genug, obwohl ich sie liebte.

Ich entscheid mich für Photographie und Schwimmen, schrieb meinen Namen drauf und gab den Zettel Brian. Er schaute kurz drauf, lächelte mich dann an und meinte, „Gute Wahl." Er war ziemlich heiß, musste ich sagen, aber viel älter als ich, wahrscheinlich ungefähr zehn Jahre. Ich setzte mich wieder auf meinen vorherigen Platz. „Und, was hast du genommen?", fragte mich die neben mir sitzende Paula.

„Photographie und Schwimmen", meinte ich.

„Igitt. Ich hab Schauspiel und Zeichnen."

„Okay, haben alle abgegeben?", fragte Yvonne und riss Brian die Zettel aus der Hand.

„Nein, ich noch nicht!", rief Nils und hastete zu mir. „Hey, Hübsche, ich hab keine Ahnung was ich nehmen soll. Hilfst du mir?"

Ich lächelte. Der Typ war so süß. „Ich hab Schwimmen und Photographie."

„Schwimmen ist eine gute Idee", antwortete er, machte ein Kreuzchen, bedankte sich und zwinkerte mir zu, bevor ich ging.

„Also, jetzt machen wir eine kleine Kennenlern-Aktion. Auf dem Tisch hier stehen Packungen mit Marshmallows und von Brian könnt ihr euch Grillspieße holen. Inzwischen mache ich Feuer", meinte Rotschopf. Wow, Brian durfte auch einmal etwas machen!

Wir saßen in einem Kreis um das Feuer. Während wir die süßen Marshmallows grillten, nannte jeder seinen Namen.

„Sandra", meinte ein Mädchen mit kurzen schwarzen Haaren und dunklen Klamotten. Ihre blonde Sitznachbarin stellte sich als Pia vor, daneben saß ein Junge, Elias, der eine ziemlich hässliche Brille trug. Neben ihm saßen Nils und Justin, daneben Lora, Paula und ich.

Nachdem wir uns gestärkt hatten, meinte Yvonne, wir hätten jetzt das erste Mal diese Kurse. Es war gerade 16:36, also hatten wir noch zwei Stunden bis zum Essen.

Yvonne teilte uns mit, wo die einzelnen Kurse stattfanden, und ich stellte fest, dass ich in einen Raum im Haupthaus musste.

Außer mir hatten sich drei Personen für diesen Kurs entschieden, eine davon war Sandra, der Rest kam aus Gruppe B.

Meine Lehrerin war eine Betreuerin, die etwas älter war als Brian oder Rotschopf, vielleicht 30. Sie hatte schwarze Haare und trug einen Maxirock, der sie nicht gerade jünger ausschauen ließ. Sie hieß Julia.

In dieser ersten Stunde zeigte sie und verschiedene Fotos, manche davon von ehemaligen Schülern, andere von ihr, und bat uns, die Unterschiede, die uns auffielen, aufzuschreiben.

Sie redete von Kameras und erklärte uns, woran man die Qualität einer Kamera erkannte.

Um halb sechs ließ sie uns gehen, und meinen nächsten Kurs leitete Brian.

Er meinte, wir sollten von jetzt an jedes Mal einen Bikini oder Badeanzug mitbringen, und erklärte uns die Schwimmregeln, die fürs Camp galten.

Um sechs entließ Brian uns, und ich ging duschen und zog mich fürs Essen um.

Das Abendessen war lecker, so wie auch am Vortag, und eigentlich passierte auch nichts Nennenswertes.

Chloe erzählte von ihrem Tag, als wir uns zur Party fertigmachten, und dann gingen wir hin.

Die Discokugel leuchtete in vielen Farben, aus den Lautsprechern dröhnte Musik aus den Charts. Auf den Tischchen standen Getränke –wie ich aus dem Verhalten einiger Jungs und Mädchen schloss-, alkoholische Getränke. Mir fiel auf, dass die jüngere Gruppe, also die 13-15 Jährigen nicht hier waren, und mir wurde klar warum eine Alterseinteilung überhaupt nötig war.

Was mich auch wunderte, war, dass auch kein einziger Betreuer anwesend war. Wir waren auf dieser Party aufsichtslos, unkontrolliert. Auf dem Stamm des Baumes, an dem die Leuchtkugel befestigt war, hing ein Zettel:

Genießt eure Party, ihr seid alt genug, um auf euch selbst aufzupassen. Morgen müsst ihr fit sein, also passt ein bisschen auf euer Alkoholkonsum auf. Um 22:00 wird die Musik ausgeschaltet, wer danach noch draußen erwischt wird, wird bestraft. Ansonsten seid ihr frei, beachtet jedoch, dass es immer noch verboten ist, ins Wohnhaus des anderen Geschlechtes zu gehen. Die Gründe dafür sind wahrscheinlich selbstverständlich.

Chloe und ich standen am Rand und quatschten, als Nils zu mir kam und fragte, wie es mir ging. Ich wandte mich von der lächelnden Chloe ab und plauderte mit Nils.

„Soll ich dir einen Drink holen?", fragte er nach einer Ewigkeit. Ich wollte gerade antworten, als Justin neben mir auftauchte. Es war seltsam, als würde er mir die ganze Zeit nachspionieren und darauf achten, wann Nils zu mir kam.

„Jungchen, das ist eine billige Anmache. Schau her, so geht das", meinte er, nahm mich bei der Hand und zerrte mich auf die Tanzfläche, legte dort seine Hände um mich und tanzte.

„Was soll der Mist?", fragte ich zwar wütend, aber wenn ich ehrlich war, nicht ohne Genuss der Situation. Die Art, wie unsere Körper sich im Takt der Musik bewegten, hatte etwas an sich, etwas, dass mein Herz rasen ließ.

„Sag nicht, es gefällt dir nicht." Er war betrunken, dass roch und hörte ich.

„Wie kann man schon nach so kurzer Zeit blau sein?", fragte ich entsetzt.

„Kurze Zeit? Machst du Witze? Du stehst schon seit eineinhalb Stunden neben diesem Nils und machst ihm schöne Augen. Warum sollte ich mich dann nicht betrinken?", antwortete Justin etwas schroff.

„Ach, und was für ein Problem hast du damit? Was geht dich das an?" Ich hasste es, wenn mir Menschen vorschrieben, was ich tun und lassen sollte.

„Ich kann besser sein als der."

„Das einzige, was du sein kannst, ist ein arroganter Mistkerl!" Er war so unglaublich eingebildet, mich machten seine Worte wild.

„Ach ja? Bist du dir sicher?", seine Stimme wurde plötzlich anders. Tief, verführerisch.

Ich hatte Angst, er könnte mein Herz rasen hören. Aber die Bässe der Musik schienen es doch zu übertönen.

Und dann geschah etwas sehr seltsames.

Justin kam mir näher und begann, meinen Hals zu küssen. Mir entfuhr ein ungewollter Laut, der Justin wissen ließ, wie sehr ich seine Küsse genoss.

Er löste sich von mir und lachte.

„Sag deinem süßen Kerl, dass ich jederzeit bereit bin, ihm zu zeigen, wie das geht, wenn er dafür die Finger von dir lässt", meinte Justin und verschwand in der Menge. Er ließ mich einfach so stehen.


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xxYeyy, wieder ein Update! Wer freut sich? Sorry dass solange nichts kam, aber ich genieße meine Ferien total und vergesse deshalb öfters auf Wattpad. Ich werde versuchen, ans Updaten zu denken. Ly -Youtulipxx

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