Schmerzhafter Neuanfang
Die rote Dampflock pfiff ohrenbetäubend und setzte sich dann langsam in Bewegung. Ich wusste, dass ich nun nicht länger warten konnte - Die letzten Meter rannte ich und sprang mit einem großen Satz durch die offene Tür, hinein in den Hogwartsexpress. Das stellte sich als schwerer als gedacht heraus, denn mein gigantischer Koffer zog mich zurück. Im allerletzten Moment schaffte ich es dann doch noch, die Tasche in den engen Gang zu schleudern und mich an dem Treppengeländer hoch zu ziehen. Für einige Minuten war ich mir sicher gewesen, dass ich nicht gehen würde. Meine Entscheidung war letztendlich willkürlich innerhalb der letzten Sekunde gefallen: Doch nun, da ich mich entschieden hatte, war ich mir nicht mehr sicher, die richtige Wahl getroffen zu haben. Zögerlich blieb ich auf der untersten Stufe der Treppe stehen und beobachtete unentschlossen die vorbeiziehende Landschaft. Der eiskalte Zugwind riss an meinem Haar und Mantel, so als würde er mich stumm dazu auffordern, ihm ins Ungewisse zu folgen. Erst als sich die Türen langsam und zischend zu schließen begannen, betrat ich notgedrungen den Durchgang zu den Abteilen. Einige meiner Mitschüler warfen mir kritische Blicke zu, die ich einfach ignorierte.
Bekannte Gesichter, der Geruch von frischen Kürbispasteten und das Geräusch von kreischende Eulen... Alles war so vertraut, dass es schmerzte. Ich richtete meinen Blick fest auf meine Fußspitzen und versuchte alles um mich herum auszublenden. Der verheißungsvolle Eindruck von Sicherheit täuschte: Nichts würde jemals wieder sein wie zuvor. Es war mein vorletztes Schuljahr. Das Schuljahr nach der großen Schlacht von Hogwarts. Kaum ein halbes Jahr war seitdem vergangen und noch immer tauchten jeden Tag schreckliche Bilder vor meinem inneren Auge auf und jagten mir kalte Schauer über den Rücken.
Ich spürte, wie mich eine Welle der Beklemmung und der Scham zu überkommen begann. Ich konnte mir nicht selbst die Erlaubnis erteilen, weiterzumachen als wäre nichts geschehen. Der Tod von Grace zerriss mich innerlich. Jede Sekunde, in der ich es wagte, den Schmerz zu vergessen und so etwas wie Glück zu empfinden, gab mir das Gefühl, eine Verräterin zu sein. Womit hatte ich es verdient, hier zu stehen, unversehrt und lebendig, während Grace für alle Ewigkeit unter der Erde begraben liegen würde?
Schleichend setzte ich meinen Weg fort, mit einem mehr als flauen Gefühl in der Magengrube. Mein Herz schlug nervös gegen meinen Brustkorb, als ich an meine Freunde dachte und mir sehnsüchtig vorstellte, sie in die Arme schließen zu können. Ich versuchte mich davon zu überzeugen, dass es nicht egoistisch von mir war, nach Hogwarts zurückzukehren. Ich war nicht die einzige, die einen Verlust erlitten hatte. Wir alle würden füreinander da sein müssen, um das Trauma zu verarbeiten. Aber nichtsdestotrotz wollte ich nichts weiter, als mich zurückzuziehen und meine eigene Existenz infrage zu stellen.
Wenige Meter von mir entfernt taucht nun ein großer, braunhaariger Junge in der Menschenmenge auf, dessen Anblick mich aus meinen trüben Gedanken riss. Er grinste und bahnte sich einen Weg auf mich zu, als unsere Blicke sich trafen.
"Rosie! Es ist so schön, dich zu sehen!" Neville Longbottom zog mich in eine feste Umarmung.
Ich drückte mein Gesicht in seinen braunen Pullover und fühlte mich tatsächlich ein bisschen besser. Neville war seit meinem ersten Schuljahr einer meiner besten Freunde, der sich im letzten Jahr sehr verändert hatte. Er war so mutig gewesen: Er hatte sich gegen die Corrows behauptet, die DA angeführt und in der Schlacht gekämpft - Nun bekam er endlich das Selbstvertrauen und die Anerkennung, die er verdient.
"Komm, ich zeige dir unser Abteil." lächelnd übernahm Neville die Führung.
„Du bist dünn geworden." stellte er besorgt fest, als er einen weiteren Blick auf mich werfen konnte. "Und du siehst blass aus."
"Die Rückkehr nach Hogwarts... Ohne Grace. Es ist zu viel." murmelte ich schuldbewusst. Neville war in den letzten Monaten für jeden, der ihn brauchte, eine solche Stütze gewesen. Ich fühlte mich schwach und nutzlos neben ihm.
Als hätte er meine Gedanken gehört, legte Neville ermutigend seine Hand auf meine Schulter und sah mich fest an. "Du darfst trauern, Rosie. Wir alle tun es. Grace war deine beste Freundin und ihr Tod ist ein schrecklicher Verlust... Aber du darfst dich nicht in deiner Trauer verlieren, das hätte sie nicht gewollt. Vergiss nicht, dass ich immer für dich da bin."
Ich wusste, dass er recht hatte und Grace nicht gewollt hätte, dass ich so leide. Trotzdem konnte ich mich nicht einfach von meiner Schuld lösen: Das Versagen, sie nicht beschützt zu haben. Die Reue, zu leben und zu fühlen, obwohl es ihr für immer versagt ist. Wir waren unzertrennlich gewesen, beste Freundinnen. Ich drückte Neville's Hand und tatsächlich empfand ich zum ersten Mal seit Monaten so etwas wie Erleichterung und den Willen, zu kämpfen... Gleich würde ich einen großen Teil meines engsten Freundeskreises wiedersehen.
Neville stieß die Tür zu einem Abteil auf und schob sich hinein. Sobald ich in die Tür trat, blickten mir wohlbekannte Augenpaare entgegen. Ginny Weasley, Hermine Granger, Ernie Macmillan, Hannah Abbot und Luna Lovegood. Ein ungewolltes Lächeln breitete sich auf meinen Lippen aus, als Ginny aufsprang und mich grinsend in die Arme schloss.
Während der Zugfahrt wirkte es beinahe so, als wäre keinerlei Zeit vergangen. Neville, Hannah und Ernie tauschten Schokofroschkarten, Luna war in die neuste Ausgabe des Klitterers vertieft, und ich unterhielt mich mit Ginny und Hermine. Obwohl wir uns betont unbeschwert gaben, konnte ich in ihren Augen denselben Schmerz erkennen, den auch ich in mir trug.
Als es Zeit war, die Schuluniformen anzuziehen, verließen Ginny, Hermine und ich das Abteil und steuerten die Umkleiden an.
"Es ist wirklich schade, dass Harry und Ron nicht für das letzte Schuljahr zurückkehren. Werdet ihr sie nicht vermissen?"
"Es ist wirklich sehr ungewohnt." gab Hermine zu. "Allerdings kann ich mich so vollkommen auf mein letztes Schuljahr konzentrieren. Es gibt so viel zu tun." Ginny und ich tauschten einen augenrollenden Blick aus - Typisch Hermine, absolut pragmatisch.
"Ich werde Harry sehr vermissen. Aber meinen Bruder... Naja, mal sehen." Ginny grinste schelmisch und Hermine und ich stimmten in ihr Lachen ein.
In diesem Moment öffnete sich eine Abteiltür neben uns. Heraus stolziert Draco Malfoy, dicht gefolgt von Gregory Goyle und Blaise Zabini. In ihrem Abteil hielt sich eine Horde kichernder Slytherin-Mädchen auf.
"Wer würde dir denn beim Umziehen zusehen wollen?" stichelte Ginny an Malfoy gewandt. "Diese Gnome müssen verrückt sein." Sie warf dem kichernden Knäul einen spöttischen Blick zu.
Die Mädchen schienen empört, doch Malfoy schubste die Gruppe unsanft den Gang hinunter und taxiert uns mit hasserfüllten Blicken.
"Was haben wir denn hier? Schlammblut Granger, Blutsverräterin Weasley...Und dann noch Rosemary Lyndon. Nicht nur ein kleines Schlammblut, sondern auch noch eine Hufflepuff. Könntest du bitte ein Stück zurücktreten? Ich möchte vorbei und habe keine Lust, etwas wie dich zu berühren."
Goyle und einige der Mädchen drehten sich um und lachten gehässig, doch Blaise Zabini und ein, zwei Mädchen wandten peinlich berührt den Blick ab.
Ich brachte kein Wort hervor und mein Mund blieb mir wortwörtlich offen stehen. Diese Unverschämtheit verschlug mir die tatsächlich Sprache. Nach dem Sturz von Voldemort hatte ich fest damit gerechnet, dass die Slytherins - und ganz besonders Malfoy - aus ihren Taten gelernt hätten. Schließlich haben Harry, Ron und Hermine ihn vor dem sicheren Tode bewahrt! Etwas Dankbarkeit wäre angemessen!
Ginny hatte währenddessen ihren Zauberstab gezückt und drückte ihn an Malfoy's Brust.
"Verschwinde, Malfoy."
Dieser schubste Ginny lediglich unwirsch aus dem Weg und bahnt sich seinen Weg in die entgegengesetzte Richtung. Ginny feuerte einen Fluch los, doch Hermine griff nach ihrem Zauberstab und lenkte ihn stattdessen gegen die Decke, wo er in tausend rote Funken verstob.
"Dieser verdammte, arrogante Widerling! Das nächste Mal werde ich ihm einen Flederwichtflucht an den Hals hetzen!" schnauzte Ginny. "Große Worte und nichts dahinter!"
"Wir brauchen nicht schon zu Beginn des neuen Schuljahres einen Regelverstoß!" ermahnte Hermine vorwurfsvoll. "Er ist es nicht wert." Doch auch sie schien enttäuscht darüber, dass Malfoy der Alte geblieben war.
Ginny knallte die Tür der Umkleide hinter uns zu, während sie offensichtlich noch immer vor Wut kochte.
Als ich kurz darauf in meinen Umhang schlüpfte, strich ich mit den Fingern liebevoll über den kleinen Dachs auf meiner Brust. Das Hauswappen von Hufflepuff. Viele gingen davon aus, dass die Slytherins die Gryffindors am wenigsten ausstehen konnten. Doch das stimmte nur zur Hälfte: Zwischen Gryffindor und Slytherin bestand zwar ein Konkurrenzkampf, aber sie erkannten den jeweils anderen als gebürtigen Gegner an. Die Hufflepuffs wurden von den Slytherins jedoch nicht wegen ihrer Stärke verachtet: Wir waren für die meisten von ihnen nichts weiter als minderwertige Platzhalter.
Der Zug war mittlerweile in Hogsmeade eingetroffen und ich folgte Ginny und Hermine zum Toreingang. Zum ersten Mal in meinem Leben konnte ich nun die Thestrale, welche die Kutschen ziehen, sehen. Es waren schaurige Wesen, doch in Pflege Magischer Geschöpfe lernten wir, dass sie zutiefst missverstandene Kreaturen sind. Vorsichtig streichelte ich im Vorbeigehen den ledrigen Rücken von einem der Tiere und dachte wehmütig an Grace und alle die, die während der Schlacht vor meinen Augen ihr Leben verloren hatten. Der Thestral hielt währenddessen ganz still, sah mich an und schien die Aufmerksamkeit sogar zu genießen. Schließlich löste ich mich von dem erstaunlichen Tier und fragte mich, wer die Thestrale sonst noch sehen konnte. Die Anzahl der Schüler musste seit der Schlacht enorm zugenommen haben.
Während der Kutschenfahrt brach ein unerwartetes und heftiges Gewitter über uns hinein, das die gesamte Schülermenge im Laufschritt ins schützende Schloss trieb. Es schien unglaublich, ja nahezu unmöglich - Doch tatsächlich lag Hogwarts in alter Pracht vor uns. Die Spuren der Schlacht waren allesamt beseitigt worden. Nur die Eingangshalle hatte sich verändert, die steinernen Wände wurden nun von unzähligen Bildern geziert: Bewegliche Fotoaufnahmen von Hexen und Zauberern, die hier in Hogwarts gekämpft hatten und gestorben sind. Sogar Vincent Crabbe entdeckte ich unter den schmerzlich bekannten Gesichtern... Das bedeutete, dass kein verstorbener Schüler übergangen wurde. Egal, auf welcher Seite er oder sie stand.
Sorgfältig vermied ich den Blick auf das Portrait von Grace. Aus dem Augenwinkel hatte ich sofort ihr leuchtend helles Haar und das unbekümmerte Grinsen erkannt. Doch ihre Präsenz schien eine magische Anziehungskraft auf mich auszuüben und mein Blick wanderte langsam zu ihr. Tränen füllten meine Augen, als ich schließlich in das Gesicht meiner besten Freundin blickte. Sie war absolut unverändert und strahlte dieselbe Freude und Neugierde wie zu ihren Lebtagen aus: Ich erkannte das kinnlange, hellblonde Haar, die Stupsnase, die vereinzelten Sommersprossen und die leuchtend grünen Augen. Fröhlich zwinkerte sie mir zu, lachte und hob die Hand wie zum Gruß. Für einen kurzen, süßen Moment war es so, als wäre sie tatsächlich hier. Als würde es sich dort um die echte Grace Summerfield handeln. Ich konnte mein Herz schmerzhaft stechen fühlen, wandte mich ab und ließ meinen Blick wieder über die Menge schweifen, in der ich viele trauernde Gesichter erblickte.
Mein Blick blieb unwillentlich an Draco Malfoy hängen, der nicht weit entfernt stand. Seine kalten, grauen Augen hatten sich an die Aufnahme von Vincent Crabbe geheftet, der gelangweilt in seinem Rahmen lehnte. Für den Bruchteil einer Sekunde zuckte so etwas wie Schmerz über Malfoy's erstarrtes Gesicht, doch er hatte sich ebenso schnell wieder gefasst. Er schien meinen Blick gespürt zu haben, denn er wandte abrupt den Kopf und fasste mich ins Visier. Seine grauen Augen verengten sich zu Schlitzen und durchbohrten mich wie Eissplitter, als er verstand, dass ich alles gesehen hatte. Wie ein Pfeil kam er auf mich zugeschossen und baute sich drohend zu seiner vollen Größe auf. Er überragte mich um mehr als einen Kopf.
"Wage es nicht, mich noch einmal zu beobachten." Seine Stimme knurrte bedrohlich. Seine langen Finger umschlossen meinen Oberarm und drückten unerwartet stark zu. Mir entfuhr ein leises Keuchen.
"Mache ich doch gar nicht!" versuchte ich mich zu verteidigen und kämpfte gegen seinen eisernen Griff an, doch meine Stimme klang beim weitem nicht so überzeugend, wie ich es mir gewünscht hätte.
Malfoy warf mir einen letzten, gefährlichen Blick zu, dann ließ er mich los, drehte sich unvermittelt um und verschwand in der dichten Menge. Im selben Moment schwangen die Türen der Großen Halle auf und alle drängten hinein. Als die Zuteilungszeremonie begann und alle Kinder staunend um sich blickten, musste ich daran denken wie viel Glück die Erstklässler hatten: Die Schreckensherrschaft von Lord Voldemort war endgültig beendet und sie haben die Schlacht nicht miterleben müssen. Es war ein gutes Gefühl, dass das Leben hier in Hogwarts weiterging und keine Angst mehr regierte. Das war es schließlich, wofür wir alle gekämpft haben.
Anschließend erhob sich unsere neue Schulleiterin, Minerva McGonagall. Sie lächelte freundlich in die Runde und in ihrem Blick lag, anstelle der üblichen Strenge, sehr viel Wärme.
"Guten Abend, liebe Schüler und Schülerinnen! Ich begrüße Euch voller Freude zu einem neuen Schuljahr in Hogwarts. In Anbetracht der jüngsten Ereignisse möchte ich allen, die in der Schlacht von Hogwarts gekämpft haben und für das Richtige eingetreten sind, danken. Es erfüllt mich mit Stolz, dass ihr in dieser Nacht einen solchen Mut bewiesen habt und voller Loyalität für eure Schule eingestanden seid. Ihr seid der Beweis, das Hogwarts exzellente Hexen und Zauberer hervorbringt, die keine Mühe scheuen, den schweren, aber richtigen Weg zu gehen. Kein Opfer wird vergebens gewesen sein, das verspreche ich."
An dieser Stelle legte Professor McGonagall eine kurze Pause ein und wischte sich gerührt eine Träne aus dem Augenwinkel. Ich hatte sie noch nie so ergriffen erlebt und auch meine Kehle schnürte sich zu. Viele schien es ähnlich zu ergehen, denn sie blickten daraufhin umher und warfen sich Blicke über die Tische hinweg zu. Unsere innere Verbundenheit war beinahe mit den Händen greifbar.
Nur die, die nicht gekämpft hatten, rutschen unangenehm berührt auf ihren Plätzen herum und blickten zu Boden. Malfoy und Goyle waren die einzigen, die Voldemort aktiv unterstützt hatten und trotzdem zurückgekehrt waren. Auch McGonagall schien sich darüber bewusst zu sein, denn sie nahm die beiden scharf ins Auge, als sie weitersprach. Goyle erwiderte ihren Blick etwas schuldbewusst, auch wenn es vielleicht nur gespielt war, doch Malfoy hatte die Arme verschränkt und blickte stur in eine andere Richtung.
"Hogwarts ist eine große Familie, jeder und jede einzelne von euch gehört dazu. Alle verloren Schafe, die zu uns zurückgefunden haben, empfangen wir mit offenen Armen. Gemeinsam werden wir wachsen und alte Kämpfe ruhen lassen. Ich wünsche mir, dass dieses Jahr von Güte, Freundschaft und Frieden gezeichnet sein wird. Die Zwietracht zwischen einigen Häusern ist ein sehr sensibles Thema, über das viel zu lange nicht gesprochen wurde. Unsere Bequemlichkeit hat dazu geführt, dass ein Keil in unsere Mitte getrieben werden konnte. Ich möchte euch von nun an zu einer Einheit verschmelzen sehen. Deshalb wird es eine neue Regelung geben: Die Vertrauensschüler und Schulsprecher, die eine große Vorbildfunktion innehaben und mein vollstes Vertrauen genießen, werden gemeinsam den neu hergerichteten Südturm beziehen. Dort sollen Sie als harmonische Gemeinschaft beispielhaft für die gesamte Schule leben."
Die Schulleiterin machte eine kurze Pause und räusperte sich. Augenblicklich brach tosender Beifall in der Halle aus. Erneut tupfte Professor McGonagall über ihre feuchten Augenwinkel und machte eine dankende Geste mit ihren Händen. Nach einer kurzen Weile hatte sie sich jedoch gefasst und fuhr mit fester Stimme mit ihrer Rede fort.
"Die Vertrauensschüler und Schulsprecher können ihren Posten nur dann antreten, wenn Sie mit dieser Voraussetzung einverstanden sind. Ich werde nun die Schüler verkünden, denen diese ehrenhafte Position anvertraut wird. Nach reiflicher Überlegung habe ich entschieden, dass die neuen Schulsprecher Hermine Granger und Draco Malfoy sein werden."
Als Hermines Name fiel, brach der Großteil der Schüler in begeisterten Applaus aus. Doch sobald Malfoys Name genannt wurde, geriet dieser Beifall ins Stocken. Alle Augenpaare richteten sich auf den blonden Slytherin. Auch Malfoy schien mehr als überrascht. Für eine Sekunde entgleisten seine Gesichtszüge und er sah unsere Schulleiterin entgeistert an. Zwar war Draco Malfoy früher bereits Vertrauensschüler gewesen, doch in Anbetracht der Tatsache, dass er ein ehemaliger Todesser war, hätte niemand mit einer Belohnung gerechnet. Die Slytherins fassten sich zuerst. Sie klatschten und johlten begeistert. Auch Malfoy wurde wieder ganz der Alte und lächelte selbstzufrieden in die Runde.
Professor McGonagall war sich sicher über die Kontroversität ihrer Ankündigung bewusst, denn sie blieb gefasst und äußerte sich nicht weiter zu ihrer Entscheidung.
„Im Anschluss möchte ich die Vertrauensschüler der einzelnen Häuser bekanntgeben. Für mein eigenes Haus, Gryffindor, habe ich Neville Longbottom und Ginny Weasley auserkoren." Ich klatschte begeistert für meine besten Freunde und sah ihnen dabei zu, wie sie sich spaßhaft vor unserer Schulleiterin verbeugten. Diese konnte sich selbst kaum das Lachen verkneifen.
„Für Ravenclaw wurden Anthony Goldstein und Luna Lovegood auserwählt. Für Slytherin Blaise Zabini und Astoria Greengrass. Und zuletzt meine Auswahl für Hufflepuff: Ernie Macmillan und Rose Lyndon. Sollten sie den Posten antreten wollen, können sie nach dem Festessen ihre Abzeichen bei mir abholen und anschließend den Südturm beziehen."
Schockiert sah ich Ernie an und dieser starrte zurück. Dann breitete sich ein strahlendes Lachen auf seinem Gesicht aus und er schloss mich in eine Umarmung. Auch ich realisierte langsam, was meine Schulleiterin gesagt hatte. Ich grinste Ernie an und wir schlugen ein. Als erneut Ruhe eingekehrt war, erläuterte Professor McGonagall lediglich einige Formalitäten: Die Quidditchspiele, die Stundenpläne und einige Verbote, die mir ohnehin bekannt waren. Das Festessen war natürlich wie immer exzellent. Aber ich konnte es nicht so genießen wie sonst, denn die Aufregung hatte mir den Appetit geraubt. Ich konnte es kaum erwarten, mein Abzeichen entgegen zu nehmen und den Turm zu beziehen. Ich würde den Posten auf jeden Fall annehmen. Neue Räumlichkeiten beziehen zu dürfen, kam mir vor wie eine Erlösung: In dem alten Schlafsaal hätte mich alles schmerzlich an Grace erinnert. Schon die Vorstellung an ihr leeres oder gar fehlendes Bett ließ meinen Atem für einen Moment aussetzen. Gleichzeitig betete und hoffte ich jede Sekunde, dass Malfoy den Posten nicht annehmen würde. Schließlich müsste er dann mit Hufflepuffs und Gryffindors unter einem Dach wohnen. Aber was machte ich mir eigentlich vor? Die Aussicht auf ein bisschen Macht, Bewunderung und die Vorzüge eines eigenen Schlafsaals? Darauf würde er niemals verzichten.
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